Vier Bundestagsabgeordnete der Grünen haben sich in einem offenen Brief zum Netzentwicklungsplan (NEP) an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) gewandt. Dieser soll in Kürze vorgelegt werden. „Er wird zentrale Weichenstellungen für die nächsten zehn bis 15 Jahre vornehmen und entscheidend sein für eine erfolgreiche Integration von erneuerbaren Energien in das Stromversorgungssystem“, schreiben Julia Verlinden, Anton Hofreiter, Oliver Krischer und Ingrid Nestle. Möglicherweise werde der neue NEP erstmals einen deutlich höheren Bedarf an Stromnetzen sichtbar machen. „Dies erfordert eine besonders sorgfältige und transparente Planung“, schreiben die Grünen weiter.
Sie fordern Altmaier auf, eigene zentrale Punkte zur Netzentwicklung unmittelbar zu klären und zwar transparent für die Bürger. „Die Menschen in unserem Land müssen nachvollziehen können, ob der Bau weiterer Stromleitungen tatsächlich notwendig ist oder vermieden werden könnte, ohne dabei die Ziele der Energiewende zu gefährden – zum Beispiel durch einen Ausstieg aus der Verstromung von Kohle oder einen intelligenteren Einsatz von Speichern.“ Dies sei eine Grundlage für einen zügigen und von den Menschen akzeptierten Netzausbau.
Insgesamt fordern die Grünen in ihrem Brief fünf Klarstellungen von Altmaier ein. So müsse ermittelt werden, wie sich der reduzierte Betrieb und die Abschaltung von Kohlekraftwerken auf den Bedarf neuer Leistungen auswirkt und diesen gegebenenfalls verringert. Daher sollten die Ergebnisse der sogenannten Kohlekommission, die Anfang Februar veröffentlicht werden sollen, in den NEP einfließen. Darüber hinaus sollte Altmaier prüfen, welche Innovationen für eine bessere Auslastung der bestehenden Netze existieren und welche Alternativen zum Netzausbau bestehen. Die Grünen bieten Altmaier diesbezüglich auch große Batteriespeicher zur Stabilisierung der Stromnetze, zunächst auf Verteilnetzebene, einzuplanen. Der dritte Punkt bezieht sich darauf, dass regionale Flexibilität den Leitungsbedarf ebenfalls reduzieren könnten. Abschließend fordern die Grünen von Altmaier, dass er klarstellen sollte, wie ein Netz für 100 Prozent erneuerbare Energien aussehen müsste. Darüber hinaus dürften die Kosten für teure Netzeingriffe durch die Einigung mit der EU zum Vorrang von grenzüberschreitenden Stromflüssen nicht den Erneuerbaren zugeschrieben werden.
Im Gegenzug sichern die Grünen Altmaier Unterstützung zu. „Der Netzausbau ist zentral für den Erfolg der Energiewende, aber er ist auch für viele Menschen in diesem Land mit Eingriffen in ihre Umgebung verbunden. Deshalb setzen wir uns für den notwendigen Netzausbau ein, achten aber auch darauf, dass keine Stromleitung gebaut wird, die wir nicht benötigen“, schreiben sie in dem offenen Brief. Allerdings sei es „völlig unverständlich und kontraproduktiv“, dass Altmaier den Ausbau von Photovoltaik, Windkraft und Co. mit Verweis auf Netzengpässe verzögere. „Für die Verlässlichkeit der Netzausbauplanung ist es vielmehr notwendig, dass der vereinbarte Ausbau erneuerbarer Energien auch tatsächlich stattfindet.“
Zum Abschluss schreiben die Grünen, dass es Altmaiers Verantwortung sei, Investitionssicherheit zu schaffen, um das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel von mindestens 65 Prozent Erneuerbare bis 2030 auch zu erreichen. In den vergangenen Jahren seien wichtige Leitungen gebaut und genehmigt worden. „Es ist absurd, dass trotz dieser Meilensteine immer noch keine Planungssicherheit für den Ausbau von erneuerbaren Energien ab dem Jahr 2022 besteht. Deshalb fordern wir Sie auf, dies schnellstmöglich zu ändern und einen verlässlichen Ausbaupfad für erneuerbare Energien bis 2030 festzulegen und mit Maßnahmen zu unterlegen“, schließen die vier Grünen-Abgeordnete ihren offenen Brief.
Altmaier hatte schon vor Amtsantritt auf dem BEE-Neujahrsempfang im Februar 2018 erklärt, dass er den Netzausbau ins Zentrum seiner Arbeit rücken wolle. Den Ausbau der erneuerbaren Energien will er diesem Thema unterordnen. Es dauerte jedoch bis zum August, ehe Altmaier einen „Aktionsplan Stromnetz“ präsentierte. Anschließend einigte er sich mit den zuständigen Länderminister über Maßnahmen zum Netzausbau. Mitte Dezember verabschiedete schließlich den Gesetzentwurf zur Beschleunigung des Netzausbaus (NABEG-Novelle).
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Der Apell ist sowas von richtig, es ist mehr als fraglich ob das bestehende Netz nicht einfach nur suboptimal genutzt wird. Mit Speichern und abschaltbaren Lasten wäre sicherlich viel zu bewegen, außerdem mit smarten Szromtrassen: Im Winter steigt deren Kapazität temperaturbedingt.
Außerdem wäre ohne die Bremskeile von Altmaier mit dem erstarkenden PV zubau letzlich viel Strom dezentral erzeugt worden, der muss quasi nie erst transportiert werden.
Die gewünschte Transparenz wird er nicht herstellen, denn dann wäre der gesamte Netzausbauplan in Frage zu stellen.
Außerdem scheint immernoch der hohe Exportanteil (fast immer mehr als 10% des in D erzeugten Stroms) deutschen Kohlestroms eine europaweite Verzerrung des Strommarktes sowie eine Übervorteilung der deutschen Stromkunden bzgl. der Netzentgelte vorzuliegen. In Deutschland hergestellter Strom, der an nicht-deutsche Abnehmer geliefert wird (Export), ist nach meiner Kenntnis von den Netzentgelten befreit.
Da nach wie vor der Einspeisevorrang für EE in Deutschland gilt, ist der exportierte Strom regelmäßig konventioneller Strom. Je mehr EE in D erzeugt wird, desto weniger Platz ist im Netz für den konventionellen Strom bis zur Staatsgrenze. Ein Netzausbau schafft also in erster Linie Platz für konventionellen Strom, nicht für EE! Dieser konventionelle Strom darf dann aber kostenfrei das Netz benutzen, dass vordergründig wegen ihm zu Lasten der deutschen Stromkunden (Netzentgelte, 9% garantierte Rendite für Netzbetreiber) ausgebaut wurde.
Es mangelt ja schon heute an einer konsequenten Umsetzung des Einspeisevorrangs, siehe Greenpeace-Studie.
Politisch korrekt (Klimaziele) wäre es also, konsequent die Drosselung der konventionellen Kraftwerke bei entsprechender Netzauslastung durchzuführen und auf einen Netzausbau zu verzichten. Entsprechend wäre uch das umgebende Ausland dann mangels des billigen deutschen Exportstroms gezwungen, seinerseits neue Erzeugungskapazitäten zu erstellen. Nach aktueller Kostenlage können dies wiederum nur EE sein, da konventionelle kaum oder nicht mehr wettbewerbsfähig sind.
Das Fazit: Ein Netzausbau in Deutschland bremst die europäische Energiewende!