Sentis Capital PCC ist mit gut sechs Prozent größter Einzelaktionär der Meyer Burger Technology AG. Er fordert von dem Schweizer Technologiekonzern nun, konsequent an der Kommerzialisierung seines Hocheffizienz-Technologie-Portfolios, insbesondere für Equipment zur Herstellung von Heterojunction (HJT)- und Tandemsolarzellen, zu arbeiten. Sentis Capital begrüßte, dass dies derzeit von Meyer Burger mit Unterstützung einer Schweizer Investmentbank evaluiert werde. Auch der Aktionär sei überzeugt, dass Meyer Burger mit diesen Technologien über „einen signifikanten kompetitiven Vorsprung“ verfüge.
Zugleich verlangte Sentis Capital entscheidende Weichenstellungen vom Verwaltungsrat von Meyer Burger. „Das schwierige Marktumfeld hält führende Hersteller von Solarmodulen derzeit davon ab, trotz klarer Vorteile auf HJT zu setzen“, heißt es weiter. Die komplette Umstellung bestehender Produktionslinien sei mit hohen Investitionen für die Kunden verbunden. Gleichzeitig hätten sie das Risiko, dass sich ihr Wettbewerbsvorteil schnell in Luft auflöse, wenn sie keinen Exklusivvertrag mit Meyer Burger schließen würden. „Der Wettbewerbsvorteil auf Ebene des Bruttogewinns für den Produzenten liegt gemäß Aussagen von Meyer Burger bei rund sieben US-Dollarcent pro Wattpeak“, heißt es weiter.
Der richtige Weg nach Ansicht von Sentis Capital ist daher, dass Meyer Burger eine eigene Massenfertigung für HJT-Solarzellen aufbaut. Das Unternehmen verfüge über die erforderlichen Erfahrungen, da es über eine eigene Produktion am sächsischen Standort Hohenstein-Ernstthal verfüge. „Es stellt sich daher die Frage, warum Meyer Burger sein Geschäftsmodell nicht ergänzt und den kompetitiven Wettbewerbsvorteil von netto sieben US-Dollarcent pro Wattpeak für sich selber nutzt? Meyer Burger wäre dadurch in der Lage, die eigene Technologie zu schützen und direkt von zukünftigen Verbesserungen des Wirkungsgrads und dem Durchsatz des Equipments selbst zu profitieren“, so Sentis Capital. Als Beispiel für eine erfolgreiche Umsetzung dieser Strategie wird der US-Dünnschichthersteller First Solar genannt.
Da Meyer Burger derzeit nicht in der Lage sei, eine Produktion mit einer Jahreskapazität von fünf bis zehn Gigawatt aus eigenen Mitteln zu finanzieren, schlägt Sentis Capital eine Kapitalerhöhung oder eine strategische Partnerschaft vor. Der Einzelaktionär habe den Verwaltungsrat aufgefordert, sämtliche Optionen zu prüfen und die für die Aktionäre beste Option auszuwählen.
Allerdings scheint Sentis Capital bereits eine klare Präferenz zu haben. „Es gibt Anzeichen, dass der Verwaltungsrat sich davor scheut, dem Kapitalmarkt die womöglich beste Variante der Finanzierung einer eigenen Produktion über den Kapitalmarkt zu präsentieren“, heißt es dort. Und weiter: „Aufgrund der extremen Tragweite dieser Entscheidung für Meyer Burger sollte vom Verwaltungsrat keine strategische Partnerschaft beschlossen werden, bevor er die eigenen Aktionäre über die Attraktivität und Möglichkeiten eines Investments informiert hat.“ Bei den Partnerschaften sieht Sentis Capital die Gefahr, dass die Aktionäre nicht genug profitieren können.
Mitte Oktober hatte Meyer Burger ein neues Transformationsprogramm angekündigt, mit dem der Schweizer Konzern langfristig wieder Gewinne einfachen will. Es sieht unter anderem vor, einen wesentlichen Teil seiner weltweiten Vertriebs- und Servicefunktionen für Standard-Photovoltaik-Lösungen nach Asien verlagern. Zudem sollen 100 Vollzeitstellen in der Schweiz abgebaut werden. Auch eine Anpassung auf Ebene der Geschäftsleitung und des Verwaltungsrates ist geplant.
