Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat am Mittwoch eine Analyse zur Entwicklung der gesicherten Kraftwerksleistung in Europa veröffentlicht. Im Zentrum stehe dabei die Frage, wie und ob Deutschland im kommenden Jahrzehnt im Falle eines raschen Kohleausstiegs seine Versorgungssicherheit gewährleisten kann. Der Strom aus vom Netz genommenen Kohlekraftwerke soll nach Auffassung vieler Experten durch Importe aus dem Ausland ersetzt werden, wie der BDEW weiter schreibt. Dazu sei aber genügend gesicherte Leistung bei konventionellen Kraftwerken in den europäischen Nachbarstaaten vonnöten.
Die angekündigten oder diskutierten Planungen in den betrachteten Staaten zeigen einen allgemeinen Trend des Abbaus von Kohlekapazitäten sowie von Kernenergie bei gleichzeitigem starken Zuwachs von erneuerbaren Energien, ermittelte der BDEW auf Basis der Daten der europäischen Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E) und des wissenschaftlichen Dienstes (JRC – Joint Research Center) der Europäischen Union. Dies sei analog zur erwarteten Entwicklung in Deutschland. „Die derzeit noch vorhandenen Überkapazitäten an gesicherter Leistung schmelzen damit überall in Europa mittel- bis langfristig ab“, heißt es weiter. Auch die EU-Nachbarländer stünden vor der Aufgabe, die Versorgungssicherheit bei einem steigenden Anteil erneuerbarer Energien weiter zu gewährleisten.
Nach den Daten des JRC wird es zwischen 2016 und 2025 in den EU-Staaten einen Rückgang der installierten Leistung von Kohlekraftwerken von 150 auf 105 Gigawatt geben. Bis 2030 sei ein weiterer Abbau auf 55 Gigawatt zu erwarten. Zugleich werde auch der Anteil der Kernenergie in vielen Ländern rückläufig sein. Genauere Zahlen veröffentlichte der BDEW hierfür nicht. „Egal, wohin man seinen Blick auf einer Europakarte auch schweifen lässt: Fast überall sollen gesicherte Stromerzeugungskapazitäten vom Netz genommen werden“, erklärt Hauptgeschäftsführer Stefan Kapferer. „Und das ist keine zufällige Entwicklung, sondern eine logische: Alle EU-Staaten streben – richtigerweise – den Ausbau der erneuerbaren Energien an. In der Folge sind auch unsere Nachbarn in Europa dabei, ihre konventionellen, sicheren Kapazitäten zu reduzieren.“
Allerdings sind nach Ansicht der BDEW die erneuerbaren Energien allein nicht in der Lage, die reduzierten konventionellen Kapazitäten auszugleichen. „Die für Wind und Photovoltaik entscheidenden Großwetterlagen führen in Zentraleuropa zu einer mehr oder weniger deutlichen Gleichzeitigkeit von Erzeugungsmangel oder Überflusssituationen“, so Kapferer. Zugleich seien aber auch die Phasen, in denen viel Strom nachgefragt werde, in Mitteleuropa nahezu deckungsgleich. „Ein besonders kalter Winter macht nicht an einer deutschen Grenze halt. Und die stromintensiven Werktage sind in Europa auch identisch. Wir können uns in solchen Phasen nicht darauf verlassen, aus diesen Ländern Strom in nennenswertem Umfang importieren zu können“, erklärt der BDEW-Hauptgeschäftsführer weiter.
Nach Ansicht des Verbands darf sich Deutschland daher gerade in Zeiten einer Dunkelflaute, wie sie in den Wintermonaten immer vorkommen kann, nicht auf Stromimporte seiner europäischen Nachbarn verlassen. „Wir werden in Deutschland neue Erzeugungskapazitäten auf Basis von Gas brauchen. Die Bedingungen für Energiespeicher und Kraft-Wärme-Kopplung müssen sich verbessern sowie alle Optionen zur Nachfrageflexibilisierung ergriffen werden. Der Netzausbau muss deutlich beschleunigt werden“, so Kapferers Fazit.
