In gut zehn Jahren ist das EEG von 21 Paragrafen und einer Anlage (EEG 2004) auf 104 Paragrafen und vier Anlagen (EEG 2017) angeschwollen. Welche der vielen Novellen auch immer für den Paragrafenzuwachs gesorgt hat: Stets ging oder geht es um Verhaltenskontrolle der Anlagenbetreiber.
Die Grundstimmung entwickelte sich zunehmend so: Anlagenbetreiber wenden das Gesetz nicht an, sondern treiben Missbrauch. Das scheinen inzwischen nicht nur der Gesetzgeber und die Politik zu glauben, sondern auch Gerichte. Im Hintergrund schwingt der Gedanke mit, der Gesetzgeber wolle Anlagenbetreibern im Interesse der Senkung der Kosten der Energiewende straffe Zügel anlegen. Ob sich diese Überlegung im Gesetz ausdrücklich wiederfindet oder nicht: In jedem Fall führt sie zu überraschenden Ergebnissen. Aus der Vergangenheit ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Anlagenbegriff ein Beispiel.
Rechtsstaatlich ist das nicht ideal. Denn der Bürger darf eigentlich erwarten, dass das von ihm erwünschte Verhalten klar erkennbar und die Rechtsfolgen eines Verstoßes eindeutig vorhersehbar sind. Das gilt umso mehr, je gravierender die wirtschaftlichen Konsequenzen eines Verstoßes sind. Was aber missbräuchlich ist, liegt im Auge des politischen Betrachters. Es ist deswegen alles andere als vorhersehbar, öffnet nämlich Willkür Tür und Tor. Ein Ende der Gesetzesauslegung unter dem Gesichtspunkt des Missbrauchsverdachts ist leider nicht in Sicht.
Aufschüttungen als sonstige bauliche Anlagen im Lichte aktueller Gerichtsentscheidungen
Jüngste Beispiele für diesen Missstand sind die Interpretation des Begriffs der sonstigen baulichen Anlage durch das OLG Brandenburg in einem Urteil vom September 2017 (Az.: 6 U 2/18) und ein sich anbahnendes Drama um die Auslegung der Regelungen über die Anlagenzusammenfassung im Anschluss an den nicht in allen Punkten eindeutigen Hinweis 2017/22 EEG zu den 750-Kilowatt-Anlagen. Dieser Artikel befasst sich zunächst mit Aufschüttungen als sonstigen baulichen Anlagen unter besonderer Berücksichtigung der Entscheidung des OLG Brandenburg im Lichte der bisher zu baulichen Anlagen ergangenen BGH-Rechtsprechung.
Der Entscheidung lag der Fall einer zehn Meter hohen Erdablagerung aus einem Tontagebau zugrunde. Das OLG hat dieser Erdablagerung die Anerkennung als sonstige bauliche Anlage in Gestalt einer Aufschüttung versagt. Dies geschieht mithilfe einer einschränkenden Auslegung des Begriffs der Aufschüttung dergestalt, dass dies zu einem Vorrang der Konversionsflächen vor baulichen Anlagen führen könnte. Dabei hat der Gesetzgeber in seinen Begründungen zum EEG 2017 Gegenteiliges zum Ausdruck gebracht. Danach ist der Begriff der baulichen Anlage weit auszulegen. Sind zudem die Voraussetzungen mehrerer Zahlungsansprüche erfüllt, haben sonstige bauliche Anlagen Vorrang. Zu dem Ergebnis findet das OLG durch eine neuartige Verknüpfung der BGH-Rechtsprechung mit einem bauordnungsrechtlichen Kriterium der Eigenständigkeit einer Aufschüttung.
Gegen das Urteil ist die Revision beim BGH anhängig. Dieser erkennt hoffentlich die zweckentfremdete Nutzung seiner Rechtsprechung und erweist sich juristisch als genauso geradlinig, wie es die Begründung eines Urteils des OLG Koblenz vom Dezember 2017 (Az.: 6 U 12/17), ebenfalls zu Aufschüttungen, hoffen lässt. Im Einzelnen stellen sich die rechtlichen und wirtschaftlichen Hintergründe und der Gedankengang einer Entscheidung mit potenzieller Sprengkraft wie folgt dar.