Darauf setzt auch Sentis Capital. „Wir gehen davon aus, dass diese Anpassungen möglichst zeitnah erfolgen, damit die neue Führungsriege diesen strategischen Wandel glaubwürdig gegenüber dem Kapitalmarkt präsentieren kann.“
Meyer Burger erklärte auf Nachfrage von pv magazine, dass es in einer Mitteilung von Mitte Oktober erklärt habe, dass „der strategische Schwerpunkt vor allem auf Heterojunction, SmartWire Connection Technology SWCT und attraktiven Zell-/Modultechnologien der nächsten Generation liegt“. „Die Forderungen, die der aktivistische Aktionär nun in seiner eigenen Medienmitteilung über die Medien stellt – inklusive Kapitalerhöhung – spiegeln die Ansichten dieses Einzelaktionärs wider“, so ein Sprecher des Schweizer Technologiekonzerns weiter.
Anmerkung der Redaktion: Der Artikel ist um 13:45 Uhr um das Statement von Meyer Burger erweitert worden.
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Das ist doch mal eine Ansage.
Wenn die EU- Hersteller und Solar Power lautstark EU Hilfe fordern, dann wäre doch ein Konsortium aus diesen z.T. ja sehr großen für einen echten Schritt nach vorne der Schlüssel um Druck zu machen.
Also- wann hören TOTAL, ABB und Co auf nur zu fordern ohne selbst zu sagen was sie investieren wollen. Und wenn sie denken das Heterojunction 7 Dollarcent runter geht (das wäre dann unter 20 Cent/Wp, oder) dann los geht es- das Know How kann dann keiner mehr wegkaufen. Meyer Burger kann ja noch mehr.
Andere Hersteller wie zb Hanwha QCells könnne ja auch einiges im Maschinenbau selbst- siehe deren nahezu vollautomatisierte 2 GWP Fab in Südkorea.
@ Herr Remmers,
ohne zollfreies Glas funktioniert keine Produktion in der EU -> 2 Ct Mehrkosten gegenüber China!!!!
Solange sich Solar Power Europe nicht für ein Auslaufen der Maßnahmen einsetzt, sind das alles FAKE NEWS!!!
Ein Maschinenlieferant liefert keine einzige Maschine mehr, sobald er anfängt, in Konkurrenz zu seinen Kunden zu treten.
Falls die neuen Technologien von MB wirklich so viel bringen, und der Markt so viel nachfragt, dann sollte jeder Investor- also va auch Sentis Capital – sofort die Produktion aufbauen.
Realistischer ist wohl, dass laufend neue Technik von verschiedensten Lieferanten erhältlich wird.
Womit man immer die „beste, neueste“ Fabrik bauen kann.
Einen kompletten Wechsel der Basistechnologie nimmt man aber nur dann vor, wenn die Summe aus Investitionskosten PLUS Variablen Grenzkosten pro Einheit (also hier pro effektiv verkauftem Wp) deutlich KLEINER ist, als die variablen Grenzkosten der Bestandstechnologie.
Solange aber zu viel brachliegende Bestandskapazität vorhanden ist, welche effektiv schon abgeschrieben ist, oder gerade in die Insolvenz geht, solange kann die vorhandene Nachfrage realiter zu den heutigen variablen Grenzkosten beliefert werden.
Solange wir weiterhin Unsicherheit im Markt haben (fehlender Klimaschutz, Handelsstreit, weiterlaufende Kohlesubventionen, etc), solange wird kaum in neue Kapazität investiert.
Sondern aus bestehenden Maschinen mehr herausgeholt.
Eine Möglichkeit, neue Grosskunden zu finden: Stromkaufsverträge der EU zu 2 cts/kWh mit Südeuropa und dem Maghreb, mit Verpflichtung zur lokalen Produktion der Module mit europäischen Maschinen und europäischer Finanzierung.