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Der Versuch des BDEW Kohlekraftwerke unter Artenschutz zu stellen schlägt gründlich fehl. Die Wasserstoff-Technology als konsequentes weiteres Glied der Erneuerbaren gehört unter Fachkreisen als schon lange gesetzt. Gaskraftwerke in Zukunft werden durch die Power-to-Gas Verfahren versorgt und das Gas in vorhandenen Großspeichern für den Winter vorgehalten. Und die Versorgungsnetze hierfür sind schon lange da – auch in Richtung Süden.
Also nehmen wir diese „Analyse“ als das was sie ist – das letzte Flügelschlagen eines ewig gestrigen.
Es kommt nicht häufig vor, dass ich mich zu einer „Antwort“ in solchen Kommentarfeldern hinreißen lasse. Bei dem was Sie, Herr Boettcher schreiben, stellte es mir allerdings -entschuldigen Sie bitte die Ausdrucksweise- die Nackenhaare auf.
Ihr anklingender Idealismus in allen Ehren aber haben Sie sich auch Gedanken darüber gemacht, was für Ihr Szenario technisch passieren müsste? Welche Mengen Gas allein für kleine GuD-Anlagen (max. 80-100MW) benötigt werden? In den nächsten 4 Jahren gehen rund 8GW Grundlastleistung in Form der verbliebenen deutschen Kernkraftwerke vom Netz. Dazu wird vom Kohleausstieg bis 2038 gesprochen und der ist mit -46GW nochmal eine ganz andere Größenordnung. Die entstehenden Grundlastlücken müssen aber zwingend gefüllt werden. Und zwar nicht mit noch mehr PV- oder Windenergie, die -wie im Artikel beschrieben- entweder Millionen von kWh’s in die Netze drücken, die zu dem Zeitpunkt keiner braucht oder eben garnichts liefert. Die Idee mit Power to Gas finde ich grundsätzlich gut, da wie Sie angemerkt haben, eben auch die Infrastruktur bereits existiert. Allerdings kann dieses System die angesprochene Leistung nicht im Traum auch nur annähernd erbringen.
Dazu vielleicht einfach mit Taschenrechner, Stift, Papier (und Smartphone zur Recherche) 15 Minuten hinsetzen und die Konfiguration (Anzahl Windräder, Fläche PV-Module, Power-to-X Wirkungsgrad, GuD-Wirkungsgrad) für 1-2 Megawatt ausrechnen.
Die Energiewende lässt sich eben doch nicht einfach mit den Milchmädchenrechnungen der Bündnis90-Genossen*innen vollziehen (wahrscheinlich habe ich jetzt aber falsch gegendert).
Der BDEW ist der Verband der ewig gestrigen.
Da kommt nix, nix, nix.
Unternehmen aus der Innovativen Seite die glauben dort was ändern zu können verschwenden ihr Geld denn die Schicht der alten Garde blockiert alles Neue.
Ich finde, das sollte man differenzierter sehen. Was da an Ergebnis beim BDEW herauskommt, sind doch zum Teil Notwendigkeiten, um mehr erneuerbaren Strom im Netz unterbringen zu können (Speicher), zum Teil die Einsicht in das absehbare Ende der Kohle (2030 nur noch 1/3 der heute vorhandenen Leistungen) und – und da steckt natürlich ein vergiftetes Geschenk drin – mehr Erdgaskraftwerke. Die sind sicher die bei den derzeitigen Marktstrukturen preiswerteste Möglichkeit, die gefürchtete „Dunkelflaute“ zu überbrücken. Aber halt immer noch fossil. Um das in Grenzen zu halten, wird die CO2-Abgabe unverzichtbar sein. Dann können auch PV- oder Windgas konkurrenzfähig werden.
