Seit Monaten waren die deutsche Photovoltaik-Branche auf die politisch zugesagte Abschaffung des 52-Gigawatt-Deckels im EEG. Nur noch rund zwei Gigawatt fehlen, dass würde automatisch die Solarförderung für Photovoltaik-Anlagen bis 750 Kilowatt auf Null sinken. Die HTW Berlin hat nun jedoch am Montag eine „Deckelstudie“ veröffentlicht, in der gezeigt wird, dass auch Ungemach für kleine Photovoltaik-Anlagen durch den atmenden Deckel droht. Dieser legt die Höhe der monatlichen Degression für den anzulegenden Wert und die festen Einspeisevergütungen im EEG fest, die sich am zurückliegenden Photovoltaik-Zubau bemisst. Die Vergütungen für Photovoltaik-Anlagen bis 750 Kilowatt sind dadurch schon unter die Marke von 10,00 Cent pro Kilowattstunde gefallen.
„Der sogenannte atmende Zubaudeckel wird in wenigen Monaten dazu führen, dass die Einspeisevergütung für Photovoltaik-Dachanlagen deren Stromerzeugungskosten unterschreitet. Dies gefährdet die Realisierung insbesondere von größeren Photovoltaik-Anlagen, die jedoch zum Erreichen der Klimaschutzziele in Deutschland dringend benötigt werden“, heißt es von den Wissenschaftlern der HTW Berlin. Dies gelte auch für eigentlich ertragsstarke Dachanlagen, für die dann ein wirtschaftlicher Betrieb bei reiner Netzeinspeisung des Solarstroms nicht mehr darstellbar sei.
Die Auswirkungen seien also ähnlich zu jenen, die durch das Erreichen der installierten Photovoltaik-Leistung von 52 Gigawatt in Deutschland drohen. Es sei ein drastischer Markteinbruch zu erwarten. „Neue Photovoltaik-Projekte auf Wohngebäuden oder Gewerbebetrieben, in denen der erzeugte Solarstrom vor Ort nicht oder nur in geringem Umfang genutzt werden kann, stehen dann vor dem Aus“, erklärt Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin.
Für die Studie haben die Forscher dies an zwei Beispielen durchgerechnet: Einerseits für Photovoltaik-Dachanlagen mit 10 Kilowatt Leistung und andererseits mit 60 Kilowatt Leistung. Bei kleinen Anlagen mit Volleinspeisung sei bereits im Frühjahr 2020 zu erwarten, dass die Stromgestehungskosten oberhalb der Einspeisevergütung liegen werden. Für größere Dachanlagen könnte es je nach Höhe des Zubaus ab Herbst 2021 oder Frühjahr 2022 der Fall sein, dass sie sich nicht mehr durch die Einnahmen aus der Netzeinspeisung des Solarstrom refinanzieren lassen.
Bei Photovoltaik-Anlagen, bei denen der Solarstrom auch für den Eigenverbrauch genutzt wird, sei zu erwarten, dass die Projektrendite für kleine Photovoltaik-Anlagen ab 2022 oder 2023 den Wert von zwei Prozent unterschreite. Bei größeren volleinspeisenden Dachanlagen sei das bereits 2021 der Fall, schreiben die Wissenschaftler weiter.
Der Ausweg: Beim Beschluss zum Ende dieses Deckels sollte nach Ansicht der HTW Berlin folgerichtig auch die Absenkung der Einspeisevergütung ausgesetzt werden. „Wird eine der beiden Regelungen beibehalten, ist für den Photovoltaik-Ausbau wenig gewonnen“, heißt es von den Berliner Wissenschaftlern. Sie halten die zubauabhängige Degression der Einspeisevergütungen für nicht mehr zeitgemäß. Es sei zu befürchten, dass angesichts des Fachkräftemangels in der Solarbranche bei einem höheren Photovoltaik-Zubau auch die Preise für die Installation steigen werden.
Die Forscher der HTW Berlin fordern von der Politik, eine Erhöhung der Einspeisetarife in Betracht zu ziehen – auch um mit Blick auf den Klimaschutz Anreize für einen schnelleren Photovoltaik-Zubau zu schaffen. Falls dies keine Option sei, so müsste zumindest die Degression der Solarförderung vorübergehend ausgesetzt werden und zwar „mindestens bis zu einem Zubau [erreicht wird], der im Einklang mit den Pariser Klimaschutzzielen steht“, so Quaschning weiter.