Sonstige bauliche Anlagen – Privilegien
Einen Zahlungsanspruch nach dem EEG haben unter anderem Photovoltaikanlagen auf baulichen Anlagen, die nicht Gebäude oder Lärmschutzwände sind, also sonstigen baulichen Anlagen. Anlagen auf sonstigen baulichen Anlagen (zur Definition siehe unten) genießen im Vergleich zu Freiflächenanlagen (etwa auf Konversionsflächen) Privilegien: Der Zahlungsanspruch ist nicht an die Existenz eines solaren Bebauungsplans geknüpft, bei der Anlagenzusammenfassung ist eine Wartefrist von nur einem Jahr zu beachten und bei Ausschreibungen gilt keine Zehn-Megawatt-Grenze. Die Privilegien haben einen Grund: Bei sonstigen baulichen Anlagen ist der Flächenverbrauch bereits eingetreten, den der Gesetzgeber bei „Nicht-Gebäudeanlagen“ durch das Erfordernis eines (solaren) Bebauungsplans oder eines Planfeststellungsbeschlusses zu steuern sucht.
Begriff der sonstigen baulichen Anlage
Der Begriff der sonstigen baulichen Anlage ist im EEG nicht definiert. Der BGH hat in zwei Entscheidungen (Urteil vom 9. Februar 2011 – VIII ZR 35/10 – Schotterplatz; Urteil vom 17. Juli 2013 – VIII ZR 308/12 – Galopprennbahn) anerkannt, dass er im Sinne der Musterbauordnung und den Landesbauordnungen auszulegen ist (zum Beispiel § 2 MBO). Die Bauordnungen unterscheiden zwischen tatsächlichen baulichen Anlagen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 MBO) und „fiktiven“ baulichen Anlagen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 MBO). Tatsächliche bauliche Anlagen sind aus Bauprodukten hergestellte Anlagen, die mit dem Erdboden verbunden sind. Fiktive bauliche Anlagen sind gesetzlich definierte Anlagen, die den tatsächlichen baulichen Anlagen gleichgestellt werden, wie zum Beispiel Aufschüttungen, Abgrabungen, Lager- und Sportplätze. Grund für die Fiktion ist das vom Gesetzgeber gesehene Bedürfnis nach bauaufsichtlicher Kontrolle dieser Maßnahmen.
Fiktive bauliche Anlagen und EEG nach der BGH-Rechtsprechung
Der BGH hat sich in seiner berühmten „Galopprennbahn-Entscheidung“ ausführlich mit der Frage auseinandergesetzt, ob fiktive bauliche Anlagen im Sinne der Bauordnungen uneingeschränkt als sonstige bauliche Anlagen nach dem EEG angesehen werden können. Auslöser dafür war die für die Errichtung einer Photovoltaikanlage genutzte innen liegende Grünfläche einer Galopprennbahn. Die Vorinstanzen hatten die Einordnung auch der Grünfläche als sonstige bauliche Anlage in Gestalt eines Sportplatzes verneint. Die dortige Errichtung einer Photovoltaikanlage sei mit dem Sinn und Zweck des EEG, Photovoltaikanlagen vorbelasteten Flächen zuzuweisen, unvereinbar und der Begriff der baulichen Anlage nach dem EEG daher insoweit einschränkend auszulegen.
