Ich habe seinerzeit (noch als Herausgeber) mit pv magazine zu einem Frühstücksevent während der EU PVSEC eingeladen. Das Thema polarisiert: 300 Gigawatt pro Jahr Photovoltaik weltweit in 2025, für Deutschland insgesamt maximal 200 Gigawatt. Wie sich heute zeigt: zu konservativ für Deutschland, aber global auf gutem Weg. Damals für viele absurd hohe Zahlen, denn den jetzt bereits seit einigen Jahren stattfindenden Sturmlauf der Photovoltaik konnten sie sich nicht vorstellen.
2012 – ein schweres Umfeld für eine große Vision
Entstanden waren die Überlegungen für die große mittelfristige Vision durch viele Anfragen aus der Industrie im Jahr 2011. Wie weit kann es gehen mit der globalen Photovoltaik? Und was ist für Deutschland nötig/realistisch für die Energiewende? Ich hatte zu einer Präsentation bei Schenker zur Semicon im Herbst 2011 in Dresden Vorüberlegungen vorgestellt; die Mengen an Modulen überraschten damals. Gerade wegen des sehr schwierigen Jahres hatten wir uns dann entschlossen, die Perspektiven klar und deutlich aufzuzeigen, was dann vor Ort als auch im Rahmen des im November 2012 folgenden Forum Solarpraxis (heute Forum Neue Energiewelt) heftig diskutiert wurde. Einige schon damals (und bis heute) ewig gestrige und ängstliche Branchenvertreter warnten davor, die Politik mit solch hohen Zahlen zu erschrecken. Was aber bis heute nur dazu geführt hat das die Politik wenig Vertrauen hat, dass Solarstrom die großen nötigen Mengen liefern kann. Die – wie wir heute wissen – eher 400 Gigawatt plus x allein in Deutschland sein müssen. Bericht 300 Gigawatt Frühstück 2012
Bleiben wir noch kurz im Jahr 2012, um zu zeigen, welchen Weg die deutsche und globale Solarwirtschaft seitdem gegangen ist: 31 Gigawatt wurden 2012 neu installiert, davon 7,6 in Deutschland, trotz der sogenannten „EEG- Fallbeilnovelle“ im Februar 2012. Grund für die doch noch mögliche Rally in Deutschland waren aufgrund globaler Fortschritte und Überkapazitäten sowie eines hohen Eurokurses massiv gesunkene Modulpreise. Welche aber gleichzeitig zu brutalen Verlusten in der Herstellungskette führten – zu etlichen Pleiten von Photovoltaik-Herstellern, Insolvenzen und Übernahmen. Der größte Einbruch war die Zahlungsunfähigkeit von Q-Cells. Der 2008 noch weltweite Photovoltaik-Marktführer wurde an die Hanwha Chemical Corporation verkauft. Das war aber nur die Spitze des Eisbergs. Mercom Capital zählte allein 2012 35 Konkurse und Insolvenzen sowie 50 Umstrukturierungen und Verkleinerungen. Unter anderem verweist Mercom auf die Entlassungen bei SMA und Schotts Ausstieg aus der Produktion kristalliner Silizium-Module. Europa hingegen traf es am härtesten, insbesondere bei der Waferproduktion. REC ASA musste 2012 drei Waferfabriken in Norwegen schließen, ebenso Schott und PV Crystalox ihre Waferfertigung in Deutschland.
Schwere Jahre in der EU, brutaler globaler Fortschritt
Die folgenden Jahre waren schwer für die Solarbranche in Deutschland und der EU; die 2013 einführten Zölle hatten die gesamte Wertschöpfungskette massiv beschädigt, da die Regierungen nicht länger bereit waren, den aus ihrer Sicht zu teuren Solarstrom noch höher zu subventionieren. Erst mit dem Wegfall der nutzlosen Zölle auf Solarmodule und -zellen (Solarworld ging trotz massiver Zölle in USA und EU zweimal pleite und ist verschwunden) im Jahr 2018 begann eine schnelle und breite Erholung. Die ersten Solarprojekte ohne staatliche Förderung wurden möglich.
