Seit der Einführung der ersten Ausschreibungsrunde für Photovoltaik-Anlagen im April 2015 gab es stets hohe Realisierungsquoten. Zwei Jahre haben die erfolgreichen Bieter Zeit, ihre Photovoltaik-Anlagen ans Netz zu bringen und ihre Zuschläge einzulösen. Die Quote lag beständig zwischen 90 und knapp 100 Prozent, wobei sie zumeist am oberen Rand der Skala kratzte. Doch mit den Ergebnissen der Ausschreibungsrunde im Oktober 2017 ist dieser Schnitt dahin.
Die Bundesnetzagentur hat aktuell auf ihrer Website veröffentlicht, dass die Realisierungsrate bei gerade einmal 35 Prozent liegt. Doch was sind die Gründe dafür? In den Ausschreibungen 2017/2018 sanken die Zuschlagswerte kontinuierlich und auch teilweise stärker als von Experten erwartet. Das Ergebnis aus dem Oktober zeigte erstmals einen durchschnittlichen mengengewichteten Zuschlagswert von unter fünf Cent. Er lag bei 4,91 Cent pro Kilowattstunde, wobei die Spanne der erfolgreichen Gebote von 4,29 bis 5,06 Cent pro Kilowattstunde reichte. Insgesamt waren 20 Projekte mit insgesamt 222 Megawatt mit einem Zuschlag versehen worden.
Obwohl die Quote mit 35 Prozent so niedrig ist, sind erstaunlicherweise doch fast alle Projekte aus der Runde realisiert worden. Im Marktstammdatenregister sind 17 eingelöste Zuschläge verzeichnet. Die damit verbundenen Photovoltaik-Anlagen kommen jedoch nur auf eine Gesamtleistung von 83 Megawatt. Hinter den fehlenden knapp 140 Megawatt verbergen sich unter anderem zwei Großprojekte in Mecklenburg-Vorpommern. Eine der geplanten Anlagen sollte 69 Megawatt und die andere 65 Megawatt Leistung haben.
Die Flurstücke, auf denen die Photovoltaik-Anlagen entstehen sollten, sind in nachfolgenden Ausschreibungen erneut eingebracht worden. So bestätigte Clenergy-Geschäftsführer Daniel Ruoss pv magazine, dass es sich bei der jüngst gestarteten Installation des Solarparks in einer ehemaligen Kiesgrube in Ganzlin um das Projekt handelt, das eigentlich bereits im Oktober 2017 einen Zuschlag erhalten hatte. Der ging an die MES Solar XXXII GmbH & Co. KG. „Wegen des sehr, sehr langen Baugenehmigungs- und Trassensicherungprozesses“ habe das Unternehmen einen zweiten Anlauf unternommen. Die Pönale dafür, dass die Anlage nicht realisiert wurde, musste Clenergy auch zahlen.
In der Ausschreibungsrunde im Juni 2019 sicherte sich die Projektgesellschaft ihren neuen Zuschlag. Der durchschnittliche mengengewichtete Zuschlagswert lag bei 5,47 Cent pro Kilowattstunde – die Spanne der erfolgreichen Gebote reichte immerhin von 4,97 bis 5,58 Cent pro Kilowattstunde. Mit der Realisierung des Solarparks hat Clenergy kürzlich auch bereits begonnen.
Für das zweite Großprojekt mit 69 Megawatt erhielt im Oktober 2017 die MES Solar XXXV GmbH & Co. KG den Zuschlag. Mittlerweile sind die dafür vergebenen Flurstücke in drei verschiedenen Ausschreibungsrunden – im März, April und Juni 2019 – mit drei separaten Zuschlägen wieder vergeben worden. Allerdings an andere Projektgesellschaften: die Energiegesellschaft Balder MV mbH & Co. KG und die Energiegesellschaft Balder MV II GmbH & Co. KG. An diesen Firmen ist unter anderem der Schweriner Energieversorger Wemag über die Unternehmenstochter mea Energieagentur Mecklenburg-Vorpommern GmbH mit 50 Prozent beteiligt. Die von der Wemag benannten Geschäftsführer waren für pv magazine während der Recherche weder telefonisch erreichbar noch antworteten sie auf schriftliche Anfragen.
