Am Donnerstag gibt es das nächste Treffen der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ (WSB-K) – landläufig auch Kohlekommission genannt. Sie ist von der Bundesregierung eingesetzt worden, um bis zum Jahresende einen Zeitplan für den Ausstieg Deutschlands aus der Kohleverstromung zu erarbeiten. Die sechs am stärksten betroffenen Bundesländer haben nun eine gründliche Klärung der Fakenlage gefordert. So sollten die Folgen für Versorgungssicherheit und Strompreise bei einer vorzeitigen Abschaltung der Kohlekraftwerke stärker berücksichtigt werden, wie es in einem Schreiben des Wirtschafts- und Energieministers aus Nordrhein-Westfalen, Andreas Pinkwart (FDP), an die Vorsitzenden der Kohlekommission heißt. Seinen Forderungen haben sich auch seine Amtskollegen aus Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt angeschlossen.
Die energiewirtschaftliche Ausgangslage müsse geklärt werden, ehe man sich auf einen Plan zur vorzeitigen Beendigung der Kohleverstromung verständigen könne. Dies sei bislang nur unzureichend geschehen. In ihrem eigenen Faktencheck zu den Themen Klimaziele, Versorgungssicherheit und Strompreise kommen sie zu dem Ergebnis: Der Erhalt der Versorgungssicherheit auf dem aktuell hohen Niveau sei von zentraler Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Daher müssten auch die Entwicklungen in den europäischen Nachbarländern in die Betrachtung einbezogen werden.
„Ein vorzeitiger Kohleausstieg würde zu steigenden Börsenstrompreisen führen und der energieintensiven Industrie schaden“, erklärte Pinkwart seinen Vorstoß. Es sei aber wichtig, eine sichere Stromversorgung zu international wettbewerbsfähigen Preisen zu haben. Davon hänge die Zukunft von mehr als 800.000 Arbeitsplätzen in Deutschland ab, ein Drittel dieser Jobs befänden sich in Nordrhein-Westfallen, so Pinkwart weiter. Brandenburgs Wirtschaft- und Energieminister Albrecht Gerber (SPD) wiederum verweist darauf, dass ein vorzeitige Abschaltung der Kohlekraftwerke niemanden nutze, auch nicht dem Klima. „Sie werden noch so lange gebraucht, bis die erneuerbaren Energien diese Aufgabe vollständig übernehmen können. Dazu brauchen wir dringend einen schnelleren Ausbau der Stromleitungen und Speicher im industriellen Maßstab“, so Gerber. Käme es zu einem vorzeitigen Kohleausstieg, werde sich Deutschland nur stärker von Importen abhängig machen und die CO2-Emissionen würden in Länder wie Polen oder Tschechien verlagert.
Der niedersächsische Umwelt- und Energieminister Olaf Lies (SPD) verwies darauf, dass Deutschland seine Klimaziele nur erreichen könne, wenn es die Energiewende vorantreibe. „Niemand möchte zurück zur Kernkraft und allen ist klar, dass der Einsatz von Kohle heruntergefahren werden muss. Deshalb müssen wir uns überlegen, wie wir zukünftig unsere Energieversorgung aus erneuerbaren Energiequellen produzieren“, sagte er. Dafür müssten verlässliche Rahmenbedingungen für alle Seiten geschaffen werden. Auch Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) hob hervor, dass flexible konventionelle Kraftwerke weiterhin als Ergänzung zu den Erneuerbaren gebraucht würden. „So lange bis Stromspeicher, Nachfrageflexibilisierung und intelligente Netze diese Rolle vollständig übernehmen können“, sagte Dulig. Sein Amtskollege aus Sachsen-Anhalt forderte mit Blick auf die Wirtschaft einen Kohleausstieg mit Ausgenmaß. Zudem sollte die anstehende Strukturentwicklung in den betroffenen Regionen bereits jetzt angeschoben werden, erklärte SPD-Minister Armin Willingmann.
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Schon erschreckend, dass es für die trivialsten Erkenntnisse in Deutschland gleich mehrere Minister braucht…. wobei die sog. „Erkenntnisse“ den Mitlgiedern der Kommission bekannt sein dürften.
