Im vergangenen Jahr haben mehr als 400 Photovoltaik-Anlagen keine Erlaubnis für den Anschluss an das Stromnetz in Polen erhalten. Dies gab die polnische Energieregelungsbehörde Urząd Regulacji Energetyki (URE) bekannt. Damit stieg die Menge der negativ beschiedenen Anträge binnen eines Jahres um das Siebenfache. URE analysierte die Absagen und fand heraus, dass diese Ablehnungen bei einzelnen Netzbetreibern deutlich häufiger auftreten. Experten gehen davon aus, dass das polnische Mittelspannungsnetz durch den Ausbau der Photovoltaik gebietsweise an seine Grenzen gestoßen ist.
Die fünf großen polnischen Netzbetreiber Innogy Stoen, Tauron Dystrybucja, Enea, Energa und PGE haben 2018 gerade einmal 64 Photovoltaik-Anlagen den Anschluss verweigert. Im vergangenen Jahr erhöhte sich diese Zahl URE zufolge nun auf 437. Bei Enea, Energa und PGE ist die Anzahl der Absagen dabei auffällig stark gestiegen.
Die polnische Tageszeitung „Rzeczpospolita“ wies auf das Problem des beschränkten Aufnahmevermögens der Mittelspannungsnetze bereits im vergangenen Jahr hin. Die Probleme treten insbesondere in den Regionen auf, wo besonders viele kleine Photovoltaik-Anlagen montiert werden. Das spiegelt sich dann bei den Netzbetreibern wider. Seweryn Baranek, Kundenbetreuer von Geo-Solar, sagte im Gespräch mit pv magazine, dass das Unternehmen die meisten Aufträge aus den zentralpolnischen Regionen Großpolen und Mazowsze erhält. Die Nachfrage geht hier auf die guten natürlichen Bedingungen zurück, hat aber auch mit den ökonomischen Möglichkeiten dieser Regionen zu tun, denn diese Regionen sind strukturell im Vergleich beispielsweise mit den Gebieten im Norden und Nordosten deutlich besser aufgestellt.
Ende 2018 hat die gesamte Leistung polnischer Photovoltaik-Anlagen laut Onlinemagazin „energetyka24.pl“ rund 350 Megawatt betragen. Aktuell wird die Leistung von der polnischen Netzagentur (PSE) mit 1,7 GW beziffert. Die Zuwächse im Bereich des Ausbaus von sogenannten Mikroanlagen bis 10 Kilowatt sind besonders deutlich. Das Portal gramwzielone.pl schätzt, dass bis zu 950 Megawatt der Leistung der Solarenergie in Polen auf diese kleinen Anlagen zurückgehen. Auf lediglich 750 bis 800 Megawatt Leistung summieren sich die Photovoltaikanlagen, die größer als 50 Kilowatt sind.
In der Regel generieren diese leistungsstärkeren Anlagen ihre Einnahmen über das Ausschreibungsverfahren, während die kleinen Anlagen von dem Förderprogramm “Mój Prąd” (zu Deutsch „mein Strom“) profitieren. Das ausgesprochen erfolgreiche Förderprogramm unterstützt die Anschaffung von kleinen Photovoltaik-Anlagen mit einer Zuzahlung zum Kaufpreis von bis zu 1250 Euro an private Haushalte. Diese nutzen die selbsterzeugte Energie vor allem im eigenen Haushalt. Dabei ist gerade die Warmwasseraufbereitung ein wichtiges Element der Kalkulation. Der Anteil der erzeugten Elektrizität, der nicht selbst verbraucht wird, fließt über den dafür bestimmten Anschluss an die landesweiten Netze, wird vom Netzbetreiber verbucht und kann zum späteren Zeitpunkt kostenfrei abgerufen werden. Die Netzbetreiber behalten rund 20 Prozent dieses Stroms ein, um die eigenen Transferkosten zu decken. Wenn also immer mehr Netzbetreiber den Anschluss einer Anlage ablehnen, könnte der Erfolg von „Mój Prąd“ ins Stocken geraten, da die staatliche Förderung nur ausbezahlt wird, wenn ein entsprechender Anschluss samt Netzbetreibervertrag besteht.
