Der hierzulande produzierte Strom ist in den ersten drei Quartalen dieses Jahres deutlich sauberer geworden: Gegenüber dem Vorjahreszeitraum konnte die deutsche Energiewirtschaft dem Branchenverband BDEW zufolge ihre CO2-Emissionen um 40 Millionen Tonnen reduzieren. Das entspricht einem Minus von 40 Prozent. „Ein solcher Rückgang der CO2-Emissionen ist beispiellos. Keine andere Branche hat es bisher geschafft, den CO2-Ausstoß so drastisch zu reduzieren“, freut sich Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung.
Die starke Emissionsminderung des Energiesektors in den ersten drei Quartalen 2019 lässt sich nach Angaben des BDEW unter anderem auf den hohen Erneuerbare-Energien-Anteil von 43 Prozent, den deutlichen Anstieg des CO2-Preises auf rund 25 Euro pro Tonne und die marktbedingte Stilllegung von Steinkohlekraftwerken mit einer Leistung von zusammen 1,4 Gigawatt zurückführen. Angesichts des stockenden Zubaus vor allem bei Windanlagen an Land bleiben die weiteren Reduktionsverpflichtungen der Energiewirtschaft bis 2030 jedoch herausfordernd, erklärt der Branchenverband.
Zuvor hatte die Arbeitsgemeinschaft (AG) Energiebilanzen gemeldet, dass der Energieverbrauch in Deutschland nach vorläufigen Berechnungen in den ersten neun Monaten 2019 um gut zwei Prozent gesunken ist. Dabei zeige sich ein stark veränderter Brennstoffmix, der nach Einschätzung der AG Energiebilanzen zu einem „merklichen Rückgang bei den CO2-Emissionen“ führen dürfte.
Für das Erreichen der deutschen Klimaschutzziele sieht der BDEW nun vor allem den Mobilitäts- und Gebäudesektor in der Pflicht. „Wenn es auch hier endlich gelingt, den CO2-Ausstoß nennenswert zu reduzieren, kann Deutschland es noch schaffen, 2020 in die Nähe des 40 Prozent-Minderungsziels zu kommen. Ein ambitionierterer CO2-Preis als ihn die Bundesregierung bisher für Wärme und Verkehr vorsieht wäre hierfür ein wirksamer Hebel“, so Kapferer.
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keilenANALYTICS
40% CO2-Minderung bei der Stromerzeugung von Jan.-Sept. 2019 zum Vergleichszeitraum des Vorjahres hören sich sehr beeindruckend an.
Nicht erwähnt wird, dass der um 2% geringere Stromverbrauch (als ein Grund für die CO2-Minderung) weniger aktiven Einsparmaßnahmen als vor allem einer rückläufigen Konjunkturentwicklung mit Arbeitsplatzverlusten etc. geschuldet und insoweit janusköpfig zu betrachten ist.
Nicht erwähnt wird auch, dass wegen der Änderungen von Kohle und Erdgas in der Merit Order – Reihenfolge die 40%ige CO2-Minderung sich vor allem aus dem Brennstoffwechsel von Kohle auf Erdgas ergibt. Da Erdgas jedoch nicht so klimafreundlich ist wie es die hier genutzten Emissionsfaktoren glauben machen, ist der reale Klimaeffekt leider mit Abstand nicht in der Größenordnung, wie es die 40%-Minderung zum Ausdruck bringt. Immerhin ist im Vergleichszeitraum der Gesamtverbrauch an Erdgas vor allem durch höheren Kraftwerksverbrauch um 4% angestiegen. Schöner wäre es, wenn statt durch mehr Erdgas der Zubau der Erneuerbaren Energien diesen Effekt bewirkt hätte.
Im Hinblick auf Klarheit und Wahrheit ist die Umweltpolitik gefordert, dem Erdgas-Emissionsfaktor künftig das reale Klimaschädigungspotenzial (GWP) zuzuordnen. Das heißt, es sind auch die bei Erdgasgewinnung und -transport entstehenden Klimagasemissionen im Emissionsfaktor zu berücksichtigen. Ansonsten führt ein zu niedriger, nicht realer Emissionsfaktor zu politischen Fehlbewertungen von Erdgas als „klimafreundlich“.