Der Hebel liegt im Wirkungsgrad.
Module mit einem höheren Wirkungsgrad erzielen einen höheren Absatzpreis pro Wp. HJT hat noch zusätzliche Vorteile wie eine geringere Degradation und einen besseren Temperaturkoeffizienten. Das sind alles Vorteile die eine höhere Stromproduktion über die Lebensdauer des Moduls ermöglichen. Deswegen werden für solche Module auch höhere Preise pro Wp bezahlt. Klingt kompliziert ist aber ganz logisch.
Diese Vorteile liegen laut eigenen Aussagen bei rund 10ct pro Wp gegenüber einem bifazialen Mono-Perc Solarmodul. Das ist ein enormer Vorteil.
Die Abschreibungen pro Jahr liegen unter 2ct pro Wp. Alte Maschinen können trotz Abschreibungen von Null nicht profitabel betrieben werden, da die Produkte dieser Anlagen mit extremen Preisabschlägen gegenüber neuen Modulen gehandelt werden.
Aus diesem Grund ist die Industrie auch immer wieder gezwungen in neue Anlagen zu investieren.
Der gestiegene Wirkungsgrad der Solarzellen und -module ist auch der Hauptgrund warum die Preise in Wp so extrem gefallen sind in den vergangenen 20 Jahren. Dieser Effekt ist deutlich höher als jener aus den Kostenvorteilen der Massenproduktion.
@Blackhole
Die Zahlen tönen ausgezeichnet.
Was leider wenig wert hat, ist zukünftige Mehrproduktion heute.
Da ja der zukünftige Strompreis aufgrund der Logik der weiterhin fallenden solaren Kosten weiterhin fallen wird.
Da würde ich davon ausgehen, dass wir von Diskontierungsfaktoren um 20% und darüber ausgehen dürfen.
Trotzdem müssten Ihre Zahlen immer noch sehr attraktiv sein – warum reagiert die Kundschaft nicht?
Warum baut Sentis Capital die Fabrik nicht selbst?
RWE und EDF könnten auch mal etwas sinnvolles tun, anstatt das Geld in AKW und Kohle zu verbrennen.
Richtig, zukünftige Mehrproduktion ist wenig wert. Der grösste Teil des Vorteils wird dem Kunden weitergeben und senkt die solaren Stromgestehungskosten. Damit erhöht sich die Attraktivität des Solarstroms und man bleibt als Hersteller wettbewerbsfähig.
@ Nikolaus A. Schaefer
Der Business Case ist in der Tat sehr attraktiv.
Es gibt allerdings einen Pferdefuss … sobald jemand diese Fabrik erstellt und keine Exklusivität für diese Technologie besitzt, läuft er Gefahr, dass MB diese Techologie an Konkurrenten verkauft. Somit verliert man sofort den relativen Wettbewerbsvorteil.
Deswegen ist der Vorschlag von Senits gar nicht so schlecht, dass MB eine eigene Produktion errichtet, um diesen relativen Vorteil zu schützen und zu behalten.
MB verkauft fertige Turnkey-Anlagen und produziert schon seit 2013 Heterojunction Solarzellen in Hohenstein. Der CTO ist ein ehemaliger Manager von Solarworld. Der Schritt in Richtung eigene Produktion sollte für die doch kein grosser sein.
RWE und EDF könnten von MB fertige Module bzw. Solarparks kaufen.
@Blackhole.
Für MB geht nur das Eine oder das Andere.
Entweder Technologieverkäufer an alle, oder reiner Panelproduzent.
Beides zusammen geht nicht unter einem Dach.
Bei der Technologie bin ich mir nicht so sicher ob die wirklich so einzigartig ist.
Müsste man mal die liebe Konkurrenz fragen 😃
Taugt die Verkaufsabteilung nichts, dass die Kunden das auf der Strasse liegenden Geld nicht sehen können?
Oder ist dies hier die neueste Marketingkampagne via Medien?
Kostet wenigstens nix.
Irgendetwas geht an der Geschichte nicht auf🤣