Die Stahlbranche zählt zu den Industriezweigen mit den höchsten Kohlendioxidemissionen. Sie setzt in Deutschland jährlich 56 Millionen Tonnen CO2 frei – und ist damit für gut sechs Prozent des gesamten Treibhausgasausstoßes der Bundesrepublik verantwortlich. Thyssen Krupp Steel Europe hat nun eine Versuchsreihe gestartet, die den CO2-Ausstoß bei der Stahlfertigung reduzieren soll: Das Unternehmen will sogenannte Einblaskohle im Hochofen durch Wasserstoff ersetzen.
Im klassischen Hochofenprozess werden für die Herstellung von einer Tonne Roheisen rund 300 Kilogramm Koks und 200 Kilogramm Kohlenstaub benötigt. Der Kohlenstaub bindet gemeinsam mit der Kokskohle den Sauerstoff des Eisenerzes. Zurück bleibt reines Eisen, das zu Stahl weiterverarbeitet wird. Der Staub wird über so genannte Blasformen in den Hochofen eingeblasen. Zum Versuchsstart hat Thyssen Krupp nun an einer dieser Blasformen Wasserstoff injiziert. Damit beginnt eine Versuchsreihe, in der das Unternehmen den Einsatz von Wasserstoff schrittweise erst auf alle 28 Blasformen dieses Hochofens und ab dem Jahr 2022 dann auf alle drei weiteren Hochöfen ausweiten will. Diese Tests seien die weltweit ersten ihrer Art.
Während beim Einsatz von Einblaskohle CO2-Emissionen entstehen, wird beim Einsatz von Wasserstoff lediglich Wasserdampf freigesetzt. An dieser Stelle des Produktionsprozesses können Thyssen Krupp zufolge so bis zu 20 Prozent CO2 eingespart werden. Das gilt allerdings nur für den Fall, dass dort Wasserstoff eingesetzt wird, der per Elektrolyse mithilfe erneuerbarer Energien erzeugt wurde. Den Wasserstoff liefert Air Liquide. Woher der Energieträger stammt, teilt Thyssen Krupp nicht mit. Das Projekt wird im Rahmen der von der Landesregierung gestarteten Initiative „IN4climate.NRW“ gefördert und von der Forschungseinrichtung des Stahlinstituts VdEH (BFI) wissenschaftlich begleitet.
Thyssen Krupp will bis 2050 klimaneutral werden. Bereits bis zum Jahr 2030 sollen die Emissionen aus Produktion und Prozessen im eigenen Unternehmen sowie die Emissionen aus dem Bezug von Energie um 30 Prozent reduziert werden. „Die Stahlproduktion nimmt für die Erreichung unserer Klimaziele eine wichtige Rolle ein, denn der Hebel der Sparte bei der Senkung der Emissionen ist groß“, sagt Klaus Keysberg, Mitglied des Vorstands der Thyssen Krupp AG. „Deswegen treiben wir den Wandel zur Wasserstofftechnologie mit aller Kraft voran.“
Nach der Umstellung der Hochöfen plant das Unternehmen ab Mitte der 2020er-Jahre den Aufbau von großtechnischen Direktreduktionsanlagen, die dann mit wasserstoffhaltigen Gasen betrieben werden. Der dort produzierte Eisenschwamm wird zunächst in den bestehenden Hochöfen eingeschmolzen, soll langfristig aber in Elektrolichtbogenöfen mit Hilfe erneuerbarer Energien zu Rohstahl verarbeitet werden.
Auch andere Stahlhersteller arbeiten derzeit auf verschiedene Weise daran, ihre Produktion klimafreundlicher zu gestalten. Die Salzgitter AG zum Beispiel setzt bereits Wasserstoff aus einem eigenen Elektrolyseur bei der Veredelung von Rohstahl ein. Bis Mitte des nächsten Jahres werden nach den Plänen des Unternehmens zwei weitere, größere Elektrolyseure dazukommen. Ebenso wie Thyssen Krupp will die Salzgitter AG langfristig mit grünem Wasserstoff die Kokskohle ablösen – die mit Abstand wichtigste Emissionsquelle eines Stahlwerks. Auf dem Weg dahin will das Unternehmen die Produktion so umbauen, dass parallel zum Wasserstoff als Zwischenschritt auch Erdgas eingesetzt werden kann. Bereits mit einem Drittel Wasserstoff und zwei Dritteln Erdgas könne man gegenüber der heute verwendeten Technologie zwei Millionen Tonnen Kohlendioxid im Jahr einsparen, so das Unternehmen.
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„An dieser Stelle des Produktionsprozesses können Thyssen Krupp zufolge so bis zu 20 Prozent CO2 eingespart werden.“
Wie genau ist dieser Satz zu verstehen?
Wird durch das Ersetzen der Einblaskohle mit Wasserstoff die CO2-Emission dieses Produktionsschrittes um 20 % verringert, oder ist dieser Produktionsschritt so CO2-lastig, dass die CO2-Emission des gesamten Stahlproduktions-Prozesses (56 Millionen Tonnen jährlich) um 20 % reduziert werden?