Der Verwaltungsrat der Europäischen Investitionsbank (EIB) wollte am Dienstag eigentlich eine neue Energierichtlinie beschließen. Der Entwurf sieht vor, dass die größte multilaterale Bank der Welt ab Ende 2020 abgesehen von wenigen Ausnahmen keine fossilen Energieprojekte mehr finanzieren wird. Wie das Portal „Euractiv“ vergangene Woche berichtete, sind Bundeswirtschaftsministerium und -finanzministerium allerdings nicht einverstanden mit dem Entwurf. Deutschland hat großes Gewicht bei der Entscheidung über die Richtlinie, da die Bundesrepublik rund 16 Prozent der Anteile an der EIB hält. Jetzt hat der Verwaltungsrat auf Druck Deutschlands und anderer EU-Staaten beschlossen, die Abstimmung zu vertagen.
Euractiv zufolge blockiert Deutschland die neue Richtlinie, weil die EIB dann keine neuen Erdgas-Projekte mehr finanzieren dürfte. Erst vergangene Woche hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) die neue Gas-Strategie der Bundesregierung vorgestellt. Danach werde Gas auch langfristig eine zentrale Rolle in der deutschen Energieversorgung einnehmen. Auf lange Sicht solle Erdgas zwar durch synthetisches, mit Solar- und Windstrom hergestelltes Gas ersetzt werden. Fossiles Gas wird aber noch viele Jahre unverzichtbar sein, ist die Bundesregierung überzeugt.
„Es ist beschämend, wie sich die Bundesregierung beim Klimaschutz auf europäischer Ebene präsentiert“, kommentiert Regine Richter, Energieexpertin bei der Umweltschutzorganisation Urgewald. „Statt gemeinsam mit den anderen Mitgliedsländern ein Leuchtfeuer für eine klimafreundliche Finanzwelt zu entfachen, sollen der Gasindustrie weiter Milliarden an öffentlichen Fördergeldern offen stehen. Nach dem kläglichen Klimapaket ist das ein weiterer Klima-Flopp. Bundesumweltministerin Schulze muss dringend auf ihre Kabinettskollegen im Finanz- und Wirtschaftsministerium einwirken. Noch können sie die Blamage verhindern.“
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Dass D >>50% mit fossiler Energie läuft, wird gern vergessen (https://www.umweltbundesamt.de/daten/energie/primaerenergieverbrauch#textpart-2).
UND was sagt das zur klimaschützenden Zukunftsperspektive, Herr Rehmhardt?
Es heißt eben nicht Gasmarkt fördern und gar mit noch schlimmer klimabelastenden LNG aus USA mit absurden Tankerlangwegen und die wirklich Klima schützenden Erneuerbare Energien zu behindern und zu begrenzen, besonders auch bei von Bürgern bzw. Genossenschaften betriebenen. So nur offshore-Windstrom von Groß-Konzernen sonder hoch zu fördern.
Nein ganz umgekehrt, müsste Erdgas auf noch notwendige Ergänzung bei Flautezeiten begrenzt werden, wie Kohle- und auch Atomverstromung mit waren Kosten teurer als Gas und Umwelt-Klima-Gesundheit belastender nachrangig eingesetzt werden.
Was an unsinnigen Behinderungen dazu zu verbessern ist, wurde schon oft, zulezt bei der Kritik am Klimapaket uw. aufgezeigt.
keilenANALYTICS
Den Erdgaseinsatz auf die derzeit noch unverzichtbare Lückenfüllung bei EE-Flautezeiten begrenzen und an alternativen Lösungen zu Erdgas wie Lastverschiebung (DSM), Stromspeicher bzw. EE-Wasserstoff arbeiten, das ist die Aufgabe der Politik in Zeiten, wo die Politik große Verantwortung für die Begrenzung der Klimaänderungen zur Sicherung unserer Zukunft hat.
Fossiles Gas ist im Vergleich zu Kohle, Benzin, Diesel oder Heizöl nach der Bewertung des Bundeswirtschaftsministeriums nur dann klimafreundlicher, „wenn seine Produktion umweltgerecht und ohne Methanschlupf erfolgt“ (S. 14 Dialogprozess Gas 2030). Da dies in der Regel derzeit nicht gegeben ist, kann nach heutigem Kenntnisstand von einer besseren Klimabilanz von Erdgas nicht ausgegangen werden. Insoweit ist es Aufgabe verantwortlicher Politik, nicht nur Alternativen zur Atom- und zur Kohlekraft, sondern auch zum Ersatz von Erdgas zu suchen, und dies zügig.
Nach AGORA Energiewende, 2019, lagen die Grenzkosten alter Steinkohlekraftwerke (39% Wirkungsgrad) in 2016 bei 25.6 €/MWh, Erdgas GuD neu (58% Wirkungsgrad) bei 27.9 €/MWh. Das heißt, die Erdgaskraftwerke kamen in der Merit Order nach der Steinkohle. Ab 2017 hat sich das verändert. In 2017 lag die Steinkohle (alt, 39% WG) auf Grund gestiegener CO2-Preise bei 33.9 €, Erdgas GuD neu (58% WG) bei 30.8 €. Dies setzt sich in 2018 mit 42.0 € bei Steinkohle und 37.5 €/MWh bei Erdgas GuD sowie in 2019 fort. Das heißt, seit 2017 bis heute sind neue Gas GuD in den Grenzkosten günstiger als alte Steinkohle.