Der BGH sah das anders. In den Entscheidungsgründen heißt es mit Blick auf die Erweiterung des baurechtlichen Anlagenbegriffs um die fiktiven baulichen Anlagen:
„Diese funktions- und zweckbezogene bauordnungsrechtliche Sichtweise liegt nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch dem in § 32 Abs. 2 EEG 2009 verwendeten Begriff der baulichen Anlage zugrunde. […] Das Berufungsgericht weist zwar zu Recht darauf hin, dass trotz Anlehnung an die Begrifflichkeiten des Bauordnungsrechts die Auslegung bei Berücksichtigung der mit dem EEG verfolgten Zwecke nicht zwingend deckungsgleich sein muss. Anders als das Berufungsgericht meint, bieten die Gesetzesmaterialien jedoch keinen Anhalt, dass der Gesetzgeber des EEG den bauordnungsrechtlichen Begriff der baulichen Anlage von vornherein einschränkend hätte dahin verstanden wissen wollen, dass bereits die Begriffsbestimmungen […] unter dem Vorbehalt der Vereinbarkeit mit den Zielsetzungen des EEG im Einzelfall stehen sollte.“
Übersetzt heißt das: Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber vom bauordnungsrechtlichen Verständnis der fiktiven baulichen Anlage im Rahmen des EEG abweichen wollte, nur weil einzelne dieser Anlagentypen unvorbelastete Flächen umfassen, die nach der Zwecksetzung des EEG nicht solar überbaut werden sollen. Und: Richtig so, denn wenn der Gesetzeszweck Oberhand über den Wortlaut gewinnt, weiß der Leser irgendwann nicht mehr, was er verstehen soll.
Aufschüttungen – Begriff
Fiktive bauliche Anlagen sind unter anderem Aufschüttungen. Aufschüttungen sind nach der baurechtlichen Literatur und verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung künstlich geschaffene Erhöhungen des natürlichen Bodenniveaus. Das natürliche Bodenniveau ist in der Regel der natürlich gewachsene Boden. Ist dieser, wie etwa bei einer Kiesgrube, nicht mehr vorhanden, bildet die Sohle der Abgrabung das Ausgangsniveau. Ausnahmsweise kann die Oberfläche einer Aufschüttung das natürliche Bodenniveau darstellen, wenn diese seit sehr langer Zeit besteht, als solche nicht mehr erkennbar ist und deswegen nach der Verkehrsauffassung als natürliches Bodenniveau angesehen werden muss. Grundsätzlich gilt aber, dass es für die Frage des Vorliegens einer baulichen Anlage auf den Zeitpunkt ihrer Errichtung und nicht auf den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Photovoltaikanlage ankommt. So weit dürfte Einigkeit bestehen.
Eigenständigkeit der Aufschüttung
In der baurechtlichen Literatur und verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wird weiter gefordert, dass eine Aufschüttung eigenständig sein muss. Das Kriterium dient aus verwaltungsrechtlicher Sicht insbesondere dazu, abzugrenzen, ob eine bauliche Anlage allein oder gemeinsam mit anderen der Bauaufsicht unterliegt, also etwa allein oder nur gemeinsam mit anderen Anlagen Gegenstand einer bauaufsichtlichen Genehmigung oder Beseitigungsverfügung ist. Verwaltungsrechtlich ist ferner anerkannt, dass die Eigenständigkeit anhand einer zeitlichen und räumlichen Betrachtungsweise im Einzelfall zu beurteilen ist.
Eine Aufschüttung ist danach eigenständig, wenn sie nicht im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer anderen baulichen Anlage steht. Daran fehlt es zum Beispiel, wenn die Aufschüttung Folge einer Abgrabung ist. Dies kann durchaus bei Bodenaushub der Fall sein, der beim Ausheben einer Tongrube anfällt. Ob dem Eigenständigkeitskriterium im Rahmen des EEG überhaupt eine Bedeutung zukommt, damit hat sich bis zur Entscheidung des OLG Brandenburg – soweit ersichtlich – niemand beschäftigt. Das Kriterium findet weder Erwähnung in Entscheidungen der Clearingstelle EEG noch in den zwei Entscheidungen des BGH zu sonstigen baulichen Anlagen.
