Die Steuerung der Energieflüsse wird mit der Sektorenkoppelung zu einer komplexen Aufgabe. Hier setzt das neue Forschungsprojekt HyReK 2.0 des Instituts für Vernetzte Energiesysteme am Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) an: Die Wissenschaftler erstellen ein digitales Modell eines realen Hybridregelkraftwerks in Bremen, um dessen Betriebsführung zu optimieren. Ziel des vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projektes ist es, das Regelkraftwerk in seiner Flexibilität zu optimieren, um mehrere Dienstleistungen erbringen zu können. Ein zweiter Forschungsschwerpunkt liegt auf der ökologischen, ökonomischen und sozialen Bewertung der Potenziale dieses neuartigen Kraftwerkstyps.
Das Regelkraftwerk im Bremer Stadtteil Hastedt kombiniert eine Großbatterie mit einem Wärmespeicher und einem Elektrokessel. Ist die Batterie voll, wird überschüssige Energie, zum Beispiel bei einer frischen Brise in den Offshore-Windparks auf der Nordsee, direkt in Wärme umgewandelt. Diese kann je nach Bedarf gespeichert oder direkt ins Fernwärmenetz eingespeist werden. „Die zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien verursacht immer stärkere Schwankungen im Stromangebot. Diese werden bislang mit positiver oder negativer Primärregelenergie vornehmlich aus konventionellen Kraftwerken ausgeglichen. Wir möchten mögliche Wege aufzeigen, wie sich diese Dienstleistung mit dem neuen Kraftwerk auch in einem dekarbonisierten Energiesystem erbringen lässt“, erklärt Theys Diekmann, HyReK-Projektleiter am Institut für Vernetzte Energiesysteme.
Derzeit entwicken die Forscher ein Simulationsmodell auf Basis der Realdaten aus der Anlage. Damit soll experimentell im Hochleistungsrechner die Netzdienlichkeit analysiert werden. Der Gesamtverbrauch aus dem Hastedter Versorgungsgebiet wird anhand von realen Lastprofilen berücksichtigt. Auch werden in der Simulation realtechnische Geräte wie zum Beispiel der Wechselrichter, der die Schnittstelle zwischen Batterie und Stromnetz darstellt, mit Unterstützung des Projektpartners und Herstellers AEG Power Solutions abgebildet, teil das DLR mit.
„Auf dieser Basis wollen wir die Technik so weiterentwickeln, dass die Aktivitäten einzelner Kraftwerkskomponenten nicht separat betrachtet, sondern auf das Gesamtsystemverhalten ausgerichtet werden“, erklärt Diekmann. „Dadurch lassen sich Effizienz und Lebensdauer des Systems und der Einzelkomponenten optimieren, woraus sich ein wirtschaftlich tragfähiges Betreiberkonzept ableiten lässt.“ Wie aussagefähig die Simulation tatsächlich ist, wird im weiteren Projektverlauf der Schritt in die simulierte Praxis zeigen: Dann werden die Simulationsdaten gemeinsam mit dem Kraftwerksbetreiber, der Bremer swb AG, im Reallabor in die Kraftwerkstechnik implementiert. „Dabei werden wir verschiedene Betriebsarten validieren, zum Beispiel, wie genau die elektrische Energie schonend in die Batterie ein- und ausgespeichert wird“, blickt Diekmann voraus.
Ergänzend zum Fokus auf das Bremer Hybridregelkraftwerk richtet sich der Blick der DLR-Wissenschaftler auch auf das „große Ganze“, wie Diekmann betont: „Mit dem Simulationsmodell können wir bereits heute Energieszenarien simulieren, die wir für die Zukunft vermuten. Das ermöglicht uns die Identifizierung möglicher weiterer Flexibilitätsoptionen rund um das Hybridkonzept. So wollen wir – neben der Primärregelleistung – als weitere Systemdienstleistung mit Hilfe der Power-to-Heat-Technologie Strategien entwickeln, mit denen sich das zukünftige Energiesystem auch ohne zusätzlichen Netzausbau gestalten lässt.“ Um herauszufinden, unter welchen Bedingungen sich der Hybrid-Ansatz für Kraftwerke zum Erfolgsmodell entwickeln könnte, erstellt das Institut für Vernetzte Energiesysteme parallel eine volkswirtschaftliche Bewertung zu den Umsetzungspotenzialen in Deutschland und analysiert den Beitrag des Hybrid-Ansatzes zur Flexibilisierung (Resilienz) des gesamten nationalen Energiesystems. Darüber hinaus werden für das HyReK-Modell auch ökologische, ökonomische und sozio-technische Analysen vorgenommen, um einen ganzheitlicheren Blick auf das Kraftwerk zu erhalten und Nachhaltigkeitspotenziale frühzeitig identifizieren zu können.
Bereits jetzt lassen die Untersuchungen den Forschern zufolge erkennen, dass die Hybrid-Technologie einen vielversprechenden Transformationspfad der Energiewende aufzeigt. „Wir müssen Primärregelleistung, die derzeit noch durch überwiegend fossil betriebene Kraftwerke bereitgestellt wird, perspektivisch durch dekarbonisierte Systeme erbringen. Das ist die Herausforderung“, unterstreicht Diekmann. „Deshalb erforschen wir mit dem HyReK-Projekt bereits heute mögliche Optionen, wie sich konventionelle Kraftwerke im künftigen Energiesystem durch neue Technologien wirtschaftlich ersetzen lassen.“ Neben technischen Aspekten stehen auch zukünftige Geschäftsmodelle für die Marktgestaltung im Fokus der DLR-Wissenschaftler: „Dafür bereiten wir Handlungsempfehlungen vor, die aufzeigen, wie innovative Technologien perspektivisch wirtschaftlich und nachhaltig betrieben werden können.“
Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.
