Mit der Photovoltaik ist es ein bisschen so wie mit dem Wein: So wie ein Sauvignon Blanc von der Loire ganz anders schmeckt als einer aus der Steiermark, so hat ein in Andalusien installiertes Solarmodul einen höheren Ertrag als eines aus Ostwestfalen. Wie beim Wein ist die Sonneneinstrahlung hier aber nur ein – wenn auch sehr wichtiger – Faktor. Anderes kommt hinzu: das Mikroklima, der Boden, die Umgebung. Forscher der US-amerikanischen Oregon State University haben nun untersucht, auf welchen Arten von Flächen Photovoltaik-Module die höchsten Erträge versprechen. Ihre in Nature veröffentlichte Studie zeigt: Ackerland eignet sich am besten für die Erzeugung von Solarstrom. Auch Wiesen und Feuchtgebiete bieten gute Bedingungen.
Solarmodule, so die Forscher, liefern dann am meisten Strom, wenn die Sonneneinstrahlung hoch und die relative Luftfeuchte niedrig ist, die Lufttemperaturen moderat sind und etwas Wind weht – Bedingungen, die in vielen Regionen der Welt auch für den Ackerbau optimal sind. Die Erzeugung von Solarstrom könnte als eine Form von Landwirtschaft verstanden werden, bei der die in den Pflanzen gebundene Sonnenenergie geerntet wird, schreiben die Autoren.
Um Konflikte um die Landnutzung zu vermeiden, bietet sich die Doppelnutzung an, so die Wissenschaftler. Die Agro-Photovoltaik verbindet Ackerbau und Stromerzeugung. Die Forscher verweisen auf Feldversuche in den USA, bei denen der Anbau von Energiemais, Tomaten, Aloe Vera und Weidegras unter aufgeständerten Modulen gute Ergebnisse gezeigt habe. Bei Kopfsalat wurden gar höhere Erträge erzielt als in prallem Sonnenlicht. Semitransparente Photovoltaik-Module eröffnen zusätzliche Möglichkeiten für die Koppelung der Funktionen, schreiben die Forscher. Auch für Treibhäuser seien diese Module interessant.
Die Wissenschaftler haben ausgerechnet, dass weniger als ein Prozent der weltweit für den Ackerbau genutzten Fläche ausreichen würde, um den gesamten globalen Strombedarf* zu decken. Zumindest in der Theorie – in der Praxis müssten auch Lösungen für die Speicherung und den Transport des Stroms gefunden werden, heißt es in der Studie.
Auch in Deutschland haben Landwirte und Forschungsinstitute bereits positive Erfahrungen mit der Agro-Photovoltaik gesammelt. So zeigt ein Praxistest des Fraunhofer ISE am Bodensee, dass die Teilverschattung durch die Solarmodulen die landwirtschaftlichen Ernteerträge im Hitzesommer 2018 verbessert hat.
*Anmerkung der Redaktion: Das Wort Energiebedarf ist durch Strombedarf nachträglich geändert worden. Danke für die Anmerkung an Herr Schnitzler, siehe Kommentare:
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Das mit 1 Prozent stimmt leider nicht.
1 % der weltweiten Ackerflächen reichen bei weitem nicht aus, um den Energiebedarf der ganzen Welt zu decken.
Vermutlich haben sich die Forscher um den Faktor 10 verrechnet.
Ich rechne:
1 Hektar Land (egal ob Acker- oder Grünland) schafft in Deutschland aktuell ca. 700.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr. Mit ein wenig technischem Fortschritt und höherer Sonneneinstrahlung rechne ich großzügig mit 1.000.000 Kilowattstunden pro Jahr. (Quelle: eigene Solarparks in Deutschland, Iran, Südafrika, England, Niederlande, etc., http://www.bejulo.de, ich arbeite dort als Projektentwickler für Solarparks)
1 % der globalen Ackerfläche sind ca. 15 Millionen Hektar (Quelle: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/479/publikationen/globale_landflaechen_biomasse_bf_klein.pdf, Seite 12)
1 Million Hektar ergibt ca. 1.000 Terawattstunden Strom / Jahr
15 Millionen Hektar ergeben demzufolge ca. 15.000 Terawattstunden Strom/Jahr
Gemäß der Weltenergieagentur (siehe hier: https://www.iea.org/weo/) liegt der Weltprimärenergiebedarf in Mtoe derzeit bei ca. 14.000 Mtoe.