Global wuchsen Märkte und Produktionskapazitäten all die Jahre seit 2012 und seit 2016 erleben wir einen förmlichen Sprung in Effizienz und Kosten. Für 2019 wird trotz der Schwäche in China mit einem Marktvolumen von deutlich über 100 Gigawatt weltweit gerechnet, bis 2023 gehen die Analysten von PV Infolink davon aus, dass die globalen Produktionskapazitäten bis auf fast 250 Gigawatt anwachsen. Bei gleichzeitig weiterer Erhöhung von Effizienz und Kostensenkungen. Verbunden mit einer ganzen Fülle von technischen Innovationen, die in die Massenproduktion eingehen. Die lange Dominanz von polykristallinen Modulen ist dabei schnell zu Ende gegangen, Mono ist das neue Normal. Und schon morgen dürfte auch Bifacial normal sein, bereits jetzt bieten einige Hersteller diese Module mit transparenten Backsheets zu nahezu gleichen Preisen wie die klassischen Bauformen an. Was die Preise für Solarstrom weiter senkt und somit immer neue Märkte quasi automatisch öffnet. Gute Chancen also für ein Eintreffen der 300 Gigawatt pro Jahr im 2025 (was wir dann Ende 2025 ja alle sehen werden…)
Der PV- Sturmlauf kommt zurück nach Europa
Bis Herbst 2018 war die EU von den größten und leistungsfähigsten globalen Produktionen abgekoppelt – die Zölle schlossen uns zudem von größeren Mengen der technischen Innovationen aus. Was dann – seit 2019 – zu recht abrupten Veränderungen führte.
So sanken die Preise für „Mainstream-Module“ (in großen Mengen bezogen) von knapp 30 Cent/Wattpeak auf 23 Cent/Wattpeak – und so, wie es derzeit aussieht, wird es wohl 2020 noch weiter heruntergehen. Wobei das Mainstreammodul nun in Mono-PERC deutlich mehr Leistung pro Modul bringt als das rasch alt gewordene Poly-Modul.
Durch den Wechsel von Poly auf Mono-PERC-Module ist die Leistung pro Quadratmeter schnell gewachsen, was immer mehr Leistung auf die gleiche Fläche bringt.
Was bedeutet die schnelle Leistungssteigerung für die weiteren Kosten?
Es ist klar, dass Kabel, Gestelle und die Arbeit ja nicht teurer oder mehr werden, wenn man mit einem Modul mal eben 15 bis 20 Prozent mehr Leistung auf das Dach bringt. Spezifisch (pro Wattpeak oder Kilowattpeal) sinken diese Kosten also automatisch mit. Die kommende komplette Umstellung auf 1500 Volt im Bereich der Freilandanlagen wird die Kosten weiter senken. Neue Waferformate und die nun auch endlich in der EU beginnende Verwendung von größeren Modulen (alt: 72-Zeller statt 60-Zeller, nun eher 144- statt 120-Zeller oder eben noch mehr Zellen) senken die Kosten im Freiland schnell weiter.
Die Leistungselektronik wird parallel auch effizienter und billiger, auch hier sind die Fortschritte ungebremst.
Global gibt es auch immer mehr Ausschreibungen von größeren Solar- und Speicheranlagen. Aufhorchen ließ hier im September das Ergebnis einer Ausschreibung in Kalifornien: 200 Megawatt Solar- und Speicher für 4 Stunden für 3,9 US-Dollarcent/Kilowattstunde. Der Speicher wurde darin für 1,33 US-Dollarcent/Kilowattstunde angeboten. Auch im Speicherbereich stehen bei großen Anlagen die Zeichen also auch auf schnell viel billiger – die Rahmenbedingungen der Nutzung und des Solar- und Windangebotes müssen natürlich stimmen. Dazu in einem anderen Blog mehr.
Was bedeuten die Effizienzgewinne für die Energiewende?
