Im folgenden veröffentlichen wir den redigierten Gesprächsverlauf des ersten Teils zur Martkentwicklung. In Kürze folgt der zweite Teil zu den Themen Geschäfstmodelle und politische Rahmenbedingungen. Den dritten Teil zum Thema Technologietrends finden Sie in der geruckten Ausgabe, die am 6.3. erscheint.
Energy Storage Europe
Die Energy Storage Europe findet vom 14. bis 16. März in Düsseldorf statt. Die im Roundtable diskutierten Themen sind ein Teil des umfangreichen Spektrums der Messe und Konferenz. Auf der Messe sind sowohl Hersteller und Anwender von Batteriespeichersystemen jeglicher Größe als auch Anbieter chemischer und mechanischer Systeme vertreten.
Die Veranstaltung richtet sich an deutsche und internationale Fachbesucher aus der Speicherindustrie, von Stadtwerken, EVUs und industriellen Anwendern. Im Fokus stehen laut Urban Windelen, der an der Planung beteiligt war, immer stärker digitale Energiesysteme aus allen relevanten Sektoren, in denen Strom, Wärme und Mobilität eine Rolle spielen.
Die Veranstalter konnten als Tagungsteilnehmer unter anderem gewinnen: Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin des Landes NRW, Tudor Constantinescu, Hauptberater der Generaldirektion Energie der Europäischen Kommission, und Hans-Josef Fell, Präsident der Energy Watch Group. Ebenfalls haben sich angekündigt Referenten von der Internationalen Energieagentur, Samsung SDI, Uniper, Innogy, Allianz Climate Solutions und IHS Technology.
Mehr Informationen finden Sie unter: http://www.energy-storage-online.de
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Franz-Josef Feilmeier (Fenecon): Auch wir spüren, dass das Segment anzieht. Wir zählen auch Anwendungen in der Landwirtschaft zum Gewerbespeichersegment, das für uns bei Systemen in der Größenordnung 30 Kilowatt startet. Wir versuchen immer, verschiedene Geschäftsmodelle zu kombinieren, sodass die Wirtschaftlichkeit steigt. Durch reine Eigenverbrauchsoptimierung erreicht man diese im Gewerbebereich nach unserer Einschätzung nicht (siehe auch Seite 55).
Fuhs: Besteht in der Runde Einigkeit darüber, was Gewerbespeicher eigentlich sind
Windelen: Für uns fangen Großspeicher bei etwa 30 Kilowatt Leistung an. Systeme mit weniger Leistung sind danach Hausspeicher- oder Kleinspeicherbatterien. Ich kann aber auch einen Zehn-Kilowatt-Hausspeicher sehr effizient im Industrieunternehmen einsetzen. Ich denke, am Ende ist das entscheidende Kriterium, wo stelle ich den Speicher auf und wofür möchte ich ihn nutzen.
Fuhs: Können Sie abschätzen, wie viele Gewerbespeicher in den vergangenen zwei Jahren in diesem Sinne ungefähr errichtet wurden?
Windelen: Wie viele Systeme tatsächlich gebaut werden, ist schwer zu sagen, weil es keine zentrale Erfassung gibt.
Die Teilnehmer des Roundtable. Mehr Informationen zu den Gesprächsteilnehmern finden Sie am Ende des Artikels.
Fuhs: Wir haben Hersteller befragt. Nicht alle haben geantwortet, und es ist auch nicht gesagt, dass sie die Wahrheit sagen. Ich würde danach vermuten, dass es einige Hundert sind. Würden Sie dem zustimmen?
Windelen: Aus Verbandssicht wäre meine Schätzung, dass wir in den letzten zwei Jahren von vielleicht 400 Projekten in Industrie und Gewerbe sprechen.
Fuhs: Kann man anhand des Geschäftsmodells eine sinnvolle Abgrenzung für das Segment Gewerbespeicher finden?
Hagedorn: Wir sehen den Industriebereich ab 100.000 Kilowattstunden Verbrauch jährlich und mehr. Dort ist eine viertelstündige Lastgangmessung in der Regel verpflichtend, und es existieren andere Produktanforderungen als im klassischen Gewerbebereich. Gewerbespeicher sehen wir bei kleinen und mittelständischen Unternehmen, Mehrfamilienhäusern und in der Landwirtschaft.
Jürgen Münzer (Lechwerke): Wir nennen wiederum Speicher in Unternehmen ab 100.000 Kilowattstunden Stromverbrauch Gewerbespeicher, gerade weil es da eine Viertelstunden-Lastgangmessung gibt. Da kann ich anhand des Lastgangs und der Kostenstruktur des Stromvertrages des Unternehmens beurteilen, ob ein Batteriespeicher sinnvoll ist. Tendenziell werden die Leistungspreise in den kommenden Jahren steigen, was bedeutet, dass der leistungsbezogene Einsatz von Batteriespeichern zum Lastmanagement in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen wird.
