Next Kraftwerke hat einen Eilantrag beim Oberlandesgericht Düsseldorf gegen die Änderung des Zuschlagsmechanismus bei der Minuten- sowie Sekundärreserve gestellt. Die Beschwerde – die gemeinsam mit weiteren nicht namentlich genannten Akteuren aus der neuen Energiewirtschaft eingereicht wurde – soll das neue Mischpreisverfahren noch stoppen, dass die Bundesnetzagentur im Mai erlassen hat und das ab dem 12. Juli umgesetzt werden soll, teilte das Kölner Unternehmen am Dienstag mit. Next Kraftwerke lehne die Umstellung ab, da negative Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit, die Kosten für Netznutzer und die Integration neuer Technologien in die Regelenergiemärkte zu befürchten seien.
Das neue Mischpreisverfahren sieht vor, dass bei der Bezuschlagung von Geboten zur Vorhaltung von Regelenergie nicht mehr nur wie bisher der gebotene Leistungspreis, sondern auch der gebotene Arbeitspreis berücksichtigt wird. Damit sei zwangsläufig eine Erhöhung der Leistungspreise zur Vorhaltung der Minuten- und Sekundärreserve verbunden, heißt es bei Next Kraftwerke. Die Leistungspreise werden über die Netznutzungsentgelte, die die Verbraucher entrichten, bezahlt.
Next Kraftwerke macht auch eine Rechnung aus, in dem die Kosten zwischen dem bestehenden Vergütungssystem und dem neuen Mischpreisverfahren anhand der Auktionen der vergangenen Kalenderwoche vergleichen werden. Auf Basis der Zuschlags- und Abrufwerte der Kalenderwoche 24 unter Berücksichtigung von strategischen Geboten die Kosten für die Leistungsvorhaltung der Sekundärreserve von 0,5 auf 3,0 Millionen Euro gestiegen, wie Next Kraftwerke errechnet hat. Die Abrufkosten der Sekundärreserve wären hingegen nur von 1,4 auf 1,3 Millionen Euro gesunken.
Daher sei das neue Verfahren ein Rückschritt, dass die Kostenentlastungen der vergangenen Jahre zunichtemachen würde. „Das Mischpreisverfahren bevorzugt alte und CO2-intensive Kraftwerke zu Lasten der Netznutzer“, sagt Hendrik Sämisch, Gründer und Geschäftsführer von Next Kraftwerke. „Die seit 2009 erreichten Kostenreduktionen von in Summe rund drei Milliarden Euro bei der Vorhaltung von Minuten- und Sekundärreserve werden wir zukünftig bei der Umsetzung des Mischpreisverfahrens nicht erneut erleben. Vielmehr werden die Kosten für die Vorhaltung der kurzfristigen Reserven voraussichtlich um über 100 Millionen Euro jährlich steigen, was nicht im Interesse des Netznutzers sein kann.“
Next Kraftwerke hat bei r2b energy consulting ein energieökonomischen Bewertungsgutachten in Auftrag gegeben. Demnach haben sich die solidarisch verteilten Kosten der Regelleistungsbereitstellung über die Jahre zunehmend reduziert, während die Kosten für den Regelenergieabruf in den Jahren 2013 bis 2018 in etwa konstant geblieben sind, sich aber im langfristigen Trend auch reduziert haben, wie Next Kraftwerke zu den Ergebnissen schreibt. Die Bundesnetzagentur habe argumentiert, dass das neue Mischpreisverfahren notwendig sei, um die Kosten für die Aktivierung der Regelreserve einzudämmen. Dieser Argumentation könne Next Kraftwerke in keiner Weise folgen. Vielmehr noch bestehe die Gefahr, dass es durch das Mischpreisverfahren zu einer regulatorisch induzierten Entlastung von unausgeglichenen Bilanzkreisen kommen werde, was diametral der im Strommarktgesetz festgelegten Zielsetzung des Bundeswirtschaftsministeriums entgegensteht.
Nach Ansicht von Next Kraftwerke sei auch nicht auszuschließen, dass geringe Ausgleichsenergiepreise die Versorgungssicherheit beeinträchtigen, da der Anreiz zur Bewirtschaftung eines ausgeglichenen Bilanzkreises sinkt. Marktakteure würden durch das neue Verfahren nicht mehr angereizt, sich benötigte Mehr- oder Mindermengen zur Bilanzkreisglättung über die kurzfristigen Handelsmärkte zu besorgen, sondern über das Inkaufnehmen von nun günstigen Ausgleichsenergiekosten. Dieses Verhalten würde zu enormen Netzrisiken führen und mittelfristig den Bedarf – und die Kosten – von auszuschreibender Regelenergie erhöhen, wie es bei Next Kraftwerke weiter heißt.
„Neue Flexibilitätsoptionen zeichnen sich besonders dadurch aus, dass sie zwar geringe Leistungspreise, jedoch im Verhältnis höhere Arbeitspreise aufweisen“, so Sämisch weiter. „Das Mischpreisverfahren wird daher etwa die Integration von Demand-Side-Management-Potenzialen in den Strommarkt verhindern.“ Abgeschriebene konventionelle Meiler würden dagegen profitieren, die hohe Leistungspreise, aber im Verhältnis geringere Arbeitspreise aufweisen. Sämisch wirft den Betreiber konventioneller Kraftwerke weiter vor, dass sie mit einem völlig überzogenen und fundamental unbegründeten Arbeitspreisgebot am 18. Oktober 2017 die Entwicklung hin zu einem Mischpreisverfahren verursacht hätten. „Dass Betreiber konventioneller Kraftwerke nun nicht nur Auslöser, sondern auch Profiteure des Mischpreisverfahrens sind, indem sie sich innovative dezentrale Anbieter vom Leib halten, ist schlicht nicht hinnehmbar“, begründet Sämisch den Gang vor Gericht.
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