Es spricht auch viel dafür, dem Kriterium keine oder nur sehr geringe Bedeutung beizumessen. Denn die bauaufsichtsrechtliche Zielrichtung des Eigenständigkeitserfordernisses ist für das EEG nicht relevant. Die Flächenkategorien nach dem EEG zielen darauf ab, vorbelastete Standorte zu definieren, denen gebäudeunabhängige PV-Anlagen zugewiesen werden sollen. Für bauaufsichtliche Zuständigkeiten interessiert sich das EEG nicht. Zudem eröffnet die Anwendung des Kriteriums Wertungsspielräume, die eine verlässliche Beurteilung der Förderfähigkeit durch die baurechtlich regelmäßig ungeschulten Netzbetreiber erheblich erschwert, wenn nicht sogar unmöglich macht. Damit ist keinem geholfen.
Eigenständigkeit und OLG Brandenburg
Das OLG Brandenburg hat in seiner Entscheidung die Einordnung des Erdaushubs als Aufschüttung unter Berufung auf deren fehlende Eigenständigkeit verneint. Dazu argumentiert das OLG in zwei Schritten. Der erste Schritt mutet baurechtlich an und gibt rein rechtlich gesehen keinen Anlass zur Besorgnis: Die Erdablagerung verfolge keinen über die kostenmäßig günstige Freilegung des Tonvorkommens hinausgehenden Zweck, wie etwa dessen Lagerung zur Trocknung oder wenigstens der Lagerung von Erde. Das hört sich so an, als sei die Aufschüttungsqualität deswegen ausgeschlossen, weil sie unmittelbare Folge der Abgrabung sei. Dies ist im Rahmen des EEG vielleicht keine sinnvolle, aus rechtlicher Sicht aber jedenfalls nicht zu beanstandende Wertung.
Der zweite Schritt scheint dem ersten zu widersprechen und ist in seiner Zielrichtung problematisch. Das OLG verknüpft das Eigenständigkeitskriterium des Baurechts mit der Argumentation des BGH zur Einbeziehung von fiktiven baulichen Anlagen nach dem EEG. Es baut daraus ein Kriterium zur Abgrenzung sonstiger baulicher Anlagen von Konversionsflächen. Sein Ziel ist es, eine Umgehung der strengeren Regelungen über die Förderung von Anlagen auf Konversionsflächen zu verhindern und damit eine missbräuchliche Ausnutzung von baulichen Anlagen durch Anlagenbetreiber.
Die Eigenständigkeit soll daher funktions- und zweckbezogen ausgelegt werden. Das hört sich so an, als müsse eine Aufschüttung in besonderer Weise sinnhaft sein. In welcher Weise, lässt das OLG an dieser Stelle allerdings offen. Die insoweit einschränkende Auslegung ergebe sich aus der Rechtsprechung des BGH, wonach eine Erweiterung des Begriffs der baulichen Anlage im Sinne des Bauordnungsrechts nicht erwünscht sei.
Die Lektüre dieser Argumentation löst Verwunderung und Befürchtungen aus: Die Funktions- und Zweckbezogenheit hat der BGH doch darauf bezogen, dass das Bauordnungsrecht neben den tatsächlichen baulichen Anlagen auch fiktive bauliche Anlagen in seinen Anwendungsbereich einbezieht. Weiter hat er zum Ausdruck gebracht, dass die Erstreckung des Begriffs der baulichen Anlagen auf die fiktiven baulichen Anlagen des Bauordnungsrechts auch für das EEG gelten soll, und zwar selbst dann, wenn die fiktive bauliche Anlage Flächenbestandteile aufweist, die nach dem Sinn und Zweck des EEG nicht förderfähig sein sollen.
Der BGH spricht sich also bisher für einen weiten Begriff der baulichen Anlage aus, nicht für einen eingeschränkten. Eine Verknüpfung des Eigenständigkeitskriteriums mit einem spezifischen Zweck hat der BGH an gar keiner Stelle zum Ausdruck gebracht, schon gar nicht als Abgrenzungskriterium zu Konversionsflächen. Was die Abgrenzung von baulichen Anlagen und Konversionsflächen angeht, hatte das OLG Brandenburg in einem Urteil von 2013 (6 U 46/12) selbst entschieden, dass diese beiden Flächentypen nicht in einem Ausschließlichkeitsverhältnis zueinander stehen. Dies entspricht der bisherigen Spruchpraxis der Clearingstelle EEG. Das OLG Koblenz hat dies in seiner lesenswerten und geradlinigen Entscheidung bestätigt, welche sich mit der förderrechtlichen Einordnung einer mit Bauschutt verfüllten Kiesgrube befasst.
