Zur Eröffnung des PV-Symposiums im Kloster Banz in Bad Staffelstein dürfen die Teilnehmer nach ihrem Charakter entscheiden, ob das Glas halb leer oder halb voll ist. Ein Beispiel ist die im Koalitionsvertrag geforderte „Netzsynchronität“ beim Ausbau der erneuerbaren Erzeugung. „Es gibt zwei Richtungen, wie das gesehen wird“, sagt Cornelia Viertl aus dem Bundeswirtschaftsministerium in der Eröffnungssession am Mittwoch. Die einen sähen darin eine Chance für den Netzausbau, die anderen eine Bremse für den erneuerbaren Zubau. Zu vielem was aus dem Koalitionsvertrag bekannt ist, kann man Ähnliches sagen. Viel mehr als allgemeine Aussagen konnte Viertl noch nicht mit ins Kloster Banz bringen, da die Regierungsbildung noch zu frisch sei. Interessant ist, was man zwischen den Zeilen ihrer Rede zu den aktuellen Themen findet und wo die Solarbranche noch aktiv mitgestalten kann.
Das betrifft zum Beispiel den Entwurf für das „100-Tage-Gesetz“. Unter diesem Begriff wird eine erste kurzfristige EEG-Novelle gehandelt. Unter anderem sollen darin die Sonderausschreibungen definiert werden, mit denen in den kommenden zwei Jahren je zwei Gigawatt Photovoltaik-Großanlagen zusätzlich gefördert werden sollen.
Eigentlich ein positiver Aspekt, aber noch lange nicht in trockenen Tüchern. Carsten Körnig, Geschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW-Solar) wendet ein, dass diese bereits von einigen CDU-Abgeordneten aus dem Wirtschaftsflügel in Frage gestellt würden, gerade mit dem Hinweis auf eine behauptete fehlende „Netzsynchronität“. Außerdem würden sie nach den derzeitigen EEG-Regelungen dazu führen, dass die Einspeisevergütung für Anlagen auf Gebäuden sinkt. Die EEG-Vergütung sinkt, wenn der hochgerechnete Photovoltaik-Zubau in einem Jahr über 2,3 Gigawatt liegt. Das könne ja nicht der Sinn sein. Der BSW-Solar werde darauf hinwirken, dass das nicht geschehen wird.
Unabhängig davon, laufen die Sonderausschreibungen aber nach Ansicht von Körnig ins Leere, wenn der Ausbaudeckel im EEG erhalten bleibt. Dieser liegt bei 52 Gigawatt. Wenn diese installierte Leistung erreicht ist, soll die Solarförderung enden. Derzeit sind 43 Gigawatt Photovoltaik in Deutschland installiert. Wenn der Markt im Jahr bei circa 2,5 Gigawatt Zubau liegt und durch die Sonderausschreibungen vier weitere Gigawatt hinzukommen, wird der Deckel im Jahr 2020 erreicht sein. Dann würden zwar über Ausschreibungen bezuschlagte Anlagen weiter Förderung bekommen, kleine neu installierte Anlagen aber keine Einspeisevergütung mehr. „Wenn der Deckel nicht wegkommt, riskieren wir 2020 einen Markteinbruch“, sagt Körnig.
Es gibt also noch etliche Ungereimtheiten. Wie groß die Chance ist, dass der Deckel aufgehoben wird, ist unklar. Dieser wurde, wie Viertl dem Publikum klar machte, vor fünf Jahren vom damaligen Bundesumweltminister installiert. Dieser hieß Peter Altmaier und ist seit der Regierungsneubildung der für Energie zuständige Bundeswirtschaftsminister.
Angesichts dessen legt Carsten Körnig dem Publikum ans Herz, dass die Branche den „Handlungsdruck“ aufrechterhalten müsse, auch mit anderen Nicht-Regierungsorganisationen. „Wir müssen die Interpretationshoheit über auslegungsfähige Passagen im Koalitionsvertrag herstellen“, sagt er.
Das ist nicht nur angesichts des „100-Tage-Gesetzes“ relevant. Denn diesem werde aber noch eine grundsätzliche EEG-Novelle folgen, so Viertl. Experten rechnen damit im Jahr 2020. Außerdem sollten bis zum Herbst die „Innovationspiloten“ festgezurrt werden. Dies sind Ausschreibungen von Photovoltaik-Anlagen über 150 Megawatt Leistung, die zum Beispiel eine Komponente zur Netzdienlichkeit beinhalten, zum Beispiel durch die Kombination mit Windparks. Bis zum Sommer könne die Branche bei der Ausgestaltung noch Einfluss nehmen.
Ein anderes Thema der nächsten Jahre ist das „Winterpaket“ der EU, das in Brüssel noch dieses Jahr fertig verhandelt werden soll. Man könne es als Regelwerk sehen, das die Beihilfe-Problematik beende, so Viertl. Derzeit müssen viele Entscheidungen für nationale Förderungen, wie zum Beispiel auch die letzte EEG-Novelle, bei der EU-Kommission auf den Prüfstand. Das führt nicht zuletzt zu Rechtsunsicherheit. Wenn man die neuen Regeln akzeptiert, wird das einfacher.
Viertl ist der Auffassung, dass die Branche mit dem meisten, was in den Verordnungen aus Brüssel derzeit vorgesehen ist, gut leben kann. So liegen nach dem derzeit diskutierten Winterpaket die Obergrenzen für Anlagen, die nicht in die Direktvermarktung müssen, 2020 bei 250 Kilowatt und 2026 bei 150 Kilowatt. In Deutschland gelten schon heute niedrigere Grenzen, denn hier gilt schon heute die verpflichtende Direktvermarktung für alle neuen Photovoltaik-Anlagen ab 100 Kilowatt Leistung. Anlagen müssen nach den EU-Vorstellungen zwar in die Ausschreibung, doch Ausnahmen für kleine Anlagen seien nach bisherigem Stand akzeptiert. Und es gebe die Möglichkeit zur regionalen Differenzierung.
Nicht nur die Rahmenbedingungen für die Branche, auch das PV Symposium ist im Wandel. Es ist nach der Insolvenz des bisherigen Betreibers Otti von Conexio übernommen worden, einer Tochtergesellschaft von Intersolar-Veranstalter Solar Promotion. Wegen Renovierung des Tagungsortes im Kloster Banz wurde es auf April verschoben. 2019 wird es wieder im März stattfinden. Bernd Porzelius, ehemals Leiter des Symposiums und jetzt Geschäftsführer von Conexio, gibt sich zufrieden. Die Zahl der angemeldeten Teilnehmer sei stabil geblieben.
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