NATÜRLICH müssen die Erneuerbaren ERST zugebaut werden, BEVOR die fossilen abgeschaltet werden. Insofern ist der Ausbaudeckel zu tilgen und der geplante jährliche Zubau deutlich zu erhöhen.
Der Stand der Erkenntnisse ermöglicht es aber durchaus auch erst das Ende der Kohle im Sinne einer fallenden Rampe zu definieren und daran ausgerichtet den Zubau zu planen.
Im Prinzip regelt sich das auch alles über den Markt und den Einspeisevorrang.
Wenn aber die Netzbetreiber aus alter Verbundenheit lieber Windkraft als Kohlekraftwerke abregelen, weil die Ausfälle der Windkraft vom EEG-Konto ausgeglichen werden während das abgeregelte Kohlekraftwerk EINFACH KEIN GELD VERDIENT HÄTTE, dann wedelt mal wieder der Schwanz mit dem Hund und der Markt wird verzerrt.
Der CO2-Emmissionspreis hält sich nach wie vor auf einem 10-Jahreshoch, auch von der Seite her entsteht Druck auf die Kohle.
Man muss nur aufpassen, dass man sich nicht auf die Erhöhung der Reservehaltung von Kohlekraftwerken einlässt: Aktuell haben wir die bestehende Reserve noch NIE angefahren! Ergo ist diese aktuell ausreichend, wenn nicht gar zu groß bemessen.
Die Antwort kann nun „Umstieg statt Ausstieg“ sein- Platz ist genug da für die Nutzung von EE im industriellen Maßstab an den bisherigen Standorten. xx GWp an den vorhandenen Netzen brauchen viele tausend Mitarbeiter. Gute Fachkräfte sind ja auch da und denen eine Perspektive mit Technik und Wirtschaft geben ist die Aufgabe der Minister und der Kommission. Diese genau aufzuzeigen ist unsere Aufgabe wenn wir endlich auch aus dem Klein Klein rausgehen.
Unverständnis aus Sicht des Klimawandels und der Energiewende alleine reicht nicht. Man muss auch die Angst der Landespolitiker sehen vor dem Ausfall von Steuereinnahmen, Arbeitsplatzverlusten, Bevölkerungsrückgang, …
Selbst in einem Land wie Bayern, das lange Zeit vom Länderfinanzausgleich profitiert hat, heute aber darüber jammert, dass es so viel einzahlen muss, gibt es Regionen, in denen die Dynamik des Aufschwungs nicht wirkt, sondern im Gegenteil – in den Gebieten der zusammengebrochenen Glas- und Porzellanindustrie im Bayrischen Wald – eine Dynamik des Abbaus virulent ist.
Das ist kein Problem, das man kleinreden darf. Es bedeutet die Abwanderung der Jungen, Verfall der öffentlichen Infrastruktur, weiträumiger Leerstand von Wohnungen und Geschäftshäusern in Innenstädten und insgesamt ein schnelles Wachstum der Schulden bei zurückgehenden Einnahmen. In den Boomregionen wirkt das Gegenteil: Junge ziehen zu, die Sozialausgaben sind niedrig, Gewerbetreibende florieren, die Steuereinnahmen steigen, während kaum Schulden gemacht werden müssen.
Ich weiß nicht, inwieweit sich die Volkswirtschaftslehre schon mit dem Problem der positiven und negativen Dynamik beschäftigt hat: In der Politik sind ihre Ergebnisse jedenfalls nur begrenzt angekommen. Wer (insbesondere die CSU) gerade von einer positiven Dynamik profitiert (weite Teile Bayerns), glaubt, das sei sein Verdienst und schaut auf die, die von einer negativen Dynamik bedroht oder schon erfasst sind, hochmütig herunter, und merkt nicht, dass sein Erfolg nur auf dem Rücken von diesen, insbesondere dem Abzug der jungen Menschen, möglich ist.
Die betroffenen Gebietskörperschaften müssen deshalb Garantien bekommen, dass auch bei Einstampfen der Umsätze, die heute mit der Kohleausbeutung generiert werden, der Lebensstandard der zurückbleibenden Alten und die Infrastruktur von den Profiteuren des Umbruchs erhalten werden.