Eigenständigkeit und Folgerungen für die Praxis
Wie soll nun die Praxis mit dieser neuen Rechtsunsicherheit umgehen? Ist plötzlich im Zweifel von Konversionsflächen auszugehen? Das ist nach der Gesetzesbegründung zum EEG 2017 nicht der Wille des Gesetzgebers. Deswegen sollte man hier nicht zu schnell das Handtuch werfen. Gefragt ist aber eine konservative Herangehensweise bei der Annahme von sonstigen baulichen Anlagen sowie, wenn möglich, eine Abstimmung mit dem Netzbetreiber im Vorfeld der Anlagenerrichtung.
Am besten ist es, wenn das Vorhaben noch durch einen zweiten Fördertatbestand abgesichert ist oder die Anlage nicht im Zuständigkeitsbereich des OLG Brandenburg liegt, sondern etwa in dem des OLG Koblenz. Die nüchterne Entscheidung zeigt, dass dieses Gericht keine Verrenkungen unternimmt, um den Freunden sonstiger baulicher Anlagen das Handwerk zu legen.
Hier geht es um Rechtsanwendung und nicht um Gerichtspolitik. So können nach dem OLG Koblenz Aufschüttungen, wie im Bauordnungsrecht, beispielsweise aus sinnlosen Materialien wie Schlacke und Bauschutt bestehen. Auch Erdaufschüttungen zur Bodenverbesserung werden, wie nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, als Aufschüttungen anerkannt. Eine Aufschüttung muss sich ferner nicht als Erhöhung in der Landschaft darstellen und eine Fläche kann ohne Weiteres mehrere Vergütungstatbestände erfüllen. Das lässt hoffen. Allerdings wird erst die Zukunft zeigen, welches Beispiel Schule macht. So ist Recht leider nicht in Stein gemeißelt und kann einem deswegen heute weniger und morgen mehr auf die Füße fallen.
Fazit und Appell
Das Verheerende an der gegenwärtigen Stimmung ist Folgendes: Anlagenbetreiber müssen mit der Auslegung der Vergütungstatbestände überfordert sein, zahlen aber die Rechnung für Fehleinschätzungen. Selbst ihre Anwälte können nicht immer ahnen, an welcher Stelle Missbrauch lauert, und müssen im Falle von Fehleinschätzungen hoffen, dass ihre Versicherung zahlt.
Gerichte verweigern sich aus Eitelkeit den Einsichten der Clearingstelle und treiben im Übrigen ungestraft ihr Unwesen. Aus Furcht vor den Gerichten knickt jetzt möglicherweise auch noch die Clearingstelle ein. Es wäre zu schön, wenn der Gesetzgeber nicht mit in das Misstrauenshorn bliese, sondern endlich einfach zu handhabende Mechanismen schafft, die die Wertungs- und Investitionsrisiken für Anlagenbetreiber eindämmen. Es kann doch nicht Sinn des EEG sein, Zwiespalt, Angst und Pleiten zu säen.
— Die Autorin Margarete von Oppen ist Partnerin der Rechtsanwaltssozietät Arnecke Sibeth. Sie steht dort gemeinsam mit zwei weiteren Partnern für die Beratung der Erneuerbare-Energien-Branche. Die Schwerpunkte der Fachanwältin für Verwaltungsrecht liegen im regulatorischen Bereich (EEG, EnWG, EEWärmeG, EnEV), jeweils mit Bezügen zum Europa- und Verfassungsrecht, und betreffen sonstige Fragen rund um die Projektentwicklung von Erzeugungsanlagen (öffentliches Bau- und Fachplanungsrecht). —
Die Blogbeiträge und Kommentare aufwww.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com.