1 Megatonne Oelequivalent (Mtoe) entspricht 11,64 Terawattstunden (elektrisch)
Also ergibt das einen Bedarf von 162.820 Terawattstunden.
Das ist aber ein wenig mehr als 15.000 Terawattstunden, welche ich auf 15 Millionen Hektar pro Jahr mit Solarmodulen ernten kann.
Wenn anstatt der 1% also 10% stünden, kämen wir der Sache schon näher. (Ende der Berechnung)
Nebenbei bemerkt, berechne ich (in meinem kurzen Aufsatz „Sun for Future“ auf meinem Blog https://zeitistjetzt.wordpress.com) die notwendige Landfläche, wenn ich in Deutschland alle Sektoren mit Energie aus Solar versorgen möchte. Da wir einen sehr hohen Energieverbrauch haben, komme ich auf ca. 4 Millionen Hektar und das sind ca. 24 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Deutschland, welche ca. 17 Millionen Hektar beträgt.
Weil ich diese Zahl aktuell im Kopf hatte, kam mir die 1 %, welche Sie im Radio genannt haben, direkt unglaubwürdig vor und ich habe nachgerechnet.
Ihre Rechnung ist basierend auf ihren Annahmen richtig. Sie verändert sich aber, wenn man Folgendes zusätzlich berücksichtigt:
– Im Text ist von „einem Prozent der weltweiten landwirtschaftlichen Flächen“ die Rede. Darunter fällt per Definition auch Weideland, die sie bei ihrer Berechnung („Ackerfläche“) ausschließen?! Somit erhöht sich schon einmal die Ausgangsbasis auf ca. 5 Mrd. ha bzw. bei 1% auf 50 Mio. ha.
– Der aktuelle Weltenergieprimärbedarf ist natürlich aufgrund der bestehenden Energieumwandlungsverluste nicht 1:1 vergleichbar mit der Endenergie Elektrizität aus Solarenergie. Hier müsste man noch beim Primärenergiebedarf entsprechend Abschläge von 60-70% vornehmen, um auf vergleichbare Werte zu kommen.
– Da die Globaleinstrahlung im Mittel um einiges höher ist als in Deutschland (und selbst hier sind bereits Werte von 1 Mio. kWh pro ha möglich), können auch insgesamt höhere Erträge erwartet werden. Gegenüber den anderen beiden Punkten wäre dieser aber eher vernachlässigbar.
Auf Deutschland übertragen, wäre entsprechend die benötigte Fläche auch deutlich niedriger. Im Übrigen ist natürlich eine Rechnung, die nur auf Solarenergie basiert, wenig zielführend. Eine gute Simulationsrechnung können Sie z.B. hier https://www.ise.fraunhofer.de/content/dam/ise/de/documents/publications/studies/Fraunhofer-ISE_Energiesystem-Deutschland-2050.pdf finden .
MfG
Lieber Herr Sperling,
Gerne gehe ich Detail auf ihre Argumente ein.
– im Text steht folgendes: „Die Wissenschaftler haben ausgerechnet, dass weniger als ein Prozent der weltweit für den Ackerbau genutzten Fläche ausreichen würde, um den gesamten globalen Energiebedarf zu decken.“ Da ist nur von Ackeland und nicht von Weideland die Rede.
– Umrechnung Weltenergiebedarf auf Endenergie Elektrizität: Das sehe ich ähnlich, aber vermutlich wird der Endenergiebedarf bei steigender Bevölkerung auch entsprechend steigen und der künftig massiv anwachsende Kühlungsbedarf im Sommer auch für weiter steigende Vebräuche sorgen. Auch gilt es zu bedenken, dass die Umwandlung von elektrischer Endenergiein e-Fossils zu Speicherzwecken nicht ohne Verlust funktioniert. Daher verzichte ich auf Abschläge.
– 1 Mio. Kilowattstunden/Hektar in Deutschland auf der Freifläche sehe ich noch nicht. Wenn wir den Strom nicht quer über den Planeten verteilen wollen, werden die Solarparks regional überall stehen. Da wo mehr Strom gebraucht wird, stehen mehr und das ist nicht in den Wüstenregionen der Erde.