Fuhs: Herr Gerdemann, was ist die Motivation Ihrer Kunden?
Aaron Gerdemann (Refu): Wir haben neben unserem Heimmarkt natürlich auch das Ausland im Fokus. In internationalen Märkten gelten andere Tarifsysteme. Länder wie Jordanien, Australien oder Südafrika, die wesentlich höhere Strombezugskosten verlangen, gehören daher unter anderem zu den Treibern des Marktsegments. Andere Länder wie zum Beispiel Hawaii oder Puerto Rico sind interessante Märkte, weil die Regulierungsbehörden es dort als notwendig ansehen, für den Ausbau der erneuerbaren Energien mit Speichern zu agieren. Und dann gibt es viele Länder, in denen die Gefahr von Stromausfällen viel präsenter ist als in Deutschland. Dann können Gewerbebetriebe Stromspeicher nutzen, um sich in dieser Zeit zu versorgen oder wenigstens die Maschinen kontrolliert herunterfahren zu können, damit sie nicht geschädigt werden oder gar ein Produktionsausschuss entsteht.
Hannemann: Wir von Tesvolt liefern unter anderem auch nach Russland, Afrika, Indonesien und auf die Philippinen – auch in netzferne Gebiete. Hier in Deutschland und Europa haben wir das Vergnügen, dass wir ständig Strom aus der Steckdose bekommen. Dort, wo das nicht der Fall ist, liefern wir Gewerbespeicher für Offgrid-Anwendungen. Wir haben zwar auch in Sachsen schon ein Dorf autark gemacht, das ist aber nicht der Massenmarkt.
Feilmeier: In der Schweiz haben wir zum Beispiel den Vorteil, dass es dort kein Unbundling gibt. Es ist dort möglich, Netzdienlichkeit oder wirklich Im-Netz-Arbeiten mit Marktdienlichkeit zu verbinden. Zum Beispiel haben wir einen Speicher als PV-Eigenverbrauchspeicher in Verbindung mit Peak-Shaving und mit Schwarzstartfähigkeit für das Netz des dortigen Versorgers realisiert. Das erhöht die Wirtschaftlichkeit. Für die Schwarzstartfähigkeit gibt es in Deutschland noch keinen Markt.
Fuhs: Wie wird sich der Markt für Gewerbespeicher in den kommenden Jahren entwickeln und wie lässt sich eine positive Entwicklung fördern?
Hagedorn: Wir haben im vergangenen Jahr eine Marktstudie erstellt und dabei drei verschiedene Szenarien entwickelt (siehe pv magazine, Juni 2016, Seite 50). Wichtig ist dabei die Entwicklung auf dem Photovoltaikmarkt. Um es kurz zusammenzufassen: Der Gewerbespeichermarkt ist demzufolge bei Neuinstallationen relativ überschaubar. Richtig spannend wird es eigentlich erst ab 2023 oder 2024, wenn tatsächlich viele Photovoltaikanlagen aus der EEG-Vergütung fallen. Dann stellt sich die Frage: Was passiert mit diesen Anlagen? Sind sie noch funktionsfähig? Schafft der Gesetzgeber dort einen Rahmen, um diese Anlagen auch irgendwie weiter zu betreiben? Und dann können Speicher wichtig werden.
Münzer: Ich sehe das ähnlich. Richtig spannend wird es erst, wenn die Anlagen aus der EEG-Vergütung rausfallen. Die Frage ist nur: Was macht der Kunde dann? Kauft er sich tatsächlich einen Batteriespeicher oder fängt er an, Power-to-Heat zu nutzen, oder schafft er sich ein Elektrofahrzeug an? Er wird mehrere Optionen haben, wie er seinen Eigenstrom dann besser nutzen kann, und diejenige wählen, die ihm am meisten bringt.
Hannemann: Ich denke, wir müssen nicht so lange warten. Klar, ab 2023 oder 2024 wird es noch einmal spannender. Aber es kann schon vorher losgehen. Das Geschäftsmodell muss so sein, dass sich der Speicher innerhalb von fünf Jahren rechnet. Dann werden Unternehmer investieren.