Dann ist noch etwas allgemein von „Nachfrageflexibilisierung“ die Rede. Das könnte man auch konkreter sagen: Wo heute Tarife üblich sind, die auf die alte Energiewelt abgestimmt sind, mit Kraftwerksleistungen, die möglichst gleichmäßig über die Zeit ausgelastet sein sollten, wird das Angebot in Zukunft sehr volatil sein. Und dann hat es keinen Sinn, einen Verbraucher, der eine hohe Leistung abnimmt, weil gerade genug Strom im Netz ist, mit Hochtarif zu bestrafen. Das berühmte „Peak-Shaving“ beim Verbrauch ist nur sinnvoll, wenn gerade Strommangel herrscht. Bei Stromüberfluss wäre es kontraproduktiv.
Merkwürdigerweise war in der Stellungnahme von den Netzdurchleitungskapazitäten gar nicht die Rede. Legt man aber Wert darauf, dass möglichst viel erneuerbarer Strom ohne Zwischenspeicherung direkt verbraucht wird, weil Speicher den Strom stark verteuern, dann braucht man ein starkes Netz dazu.
Was so ein Netz kosten darf, hat eine natürliche Obergrenze: Wenn es für die Verbraucher günstiger wäre, sich mit erneuerbaren Erzeugern und KWK autark zu machen, dann ist das Netz zu teuer geworden. Das könnte auch durchaus eine Eigendynamik gewinnen: Schon heute ist es für große Verbraucher wie Chemiewerke günstiger, sich weitgehend oder vollständig vom Netz abzukoppeln. Je teuerer das Netz wird, für desto mehr Verbraucher wird die autarke Versorgung günstiger. Die gleichbleibenden Netzkosten müssten dann auf immer weniger verbleibende Nicht-autarke Verbraucher umgelegt werden, was wiederum dazu führt, dass auch für diese die Autarkie die günstigere Alternative wird.
Ohne das jetzt durchgerechnet zu haben: Mir erscheint das etwas bedenklich. Es könnte dazu führen, dass für Großverbraucher der Energieverbrauch billig bleibt, für Kleinverbraucher aber sehr teuer wird. Insgesamt könnte die Stromversorgung teuerer werden, als sie es wäre, wenn alle am Netz blieben.
Was mir an der Analyse des BDEW nicht gefällt:
1. Die Angstmache vor Dunkelflaute und Nachbarn, die nicht bereit wären auch mal Strom zu liefern. Dabei beruhen Produzent-Abnehmer-Verhältnisse immer auf Gegenseitigkeit. So wie der Abnehmer auf ein Angebot angewiesen ist, so ist der Produzent auf die Nachfrage angewiesen. Das wird üblicherweise in sinnvollen Liefervereinbarungen geregelt.
2. Die Nicht-Erwähnung der Möglichkeiten, die man mit dem netzdienlichen Einsatz von Biogas hätte. Die Biogas-Produzenten sind wohl unterrepräsentiert im BDEW, oder sie ruhen sich auf ihrer derzeitigen Position als Grundlastproduzenten aus. Der BDEW seinerseits will sie gar nicht als Konkurrenten für das Angebot von gesicherter, aber an den Bedarf anpassbarer Kraftwerksleistung. Dass die Möglichkeiten, von PV- und Windgas nicht erwähnt werden, braucht einen da schon gar nicht zu wundern.
Volle Zustimmung!
Der BDEW ist unter den Blinden noch mindestens der Einäugige, die haben Ihre Neuausrichtung schon einigermaßen durch.
Die genannten Kritikpunkte sind aber richtig: Gebt uns Preissignale an der Steckdose und dann wird sich schonmal einiges „glätten“. Im Hinblick auf die E-Mobilität wäre dies umso wichtiger.
Die Prognose, dass bis 2025 schon 45 GW Kohle vom Netz gehen werden, ist ja mal nicht so schlecht. Und wenn die Nachbarn nun mehr und mehr zu diesen sensationell günstigen Preisen PV zubauen, wird es für die Kohle sowieso eng. Speicher werden ebenfalls immer günstiger und Power2X wäre die Endlösung.
