pv magazine: Die Entwicklung von Power-to-X steht noch eher am Anfang. Welche konkreten Projekte haben Sie bereits umgesetzt?
Klaus Ullrich (Foto): Das ist so nicht ganz korrekt als Annahme, denn Power-to-X gibt es schon lange und das Segment an sich wird durch verschiedene Technologie-Anbieter in verschiedenen Marktsegmenten auch kontinuierlich weiter entwickelt. Wir haben beispielsweise bereits 2014 als technologischen Nachweis am eigenen Standort eine geförderte „Power-to-X-Anlage“ gebaut und erfolgreich betrieben. In dieser Anlage wurden synthetisches Rohöl, so genanntes e-Crude aus erneuerbarem Strom, CO2 und Wasserdampf hergestellt. Dieses e-Crude – auch mit teilweise besseren Eigenschaften versehen – könnte fossiles Rohöl sofort ersetzen. Jedenfalls wurde der Nachweis erbracht, 100 Prozent erneuerbare, umweltfreundliche Kraftstoffe; beispielsweise Diesel, Kerosin oder Methanol daraus produzieren zu können.
Haben Sie weitere Beispiele?
Ebenso haben wir synthetische Wachse erzeugt, welche als Rohstoff für die Chemieindustrie hochinteressant sind und die sich in einer Vielzahl unserer täglichen Produkte wiederfinden. Genau diese Produkte können zukünftig nachhaltig CO2-neutral sein, da für deren Produktion CO2 als Rohstoff genutzt wurde. Mit unserem Power-to-X-Verfahren können fossile Energieträger komplett ersetzt werden und somit unter der Erde bleiben. Wenn Sie Ihre erste Frage nicht Richtung Technologie Reife, sondern eher Richtung kommerzieller Nutzung denken, ist das aber vollkommen richtig. Dort stehen wir tatsächlich noch am Anfang, weil schlichtweg die gesetzlichen Rahmenbedingungen es nicht erlauben, konkurrenzfähige Power-to-X basierte Endprodukte zu ihren fossil basierten Vergleichsprodukten ökonomisch herzustellen.
Was sind die technischen Erfahrungen aus diesen Pilotprojekten?
Technisch gesehen gibt es für Entrepreneur-Positionen immer die üblichen Überraschungen. Letztlich hat alles innerhalb der gesteckten Zeit- und Investitionsziele funktioniert, worauf wir sehr stolz sind. Durch die erste Anlage in dieser Konfiguration haben wir nicht nur besondere Kenntnisse und Fähigkeiten erlangen, sondern auch essenzielle Patente anmelden können. Selbige werden in der Zukunft sehr wesentlich bei der Erzeugung von synthetischen Kraftstoffen im industriellen Maßstab. Nachfolgend sind natürlich aufbauend auf den erzielten Ergebnissen, die Technologie aber auch die Prozesse kontinuierlich weiterentwickelt worden.
https://www.theen-ev.de/de/power-to-x.html
In welcher Form fließen diese Erfahrungen in neue Projekte ein?
In vielfältigster Form. Die Produktentwicklung macht unter anderem Fortschritte in der gesamten Performance der Anlage und auch in dem nicht unwesentlichem Teil der Kostenseite. Das spiegelt sich – weil wir in Dresden auch die komplette Entwicklung unserer Brennstoffzellen und Stack-Technologie ansässig haben – im Design und in den Materialeigenschaften einzelner Komponenten, die wir benutzen, wider. Hilfreich sind auch die wachsenden Volumen, die der Markt gerade anfragt – weil sich dies wiederum auf die Lieferketten und Produktionskapazitäten auswirkt. So bauen wir in Dresden mittlerweile Megawatt-Elektrolyse-Anlagen, die nächstes Jahr zu Kunden ausgeliefert werden.
Was verhindert derzeit noch die Wirtschaftlichkeit solcher Projekte und wann wird diese voraussichtlich erreicht?
Unsere Produktlinien „HyLink“ (Elektrolyse zur Wasserstofferzeugung) und „SynLink“ (Co-Elektrolyse zur Synthesegas Erzeugung in einem Prozessschritt aus erneuerbarem Strom, CO2 und Wasserdampf) sind die weltweit effizientesten Technologien in Ihrem jeweiligen Marktsegment. Da der „Trend“ zu synthetischen, flüssigen und gasförmigen Kraftstoffen vorwiegend aus dem Klimawandel und der Energiewende heraus resultiert, gibt es gegenwärtig fast kein Unternehmen, dass sich diesen Technologien verschließen kann. Daraus resultiert nur leider noch kein finanziell tragfähiges Konzept.
Können Sie ein Beispiel vorrechnen?