Bewertet man die Klimaverträglichkeit von fossilem Erdgas mit Einbeziehung der Emissionen bei Erdgasförderung und -transport, dann sind Erdgas und Flüssiggas (LNG) keine „Low carbon“-Energieträger. Insoweit sollte man die Förderung von Fossilgasanwendungen im Verkehr etc. unter Wahrung des Vertrauensschutzes auf der Zeitachse schnellstmöglich auslaufen lassen und die knappen Fördergelder auf E-Mobilität und Wasserstoff-Brennstoffzellenmobilität konzentrieren.
Im Heizungsbereich sollte im Gebäudeenergiegesetz GEG im Neubau das „fossilenergiefreie Heizen“ vorgegeben werden. Elektrische Wärmepumpen sind im Neubau mit einem Anteil von 44% inzwischen das fossilenergiefreie Standardheizsystem (2018). Erdgasheizungen haben noch einen Anteil von 41%. Mit der Vorgabe, dass im Neubau nur noch fossilenergiefreie Heizsysteme eingebaut werden dürfen, z.B. ab 2025, wäre ein nachhaltiger Klimaschutzbeitrag erreicht. Für die Gebäudeeigentümer, aber auch Mieter wäre das fossilenergiefreie Heizsystem in Form einer Wärmepumpe zudem eine wirtschaftliche Lösung, die im Vergleich zu einer Erdgasbrennwertheizung auf Grund der künftigen CO2-Bepreisung von Erdgas in den Betriebskosten immer günstiger werden dürfte. Dass das „fossilenergiefreie Heizen“ für den Neubau im Klimapaket nicht verpflichtend vorgegeben ist, ist ein Fehler.
Insgesamt ist festzuhalten, dass rechnerische CO2-Minderungen auf Grund von Brennstoffswitch auf Basis nicht zutreffender Emissionsfaktoren (d.h. mehr Erdgasverbrauch) und Energieeinsparungen auf Grund von Konjunkturrückgang und Mehrerzeugungen an Wind- und Solarstrom, weil der Wind stärker geweht und die Sonnen stärker geschienen hat, kein Grund sind, dies „als Erfolge zu feiern“. Vielmehr müssen die Erneuerbaren wesentlich umfangreicher und schneller ausgebaut und Mobilität und Heizen auf fossilenergiefreie Lösungen hin entwickelt werden.
Sie ignorieren bei Ihren Überlegungen, dass Gaskraftwerke nicht nur einen geringeren CO2-Faktor haben, sondern neben Speichern die einzigen wirklich flexiblen Kraftwerke sind. Da sie schnell heruntergefahren werden können, wenn die Erneuerbaren genug Strom liefern, laufen sie auch wesentlich weniger, als Kohlekraftwerke, die wegen ihrer Unflexibilität einfach weiterlaufen, egal ob sie gebraucht werden oder nicht. Diese Unflexibilität der Kohle hat sehr unschöne Auswirkungen: Der Strompreis wird dann negativ, und wir müssen das Ausland dafür bezahlen, dass es uns diesen Strom abnimmt. Mit Gas wird nicht nur der Brennstoff ausgewechselt, sondern auch wesentlich weniger Strom produziert und damit auch weniger Brennstoff verbraucht. Im Ausland entsteht dadurch gleichzeitig ein Freiraum für eigene Erneuerbare Anlagen, die bisher nicht konkurrieren konnten gegen den von uns zum Schleuderpreis gelieferten Überschussstrom. Also wirkt der Brennstoffwechsel doppelt: Bei uns durch weniger Stromproduktion, im Ausland durch mehr Platz für Strom aus Erneuerbaren.
Wärmepumpen können nach meiner Einschätzung nur einen kleineren Teil zur Lösung des CO2-Problems des Wärmesektors beitragen. Der Wärmebedarf ist in Mitteleuropa stark saisonal geprägt, und zwar gegenläufig zur Produktion von PV-Strom. Sinnvoller ist deshalb ein starkes Gewicht auf der Kraftwärmekopplung, die die Erzeugungslücke der PV passgenau ausfüllen kann. Um sich auch hier den 100% Erneuerbar zu nähern braucht es zum Betrieb der KWK genug grünes Gas, für dessen Produktion man die unvermeidlichen temporären Überschüsse der Erneuerbaren einsetzen kann.