Bleiben wir doch einfach optimistisch und machen die Dächer voll.
Karl Heinz Remmers sagt:
Der BDEW ist der Verband der ewig gestrigen.
Da kommt nix, nix, nix.
Unternehmen aus der Innovativen Seite die glauben dort was ändern zu können verschwenden ihr Geld denn die Schicht der alten Garde blockiert alles Neue.
K.H. Remmers.
Genau so sehe ich das auch.
Ist auch nicht verwunderlich, der BDEW ist die Nachfolgeorganisation der VDEW dem Dachverband der Elektrizitätswirtschaft.
Schaut mal hier.
https://de.wikipedia.org/wiki/Bundesverband_der_Energie-_und_Wasserwirtschaft.
Die stellen sich zwar so gut es geht in der Öffentlichkeit pro Energiewende dar, versuchen aber mit all ihrer Machtbefugnisse die Energiewende so zu gestalten, wie es ihren konventionellen Mitgliedern am angenehmsten ist. Und das ist nicht immer zum Vorteil der Stromverbraucher.
Typisches Beispiel, Agora kritisiert und BDEW weist zu rück
Nehmen wir den EE Kostenparameter die EEG Umlage, die ja angeblich seit 2010 so transparent sein soll.
Da haben die vom BDEW im folgenden Link auf Seite 8 Einflussfaktoren der EEG Umlage aufgeführt.
Siehe hier:
https://www.bdew.de/media/documents/Informationen-zur-Systematik-EEG-Umlage-und_-Entwicklung.pdf
Jährliche Entwicklung folgender Faktoren:
Entwicklung des Zubaus Erneuerbarer Energien
Energieträgerspezifische Einspeisemengen / Wetterver
hältnisse
(insbesondere Windaufkommen und Sonnenstunden)
Einflussfaktoren der EEG
-Umlage
BDEW Bundesverband der
Energie- und Wasserwirtschaft e.V.
Erlöse aus der Vermarktung der vergüteten EEG-Strom
mengen am Spotmarkt durch
die Übertragungsnetzbetreiber
Umfang der Direktvermarktung nach Paragraph 34 ff E
EG 2014 (ab 01.01.2017:
Paragraph 20 EEG 2017)
Entwicklung der EEG-pflichtigen Letztverbrauchsmeng
e und der
Eigenversorgungsmenge. Zitat Ende.
Transparenz pur, aber nur für Insider.
Den Haupteinflussfaktor, nämlich die jährlich sinkenden Börsenpreise durch den Merit Order Effekt, ( MOE ) an der Strombörse, haben die nicht mal als Einflussfaktor der Umlage erwähnt.
Dabei sind sinkende Börsenpreise, sprich der MOE ein nicht zu übersehender Anteil in der Umlage.
Schaut mal hier:
http://www.wie-energiesparen.info/fakten-wissen/eeg-umlage-bestandteile-prognosen-ab-2014/
Soll wahrscheinlich der normal sterbliche auch nicht wissen, sonst könnte der sich möglicherweise, mit etwas Sachkenntnis ausrechnen, dass er eine viel zu hohe Umlage bezahlt.
Schon 2013 bei einer Umlage
von 5,27 Cent waren das 0,85 Cent Cent die in der Umlage steckten, und auf dem EEG Konto eingehen, für die es keine Ausgaben gibt. In 2013 ist das als Überschuss auf dem EEG Konto noch nicht deutlich geworden, weil da noch Defizite auszugleichen waren, und das Konto am Umlagen relevanten Stichtag 30. 09 noch nicht im Plus war. Seit 2014 wo das Konto erstmals im Plus ist, werden die die sinkenden Börsenpreise in Form der Milliarden Überschüsse deutlich.
Leider habe ich beim BEE keine neuere diesbezügliche Grafik gefunden.