Das Bundeswirtschaftsministerium hat zu Beginn der Woche einen Referentenentwurf zur Änderung des EEG, des KWK-Gesetzes und weiterer Bestimmungen im Energierecht veröffentlicht. Vergeblich sucht man in dem 67-seitigen Entwurf die Sonderausschreibungen für Photovoltaik und Windkraft an Land, auf die sich CDU, CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag verständigt haben. Immerhin jeweils zwei Gigawatt pro Technologie für 2019 und 2020 versprach die neue Regierung, um so die Lücke zu den Klimazielen 2020 doch noch ein bisschen zu schließen.
Doch anscheinend wird dieses Versprechen nun in den internen Auseinandersetzungen zermahlen. Aus der Union heißt es wohl, die Sonderausschreibungen kämen irgendwann später. Dies will die Branche aber nicht einfach hinnehmen. „Aus Sicht der Erneuerbare-Energie-Branche gibt es keinen fachlichen Grund, die im Koalitionsvertrag vereinbarten Sonderausschreibungen jetzt wieder in Frage zu stellen. Zudem bieten die im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Sonderausschreibungen für Onshore-Wind und Photovoltaik der Industrie die überfällige Planungssicherheit, auf die nicht länger gewartet werden kann“, erklärt Peter Röttgen, Geschäftsführer des Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE), auf Nachfrage von pv magazine.
In der Politik wird derzeit unter dem Vorwand der „Netzsynchronität“ versucht, den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien zu bremsen. Doch dieses Argument zieht nach Ansicht von Röttgen für die Sonderausschreibungen bei Photovoltaik-Anlagen nicht. „Die Tatsache, dass der Gesetzentwurf auch keine Sonderausschreibung für Photovoltaik enthält, welche vom Thema Netzausbau nicht betroffen ist, zeigt, dass das Argument Netzaufnahmefähigkeit hier keine Rolle spielt.“ Die Ausbaumenge der Windkraft im Netzausbaugebiet sei zudem bereits durch das EEG 2017 begrenzt, so Röttgen weiter.
Auch die Grünen sehen in dem Entwurf die Fortführung der bekannten Politik der Großen Koalition. „In der Energie- und Klimapolitik geht es mit dieser Bundesregierung genauso weiter wie mit der letzten. Vollmundige Ankündigungen im Koalitionsvertrag sind offenbar nichts wert“, erklärt Julia Verlinden, energiepolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen. „Erst werden Sonderausschreibungen für Wind und Photovoltaik in Aussicht gestellt und von einem 65 Prozent-Ziel für erneuerbare Energien bis 2030 fabuliert, und dann passiert gar nichts.“
Dass vor allem von der Union die Sonderausschreibungen verschleppt werden, dafür sprechen auch Äußerungen aus der SPD-Fraktion. So erklärte nach einem Bericht von „Energie und Management“ der Bundestagsabgeordnete Johann Saathoff auf einer Konferenz diese Woche in Berlin: „Die CDU/CSU-Fraktion will die im Koalitionsvertrag vereinbarten Sonderausschreibungen für die Windenergie und Photovoltaik bei dem anstehenden EEG-100-Tage-Gesetz nicht mittragen.“ Zugleich erklärte er, dass er noch auf Korrekturen in der anstehenden Ressortabstimmung zwischen den Ministerien hoffe. Der niedersächsische Umwelt- und Energieminister Olaf Lies (SPD) erklärte: „Die Aufnahmefähigkeit der Netze kann kein Argument gegen die Sonderausschreibungen sein. Im Bereich der Netzbetriebssteuerung, der zuschaltbaren Lasten und der Flexibilisierung konventioneller Kraftwerke gibt es effektive Maßnahmen zur Entlastung der Stromnetze.“
Senkung des Höchstpreises bei Ausschreibungen auf 6,50 Cent pro Kilowattstunde
In dem bisher vorliegenden Referentenentwurf findet sich ansonsten auch nur wenig, was für die Photovoltaik von Belang ist. So werden die Erfahrungen aus den ersten Ausschreibungsrunden ausgewertet. „Die Auswirkungen des Systemwechsels zu Ausschreibungen auf die Akteursstruktur kann bei der Solarenergie aktuell nicht abschließend bewertet werden“, heißt es dazu. Angesichts des hohen Wettbewerbsniveaus, der sinkenden Zuschlagswerte und hohen Realisierungsraten werden „keine Änderung des Ausschreibungsdesigns empfohlen“.