Natürlich macht immer billigerer Stromstrom die Energiewende billiger. Die Effizienzsteigerung nutzt die Flächen immer besser aus. Aus den heute installierten circa 50 Gigawatt könnte man absehbar fast 100 Gigawatt machen – sofern wir den Bestand in den kommenden Jahrzehnten entsprechen nutzen. „Also 100 Gigawatt haben schon mal …“, könnte man zwar sagen, aber mit Blick auf wohl eher 400 Gigawatt plus x. Von denen Stand heute 250 bis 500 Gigawatt an baulichen Anlagen denkbar sind. Für den heutigen Netto-Strombedarf wären schon heute nur etwa 2 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in Deutschland nötig; diese Flächen sind dann an Paradies für die Artenvielfalt und den Boden darunter. Neue Produkte werden auf der Basis billiger Zellen und neuer Konzepte auch für den Bereich der standardisierten und individuellen Gebäudeintegration entstehen – und so die gewaltigen Potenziale besser nutzbar machen. Das braucht noch etwas mehr Zeit und Anstöße als im Freiland, es kommt aber sicher, denn zu klar sind die Vorteile einer Nutzung als Bauteile kombiniert mit Energieproduktion vor Ort.
Solar macht den Job jetzt
Solar wird den Job machen – in der gesamten EU. Vor Ort und in den jeweiligen Ländern. Zu Kosten unterhalb jeder fossil/nuklearen Energieversorgung. Schon heute und immer stärker jedes Jahr. Und außerdem nicht nur naturverträglich, sondern Arten und Böden fördernd.
Rahmenbedingungen, Rahmenbedingungen, Rahmenbedingungen
Die Wirtschaft will billigen grünen Strom, die Bürger wollen ihn. Er ist sowohl aus Solar- als auch aus Windanlagen verfügbar und muss nun rasch viel massiver entwickelt werden. Wie es unter anderem die Bundesregierung ja auch gegenüber der EU unterschrieben hat. Nun gilt es, die vielfältigen Rahmenbedingungen richtig zu setzen. Und nicht länger als bis 2012 noch notwendig, um Centbeträge von EEG-Förderungen zu streiten.
Daran arbeiten wir nun intensiver denn je im Bundesverband neue Energiewirtschaft BNE, mehr dazu in Kürze oder auf dem Forum Neue Energiewelt.
Sehen wir uns?
Wie wir den globalen Sturmlauf der Photovoltaik in der EU weiter beschleunigen können, und welche Rahmenbedingungen zunächst kommen werden – das diskutieren wir am 21. und 22. November 2019 im Rahmen unseres Forums Neue Energiewelt mit 700 Teilnehmern aus der innovativen Energiewirtschaft: Forum 2019
— Der Autor Karl-Heinz Remmers war von 2008 bis 2015 Herausgeber von pv magazine, bevor er den Stab weiter an den heutigen Herausgeber Eckhart Gouras übergeben hat. Er ist CEO der Solarpraxis AG und seit fast drei Jahrzehnten in der Solarbranche aktiv. —
Die Blogbeiträge und Kommentare aufwww.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com.
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Sehr interessante Entwicklung. Um Fäche auf der Erde zu sparen habe ich einen relativ leicht herstellbaren Flugkörper erdacht der Solaranlagen zulässt ohne Boden zu opfern. Da dieser Flugkörper sehr leicht ist und sehr hohe Innendrücke aushält wäre auch an ein solares Luftfahrzeug das einfach und ohne Traggasverlust die Flughöhen wechseln kann zu denken. Der Prototypenbau würde allerdings einen Investor benötigen. MfG Ing. Sandler R.
Frage: Wie wollen sie denn mit einem „Flugkörper“ die Energie zum Erdboden bekommen, über Kabel?
Die Effizienz einer PV Anlage lässt sich nur mit einem guten Dreiphasen Dc/DC gekoppelten Speicher realisieren da sonst bei der Wechselstrom Erzeugung zu hohe Umwandlungsverluste zu Lasten des Betreibers anfallen. Zudem sollte in den Wintermonaten die Anlage abschaltbar sein da unnötig Bezugsstrom anfällt worüber sich nur die Stromkonzerne und das Finanzamt freuen kann. AC Systeme mit Speicher vermutlich 20-30 Prozent des Erzeugerstrom verbrauchen und somit bei ungünstigen Wetterbedingungen unwirtschaftlich sind.
Die Effizienz bei PV Modulen schlicht und ergreifend in der Ausrichtung und Neigung zu suchen ist und hier mit Aufteilung von Ost/West od. SO/SW die besten Erträge zu erzielen sind wenn die Gebäude Lage dies hergeben.
