100 Prozent Photovoltaik und Windkraft weltweit sind möglich

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Die wissenschaftliche Zeitschrift “Renewable and Sustainable Energy Reviews” veröffentlichte im vergangenen September den Artikel „Burden of proof: A comprehensive review of the feasibility of 100% renewable-electricity systems“ einer australischen Forschergruppe um Benjamin Heard. Darin wird von den Autoren in Frage gestellt, dass eine Energieversorgung aus 100 Prozent erneuerbaren Energien technisch möglich ist. Nun haben sich Wissenschaftler, die seit Jahren an der Machbarkeit einer globalen Energiewende forschen, zusammengeschlossen und im selben Journal eine Replik mit dem Titel „Response to ‘Burden of proof: A comprehensive review of the feasibility of 100% renewable-electricity systems’“ veröffentlicht. Ihr Fazit: Es gibt weder fundamentale technische noch ökonomische Barrieren auf dem Weg zu einem Energiesystem mit 100 Prozent erneuerbaren Energien.

An dem Aufsatz haben Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), des südafrikanischen Council for Scientific and Industrial Research (CSIR), der Lappeenranta University of Technology, der Delft University of Technology und der Aalborg University gemeinsam gearbeitet. Sie haben nach eigenen Angaben hunderte Studien analysiert und zusammengeführt, um jedes Argument, das in dem ursprünglichen Artikel gegen die Energiewende ins Feld geführt wird, systematisch zu widerlegen. Es geht dabei um Fragen wie, ob es überhaupt genug Platz für Photovoltaik- und Windkraftanlagen gibt, die nötig sind, um den gesamten Energiebedarf zu decken. Oder was passiert, wenn Dunkelflauten auftreten, also die Sonne nicht scheint und auch der Wind nicht weht. Ein weiteres Gegenargument war, dass das Stromnetz durch die Erneuerbaren destabilisiert wird und es regelmäßig zu Stromausfällen kommt.

„Während einige der vom Heard-Papier aufgeworfenen Fragestellungen durchaus relevant sind, ist es wichtig festzuhalten, dass es für alle Punkte Lösungen auf Basis heute verfügbarer Technologien gibt“, sagt der Hauptautor der Replik, Tom Brown. Er leitet eine Forschungsgruppe am Institut für Automation und angewandte Informatik am KIT, die das Design der Energiesysteme der Zukunft modelliert. Nach seiner Expertise lassen sich kalte Dunkelflauten durch Importe, durch Wasserkraft, Biogas und -masse, Batterien und andere Speicher überbrücken. Sollte dies nicht ausreichen, könnte aus überschüssigem Wind- und Solarstrom Wasserstoff oder synthetisches Gas erzeugt werden, welches dann bei Bedarf rückverstromt wird.

Co-Autor Christian Breyer von der Lappeenranta University of Technology ergänzt: „Darüber hinaus sind diese technischen Lösungen absolut erschwinglich, insbesondere angesichts der durch die sinkenden Kosten für Wind- und Solarenergie freiwerdenden Einsparungen bei der Primärenergieerzeugung.“ Die gilt auch im Hinblick auf die Netzstabilität. Hier gebe es bereits eine Reihe von technischen Lösungen weltweit: von rotierenden Stabilisatoren bis hin zu neueren elektronischen Lösungen.

„Es gibt einige hartnäckige Mythen, dass 100 Prozent erneuerbare Energiesysteme technisch nicht möglich seien“, sagt Co-Autor Brian Vad Mathiesen von der Universität Aalborg. „Unser Beitrag behandelt diese Mythen, einen nach dem anderen, unter Verwendung des neuesten Stands der Forschung.“ Mathiesen fordert, dass die Wissenschaftler zu den eigentlich wichtigen Themen zurückkehren sollten. Dazu zähle die „Modellierung der kostengünstigsten Erneuerbaren-Entwicklungspfade, um fossile Brennstoffe aus unserem Energiesystem zu eliminieren, damit wir die Herausforderungen für Klima und Gesundheit bewältigen können.“

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