Münzer: Trotzdem ist die Konkurrenz durch die Elektromobilität in den nächsten Jahren ein Riesenthema. Bezogen auf die Speicherkapazität ist ein Elektrofahrzeug heute schon günstiger als ein stationärer Batteriespeicher, der Faktor Mobilität kommt quasi umsonst mit dazu. Damit lassen sich Mobilität und Speicherung verbinden. Die zweite Generation an Elektrofahrzeugen ist am Start, die mit 300 bis 400 Kilometer deutlich höhere Reichweiten haben. Speziell im gewerblichen Bereich wird sich der eine oder andere überlegen, ob er sich einen Speicher mit einem einfachen Nutzen in den Keller stellt oder ob er sich solch ein Elektroauto anschafft. Elektromobilität lässt sich natürlich auch wesentlich besser für Marketing und Image nutzen als ein stationärer Batteriespeicher im Keller. Ich bin gespannt, wer das Rennen macht.
Hagedorn: Wobei das eine ja das andere nicht ausschließt.
Fuhs: Im Elektroauto benötigt man keine so große Zyklenfestigkeit wie bei stationären Speichersystemen. Ist das der Grund dafür, dass Batteriekapazität in den Autos günstiger ist?
Feilmeier: Bei Elektroautos reichen bereits 500 bis 1000 Zyklen für ein ganzes Auto-Leben, während das im stationären Bereich nur für zwei bis vier Jahre reichen würde. Darüber hinaus haben stationäre Speicher längere und umfassendere Garantien und höhere Anfangskosten durch Einfuhrzölle und Recycling-Abgaben. Letztlich sind aber die Stückzahlen bei Elektroautos beispielsweise bei BYD bereits bei über 100.000 pro Jahr, während Gewerbespeicher in 100er Stückzahlen laufen.
Windelen: Die Verbindung von Elektromobilität und Speichermarkt wird noch sehr spannend. Die Zyklenzahl einer Automotive-Batterie entscheidet auch darüber, ob die Batterie zusätzlich und gleichzeitig etwa als Hausspeicher genutzt werden kann oder ein zweites Leben als stationäre Batterie möglich ist. Hier sind jedoch noch wesentliche technische Fragen zu Performance, Anschluss oder Steuerung zu klären.
Dies ist die Langfassung des Gesprächs, das gekürzt in der gedruckten Märzausgabe des pv magazine erscheint.
In Kürze wird der zweite Teil zu Geschäftsmodellen und politischen Rahmenbedingungen veröffentlicht.
Den dritten Teil zu Technologietrends finden Sie in der gedruckten Ausgabe im Fokus „Gewerbespeicher“. pv magazine hat für diesen auch dieProduktübersicht „große Batteriespeicher“ aktualisiert.
Die Diskussionsteilnehmer und ihre Unternehmen:
Urban Windelen, Bundesgeschäftsführer des Bundesverbandes Energiespeicher BVES: Der Interessensverband vereinigt Speicherindustrie, Forschung und Entwicklung sowie Anwender der verschiedenen Speichertechnologien. Er setzt sich auf Bundes-, Landes- und Europaebene für passende politische, rechtliche und technische Rahmenbedingungen ein.
Stefan Hagedorn, Business Development Manager E3/DC: Der Wechselrichterhersteller beschreibt sich als Marktführer für netzgekoppelte solare Notstromversorgungen in Deutschland. Er hat die dreiphasige DC-Technologie mit dem Namen „TriLINK“ entwickelt und bietet Batteriespeichersysteme und Laderegler für hohe Autarkiegrade an.
Franz-Josef Feilmeier, CEO Fenecon: Das Unternehmen entwickelt und vertreibt in enger Zusammenarbeit mit BYD Stromspeichersysteme und flexible Energiemanagementlösungen für Kombinationen von verschiedenen Anwendungen und hat nach eigenen Angaben bisher etwa 1.200 meist größere Speicher verkauft.
Jürgen Münzer, Projektleiter Lechwerke: Der regionale Energieversorger bietet Strom- und Gasprodukte und weitere Dienstleistungen an. Das Unternehmen berät seine Gewerbestromkunden auch im Hinblick auf den Bau von Photovoltaikanlagen, BHKWs und Speichersystemen und entwickelt hierfür Geschäftsmodelle.
Aaron Gerdemann, Senior Vice President Prettl Energy/Refu Elektronik: Das Unternehmen beschreibt sich als Pionier im Bereich der Leistungselektronik für stationäre und mobile Batteriespeichersysteme. In der Solarindustrie ist es auch durch die Refusol-Solarwechselrichter bekannt, die im Gewerbe- und Großanlagensegment vertrieben werden.
Daniel Hannemann, Geschäftsführer Tesvolt: Das Unternehmen entwickelt Lithiumspeichersysteme über einen großen Kapazitätsbereich, der Systeme mit 4,8 Kilowattstunden Kapazität bis zum Megawattstunden-Kraftwerk umfasst. Sie werden über Installationsbetriebe und Händler an Gewerbekunden, unter anderem in der Landwirtschaft, vertrieben.
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