Wiegesagt, die Winterabschaltung bzw. auch bei längerem Urlaub der Speicher abschaltbar und nur f. den Batterie Erhalt eine Versorgungsmöglichkeit bestehen.
Was Viele nicht wissen, der Bezugsstrom zu einem Großteil nur zur Betriebserhaltung und nicht dem Eigenverbrauch zuzurechnen ist und deshalb DC SYSTEME den Vorzug zu geben ist.
Ja sagt einmal. Habt ihr denn alle in Deutsch einen Fleck(5) bekommen. Könnt ihr nicht mehr richtige Sätze schreiben. Jeder Ausländer kann schon bessere Sätze formulieren. Eine Schande ist das.
Oh je, wieder ein Deutscher Oberlehrer! Kein Wort zum Thema und der Diskussion beitragen aber andere maßregeln. Was ist denn bei euch Typen nur falsch gelaufen?
PS. Ihre eigenen Sätze sind auch nicht gerade das Gelbe vom Ei.
Eine Photovoltaikinvestition im nächsten Jahr? Werde ich machen, mit der Solarthermie bin ich bereits zufrieden Es ist ein Austausch der E-Zähler gegen Smart Meter geplant Die Fernabschalteinrichtung stört mich und ich werde dem zuvorkommen mit PV-Panels, Akkus und Wechselrichter. Dann bin ich für den Betrieb der thermischen Solaranlage und Elektro-Kleingeräten nicht mehr vom E-Werk abhängig. Einspeisen ist nicht beabsichtigt.
Bis 30 kWp kannst du statt RSE einfach 70 % Begrenzung machen…
Dann kann dir niemand die PV abschalten.
Oder meinst du die mögliche Abschaltung durch den Zähler?
Das geht auch nur, wenn der eine Internetverbindung hat.
Hat er die?
Genau so mache ich es auch!
Solarthermie großzügig ausgelegt auch zum Heizen, zusätzlich Kamin-Pellet-Ofen mit Wasseranbindung zum Pufferspeicher und die alte aber moderne Ölheizung als Backup. wenn es mal eng wird. Jetzt kommt die Photovoltaik dran. Ich denke nicht daran für einen Apfel und ein Ei meine erzeugte, die mit meinem Kapital und auf mein Eigentum installierte, Energie an Konzerne zu „verkaufen“. Dabei vom Staat gegängelt zu werden usw. Was nicht direkt verkauft wird, geht in die Akkus oder Auto. Und wenn es mal eng wird, dann dürfen die mal Strom liefern.
Also das Thema Fernabschaltung nervt mich, und ich werde dies auch nicht zulassen. Natürlich verstehe ich die Problematik die dahinter steckt. Strom der erzeugt wird muss auch verbraucht werden. Ich frage mich nur, wie da so manche „kommerziellen“ Betreiber auf ihre Einnahmen kommen wollen. War das in der finanziellen Planung so vorgesehen? Alles dies gilt auch für die Windanlagenbetreiber. Weht ein starker Wind und ich könnte Einnahmen generieren, schalten die ab und wenn die Anlage Online ist und ich Pech habe, bläst kein Wind…. so geht das nicht!
Eine durchaus erfreuliche Entwicklung!
Da wäre es nicht notwendig gewesen bei den beiden Säulendiagrammen (unseriöserweise) die Nullpunkte zu unterdrücken.
Lieber Joachim K.,
erwischt! – ich freue mich das Sie die bewußt so gemachte Skalierung entdeckt haben.
Hatte das in einem Vortrag mal in beiden Versionen gezeigt und thematisiert- neben dem Beginn bei Null könnte man auch einen anderen Kontext der Skala wählen. Die hier gewählte Variante ist die Internet- tauglichste, stellt den Unterschied am stärksten dar.
KH Remmers
sind off-grid Systeme genehmigungsfrei ?
Wie ist es mit der EEG Eigenabgabe wenn man nur für sich selbst den Strom herstellt und nicht einspeist. ( über30kW )
Darf man dann noch aufs Netz umschalten wenn der Akku leer ist ?