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„Es kann doch nicht Sinn des EEG sein, Zwiespalt, Angst und Pleiten zu säen.“
Selbstverständlich nicht. Aber der Gesetzgeber nimmt es durch die zunehmende Komplexität des EEG zumindest in Kauf … und schürt so Unsicherheit. Das ist genau das Gegenteil dessen, was ein gutes Gesetz bewirken sollte: Rechtssicherheit! Und in diesem Sinne ist das EEG schon lange kein gutes Gesetz mehr.
Ist dem Wortlaut des EEG noch zu trauen????
Diese Frage stellt die Autorin mit der Überschrift des Artikels.
Meine langjährigen Beobachtungen lassen mich eindeutig zu der Erkenntnis kommen, dass sie die Antwort ein paar Zeilen weiter schon gefunden hat, wo sie das Folgende schreibt.
Zitat: . Im Hintergrund schwingt der Gedanke mit, der Gesetzgeber wolle Anlagenbetreibern im Interesse der Senkung der Kosten der Energiewende straffe Zügel anlegen. Zitat Ende.
Nicht der Gesetzgeber , sondern die konventionelle Stromwirtschaft wollte, oder genauer gesagt, versucht bei jeder Gelegenheit mit Hilfe ihrer Lobbyisten Zügel anzulegen, um so lange wie möglich die Stellung zu halten.
Ich habe 1992 meine erste kleine Photovoltaikanlage, unter dem damals geltenden Stromeinspeisegesetz in Eigenbau ans Netz gebracht, und habe seit dem interessehalber ( hobbymäßig ) die Entwicklung verfolgt.
Anfangs noch naiv glaubte ich alles was in der Presse stand. Skeptisch wurde ich erst, als ich immer öfter lesen musste, dass Stromerzeugung aus der Sonne niemals mehr als 0,04 % unseres Strombedarfs decken könnte. Dies oder Ähnliches war angesichts der kreisenden Scheibe meines Einspeisezählers für mich nicht ganz nachvollziehbar. Zu mal sich nach der ersten Jahresabrechnung herausstellte, dass ich mit etwa 20 Quadratmeter Dachfläche, 1600 Kwh Strom selbst erzeugt hatte, davon etwa 30% auch selbst nutzen konnte, der Rest wurde verrechnet, ähnlich wie heute beim Eigenverbrauch. Angesichts der mehr als 0,04% bei mir, schaute ich genauer hin, wer fortan was dazu sagte. Wie der Hase tatsächlich läuft, wurde mit klar als bekannt wurde, dass die konventionelle Stromwirtschaft gegen das Stromeinspeisegesetz klagte
Siehe hier: http://www.udo-leuschner.de/energie-chronik/980511.htm
http://www.wasserkraft.org/index.php/informationen-ganz/eugh-urteil-einspeisungsgesetz.html
Dass sich da ein „Kalter Krieg“ zwischen Konventionellen und Erneuerbaren entwickelte, wurde besonders deutlich auf der Stromrechnung. Obwohl die Klagen der Konventionellen schon alle zu Gunsten der EE entschieden waren, stand da immer noch sie würden die Vergütungen – mit Hinweis auf die Klagen – nur unter Vorbehalt zahlen.
Und das noch Jahre nach den Urteilsverkündungen. Der leider zu früh verstorbene EE Pionier Hermann Scheer und der Solarförderverein in Aachen ( SfV ) waren damals aufklärend aktiv, und sorgten dafür, dass sich die gezielte Verunsicherung unter den Interessenten in Grenzen gehalten hat.
Als man dann gemerkt hatte, dass mit den Klagen die Zügel nicht angelegt werden konnten versuchte man es mit ständig neuen EEG Novellen. Die eine war noch nicht richtig in Kraft getreten, wurde die nächste schon spektakulär angekündigt, Investoren wurden verunsichert, und Vorhaben hinaus gezögert. So kamen dann Schritt für Schritt die von der Autorin erwähnten 104 Paragrafen zu Stande.
Zum Generalangriff auf die zügellose Entwicklung, wurde zu dem in den einschlägigen Medien geblasen.