Es ist doch unglaublich, für welch zweifelhafte Ideen Zeit und Geld investiert wird. Die direkte Umsetzung von Strom in Wärme mag im zukünftigen Energiesystem ihren Platz haben, aber es wird ein eher kleiner sein. Und dann nicht in solchen Anlagen, die aus der Wärme nicht wenigstens einen Teil der gespeicherten Energie als Strom zurückgewinnen können. Für den direkten Stromverbrauch hat man besser dezentrale Heizstäbe in Warmwasserspeichern, Speicherheizungen und auch die Masse des ganzen Häuserbestandes lässt sich als Wärmespeicher verwenden. Die Investitionen dafür sind vergleichsweise niedrig, so dass diese Funktionen als Zweit- und Notquelle zusätzlich zu dem, was es ohnehin, z.B. in Form von Nachtspeicherheizungen, schon gibt, überall implementiert und zentral gesteuert werden können. Dafür braucht man dann nicht so einen extra Kurzzeitspeicher bauen um die Wärme anschließend über ein Fernwärmenetz zu verteilen.
Sinnvoll wäre das Gegenteil der hier geplanten Funktion, Überschussstrom noch einer halbwegs sinnvollen Nutzung zuzuführen: Wenn es Strommangel gibt, dann muss man diesen in Kraftwärmekopplung erzeugen, und die Wärme zwischenspeichern und verteilen – das ist eine Funktion, die gebraucht wird und sinnvoll ist, und wahrscheinlich in bestimmter Größenordnung zentralisiert wirtschaftlicher ist.
Auch im zukünftigen Energiesystem wird an in Großanlagen erzeugter Niedertemperatur-Abfallwärme kein Mangel herrschen, genausowenig wie heute, wo man die noch über Kühltürme entsorgt. Eine weitere Großquelle werden die PtX-Anlagen sein. Auch dort wird Überschussstrom weniger entwertet, als bei der ohmschen Erzeugung von Niedertemperaturwärme.
„und wahrscheinlich in bestimmter Größenordnung zentralisiert wirtschaftlicher ist“
Dezentralität (als Kernkomponente umwelt- und menschenfreundlicher Energieversorgung), ohne reditebezogen bewertet werden zu müssen, entkoppelt ökologisch-orientierte Lebenseinstellungen von unsachlicher und ideologisierter Gängelung.
Man muss aber auch aufpassen, dass man die Dezentralität nicht zur Ideologie macht. Natürlich: Auch die Renditeoptimierung ist eine Ideologie. Wir stehen aber in einem internationalen Wettbewerb, in dem wir schauen müssen, dass wir wettbewerbsfähig bleiben. Wird die Energiewende konsequent durchgezogen, werden wir zwar weitgehend unabhängig von Energieimporten und damit auch vom Zwang, im Gegenzug Industriegüter exportieren zu müssen. Bei den Lebensmitteln werden wir aber weiter auf Importe angewiesen sein.
Für sich selbst kann man natürlich großzügiger sein. Ich zahle auch schon mal mehr, wenn mir die Farbe eines Fahrrades besser gefällt. Auf die Rendite kommt es mir dabei nicht an. Zur Klarheit und Wahrheit gehört aber immer dazu, sich seiner Motive bewusst zu sein, und diese zu benennen. Und bei Gemeinschaftsprojekten muss man sich dann noch Mehrheiten für seine eigenen Präferenzen besorgen. Die Mehrheitsmeinung scheint mir derzeit zu sein, dass die Energiewende nicht zu teuer werden darf und die wirtschaftlichsten Varianten zu bevorzugen sind. Wenn man sich unter dieser Prämisse dann wenigstens darauf einigen kann, dass die Energiewende konsequent durchgezogen wird, sollte es mir recht sein. Ideologisch motivierte Maximalpositionen sind dagegen kontraproduktiv.
Dieses Projekt hier zeigt gut, das Zentralität und Dezentralität beide ihren Platz haben. Verbrauch und PV-Strom vom Dach sind ganz offensichtlich dezentral, auch Kurzzeit-Niedertemperaturwärmespeicher sind besser dezentral. KWK-Kraftwerke, saisonale Wärmespeicher, PtG-Anlagen, Batteriespeicher wären dagegen dezentral deutlich teurer, und es gibt keinen sachlichen Grund, warum man sie (in unterschiedlicher Größenordnung) nicht als größere Einheiten bauen sollte. Bei den Batteriespeichern erspart man sich damit haufenweise Probleme in Bezug auf Datenschutz und Brandgefahr, bei anderen Anlagen ist es nicht nur billiger, sondern auch ressourcenschonender. Denken Sie nur an die Wärmedämmung eines saisonalen Wärmespeichers. Im Grunde bedeutet jede verbesserte Wirtschaftlichkeit (ohne deswegen Kompromisse bei der Umweltverträglichkeit gemacht zu haben) auch einen sparsameren Umgang mit den Ressorcen dieses Planeten. Das ist dem Wirtschaftenden, der Geld verdienen will, egal, als Weltbürgern sollte es uns aber nicht egal sein – auch eine Ideologie, wenn Sie so wollen. Es gibt also auch gute Ideologien.