Es gäbe eine relativ einfache Lösung: Statt Erdgas Wasserstoff durch die Leitungen führen (Anfangs reicht anteiliges Einspeisen) und mit einfachen billigen (bei Massenproduktion) Niedertemperatur-Brennstoffzellen in Strom und Wärme wandeln (50%/50%). Der momentane stark geförderte Irrweg ist, Erdgas im Heizkeller teuren komplexen Hochtemperatur-Brennstoffzellen zuzuführen. Das wird sich nicht durchsetzten können und macht wenig Sinn. Strom kann man auf jeden Fall mittels Wasserstoff speichern. Große Elektrolyseure schaffen bereits 95% Wirkungsgrad, wenn man sich die Wärme zu Nutze macht (el.80%/w15%). Man sollte die halt dort hinstellen, wo die Wärme genutzt werden kann (z.B. Fernwärmezentralen).
Und nun ist es nur noch eine Frage einer genauen wissenschaftlichen Optimierungsberechnung, wieviel Wasserstoff aus Wind und Sonne dafür aus wirtschaftlicher Sichtweise produziert werden sollte. Dem massiven Ausbau von z.B. billiger PV steht nichts mehr im Wege. Wenn Windräder nicht mehr durchsetzbar sind, gibt es mehr als genug Fläche um PV zu installieren.
Mit z.B. Agro-PV ist eine Flächendoppelnutzung möglich, welche die „Tank/Strom oder Teller“ – Diskussion überflüssig macht. Mit Überdachung sämtlicher Großparkplätze und vielen anderen Möglichkeiten ebenso.
So könnte ich noch Seitenweise weitermachen. Auf jeden Fall wird ein 100%-EE-System schwerlich ohne Wasserstoff funktionieren. Momentan wird viel zu viel nur auf Wasserstoffnutzung im Verkehrssektor geschaut. Dabei ist die optimale Nutzungsmöglichkeit im Heizkeller (KWK) gegeben.
Nun sollte man seitens der Politik also mal endlich Vollstrom beim Thema Wasserstoffwirtschaft geben.
Wobei ich auch der Meinung bin, dass es absolut Sinn macht als Brückentechnologie (max. 20 Jahre) flexible günstige Gaskraftwerke zu bauen (500€/KW=>20 Mrd.€/40GW), wobei der Einspeisung von EE-Strom vollen Vorrang zu geben ist und die Gaskraftwerke nur zur Deckung des restlichen Strombedarfs benutzt werden dürfen.
Damit hat sich auch das Problemfeld Dunkelflaute bei Abschaltung der Atom- und Kohlekraftwerke erledigt. So und nun muss der Staat massiv mithelfen. Denn diese Gaskraftwerke sollten nicht von der Industrie, sondern vom Staat finanziert werden, dem auch wieder das Stromnetz einverleibt werden sollte. Denn die Kraftwerke sollen so schnell als möglich in der Nutzung reduziert werden (EE-Vorrang). Betrachtet man diese 20 Mrd. als einmalige Klimainvestition, ist ja nur noch die pure Nutzung zu bezahlen und es nicht mehr tragisch, wenn diese immer schneller zurück geht. Und zwar um so schneller, je mehr EE im System ist. Man kann nun den zeitweisen EE-Überschuss für die Elektrolyse nutzen.
Nun wird aber sicherlich wieder behauptet, dass sich nur eine hohe Dauernutzung der Elektrolyseure wirtschaftlich rechen würde. Aber das ist falsch. Wird ein technisches Gerät nur halber genutzt, hält es auch doppelt solange (vereinfacht dargestellt). Man sollte also eine Vollkostenrechnung in Betriebsstunden machen und mit dieser Kalkulation ins Rennen gehen. Dann wird man sehen, dass sich das besser rechnet als gedacht. Das heutzutage gängige pure ROI (Return on Invest) Denken ist einfach falsch, wenn man langfristige Probleme lösen muss. Kapital lange vorzuhalten, in Zeiten wo das Kapital gar nicht mehr weiß wohin mit all dem Geld, ist doch kein Problem.
Was fehlt, ist einfach ein staatlicher Masterplan, der Richtungsweisend ist und allen Akteuren hilft planvoll zu Kalkulieren und zu Investieren.
Für Heute möchte ich es bei diesen Anregungen belassen wollen.
@ Herr Scherer:
sie wohl hier wohl ähnliche Märchen erzählen wie Herr Tritin und seine Freunde mit der „Kugel Eis“ 🙂
@ Klaus G. : dieser Post hat Null Informationswert , also steht das X von Dr. Nix wohl für Sie!
@ Max Oberlehrer:
welch ein gehlatvoller Beitag 🙂