In seiner Sitzung am Mittwoch hat das Bundeskabinett eine Formulierungshilfe aus dem Bundeswirtschaftsministerium zur Änderung des EEG 2017 und weiterer energierechtlicher Bestimmungen beschlossen. Damit könnten die Koalitionsfraktionen nun einen Gesetzentwurf für die geplanten Änderungen aus der Mitte des Deutschen Bundestages einbringen, wie auf dem Protokoll der Kabinettsitzung hervorgeht. Dies wird auch als „Eilverfahren“ bezeichnet, da es schnelle Gesetzesänderungen ermöglicht.
Eile besteht nach Ansicht des Bundeswirtschaftsministeriums aber nur, weil mit der Mini-EEG-Novelle vor dem 1. Juli noch das bisherige Privileg für Bürgerenergiegesellschaften bei den Windkraft-Ausschreibungen entfallen soll. Die Möglichkeit, die Vorlage zu nutzen, um den nahenden 52-Gigawatt-Deckel für die Photovoltaik-Anlagen bis 750 Kilowatt aus dem Gesetz zu streichen, nutzte das Ministerium indes nicht. Zu Wochenbeginn begründete dies eine Ministeriumssprecherin gegenüber pv magazine damit, dass zu diesem Thema noch „Abstimmungen“ liefen. Dabei hat die Bundesregierung bereits im Herbst 2019 bei der Vorlage seines Klimapakets die Abschaffung des 52-Gigawatt-Deckels zugesagt. Die Abstimmungen beziehen sich daher eher auf die Mindestabstände für Windparks an Land zu Wohnsiedlungen, bei der in der Koalition keine Einigkeit besteht. Die Abschaffung des 52-Gigawatt-Deckels wird herbei als Faustpfand genutzt.
Bei Grünen, Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) und dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) stößt dieses Vorgehen der Bundesregierung auf Unverständnis. „Die Regierungskoalition gibt in der Energiepolitik ein trauriges Bild ab. Statt einfache Maßnahmen mit großer Wirkung zu beschließen, macht sie nur juristischen Kleinkram“, sagt Julia Verlinden, energiepolitische Sprecherin der Grünen, mit Blick auf die zugesagte, aber ausbleibende Abschaffung des Photovoltaik-Deckels oder der Erhöhung der Ausbauziele für Offshore-Windkraft. Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar, forderte bereits im Vorfeld der Kabinettsentscheidung erneut, endlich den Förderdeckel aus dem EEG zu streichen. „Unsere Branche steht am Abgrund. Zur Vermeidung eines klimapolitischen Super-GAU muss der Solardeckel noch im Mai gekippt werden“, sagte er. Die Geschäftserwartung der Photovoltaik-Unternehmen war bei der jüngsten Umfrage massiv eingebrochen. Der Grund dafür war überwiegend der immer noch bestehende 52-Gigawatt-Deckel, der einen Markteinbruch bei privaten und gewerblichen Photovoltaik-Anlagen zur Folge hätte. Nach Einschätzung von Experten könnte die Marke von 52 Gigawatt bereits im Sommer erreicht werden. Dann würde die Förderung für alle Photovoltaik-Anlagen bis 750 Kilowatt nach derzeit geltendem EEG auf Null sinken.
Auch BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae kann das Vorgehen der Regierung nicht nachvollziehen. „Eine große Chance hat die Bundesregierung leider erneut verpasst: Sie hätte den Gesetzentwurf dazu nutzen müssen, die dringend notwendige Beseitigung des 52-Gigawatt-Deckels für die Photovoltaik endlich umzusetzen“, sagte Andreae. Sie verwies auf die Bedeutung der Erneuerbaren als wichtigen Wirtschaftszweig. Die dort arbeitenden Menschen in Industrie und Handwerk dürften gerade in der derzeitigen wirtschaftlichen Lage des Landes „kein Spielball energiepolitischer Auseinandersetzungen“ sein.
Immerhin ist in der Formulierungshilfe die Verlängerung der Realisierungsfristen für Photovoltaik-Ausschreibungsprojekte vorgesehen, die vor dem 1. März 2020 einen Zuschlag erhalten haben. Wenn sie wegen der Eindämmungsmaßnahmen zur Corona-Pandemie nicht rechtzeitig fertiggestellt werden können, soll die Frist um sechs Monate verlängert werden, ohne das Strafzahlungen fällig werden oder der Zuschlag erlischt. „Dies hilft einigen Projektierern, die ihre Solarparks andernfalls unverschuldet nicht mehr rechtzeitig hätten ans Netz anschließen können oder zu Unrecht finanzielle Nachteile in Kauf nehmen müssten. Die Bundesregierung ist gefordert, nun endlich auch den Solardeckel und die damit verbundene Galgenfrist für neue Solardächer aufzuheben“, kommentierte Körnig dies.
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