Nehmen wir den Solarstrom, den Sie heute vielleicht für sagen wir 6,5 Cent pro Kilowattstunde produzieren können. Wenn Sie diesen mit unserer Elektrolyse-Technologie mit 80 Prozent Nettoeffizienz elektrochemisch in erneuerbaren Wasserstoff wandeln – sind Sie bereits bei 2,7 Euro pro Kilogramm erzeugtem erneuerbarem Wasserstoff. Andere Elektrolyse-Technologien liegen bei gleichem Strompreis schnell bei etwa 4 Euro pro Kilogramm. Hier betrachten wir nur die reine Umwandlung der elektrischen Energie in chemische Energie unter der Annahme, dass solche Elektrolyseure für die Vergleichsrechnung nichts kosten. Nun wissen wir, dass man den Strom für solche Zahlen heute aufgrund der Rahmenbedingungen und Umlagen einerseits nicht zum Produktionspreis kaufen kann und dass aus fossilen Rohstoffen – beispielsweise Erdgas – hergestellter Wasserstoff vergleichsweise etwa 1,25 Euro pro Kilogramm kostet. Von der daraus erzeugten CO2 Menge ganz zu schweigen. Da beantwortet sich die Frage nach der Wirtschaftlichkeit doch von selbst, oder?
Welche Veränderungen fordern Sie konkret?
Es braucht entsprechende Anreizsysteme in Form von politischen Rahmenbedingungen oder andere Regularien. Einer unserer Kunden, dass Stahlwerk in Salzgitter, wäre in der Lage seinen Stahl um 95 Prozent CO2-reduziert herzustellen, da er statt Kokskohle erneuerbarer Wasserstoff – hergestellt aus erneuerbarem Strom – zur Eisenerzreduktion einsetzen könnte. In dieser Konsequenz müsste er allerdings investieren und der Stahl würde teurer werden. Das wiederum beeinflusst seine Konkurrenzfähigkeit. Betrachtet man den CO2-reduzierten Stahl beispielsweise pro PKW und versucht zu bilanzieren – kostet das Auto etwa 100-200 Euro mehr als sein Pendant mit herkömmlich erzeugtem Stahl. Sicher kein Verhinderungsgrund diesen PKW zu kaufen. Mangels der Rahmenbedingungen hat die Stahlindustrie, wie auch viele andere Industriesegmente, die erklärte Zurückhaltung, die dafür notwendige Investitionen zu tätigen. Im Zuge der Erreichung der Klimaziele aus dem Pariser Abkommen wird unserer Meinung nach keine Alternative geben, auch dieses Instrument – also Power-to-X – neben der Vielzahl anderer ebenso wichtiger Einzelschritte zu gehen.
Welche Projekte plant Sunfire als nächste umzusetzen?
Die Meisten dürfen wir leider noch nicht offiziell kommunizieren. Auf jeden Fall arbeiten wir an einigen Elektrolyseprojekten, die wir dieses Jahr unter anderem für die Verbund AG im Kraftwerk Mellach und im Megawatt-Maßstab bis Ende 2020 für das Stahlwerk Salzgitter umsetzen. Daneben beschäftigen wir uns mit der Detailplanung für ein Power-to-Liquid-Projekt in Norwegen. Dort wird die erste kommerzielle Anlage mit einer Produktionsleistung von zehn Millionen Litern Kraftstoff pro Jahr bis Ende 2023 entstehen.
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Hallo miteinander, seit 6. Mai produziert unser Dach Solarstrom, installiert sind 5, 5 kW peak. Noch sind wir am üben, unseren Eigenverbrauch in eine sinnvolle Größe zu bringen. Das ist gar nicht so einfach, da wir „Abchalter“ sind. Bedeutet was nicht gebraucht wird ist aus, vom Netz. Dann kommen noch die Gewohnheiten dazu. Abends mal schnell noch den Geschirrspüler oder die Waschmaschine an… Das muss sich noch einspielen. Viele Grüße aus Coswig/Anhalt.
Aber es muss viel, viel mehr passieren. Leider sitzen oft Menschen an den entscheidenden Stellen, die der Meinung sind das gehe alles seinen gewohnten Gang.
Eigentlich wäre alles möglich, wenn man nur wollte:
In den südlichen Rohöl-Förderländern (PV-Effizienz 2 bis 2,5 fache gegenüber hier) in großem Maßstab Power-to-liquid aufgebaut, mit der Infrastruktur der Mineralölindustrie hier verkauft, könnte als eine Schiene der Energiewende sehr schnell realisiert werden und würde zahlreiche Probleme elegant lösen: Verwendung der Ölmilliarden, Nutzung von Wüstenflächen, Einkommen dort, Treibstoff für Flugzeuge, Schiffe, LKW und PKW und Betrieb von Ölheizungen hier: Lager- und Transportproblem damit teilweise gelöst und das alles CO2-neutral!
Aufbau einer modernen Elektrowirtschaft hier dann ohne Zeitdruck.
Vermutlich sind dabei Fragen kultureller Vorherrschaft/Deutungshoheit als Hemmnisse länderübergreifender Investitionsvereinbarungen erkennbarer. Ähnliche Argumente sind zu den Anfängen der Desertec-Initiative bekannt.
Die technischen Vorteile und damit die Wahrung des derzeitigen europäischen Lebenstils sind starke Argumente gegenüber der europäischen Mittelstandsgesellschaft. Trotzdem wird im Rahmen des Infrastrukturumbaus für die „Energiewende“ auch die Frage zur globalen Verteilungsgerechtigkeit immer wieder gestellt.