Einzig eine Absenkung des Höchstwerts bei den Photovoltaik-Ausschreibungen ist im Entwurf enthalten. Es ist geplant den im EEG 2017 festgeschriebenen Wert von 8,91 auf 6,50 Cent pro Kilowattstunde zu senken. Dies dürfte angesichts von durchschnittlichen Zuschlagswerten um die 4,00 Cent pro Kilowattstunde der Solarbranche eher weniger Kopfzerbrechen bereiten. Genau mit diesem Aspekt begründet das Bundeswirtschaftsministerium die geplante Kürzung. Zugleich sei auch eine spätere Anhebung nicht ausgeschlossen, sollten die durchschnittlichen Erzeugungskosten „deutlich über dem Höchstwert liegen“. Zur Herleitung des neuen Höchstwertes heißt es im Entwurf: „Der neue Höchstwert entspricht den durchschnittlichen Zuschlagswerten aller sechs Ausschreibungsrunden aus den Jahren 2016 und 2017. Die stark gesunkenen Zuschlagswerte aus den letzten drei Ausschreibungsrunden von Mitte 2017 bis Anfang 2018 im Bereich von 4,33 bis 5,66 Cent pro Kilowattstunde sollte nicht zur Herleitung des neuen Höchstwertes herangezogen werden, da hier zunächst die Realisierungsrate abzuwarten ist.“
Allerdings ist in dem Gesetzentwurf auch festgehalten, dass die Absenkung des anzulegenden Wertes für Photovoltaik-Anlagen demnächst nicht mehr auf einen jährlichen Brutto-Zubau von 2500 Megawatt berechnet werden soll, sondern von jährlich 1900 Megawatt. Hierbei hat die Regierung das jährliche Ausschreibungsvolumen von 600 Megawatt abgezogen, da ihre Förderhöhe separat ermittelt werde und sie daher „auch nicht den atmenden Deckel beeinflussen“.
Bei den grenzüberschreitenden Photovoltaik-Ausschreibungen, die die Bundesregierung im vergangenen Jahr mit Dänemark als Piloten ausprobierte, hinkt die Politik auch hinterher. Eigentlich sollte es zwei Ausschreibungen dieser Art geben, aber nur mit Dänemark konnte ein entsprechendes Abkommen geschlossen werden. Nach dem Entwurf verhandelt die Bundesregierung seit dem Sommer 2017 unter anderem mit Frankreich über eine grenzüberschreitende Ausschreibung. Sie strebe weiterhin an, dass jährlich Ausschreibungen mit einem Umfang von 300 Megawatt für die Teilnahme von Anlagen aus anderen EU-Mitgliedsstaaten geöffnet werden. Eine Neuauflage mit Dänemark sei allerdings nicht geplant, da sich das Land gegenüber der EU-Kommission nur zu einer einmaligen Öffnung verpflichtet habe.
Eine Übergangszeit für die Meldung von Photovoltaik-Heimspeichern ist in dem Gesetz auch vorgesehen. „In vielen Fällen wurden Solaranlagen in das Register eingetragen, die Meldung des Stromspeichers unterblieb jedoch, da sich deren Betreiber im Unklaren waren, dass für die Stromspeicher eine gesonderte Meldepflicht im Register besteht. Die Neuregelung schafft eine Übergangszeit bis zum Ende des Jahres 2019, in der die Registrierung des Stromspeichers nachgeholt werden kann“, heißt es im Entwurf.
Die notwendigen Regelungen für die Sonderausschreibungen werden erst nach der Sommerpause verabschiedet, wie eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums auf Anfrage von pv magazine erklärte. Der vorliegende Referentenentwurf wird wahrscheinlich am 9. Mai im Kabinett verabschiedet, um das Gesetz noch vor der parlamentarischen Sommerpause im Bundestag verabschieden zu können.
Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.
Am besten bedient wäre die Branche sicher mit einem klaren Fahrplan jährlicher Steigerung der Ausschreibungsmengen. Darauf könnten sich dann alle (Netz-, Speicher- und Kohlekraftwerksbetreiber und ebenso die EE-Hersteller, -bauer und -betreiber) einstellen. Wenn man beginnend 2018 jedes Jahr 15% mehr ausschreibt, wäre man 2030 bei einer jährlichen Ausschreibungsmenge von 3,5 GW. Das erschiene mir auch bei den Betonköpfen in der CDU und den auch nicht zu vernachlässigenden in der SPD vielleicht leichter durchsetzbar. Was die PV angeht, würde dieser Fahrplan immerhin bedeuten, dass das überholte 52GW-Ausbauziel gestrichen werden müsste. Manch einer in der Branche würde das Geschäft sicher gerne schon heute machen, statt in fünf Jahren, aber man muss auch schauen, was politisch durchsetzbar ist. Mit dem Kopf durch die Wand war noch nie eine gute Lösung. Der stete Tropfen höhlt den Stein, oder wie Brecht es seinen Laotse sagen ließ „dass das weiche Wasser in Bewegung, mit der Zeit den harten Stein besiegt, das Harte unterliegt“.
