Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben Thomas Leibfried und seine Forschungsgruppe ein automatisches Batterie-Management-System (BMS) entwickelt, mit dem Redox-Flow-Batterien sowohl im Lade- als auch im Entladezyklus immer an ihrem effizientesten Punkt betrieben werden sollen – egal wofür sie eingesetzt werden. Die Wissenschaftler wollen damit den Durchbruch der Flow-Technologie vorantreiben, wie das Institut am Mittwoch mitteilte. Während seit Jahrzehnten die Steuerung von Lithium-Ionen-Batterien entwickelt werde, befinde man sich bei der Redox-Flow-Batterie noch ganz am Anfang. Deswegen müssten Redox-Flow-Batterien für jedes Anwendungsszenario baulich angepasst werden.
„Es gibt aktuell kein kommerziell verfügbares BMS für Redox-Flow-Batterien“, sagt Thomas Lüth auf Nachfrage von pv magazine. Der KIT-Forscher hat den ersten Prototypen der automatischen Steuerung selbst zusammengelötet. Jeder Hersteller arbeite derzeit an seiner eigenen Lösung, die nicht übergreifend funktionierten. „Wir entwickeln das erste herstellerunabhängige Batterie-Management-System für Flow-Batterien.“
Das automatische BMS setzt dabei vor allem an zwei Stellschrauben an. Die elektrische Effizienz wird vor allem durch die Pumpgeschwindigkeit bestimmt, erklärt Lüth. „Lasse ich die Pumpe schneller laufen, sinkt der Innenwiderstand und damit auch der Verlust bei der Energieumwandlung. Allerdings benötigt das System dann mehr Energie für die Pumpe.“ Je nachdem wieviel Leistung im Betrieb eingefordert oder eingebracht werde, steuere das neue Batterie-Management-System hier den idealen Kompromiss an. Neben der Pumpengeschwindigkeit sei auch das thermische Management eine wichtige Effizienzkomponente – Kühlung koste schließlich Energie und müsse zur richtigen Zeit erfolgen.
Die Karlsruher Wissenschaftler testen den BMS-Prototypen nun in einem Vanadium-Akkumulator. „Die Tests laufen bisher besser als erwartet“, sagt Lüth. Die Wissenschaftler arbeiten jetzt an der Optimierung. „Herausfordernd ist dabei im Wesentlichen der messtechnische Nachweis unter realen Betriebsbedingten und nicht nur unter akademisch optimalen Bedingungen“, sagt Lüth. Ziel sei eine Plattform, die einen Benefit in den allermeisten realen Betriebssituationen bringt.
Sobald er seine Funktionalität bewiesen hat, soll das Batterie-Management-System auf Mikrochip-Größe miniaturisiert werden und so schließlich zur Marktreife kommen. „Prinzipiell kann aus dem bestehenden Konzept innerhalb von rund drei bis vier Jahren ein Produkt entwickelt werden, welches universal bei Flow-Batterien einsetzbar ist“, sagt Lüth. Sollte das Management nur für eine bestimmte Aufgabe ertüchtigt werden, gehe es schneller. Den Nachweis, dass dieses Konzept funktioniert und signifikante Energie- und Kostenersparnisse, will Lüth noch dieses Jahr führen. Dabei sei der KIT-Wissenschaftler mit einigen Herstellern im Gespräch. Das System werde auch bereits bei einem Produzenten getestet – um welchen Batteriehersteller es sich dabei handelt, will Lüth zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht verraten.
Gegenüber Lithium-Ionen-Batterien besitzen Redox-Flow-Batterien in einigen Anwendungsbereichen Vorteile. Diese speichern elektrische Energie in Tanks mit flüssigen chemischen Verbindungen, meistens einem Vanadium-Elektrolyt in unterschiedlichen Oxidationsstufen. Der Strom wird ähnlich wie bei der Brennstoffzelle an einer Membran produziert. Die Größe dieser Membran bestimmt dabei die Leistung (Kilowatt), die Kapazität (Kilowattstunde) hängt wiederum von der Tankgröße ab, also der Menge der eingesetzten Flüssigkeit. Energie und Leistung können so unabhängig voneinander skaliert werden. „Diese fast unbegrenzte Skalierbarkeit prädestiniert die Redox-Flow-Batterie zum Netzspeicher für die Energiewende, etwa zur Verschiebung von Sonnenenergie für den Verbrauch während der Nacht“, heißt es vom KIT.
Redox-Flow-Batterie eignen sich demnach aber nicht für alles. Wegen geringerer Energiedichte seien sie größer und schwerer als Lithium-Ionen-Batterien und deswegen für Elektronikgeräte oder Elektroautos weniger geeignet. „Bei der stationären Anwendung in großen und mittleren Modulen ist die Flow-Technologie aufgrund ihrer Skalierbarkeit aber überlegen“, sagt Leibfried. Außerdem sei das Vanadium für den gängigen Vanadium-Akkumulator eines der häufigsten Elemente, während die weltweiten Lithiumvorräte schon in wenigen Jahrzehnten ausgebeutet sein könnten. Für die Redox-Flow-Batterie spreche auch, dass sie feuersicher sei, weil ein „thermal runaway“, also eine unkontrollierte Erhitzung, ausgeschlossen werden kann. Zudem sei sie weniger giftig und auch ein Recycling sei im Gegensatz zu Lithium-Ionen-Batterien kein Problem. Dass ein Durchbruch der Flow-Technologie bisher nicht erfolgt sei, liege vor allem an der Schwierigkeit, sie effizient einzusetzen, erläutert Leibfried.
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Was ich vor allem interessant fände, ist die Angabe, ob sich Redox-Flow-Batterien auch für die mittel- und langfristige Speicherung eignen. Wie teuer sind denn das Material und das Speichervolumen, die eine kWh speichern? Wie oft muss es in einem Jahr be- und entladen werden, damit es Kapitaleinsatz, Abschreibung und Betriebskosten wieder einbringt? Oder anders herum: Was kostet das Einspeichern einer kWh, wenn das dazu benötigte Material nur ein oder zweimal im Jahr zum Einsatz kommt? Leider findet man dazu gar nichts. Alle Artikel, die ich bisher gelesen habe, gehen bei der Rentabilitäts- bzw. Kostenberechnung von täglicher Be- und Entladung aus – also der gleiche Einsatzbereich wie Li- oder Pb-Batterien.