Im Folgenden treffend dargestellt.
http://www.sonnenenergie.de/index.php?id=30&no_cache=1&tx_ttnews%5Btt_news%5D=287
Als Gipfel der Grausamkeiten die den EE und der gesamten Energiewende auf ihrem unaufhaltsamen Wege angetan wurden, kann man die EEG Neuordnung 2010 bezeichnen.
EEG Neuordnung und nicht Novelle deshalb, weil diese Änderung unter dem Ermächtigungsparagrafen 54 quasi durchgewunken wurde. So ist sie dann auch ausgefallen.
Der Ex Chef vom Fraunhofer Institut nennt es im folgenden Video größte Schweinerei der deutschen Stromwirtschaft.
https://www.youtube.com/watch?v=VjN_J3QA3RI
Die Autorin des Artikels, die offensichtlich nun juristisch mit diesem Paragrafendschungel konfrontiert wird, und die Entstehung wahrscheinlich nicht so akribisch verfolgt hat wie ich das getan habe, schreibt von „den“ Politikern die die Zügel anziehen wollen , um die Kosten zu senken.
In der Tat waren es die Politiker, aber mit Hilfe ihrer Berater.
Siehe hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Externe_Mitarbeiter_in_deutschen_Bundesministerien
Einer breiteren Öffentlichkeit wurden Personalaustauschprogramme, und die Mitarbeit Externer in Bundesministerien, durch das Fernsehmagazin Monitor am 19. Oktober 2006 bekannt. Der Beitrag wurde anmoderiert mit den Worten:
„Lobbyisten versuchen, die Politik zu beeinflussen, um ihrem Arbeitgeber Vorteile zu verschaffen. Dazu sprechen sie auch in Ministerien vor. Manche Lobbyisten haben das gar nicht mehr nötig – sie sind nämlich schon da. Ja, richtig, das ist neu: Lobbyisten haben in unseren Ministerien mittlerweile eigene Büros – Tür an Tür mit Regierungsbeamten und […] mit eigener Durchwahl, und schreiben an Gesetzen mit. Bezahlt werden sie von ihren Unternehmen. Leihbeamte – gut für die Wirtschaft, schlecht für Bürger. Zitat Ende.
Tatsächlich sind es auch nicht die Kosten. Die werden nur immer in den Vordergrund gestellt, und untermauert mit einer „reinen“ Kostenbetrachtung.
Kosten/Nutzen Analysen, wie die folgende z.B. finden im Paragrafendschungel keinen Niederschlag.
https://www.sfv.de/artikel/wind-_und_solarstrom_senken_den_strompreis_der_merit-order_effekt.htm
Quantifizierung der Einsparungen
Für jede Stunde des Jahres ergeben sich andere Angebote und Nachfrageverhältnisse, unterschiedliche Börsenpreise und unterschiedliche Entlastungen durch die Einspeisung von Wind- und Solarstrom.
Zur endgültigen Beurteilung, wie stark Wind- und Solarstrom den Strompreis entlasten, ist deshalb eine Untersuchung aller 8760 Stunden des Jahres erforderlich. Eine Untersuchung des IfnE (Ingenieurbüro für neue Energien) vom November 2007 im Auftrag des Bundesumweltministeriums ergab eine Senkung des Großhandelspreises durch alle Erneuerbaren Energien für das Jahr 2006 mit einem Volumen von bis zu 5 Mrd. Euro. Zieht man davon die gesamte Einspeisevergütung nach EEG für den Windstrom und alle anderen Erneuerbaren Energien ab, so ergibt sich immer noch eine Netto-Ersparnis von ca. 2 Mrd Euro. Zitat Ende.
Wenn ich beobachte wie die Energiewende trotz all der Steine die ihr in den Weg gelegt werden sich unaufhaltsam fortsetzt, erinnert mich das an Hermann Scheer, der während eines Vortrages am Ende der Neunzigerjahre gesagt hat, wir dürfen nicht warten bis von oben was geschieht, die Energiewende muss dezentral von unten kommen.