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Hierbei ist anzumerken das PV-Anlagen aus Auschreibungen nicht für die Zubauabhänige Degression angrechnet werden. Wichtig wär hier die Sonderauschreibungen von 2021 auch danach bei zu behalten.Das wären dann zusammen mit den „normalen“ Auschreibungen von 0,6 Gw ab 2022 2,2 GW die für Freifläschenanlagen ausgeschrieben werden im Jahr
@Carsten, Ihren Beitrag verstehe ich nicht. Bitte um Konkretisierung.
Wie auch immer, wäre ich als verantwortlicher im Ministerium für Wirtschaft von D tätig, wäre mir Angst und Bange das hoffentlich mit einer Erfolgsvergütung abgesicherte Ziel der Bundesregierung für die einzelnen Beteiligten zur CO2 Reduktion wirklich erreichen zu können.
Erst wird die Windenergie seit 2-3 Jahren letztendlich durch die Absolution von 1 km Abstand zu Wohngebäuden, so gut wie an die Wand gefahren.- es gibt immer weniger Profi-Unternehmen, auf die im Bedarfsfall zurückgeriffen werden kann. Ein nordeutsches Unternehmen steht an der Klippe. Man spricht derzeit von einem Verlust von 60.000 Arbeitsplätzen.
Dann wird die PV-Industrie mit einer hintertriebenen Philosophie der angeblichen Absicherung der Preispolitik für die Erneuerbaren und einer angeblich durch den Koalitionspartner zu verantwortenden Hinhaltetaktik für den 52 GW Deckel nachhaltig ausgedünnt.
Es hilft Nichts! Nach verschiedenen Studien und Untersuchungen muß wesentlich mehr zugebaut werden, als im Moment den Verhältnissen realisiert wird und auch geboten scheint.
Mit welche Kräften und mit welchen Geschäftsmodell soll nach Meinung des Wirtschaftsministeriums denn die Zielerreichung von Klimaneutralität der Energieerzeugung erreicht werden?
Hat Frau Merkel hier schon einmal bei Ihrem Angestellten nachgefragt?
Angeblich passiert alles um 20.000 Arbeitsplätze der Kohle-Kumpels sozialverträglich über die Runden zu helfen. Es sind keine Kumpels! Es sind Arbeitnehmer einer bestimmten Branche, die leider mit Ihrer Tätigkeit mit ein riesen Klima-Problem verursacht!
Nachsatz für das Wirtschaftsministerium: Investition muß sich lohnen, auch für PV Interessierte.
@Thomas:
In die Zubau abhängige Degression nach § 49 EEG nur geht nur der Zubau von Anlagen bis 750 KW ein, nicht aber die Freifläschenanlagen aus den Ausschreibungen.
Für Windanlagen gibt es außer in Bayern bis jetzt auch keine 1 km Abstandabstandreglung. Der Zubau ist im letzten Jahr nahezu zum erliegen gekommen, weil es vor Ort massive Widerstände gegen solche Anlagen gibt und Klagen von Bürgerintitativen und Naturschutzverbänden dafür gesorgt haben das es kaum noch genehmigte Fläschennutzungspläne für neue Windanlagen gibt . Es hat in den letzten Jahre da auch anders als sie in den Raum stellen keine gesetzlichen Änderungen gegeben. Das für 2020 angstrebte Reduktionsziel für CO2 von 40 % gegenüber 1990 ist nach den neuen Zahlen vom letzten Jahr mit einem Rückgang von meht als 6 % auch wieder in Reichweite und wird angesichts der sich abzeichnden Rezession in diesem Jahr wohl doch noch erreicht.
Problematisch ist nicht das Instrument des atmenden Deckels als solchem, sondern die zu starke „reguläre Absenkung“ für den Fall, dass das Ausbauziel gerade erreicht wird. Ist diese Absenkung stärker als die tatsächlichen Kostenfortschritte, so muss sich ein Gleichgewicht bei einem niedrigeren Niveau des PV-Ausbaus einstellen, das dann wieder mit niedrigerer Degression einhergeht.
Wenn man für das Ausbauiel rund 10% jährliche Degression vorsehen würde, bei geringere Ausbau stabile Preise und bei stärkerem Ausbau stärkere Degression, könnte das Ausbauiel auch mal erreicht werden.
Davon abgesehen ist das Ausbauziel natürlich zu niedrig, so lange nicht andere Mechanismen greifen. Meine Präferenz ist eine EEG-Umlagen-freie Stromverwendung für Strom aus nicht EEG-geförderten PV-Anlagen.