Deutschland braucht 162 Gigawatt Photovoltaik bis 2030, um Stromlücke zu verhindern

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Der Atomausstieg ist beschlossene Sache. 2022 geht das letzte AKW in Deutschland vom Netz. Auch beim Kohleausstieg ist sich die Regierung weitgehend einig, dass spätestens 2038 Schluss sein soll, wobei die ersten Meiler deutlich früher vom Netz gehen werden. Im Zuge der Abschaltung der grundlastfähigen Kraftwerke wird immer wieder über Versorgungssicherheit und eine drohende Stromlücke diskutiert. Mittelfristig müssen immerhin rund 50 Prozent der derzeitigen Erzeugungskapazitäten am Strommarkt ersetzt werden.

Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) und The Smarter E haben daher die Bonner Marktforscher von EuPD Research beauftragt, Szenarien zu prüfen, wie eine Lücke bei der Stromversorgung verhindert werden kann. In der Studie „Energiewende im Kontext von Atom- und Kohleausstieg – Perspektiven im Strommarkt bis 2040“ haben sie nach eigenen Aussagen versucht, ein realistisches Zukunftsbild des deutschen Strommarktes zu entwerfen. Sie zeigen auf, wie unter der Maßgabe von Ökologie, Ökonomie und Versorgungssicherheit ein sinnvoller und notwendiger Ausbau erneuerbarer Energien bis 2040 aussehen muss.

Kurzfristig steht dabei die Photovoltaik im Blickpunkt. Sie kann anders als die Windkraft ohne langwierige Genehmigungsprozess kurzfristig ausgebaut werden. Zudem weist sie neben hohen Akzeptanzwerten auch eine gute Marktverfügbarkeit und niedrige Stromgestehungskosten im Kraftwerksbereich auf. Bis 2030 bräuchte Deutschland eine installierte Photovoltaik-Leistung von 162 Gigawatt, wie EuPD Research ermittelt hat. Bis 2040 müssten es sogar mehr als 250 Gigawatt sein. Derzeit sind es gerade einmal 48 Gigawatt. EuPD Research geht in seiner Studie von einem deutlichen Anstieg des Stromverbrauchs bis 2040 aus – von 530 Terawattstunden im Jahr 2018 auf 657 Terawattstunden 2030 bis zu 880 Terawattstunden 2040.

59 Gigawattstunden installierte Kapazität für Kurzfristspeicher bis 2040 notwendig

Gleichzeitig verweisen die Analysten darauf, dass auch eine deutliche Erhöhung der Speicherkapazitäten notwendig sei, um die kurzfristig schwankende Einspeisung von Solarstrom auszugleichen. Bis 2040 sei eine Verdreißigfachung notwendig – mindestens. Dies bedeutet eine Steigerung von derzeit etwa 1,9 auf 59 Gigawattstunden installierte Kapazität. Für den saisonalen Ausgleich – Photovoltaik-Anlagen erzeugen im Winter deutlich weniger Strom – seien Elektrolysekapazitäten im zweistelligen Gigawatt-Maßstab notwendig. Power-to-X-Lösungen und grüner Wasserstoff seien zudem für die Elektrifizierung des Wärme- und Verkehrssektors dringend erforderlich. Allein für die Elektromobilität schätzt EuPD Research den zusätzlichen Strombedarf auf 70 Terawattstunden im Jahr 2040.

Die Analysten haben auch Annahmen für den notwendigen Ausbau in den einzelnen Segmenten getroffen. Im Bereich der Großanlagen ab 500 Kilowatt müsste Deutschland eine Steigerung von derzeit etwa 15,7 Gigawatt auf 126,7 Gigawatt installierte Leistung bis 2040 erreichen. Bei gewerblichen Dachanlagen sei ein Ausbau von 24 auf 91 Gigawatt und bei privaten Dachanlagen von 6,6 auf 35 Gigawatt in diesem Zeitraum notwendig. Die „Sättigungsquote“, wie es EuPD Research nennt, würde sich damit im Kleinanlagen-Segment auf 30 Prozent verdreifachen und im gewerblichen Dachanlagen-Bereich von 8 auf 20 Prozent erhöhen.

Parallel zur Photovoltaik müssen natürlich auch Windkraft, Biomasse und die anderen Erneuerbaren weiter ausgebaut werden. Bei der Windkraft sehen die Analysten hohe Unsicherheitsfaktoren. In der Studie haben sie einen Nettozubau für Windkraftanlagen an Land von drei Gigawatt jährlich angenommen. Damit würde sich die installierte Leistung auf 90 Gigawatt bis 2030 und 115 Gigawatt bis 2040 erhöhen. Bei der Offshore-Windkraft richten sie sich nach den gesetzlich vorgeschrieben Ausbauzielen. Diese sehen bis 2020 einen Ausbau auf 7,7 Gigawatt und bis 2030 auf 15 Gigawatt vor. Für 2040 prognostiziert eine installierte Leistung der Windkraft auf See von 29,4 Gigawatt.

Sukzessive Steigerung des Photovoltaik-Ausbaus in den kommenden Jahren

Dem Szenario diametral entgegen steht der 52 Gigawatt-Deckel für die Solarförderung. Er wird voraussichtlich kommendes Jahr erreicht und würde nach derzeitigem EEG bedeuten, dass Photovoltaik-Anlagen bis 750 Kilowatt keine Solarförderung mehr erhalten. EuPD Research betont jedoch, dass bereits ab 2020 ein deutlich höherer Ausbaupfad erreicht werden müsse. Der jährliche Zubau müsse auf sechs Gigawatt 2021 steigen, acht Gigawatt 2022 und schließlich zwölf Gigawatt 2023. Auf diesem Niveau müsse er dann bis 2030 vorgeführt werden, so die Analysten.

„Klimakrise oder Stromlücke? Diese Frage stellt sich nicht, wenn Marktbarrieren für die Solarenergie eingerissen und die Ausbauziele für die Photovoltaik schnell angehoben werden“, kommentierte Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar, die Ergebnisse. Der 20. September, wenn das Klimakabinett seine Pläne beschließen will, sei ein guter Zeitpunkt, um den 52-Gigawatt-Deckel für die Photovoltaik ersatzlos zu streichen.

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