Mit den neuen Doppelglasmodulen ist es nicht so einfach. Unwidersprochen sind es technologisch sehr interessante Produkte. In Standardmodulen schützen vorne eine drei bis vier Millimeter dicken Glasscheibe und hinten eine Rückseitenfolie die Zelle. In den neuen Doppelglasmodulen, die seit zwei Jahren in den Markt kommen, werden die Zellen sowohl vorne als auch hinten von einer Glasscheiben geschützt, die jeweils nur zwei Millimeter dünn ist.Das erhöht die Widerstandskraft des Moduls gegen mechanischen Druck und die Lebensdauer, ohne dass es schwerer wird.
Doch bisher haben diese neuen Modultypen erst einen Markt in der Größenordnung von einhundert oder einigen hundert Megawatt, ein kleiner Bruchteil des gesamten Solarmarktes, wie Ulf Blieske, Glasexperte von der Fachhochschule Köln, am Dienstag auf der"Solar meets Glass" (Otti, Messe Düsseldorf) vortrug. Die Diskussionen auf der Konferenz am Rande der Messe Glasstec zeigten, dass das an einer Henne-Ei-Problematik liegen könnte. Zumindest für die europäischen Hersteller.
Wenn die Module länger halten, so sollte man denken, können Sie auch zu höheren Preisen verkauft werden. Doch das sei schwer, sagt Karl-Heinz Küsters, Senior Vice President Technology von Hanwha Q-Cells. Am Anfang mögen Kunden an dem Produkt begeistert sein, sagt auch Winfried Hoffmann, der die Beratungsfirma Applied Solar Expertise gegründet hat und im Aufsichtsrat des Modulherstellers Solarfabrik sitzt. Wenn es dann zum Schwur komme, sei ein großer Preisaufschlag aber nicht mehr drin, „vielleicht noch drei Prozent“.
Es ist auch nicht so einfach, den Kunden den Mehrwert auf Euro und Cent deutlich zu machen. Hoffmann rät etwa davon ab, längere Garantien als auf Glas-Folien-Module zu geben. Auch die Garantieverlängerungen auf 20 und mehr Jahre in der Vergangenheit sieht er kritisch. So erhöhten diese zunächst die Kosten, weil die Hersteller Rückstellungen bilden müssen. Das Geld fehlt dann woanders. Besser sei es daher, von längerer Lebensdauer zu sprechen und diese auch zu begründen.
Um Interessierte von der Haltbarkeit der Doppelglasmodule zu überzeugen, baute Solarworld auf der Intersolar diesen Parcours auf. (Foto: Solarworld)
Die Schwierigkeit für die Hersteller ist daher anscheinend, dass die neuen Glas-Glasmodule in der Produktion mehr kosten als Kunden bereit sind zu zahlen. Das liegt zum einen daran, dass die Modulhersteller in neue Laminatoren investieren müssen. Zum anderen liegt es aber auch am Preis für das Glas selber. Obwohl bei den dünneren Scheiben weniger energieintensives Rohglas benötigt wird, seien sie in der Produktion ungefähr so teuer wie drei Millimeter Glasscheiben, erklärt Thomas Keyser, Geschäftsführer des Floatglasproduzenten f Solar. Das liege an der Art wie die Produktion gefahren wird. Für Hanwha Q-Cells hat sich mit dem neuen Glas jedenfalls noch kein Geschäftsmodell ergeben, wie Karl-Heinz Küsters erklärte. Sein Unternehmen habe sogar ein entsprechendes Produkt entwickelt, produziert es aber nicht. Dabei hat Q-Cells auch eine neue Technologie in Betracht gezogen, die der Maschinenausrüster Lisec anbietet.Lisec hat eine Fertigung entwickelt, bei der die Zellen nicht mit EVA-Folien zwischen den zwei Glasscheiben laminiert werden. Stattdessen werden die Glasscheiben luft- und feuchtedicht versiegelt und der Glaszwischenraum mit einem Inertgas gefüllt.
Auf Rahmen verzichten
Über die Frage, ob es sich für Modulhersteller und deren Kunden trotzdem lohnen kann, Doppelglasmodule zu verwenden, hängt von vielen Faktoren ab (etliche Modulhersteller produzieren die Module ja auch). So gehen die Meinungen auseinander, ob der Rahmen eingespart werden kann. Das würde die Kostendebatte deutlich verändern. In der Bill of Materials, die die Komponentenpreise eines Moduls enthält, ist Solarglas mit rund zehn Prozent der zweitgrößte Posten nach den Solarzellen mit 60 Prozent. Darauf folgt der Rahmen mit einem Anteil von nur etwas weniger als das Glas. Bei Doppelglasmodulen macht das Glas dann sogar etwa 15 Prozent aus. Ob Rahmen verwendet werden müssen, ist aber auch eine psychologische Frage. Etliche Kunden verlangen danach, auch wenn Hersteller sagen, es sei eigentlich unnötig.