– Wenn ich sektorübergreifend nur mit Solarenergie aus Solarparks im Kraftwerksmaßstab kalkuliere, dann liegt dem ein Kalkül zu Grunde: Der Strompreis ist einfach unschlagbar günstig. Wind, Wasser, Bio, Geothermie, PV von Dach oder Fassade sind schlicht teurer! Vermutlich um den Faktor 2 oder mehr.
Die Studie aus 2013 konnte von der heutigen Kostensituation noch nichts wissen, und berücksichtigt diese auch nicht.
Mit sonnigem Gruß
Nun, es gibt jedenfalls keinen triftigen Grund, Grün- und Weideland bei der Nutzung der Agro-PV-Technik auszunehmen. Insofern ist es eher ein Streit um den „Kaisers Bart“, ob die Studie diese Flächen jetzt mitberücksichtigt hat oder nicht. Meiner Meinung nach hat sie es (auch wenn der Text in der Tat widersprüchliche Aussagen hierzu enthält). Flächenpotential ist jedenfalls genug da.
Es ist bereits heute durchaus möglich, auf einer einen Hektar großen Fläche ein Megawattpeak Modulleistung zu installieren. Das ist zwar eng, aber es geht. Und ein Ertrag von 1.000 kWh/ kWp ist für eine Freiflächenanlage an vielen Standorten in Deutschland auch möglich. Bei der Agro-PV sind eher bessere Werte zu erwarten. In den USA, Indien, China, Japan und den meisten Ländern Europas und der OECD sind bessere Erträge aufgrund deutlich höherer Globaleinstrahlungswerte realistisch.
Ihr Kalkül, dass Solarenergie die günstigste von allen EE bereits heute ist und auch bleiben wird, teile ich ausdrücklich. Dennoch kann es (energetisch und Gesamtkosten optimierend) sinnvoll sein, auf einen ausgewogenen Energiemix zu setzen. Genau diese Rahmenbedingungen berücksichtigt die von mir gelinkte Studie. Natürlich kennt niemand die Kosten und technischen Lösungen in 20-30 Jahren, so dass das Ergebnis mit Sicherheit anders aussehen wird (als in der Studie modelliert). Ich bezweifle aber, dass der optimale Energiemix der Zukunft ausschließlich aus Solarenergie bestehen wird?! Aber wir werden sehen.
MfG
Auch wenn es müßig ist in diesem Forum:
Aber dieses ständige saloppe Formulieren von „kann den Bedarf decken“ ist nervend. Die PV kann es nur sehr theoretisch oder nur durch Ausbau und Unterstützung sehr umfangreicher teurer weiterer Maßnahmen.
Aber bezahlte Studien sollte man immer mit Vorsicht lesen.
Ich vermute sehr, dass der Energiemix der Zukunft ausschließlich aus Solarenergie bestehen wird. Das fluktuierende, unsichere Angebot mit Sonne-Wolken-Tag-Nacht-Sommer-Winter-Schwankungen wird dafür sorgen, dass alle PV-Systeme im Kraftwerksmaßstab vom Netz entkoppelt sein müssen. (Dachanlagenstrom aus Kostengründen bitte nur für den Eigenstrombedarf und sofortigem Verbrauch im Gebäude, gerne mit Pufferspeicher für die Nacht).
Und wenn ich schon jedweden Strom speichern, umwandeln, entspeichern und bedarfsgerecht wieder abgeben muss, dann füttere ich das ganze System mit der preiswertestes Strom, den es gibt.
Damit möchte ich Peter Rentfort auch antworten, der PV nur theoertisch den Bedarf decken sieht. Wie meint er das denn genau?
Zuerst einmal die regelmäßigen 1000fachen Formulierungen bei jeder Windrad- und PV-Anlage, die da nur lauten: „Kann ab sofort ….. Haushalte mit Strom versorgen“. Im Zeitalter der Kids- und deren Mütterherrschaft sind Sie sicher, dass alle dies Aussage richtig verstehen.
Eine Ahnung haben, von welchen Haushalten man spricht?
Mit oder ohne Warmwasserversorgung, mit oder ohne elektische Heizung, da gibt es gewaltige Bandbreiten und es ganz sicher nicht der Mittelwert aus allen deutschen Haushalten.