Nach einer Auswertung beinhalten etwa sieben Prozent aller Zuschläge seit 2017 Flurstücke, die in einer vorherigen Runde schon einmal in einem erfolgreichen Gebot verzeichnet sind. Damit stellt sich die Frage, ob beziehungsweise warum die Bundesnetzagentur, die die Ausschreibungen durchführt, dies zulässt. Nach geltendem EEG könnte sie Gebote bei Auktionen ausschließen, „die in dem Gebot angegebenen Flurstücke ganz oder teilweise übereinstimmen, a) mit den in einem anderen Gebot in derselben Ausschreibung angegebenen Flurstücken oder b) mit den in einem anderen bezuschlagten Gebot in einer vorangegangenen Ausschreibung angegebenen Flurstücken, sofern der Zuschlag nicht entwertet worden ist.“ Allerdings darf kein Ausschluss der Gebote erfolgen, wenn es sich um die Installation einer weiteren Anlagen oder das Ersetzen einer bestehenden Anlage handelt.
Für die Bundesnetzagentur dürfte es schwierig sein, alles Flächenangaben nach der Gebotsabgabe genau zu prüfen. Ein Sprecher erklärte auf eine Anfrage von pv magazine bezüglich der Doppelzuschläge für gleiche Flächen: „Nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz ist es grundsätzlich möglich, an anderer Stelle als im Gebot angegeben zu realisieren. Daher sind Zuschläge mit identischen Flurstücksangaben grundsätzlich zulässig.“ Nähere Angaben zu einzelnen Geboten wollte er mit Blick auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht machen.
Ein bisschen Sorge besteht schon, dass angesichts der niedrigen Zuschlagswerte, die ihren bisherigen Tiefststand bei der Februar-Runde 2018 erreichten, auch die kommenden Realisierungsquoten unter den zuvor bekannten 90 Prozent und mehr zurückbleiben könnten. Zugleich will die Branche dem Eindruck entgegenwirken, dass angesichts weiterer bevorstehender Sonderausschreibungen für Photovoltaik-Anlagen in den nächsten Monaten mit voraussichtlich etwas attraktiveren Zuschlagswerten die Nicht-Einlösung und somit Pönale für ältere Zuschläge von den Bietern bewusst in Kauf genommen werden könnte. Ähnlich ist gerade bei den Windkraftausschreibungen zu beobachten, bei denen die Gebote die ausgeschriebenen Volumen bei weitem nicht erreichen und sich die Zuschlagswerte daher nahe dem vorgegebenen Höchstpreisen orientieren. Damit sind die Zuschlagswerte deutlich höher als noch vor zwei Jahren.
Allerdings gibt es anders als bei der Windkraft, wo dieses Phänomen in jüngster Vergangenheit durchaus zu beobachten ist, bei den Auktionen für Photovoltaik immer noch eine rege Teilnahme und teilweise massive Überzeichnung der ausgeschriebenen Mengen. „Nach unseren Informationen gab es in der Oktober-Auktion 2017 mehrere bezuschlagte Solarparks von insgesamt über 100 Megawatt, die nach einer erneuten, höher bezuschlagten Teilnahme in einer späteren Auktion ihre Zuschläge aus dem Jahr 2017 zurückgezogen haben“, erklärt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverband Solarwirtschafts, pv magazine zu der niedrigen Realisierungsquote vom Oktober 2017. Anders als bei der Windkraft sei das für Solarprojekte zulässig und unternehmerisch nachvollziehbar.