Das bedingt Änderungen im Länderfinanzausgleich, im Gewerbesteuerrecht, und ich weiß nicht wo.
Große Umwälzungen erfordern entsprechende Maßnahmen.
Falsch wäre es, die Umwälzungen aufzuhalten oder zu bremsen, bloß weil es „schwierig“ ist. Das würde über kurz oder lang den Abstieg aller bedeuten.
Die Argumente der Minister bezüglich Strompreisen und Versorgungssicherheit halte ich für vorgeschoben. Die Priorität der Versorgungssicherheit wird ja von niemandem in Frage gestellt, außer ein paar Idealisten, die meinen, Beleuchtung im Winter mit Stirnlampen könne ein Modell für alle sein.
Auch das Preisargument ist viel weniger stark, als diese Milchmädchenrechner meinen. Natürlich: Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, müssen nötigenfalls entlastet werden. Aber innerstaatlich ist doch (etwas überspitzt ausgedrückt) bloß die Frage, ob mehr die SUV-Industrie gefördert wird, oder die PV- und Windindustrie. International sollten Übereinkommen wie das Pariser Abkommen dafür sorgen, dass auch in anderen Ländern die energieintensiven Unternehmen das für Energie bezahlen müssen, was Energienutzung eben kostet. Diese Kostenwahrheit wird von den Liberalen (richtigerweise!) für die Erneuerbaren gefordert (siehe die Diskussion um die EEG-Zulage), aber für die Fossilen muss sie natürlich genauso gelten.
Leute wie Trump, die das Klimaabkommen kündigen, sind hoffentlich ein vorübergehendes Phänomen. Sollten sie sich als Mehrheitsmeinung durchsetzen, würde es den relativ raschen Untergang der Menschheit bedeuten – nicht der heute Lebenden, aber innerhalb von drei bis vier Generationen. Aber nicht nur Trump und Konsorten sind das Problem, sondern auch die, die theoretisch die Notwendigkeit zur Energiewende einsehen, bei den praktischen Schritten aber zögern und verzögern. Die muss man noch intensiv bearbeiten.
„Es sei aber wichtig, eine sichere Stromversorgung zu international wettbewerbsfähigen Preisen zu haben. Davon hänge die Zukunft von mehr als 800.000 Arbeitsplätzen in Deutschland ab“……
Und vom Klimawandel hängt die Zukunft von 7 (bald 10) Milliarden Menschen ab.
Es ist unerträglich zu beobachten wie die Politiker nicht fähig sind die Notwendigkeit der Maßnahmen und die Dimension des Problems zu erfassen!
Der Ausstieg aus den fossilen Energieträgern ist kein „nice to have“ das man auf die lange Bank schieben kann sondern UNUMGÄNGLICH ….und zwar DRINGENDST!
Ja, aber eben der Ausstieg aus den fossilen Energieträgern ist nichts, womit man Wahlen gewinnen kann. Und sind wir ehrlich, das ist das einzige, worum es einem Spitzenpolitiker geht. Und im Grunde ist das auch die Basis unseres Demokratischen Systems.
Der Klimawandel bzw. seine Ursachen sind aber nichts, was innerhalb einer Legislaturperiode gelöst werden kann, ebensowenig etwas was innerhalb einer Legislaturperiode zu einem existenziell bedrohlichen Problem wird.
Letztlich ist es nur bedingt ein Politikversagen, es ist ein Versagen all derer, die es nicht interessiert oder die nicht bereit sind etwas zu ändern.
Es ist nun die Aufgabe der wenigen Vordenker, die Massen zu überzeugen. Und DANN kann man mit dem Ausstieg aus fossilen Energieträgern auch Wahlen gewinnen.
Bisher haben wir zwar ein allgemienes Lippenbekenntnis zur Energiewende, aber beim eigenen Konsumverhalten hört die Umsetzung meistens schon auf. Geschweige denn der Millionen von Hausdächern, die bisher nicht mittels PV Anlage einfach Fakten schaffen und Strom produzieren.
Dafür läuft es mit über 4 GW Zubau Erneuerbarer Energien pro Jahr in Deutschland ja gar nicht so schlecht. Was nicht heißt, dass es besser laufen sollte….