Aber insbesondere stört mich auch, wenn bei dem „kostenlosen Naturstrom“ die v.g. notwendigen Umwandlungs-, Speicherkosten etc. vernachlässigt werden.
Obwohl ich froh bin über die AKW-Abschaltung, war dort der „Endlageraufwand“ und bei der Braunkohle der Rekultivierungsaufwand wenigstens zum Teil berücksichtigt.
In Deutschland sind ca. 5% der Landwirtschaftlichen Nutzflächen Moorböden.
Je ha und Jahr Emitieren diese Böden 10 bis 20 Tonnen CO2 Equivalent.
Diese Mengen stellen einen Großteil der Emissionen die aus der Landwirtschaft stammen dar.
Seid Jahren forscht das Moorforschungszentrum Greifswald daran wie man solche
Flächen nach einer Wiedervernässung sinnvoll nutzt. (Paludikultur)
Die Möglichkeit der Nutzung durch Freiflächen PV ist leider noch nicht untersucht worden,was ich sehr bedauerlich finde.
Bei meiner Nachfrage erhielt ich eher Abwehrreaktionen und Desinteresse.
Gerade Freiflächen PV erwirtschaftet eine ausreichend hohe Pacht für den Abgebenden Landwirt.
Hier könnte man Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen wenn man mal vorhandene Pfade verlässt.
Ich finde die Studie sehr aktuell.
Ich habe schon vor mehr als 10 Jahren ähnliche grundsätzliche Überlegungen für Österreich und Europa angestellt.Soweit ich mich erinnere haben wir damals mit der gesamten Strahlungsenergie von 14.000 ha gerechnet, um den gesamten europäischen Strombedarf zu decken(Sahara Solarstromprojekte mit Stromleitungen nach Europa).
Aktuell ist die Debatte mit den heutigen Wirkungsgraden und den Erfahrungen der Agro-Pholtaik Versuchsanlagen in USA und am Bodensee neu zu führen.
Für Österreich gehe ich von folgenden Zahlen aus (gerundete Zahlen)
Primärenergiebedarf 1400 PJ
Endenergiebedarf 1000 PJ d.s. 278 TWh
Landwirtschaftliche Nutzfläche 3 Mio ha (aktuell nur mehr ca.2,7Mio ha je nach Interpretation)
1% der landw.Nutzfläche 30.000 ha
Solarflächen Deckungsgrad 40%
Nutzbare Solarkollektorfläche 12.000 ha
Solarstromertrag 200 kWh/m2
Ergibt einen Solarstromertrag von 24 TWh pro Jahr auf 1% der landwirtschaftlichen Nutzfläche.
Um den gesamten Endeneriebedarf Österreichs zu decken müssten als 11% der landwirtschaftlichen Nutzfläche mit den hochgestellten Solaranlagen ausgestattet werden.Wenn die Wirkungsgrade der Solarpanele von 20% auf 30% steigen verringert sich der Flächenbedarf auf 7,5% der landwirtschaftlichen Nutzfläche.Nimmt man statt des Endenergiebedarfes den Nutzenergiebedarf verringert sich der Flächenbedarf auf 4-5% der landw.Nutzfläche.
Für die weltweite Abschätzung müssten dutzende Länderregionen mit teilweise deutlich höheren Einstrahlungswerten angesetzt werden.Eine dankbare Studie die dringend erstellt werden muß.
Beste Grüße
D.I.Josef Plank,Weiz,Österreich
Hallo Zusammen,
ich habe mit Elnaz Adeh, der Autorin der genannten US-Studie diskutiert. Sie schreibt mir: „However, we’re ONLY comparing the produced POWER by solar panels, with the EXISTING POWER production by all energy sources.“ auf Deutsch: „Wir vergleichen jedoch nur die von Solarmodulen erzeugte Stromleistung mit der bestehenden Stromerzeugung aus allen Energiequellen.“
Fazit: Es geht also nicht um den gesamten Energiebedarf, sondern nur um die existierende Stromproduktion. Darum ist die notwendige Fläche so klein.
Vielleicht kann das PV-Magazin die Überschrift ändern?
Hallo Herr Schnitzler,
warum sollten wir die Überschrift ändern? Ich habe es allerdings an zwei Stellen (im Teaser und im Artikel selbst) nochmal präzisiert.
Beste Grüße,
Sandra Enkhardt