pv magazine: Worum ging es konkret beim bei diesem Round Table und inwiefern ist über ihre Gigawatt-Initiative für Europa diskutiert worden?
Ruggero Schleicher-Tappeser: Es ging um die Frage, wie nach der verheerenden Entwicklung der letzten Jahre die europäische Photovoltaik-Industrie wieder auf die Beine gebracht werden kann. Es scheint, dass man bei der Europäischen Kommission aufgewacht ist. Seit unseren Diskussionen auf der EU PVSEC in Amsterdam hat Generaldirektor Vladimir Šucha vom Joint Research Centre dieses große Treffen mit mehreren Generaldirektionen der EIB und einer Reihe von Verbänden und Industrievertretern vorangetrieben. Unsere Initiative „xGWp European Gigawatt Fab“, die Eicke Weber sehr engagiert vorgestellt hat, stand als Beispiel im Zentrum. Es ging aber grundsätzlicher darum, was die EU tun kann. Wir haben intensiv diskutiert.
Gab es konkrete Ergebnisse des Treffens?
Es gab keine formellen Beschlüsse. Dieser Round Table war der Auftakt für intensivere Bemühungen auf mehreren Ebenen. Ein hoher Vertreter der DG Energy äußerte sich sehr engagiert, dass eine europäische Energiepolitik ganz eindeutig auf erneuerbare Energien und auf die Photovoltaik setzen müsse, und dass es dann auch notwendig sei, dafür zu sorgen, die immer noch führende Rolle in der Photovoltaik-Technologie dafür genutzt wird, wieder eine eigenständige, starke europäische Solarindustrie aufzubauen. Das demnächst zu verabschiedende Papier für die Energie-Union soll dazu konkretere Zielsetzungen nennen. Dafür wird jetzt konkreter Input erarbeitet. Auf der anderen Seite geht es jetzt darum, die verschiedenen Unterstützungsmöglichkeiten der EU, die von den Vertretern der verschiedenen Dienste erläutert wurden, konkreter aufeinander abzustimmen und zu einer Strategie zu bündeln. Eine große Herausforderung ist es, schnell genug zu handeln.
Inwiefern wird ihre Initiative in das erwartete Papier einer Energieunion der EU-Kommission einfließen?
Wir werden Input liefern und sind Teil des Diskussionsprozesses. Für die xGWp-Fab ist es von großer Wichtigkeit, dass die Politik sich eindeutig zu ein Wachstum der Photovoltaik und einer starken Photovoltaik-Industrie in Europa bekennt. Und dass sie deutlich macht, dass sie etwas dafür tun will, dass starke, international konkurrenzfähige Player entstehen. Denn unser größtes Problem ist, dass potentielle Investoren nach dem drastischen Einbruch der europäischen Photovoltaik-Märkte und der Pleitewelle in der Photovoltaik-Industrie sehr zögerlich sind.
Was kann die Politik tun?
Die Energiemärkte sind stark von der Politik geprägt. Deshalb sind eindeutige politische Signale wichtig, um der Verunsicherung entgegenzuwirken. Geld ist heute vorhanden. Und die xGWp-Fab hat die Aussicht, sehr profitabel zu sein. In den letzten Monaten sind Interesse und Vertrauen auch deutlich gewachsen. Aber es eilt. Und da ist ein klares Signal der Europäischen Kommission sehr wichtig.
Glauben Sie, dass die EU-Kommission mittlerweile erkannt hat, dass Sie europäischen Photovoltaik-Herstellern unter die Arme greifen muss?
In der EU-Kommission gibt es verschiedene Stimmen. Aber die Erkenntnis setzt sich durch, dass die Photovoltaik international schnell und unaufhaltsam wichtig wird, und dass Europa droht, abgehängt zu werden. Es wächst die Bereitschaft, kleinliche Auseinandersetzungen aufzugeben, Prozeduren zu straffen, die Instrumente besser zu koordinieren. Man sieht, dass zunehmend große Unternehmen den Ton angeben und es schwierig ist, mit einer Vielfalt innovativer Mittelständler dagegen anzukommen, insbesondere wenn der europäische Markt wegen inkohärenter Politiken schrumpft.
Aber was muss konkret passieren?
Es geht nicht darum, einem Hinkenden „unter die Arme zu greifen“, damit er noch ein wenig weiter kommt. Es geht darum, jetzt wo dank gesunkener Preise ein globaler Boom einsetzt, aussichtsreiche Strukturen zu stärken und vor allem mit eigenen neuen Technologien in einer nächsten Photovoltaik-Generation eine führende Rolle einzunehmen. Nur das kann Europa eine gewisse Unabhängigkeit sichern. Wir alle haben in den letzten Monaten gesehen, wie wichtig es ist, nicht erpressbar zu sein. Die Ukraine-Krise hat in Europa viele aufgeweckt. Die Abhängigkeit in der Energieversorgung zu reduzieren ist zu einem wichtigen Ziel geworden.
Welche Unterstützung würden Sie sich wünschen?
Was wir uns wünschen, wären drei unterschiedliche Punkte. Erstens, eine verlässliche Perspektive für die Entwicklung der Photovoltaik-Märkte in Europa, für kleine und große Anlagen, für Eigenverbrauch und für Netzbetrieb. Zweitens, gezielte und adäquate Instrumente der Unterstützung, einerseits für Forschung, Entwicklung und Demonstration und andererseits bei der Finanzierung von Investitionen, vor allem mit Kreditgarantien. Wichtig dabei ist, dass diese Instrumente schnell verfügbar sind und nicht an komplizierten Abstimmungen zwischen europäischen, nationalen und regionalen Stellen scheitern.
Was ist der dritte Punkt?
Drittens ist eine Fokussierung der Unterstützung auf drei oder vier Bereiche. Da geht es zunächst um das Upgrading der bestehenden Produktion kristalliner Silizium-Zellen auf die nächste Stufe, wie zum Beispiel PERC bei Solarworld. Das sollte für einige Jahre die Position im konventionellen Segment absichern. Ganz wichtig ist dann aber der zweite Fokus: der Aufbau von Gigawatt-Fabriken mit neuen Technologien, die im Kern zur Heterojunction-Familie gehören – also das was xGWp vorschlägt. Der dritte Focus sollte Forschung und Demonstration für weitere Technologien sein, die später eine wichtige Rolle spielen könnten: CIGS, CPV, Perowskites und andere. Viertens darf die Integration von Photovoltaik-Produkten in Energieversorgungssysteme und Gebäude nicht vergessen werden. Jeder Fokus braucht einen anderen Mix der Unterstützung.
Wie wichtig sind die Diskussionen auf EU-Ebene für die Initiative "xGWp European Gigawatt-Fab"?
xGWp ist eine europäische Initiative, weil wir glauben, dass wir eine europäische Antwort auf die Herausforderung zunächst durch chinesische Hersteller und nun auch durch US-amerikanische und japanische integrierte Initiativen brauchen, die vom Silizium bis zum elektrischen Strom die gesamte Wertschöpfungskette aufrollen wollen. Solarcity zum Beispiel hat 40 Prozent des Photovoltaik-Dachanlagen-Marktes in den USA und baut eine Gigawatt-Fabrik mit Heterojunction-Technologie, die vom Staat New York mit 750 Millionen Dollar unterstützt wird. Das verdeutlicht, wie dringend wir eine gesamteuropäische Antwort brauchen.
Das Interview führte Sandra Enkhardt.
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