Die nicht-realisierten Mengen aus der Ausschreibung sind für die Photovoltaik nicht verloren. Dies bestätigt auch der Sprecher der Bundesnetzagentur. Nach den Vorgaben des EEG würden die rund 120 Megawatt zu einem späteren Zeitpunkt wieder in die entsprechende Ausschreibungen als zusätzliches Volumen gegeben. Wann genau konnte er zunächst nicht sagen. Es sei aber nicht sehr zeitnah zu erwarten, da im EEG dafür größere Zyklen vorgeschrieben sind, so der Sprecher weiter. Der Haken daran ist laut Carsten Körnig: „Sollte sich dieser Effekt wiederholen, so erschwert dies allerdings die sichere Umsetzung von Photovoltaik-Ausbauzielen und verzögert ungewollt den Photovoltaik-Ausbau.“ Dann sei zu erwarten, dass der Gesetzgeber hier gegensteuert, so Körnig.
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Wann werden endlich die Kapazitäten an vorhandenen Dachflächen ausgeschöpft und die Autobahnen mit aufgeständerten PV-Anlagen überbaut, anstatt weitere Flächen für Energieerzeugung zu verbrauchen. Raum ist begrenzt! Daher ist es dringend an der Zeit, Infrastruktur konzentriert und koordiniert umzusetzen.
In welcher Höhe sind denn die Pönalen für die „verfallenen“ 140 MW fällig geworden bzw. werden sie wann bezahlt?
Dass bei diesen bejubelten 4,xx cent/kWh-Ausschreibungen eine gehörige Menge Spekulation, u.a. auf gestiegene Strompreise steckte, dürfte doch nur naive Sonnenanbeter überraschen.
Hallo Herr Rentfort,
es heißt dazu: „Erfolgreiche Bieter müssen binnen zehn Werktagen nach der Veröffentlichung des Zuschlags eine Zweitsicherheit stellen. Die Zweitsicherheit dient als Pfand für die Realisierung der Anlage und beträgt grundsätzlich 50 Euro pro bezuschlagtem Kilowatt.“
Also ich denke, dass ist dann gleichbedeutend mit der Pönale, die fällig wird, wenn die Zuschläge verfallen.
Beste Grüße!
Hallo Frau Willmer
Was ist wichtiger Klima retten oder Flächen sparen.
Wenn 1 % der Weltweit verfügbaren Landfläche für Freiflächen PV verwendet würde.
könnte damit der Welt Endenergiebedarf gedeckt werden.
Siehe Energy Watch Wroup und Studie Uni Finnland.
Am Ende kommen Weltweit sicherlich Flächen zum Einsatz die ohnehin nicht nutzbar sind.
Wichtig ist doch das die Stromspeicherung in Deutschland weiterentwickelt wird.
Das geht nur mit niedrigen Strompreisen wie zB. aus Solarparks.( Bezahlbare Energiewende).
Die Landwirtschaftlichen Erzeugerpreise sind Weltweit derart gering, das die Landflucht in Entwicklungsländern immer weiter voran schreitet.
In der Hinsicht wäre eine Flächenverknappung zu begrüßen.
Die Flächen sind auf lange sicht auch nicht verloren. Sie können später ohne großen Aufwand wieder in Ausgeruhte Landwirtschaftliche Flächen verwandelt werden .Der Strom wird dann vermutlich in anderen Ländern für unter 1 Cent je kwh hergestellt .
Ich bin der gleichen Ansicht von Frau Willmer, erst einmal Dachfächen zu belegen, anstatt Natur-Flächen zu nutzen.
Wie auch immer lenkt dieser Sachverhalt von der ursprünglichen Diskussion ab.
Wie und warum werden ehemals beschlossene Zuschläge unter veränderten Konditionen verändert?
Bestenfalls entsteht durch die Verzögerung ein Ausfall der bisher doch einkalkulierten Energieproduktion?
Stimmt das gesammte Regelwerk und deren Aufsicht noch; oder?