Drastische Methoden müssen dafür herhalten, um Doppelglasmodule zu bewerben. Hier springt Holger Neuhaus, Geschäftsführer der Solarworld Innovations, anlässlich derPräsentation der Innovationsallianz-Forschungsergebnisse im Januar. (Foto: BSW-Solar/Innovationsallianz)
Im Prinzip sehen die Experten auch, dass langfristig doch noch größere Kostensenkungen bei dem dünnen vorgespannten Solarglas möglich sind. Dafür sei es aber nötig, dass es in großen Volumina produziert werde. An diesem Punkt müssten sich die Glas- und Modulhersteller zusammentun und gemeinsam investieren. Denn die großen Volumen gibt es erst, wenn die Preise gefallen sind.
Preiskampf auf dem Weltmarkt
Man darf bei der Diskussion auch die Eigenheiten des Solarglas-Weltmarkts nicht vergessen. Solarglasscheiben aus China sind deutlich billiger zu haben wie die aus Europa. Wie bei den Modulen erhebt die EU nund darauf Antidumping-Zölle, beim Glas von bis zu 42 Prozent, so dass die Preise europäischer und chinesischer Glasanbieter in Europa jetzt ungefähr ähnlich sein dürften.
Es ist schon eine gewisse Ironie der Geschichte, dass nun die europäischen Solarmodulhersteller durch die Importzölle beim Glaseinkauf gegenüber ihren asiatischen Wettbewerbern benachteiligt sind. Im Zuge der Einführung der Antidumpingzölle auf chinesische Module,die in der Mindestpreisregelung endete, freuen sich wiederum die Modulhersteller auf Kosten der europäischen Anlagenbauer, die in Europa nun mehr für Module zahlen müssen als in anderen Ländern. Grob überschlagen kann der Nachteil der europäischen Modulhersteller durch die nun im Vergleich zu asiatischen Herstellern höheren Solarglaspreise bis zu zwei Cent pro Wattpeak ausmachen. Das wären bis zu vier Prozent des Mindestpreises für Solarmodule in Europa. Besonders gut haben es dagegen Hersteller, die in asiatischen Märkten außerhalb Chinas produzieren, zum Beispiel in Malaysia. Sie können das billige chinesische Glas verbauen und dann ohne Verzollung und ohne Mindestpreis nach Europa einführen.
Vor diesem Hintergrund ist die Situation auch der europäischen Glashersteller nicht gerade rosig. In einer Umfrage des VDMA unter seinen Mitgliedern bewerten alle Flachglashersteller den Markt 2015 als stabil oder gut, aber 47 Prozent der Solarglashersteller geben an, dass 2015 schlechter sein wird als 2014. Es sind auch schon europäische Gussglashersteller aus dem Markt ausgeschieden, Centrosolar ist in die Insolvenz gegangen und AGC hat eine große Fabrik geschlossen. Hintergrund ist, dass das Gussglas nur für Solaranwendungen genutzt werden kann, wodurch den Unternehmen die Alternativen fehlen.
Da hat es Thomas Keyser von f Solar, ein Joint Venture von AGC Interpane und Scheuten, besser. Seine Floatglaslinie kann flexibel sowohl Flachgläser für Gebäudeverglasungen als auch Solargläser produzieren, so dass er nicht nur auf den Solarmarkt angewiesen ist. Insgesamt macht der Solarglasmarkt je nach Schätzung etwa 2,5 bis fünf Prozent des Flachglasmarktes aus, so dass sich aber umgekehrt die Frage stelle, wie lange die europäischen Solarglashersteller, die Alternativen haben, den Preiskampf mitmachen. Keysers hält die europäische Glasindustrie für wettbewerbsfähig, wenn die Bedingungen gerecht wären. Wie diese hergestellt werden können, ohne gleichzeitig für die Modulhersteller negative Konsequenzen zu haben, und wie man aus der Logik der Antidumpingzölle ausbrechen kann, bleibt eine der Herausforderungen. In der Regel verweisen die Experten darauf, dass es dazu einer europäischen Industriepolitik bedürfe, zu der es aber auch keine konkreten Vorschläge gibt.
Keysers erklärte jedenfalls, dass er den Solarglasmarkt und dessen Wachstumsraten auch jetzt noch für sehr interessant hält. Küsters von Hanwha Q-Cells sagte, dass er es für hilfreich halte, dass es auch in räumlicher Nähe noch Glasfabrikanten gibt. (Michael Fuhs)
Dieser Artikel basiert auf den Aussagen der Podiumsdiskussion auf der "Solar meets Glass", die der Autor moderiert hat.
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