Über Probleme mit den Netzkapazitäten klagen auch die ersten Betreiber von größeren Anlagen mit einem Megawatt Leistung. Das Portal „Wysokie Napiecie“ zitierte einen Rechtsanwalt, der im Namen eines Betreibers von drei größeren Anlagen sprach. Demnach musste sein Mandant in den vergangenen Monaten eine der Anlagen temporär ausschalten, da der Netzbetreiber wegen fehlender Kapazitäten den Solarstrom nicht ins Netz ausnehmen konnte. Das betrifft schwerpunktmäßig die zentralpolnischen Regionen, wo inzwischen die größten polnischen Investitionen in neue Photovoltaik-Anlagen geplant sind. Ein Beispiel dafür ist der riesige Solarpark auf einem ehemaligen Bergbaugebiet. Die NeoInvestments Gruppe plant dort unter anderem mit chinesischen Partnern die bislang größte Photovoltaik-Anlage in Mittel-Osteuropa mit einer Leistung von 600 Megawatt am östlichen Rand der Region Wielkopolska. Die Anlage wird voraussichtlich im Jahr 2021 ans Netz gehen.
Diese und andere Projekte könnten aber scheitern, sollte das polnische Stromnetz nicht schnell genug ausgebaut werden. Dann droht dem gerade begonnenen Boom der Solarbranche in Polen ein rasches Ende. (Aleksandra Fedorska)
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Das erscheint mir doch sehr fragwürdig und eher politisch denn physikalisch motiviert.
Polen hat mit 38 GW konventioneller Kraftwerke, einem entsprechenden Stromverbrauch, Netzen, etc. eine 100% Elektrifizierung. Stromverbrauch über 170 TWh/a.
Darin eine Leistung von mehr als 1,7 GWp Photovoltaik nicht unterbringen zu können bei fast völliger Dezentralität der Anlagen erscheint doch sehr aus der Ablehnung der Technologie heraus motiviert zu sein.
„am östlichen Rand von der Stadt Wielkopolska“
hmmm, ich kenne Wielkopolska als ein Land, wie in Deutschland Hessen oder Bayern, und nicht als eine Stadt; hat sowas Frau Aleksandra geschrieben oder ist die Übersetzung schief gelaufen?
Hallo Zenon,
danke für den Hinweis. Den Fehler habe ich in die Meldung „gebastelt“, nicht die Autorin und ich habe es jetzt korrigiert.
Beste Grüße!
Von Ende 2018 bis jetzt wurden lt. dem Bericht in Polen 1.350 MW Solar zugebaut. Wenn also 400 Anlagen mit einer vermutlichen Kapazitätsanfrage von (von mir geschätzt) ca. 5 MW bei 1.350 MW Zubau nicht ans Netz angeschlossen werden konnten, redet man von „Gefahr für den PV-Zubau“?
Das klingt fast danach, als ob die konventionellen Erzeuger nicht runter regeln, denn dass mehr PV-Produktion als Bedarf vorliegt, ist ja völlig abwegig.
Es wäre interessant, hier mehr über die tatsächlichen Ursachen zu erfahren.,.
Wenn es wirklich so wäre, das das Netz nicht mehr aufnehmen kann, dann wird es eben einfach Zeit, den Solarstrom zu speichern und bedarfsorientiert abzugeben. Das Netz ist ja kein Stromspeicher und die Verbraucher können auch nicht jedem Sonnestrahl folgend ihren Verbrauch regeln. Bisher war die Stromversorgung in Polen doch recht sicher. Also ist das Netz richtig dimensioniert. P2X und und X2P und runterfahren der fossilen Kraftwerke sind doch viel sinnvoller, als ein das Netz auszubauen, oder?