Für den Kohleausstieg heißt das, dass – wenn der CO2-Preis auf dieser Höhe bleibt oder sogar noch steigt – eine relevante Anzahl an Steinkohlekraftwerken nur noch ganz wenig abgerufen wird, damit deren Betrieb „Geld verbrennt“ und der Kohleausstieg als Steinkohleausstieg viel schneller kommt als von der Kohlekommission geplant.
Diese Veränderung in der Merit Order erklärt, warum in der EU-28 die Produktion von Steinkohlestrom im Vergleich Jan-Sept 2018 zu Jan-Sept 2019 um 20% (von 388 auf 307 TWh = -81 TWh) zurückgegangen und die Erzeugung Erdgas basierten Stroms im gleichen Zeitraum um 31% (von 312 auf 409 TWh = +97 TWh) gestiegen ist (Quelle: IWR, 14.10.2019 „Klimaschutz – Europa setzt verstärkt auf Erdgaskraftwerke“)
Das Fatale ist: Die regenerative Stromerzeugung in 2019 im Vergleich zu 2018 (Zeitraum Jan-Sept) hat in Europa stagniert. Anspruchsvolle CO2-Minderungsziele für 2030 und Klimaneutralität bis 2050 und gleichzeitig stagnierender Erneuerbaren Ausbau macht die Klimapolitik bei sehr vielen Menschen unglaubwürdig. Das ist der Grund, warum die Menschen, vor allem die Jugend auf die Straße gehen.
Für Deutschland heißt das: Den Erneuerbaren Ausbau wieder beschleunigen, dazu das EEG zügig novellieren, die Ausbaudeckel beseitigen über die Definition von Mindestzielen beim EE-Anteil etc.
Bezüglich Erdgas gilt es, sich in der EU auf einen korrekten Emissionsfaktor bei Erdgas zu verständigen, der die Klimawirkungen der Erdgasförderung sowie den Methanschlupf berücksichtigt. Denn es macht keinen Sinn, Kohle und Öl mit der Begründung „Klimaschutz“ auszuschleusen, indem man zu Erdgas wechselt, das voraussichtlich vergleichbar klimaschädlich wie Kohle oder Öl ist.
Die Diskussion zur Energierichtlinie der Europäischen Investitionsbank EIB im Hinblick auf die weitere Finanzierung von Erdgasinfrastrukturen wäre der geeignete Zeitpunkt, dass über die EU endlich Klarheit über die reale Klimawirksamkeit von Erdgas geschaffen wird.
Vielen Dank Herr Remhardt für den sehr informativen Link über die Energieentwicklung in D.
Ach Herr Keilen, Vielen Dank für den aufschlussreichen Beitrag, dem ich Nichts entgegensetzen möchte; sehr informativ!
Aber wie machen wir jetzt in D weiter mit der Energiepolitik nach dem gross angekündigten und abgelieferten Klimapaket, welches eher als enttäuschendes Paket-chen formiliert wurde?
Langsam kann ein jeder der Entwicklung Fridays for Future nachvollziehen, wie wütend man werden kann, wenn nach hochgesteckten Ankündigungen von weitsichtigen Klimazielen nur heiße Luft geliefert werden!
Ich kann neben vollmundigen Absichtserklärungen von Klima-Zielen für 2030 7 2050, die weit hinter weiteren persönlichen Wahlperioden der Beteiligten/ Verantwortlichen liegen werden, nichts Substanzielles entdecken.
Achtung: Niemand der jetzt Aktiven kann später bei Nichterreichung der formulierten Ziele hierfür zur Verantwortung gezogen werden.
Die im Artikel aufgeführte Blockade der Bundesregierung zum zukünftigen Einsatz von Erdgas, bzw. Erdgas-Projekten ist schlichtweg nicht hinnehmbar!
Hier wird hilflos und ohne schlüssiges Konzept offensichtlich einfach nur gemauert.
Ein Weiter so geht doch nicht!
Liebe Redaktion: würdet Ihr bitte mal einen Artikel der Energiepolitik der Bundesrepublik im Vergleich mit den europäischen Nachbarn ins Auge fassen.
So wie mir bekannt wird Old England bereits in 3-4 Jahren aus der Kohle aussteigen; haben die bessere Vorraussetzungen als wir? Aktuellen und anvisierten Energiemix kenne ich jetzt nicht. Polen-Kohle?, Spanien-Solar?
Wär doch mal interessant und ggf. zugleich auch entlarfend.
Nachfrage
liebe Redaktion
wurde da Etwas von den Gedanken eines europäischen Vergleiches aufgegriffen worden?