Wie Recht er hatte sehe ich gegenwärtig in meiner Umgebung. Als ich 1992 mit meiner ersten kleinen PV Anlage ans Netz ging war ich einer der der Ersten, und wurde als „Grüner Spinner“ belächelt, obwohl ich mit den Grünen gar nichts zu tun hatte. Wenn ich heute durch unser Wohngebiet gehe, sehe ich kaum eine Straße wo nicht ein, zwei oder drei Häuser mit PV Anlagen belegt sind.
Und das, obwohl der verwirrende Paragrafendschungel auf 104 angewachsen ist, immer dichter wurde, und dem Wortlaut des EEG in der Tat nicht zu trauen ist.
Womit wir, nach etwas Ausschweife wieder beim Thema des Artikels angekommen wären.
Das EEG war mal gut , nun wirkt es für viele hemmend und ist teilweise geschäftsschädigend geworden.
Das jetzige EEG 2018 trägt nicht zu einem umweltfreundlichen elektromobilen energieunabhängigeren Deutschland bei .
Seit 2000 hat doch die Solarwirtschaft das Laufen gelernt.
Es ist grundgesetzwidrig , wenn man Sonnennutzer mit der Sonnensteuer bestraft?
Das EEG war mal gut, aber offensichtlich nicht für alle.
Nicht für die Konventionellen die Ihre Felle davon schwimmen sahen.
Bis 2009 war die Welt noch in Ordnung sagt der Prof. von Fraunhofer, in dem Video das ich in meinem vorigen Beitrag verlinkt habe.
Die Welt war noch in Ordnung, weil der Kernpunkt, und das Reizthema der Energiewende, nämlich die Kosten, noch nach dem Kosten/Nutzen Prinzip ermittelt wurden.
Die Versorger bekamen die EE anteilmäßig zwingend zu geteilt, musste die EE Anlagenbetreiber vergüten, und den Rest für ihren Bedarf mussten sie sich konventionell beschaffen.
Wenn damals durch den Merit Order Effekt, den die EE an der Strombörse bewirken , der Restbedarf von etwa 70% billiger wurde, sprich Börsenpreise sanken, konnten sie zu mindestens einen Teil der Mehrkosten, die wegen der Zwangszuteilung von etwa 30% relativ teurem EE Strom bei ihnen anfielen kompensieren, mit anderen Worten, die Kosten, ( Umlage ) mindernd Nutzen !!!!
Ab 2010 ist das vorbei die EE werden nicht mehr in den Markt integriert, sondern müssen am Spotmarkt der Strombörse vermarktet werden.
In Folge dessen fallen die dort zusätzlich als Überangebot an, drücken die Preise nach unten, zu denen sie dann quasi verramscht werden.
Dazu kommt, dass die EEG Umlage nicht mehr die Differenz“Kosten“ wie vor 2010 darstellt, sondern die rein zahlenmäßige Differenz zwischen zwei Positionen, nämlich dem Börsenpreis, und den EE Vergütungen. Mit der Folge, dass wenn die Börsenpreise sinken, der zahlenmäßige Abstand zu den Vergütungen größer wird und somit auch die EEG Umlage höher.
Für die Strombeschaffung der Versorger hat hat sich nichts geändert. Die können bei sinkenden Börsenpreise genau wie vor 2010 billiger einkaufen, nur wirkt das jetzt auf die Umlage kontraproduktiv, sprich nicht mehr kompensierend, sondern steigend.
Die können jetzt sogar wesentlich billiger einkaufen, weil die Börsenpreise sich ja um den Faktor 5 gegenüber ihren Kosten ( EE Vergütungen ) verändert haben, wie die Grafik im Video des Prof. zeigt.
In der Praxis sieht das so aus, je billiger sich die Versorger Strom beschaffen können, desto höher wird für die Verbraucher die Umlage.
Das will der Prof. im Wesentlichen mit seinem Video zum Ausdruck bringen, wenn er von Schweinerei der Energiewirtschaft spricht.