In der CDU gibt es immer noch eine große Gruppe, die nach AfD-Manier den Klimawandel überhaupt bezweifelt, oder glaubt, man könne die durch ihn ausgelösten Flüchtlingsströme an der Grenze mit genügend MGs im Griff behalten, oder sie hoffen, den Schlamassel, den sie heute anrichten, selbst nicht mehr zu erleben.
Im Laufe der Jahre wird man merken, dass die sich aus diesem Fahrplan ergebenden Mengen nicht ausreichen, schon gar nicht, wenn die Sektorkopplung so richtig in Schwung kommt. Aber dann gibt es vielleicht neue politische Mehrheiten, mehr Voraussicht, und mehr Einsicht, um die Weichen richtig zu stellen.
Einstein sagte dazu: Nicht die falschen Ideen sterben aus, sondern diejenigen, die sie vertreten. Herr Gauland ist schon über 70, Seehofer 68. Lange werden wir nicht mehr warten müssen.
Was wollen wir mit Sonderausschreibungen wenn der Ausbaukorridor von 52 GW nicht fällt.Gäbe es 4GW zusätzlich durch Sonderausschreibungen wäre der Korridor in 2 Jahren erreicht.Dann entfallen Einspeisevergütungen Die PV Branche,die im EFH Berich tätig ist,wäre von einem zum anderen Tag tot!
Die Politik wird sich schwer tun mit der Aufhebung der Ausbaugrenze. Möglicherweise handelt es sich auch um eine Zusage gegenüber der EU.
Überträgt man allerdings die Ergebnisse der Studie über den optimalen EE-Mix in mehreren osteuropäischen Ländern auf die Bundesrepublik (80% Wind zu 20% PV) und bringt das zusammen mit dem „offiziellen“ Ziel von 65% EE im Stromsektor bis 2030, dann ergibt sich ein Ausbaubedarf bei der Windkraft auf das dreifache (17% heute auf 52% 2030) und bei der PV auf das doppelte (6,5% auf 13%). Im Falle der PV bedeutete das also ein Ausbauziel von 88GW. Daraus, dass das Ausbauziel nicht angehoben wird, und auch keine Bemühungen darum zu erkennen sind, merkt man, wie ernst es der gegenwärtigen Regierung mit ihren „offiziellen“ Zielen ist. Die Weichenstellungen, diese zu erreichen, werden wieder in die Zukunft verschoben bis es zu spät ist. Dann wird wieder etwas erstaunt eine „Handlungslücke“ konstatiert, und es wird weitergewurschtelt.
Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man lachen, wie unsere Oberen der Entwicklung hinterherhecheln, statt die Zukunft zu gestalten. Die sinnlose Absenkung des Höchstwertes für die Ausschreibungen, über den die Ausschreibungsergebnisse längst hinweggegangen sind, ist nur ein besonders lächerliches Beispiel.
Würde man jedes Jahr die PV Ausschreibungen um 15% anheben, käme man bis 2030 auf einen kumulierten Zubau von 23,7 GW, zusammen mit den schon vorhandenen 44 also knapp 68 GW. Die Lücke bis zu den 88 müsste mit Zubau außerhalb der Ausschreibungen von 1,6 GW jährlich gefüllt werden – nicht unrealistisch, wenn nur geringfügig an den Schrauben Einspeisevergütung und Ausschreibungsgrenze (z.Z. 0,75 MW) gedreht wird. Aber starke Kräfte in den Regierungsparteien wollen die offiziell angegebenen Ziele gar nicht erreichen. Deshalb werden auch die Weichen nicht entsprechend gestellt.
Und das sind ja nur die Zahlen für den heutigen Stromsektor. Bei zunehmender Sektorenkopplung wird noch wesentlich mehr Strom benötigt, und dieser Anstieg sollte ja auch Erneuerbar gedeckt werden, wenn er etwas nützen soll.
Um diese größeren Strommengen an den Mann zu bringen, wird man übrigens auch stärkere Netze benötigen, nur so nebenbei…
Meinen Rechenfehler bitte ich zu entschuldigen: In der Logik dieser Rechnung habe ich den Anteil von Wasserkraft (10%) und Biomasse (5%) an den 65% Erneuerbaren vergessen. Damit ergeben sich geringere Werte für Windkraft (+23% auf 40%) und PV (+3,5% auf 10%, 66GW), alles unter der Voraussetzung, dass aller produzierte Strom auch sinnvoll verwendet werden kann. Speicherverluste, Abregelung und Sektorkopplung bedingen wieder höhere Ausbauziele, ggf. sinkender Export niedrigere.
Bei der Offshore-Windkraft ist das offizielle Zubauziel für 2030 zZ 16,5GW.
Das könnte etwa 11% unseres heutigen Stromverbrauchs decken. Da Onshore mit geringerem Wirkungsgrad kaum mehr zugebaut werden wird, ist auch dieses Ziel zu niedrig.