Einleitung – Was hat eine Heizung mit einem Auto zu tun?
Womit heizen Sie? Vielleicht mit Strom? Nein, natürlich nicht, werden Sie sagen. Wer heizt denn noch mit Strom? Sie heizen sicher mit Öl oder Gas oder Holzpellets oder mit Umweltwärme. Und doch… Egal, womit Sie heizen… auch Sie heizen mit Strom! Denn auch Ihre Heizung benötigt Strom, und davon nicht zu knapp. Denn jede Heizung braucht Strom für verschiedene Dinge: sei es die Steuerelektronik in der Heizung direkt (Grundverbrauch bzw. Standby-Verbrauch) oder in der Raumsteuerung, in den elektronischen Heizkörperventilen, in den elektrisch betriebenen Ventilen Ihrer Fußbodenheizung, für den Innen- und/oder Außenthermostat, die Kondensatpumpe, natürlich und in erster Linie für die Umwälzpumpen des Heizwassers oder der Solareinheit bis hin zum Gebläse in Ihrer Brennwerttherme, ohne die die Abgase nicht ins Freie gelangen würden. Selbst die Beleuchtung in Ihrem Heizungsraum gehört irgendwie dazu und der Not-Heizstab in der Wärmepumpe natürlich auch.
Ohne Strom, nix Heizung.
Nach einer Beratung in unserer Umwelt-AG über den Stromverbrauch von Umwälzpumpen wollte ich den Stromverbrauch unserer aktuellen Brennwerttherme ermitteln. Dabei handelt es sich um eine AuroCompact von Vaillant mit integrierter Solareinheit und Solarspeicher für die Brauchwassererwärmung. Dazu musste ich den Festanschluss der Heizung an die Stromversorgung kappen, mit einem Schukostecker verbinden und zwischen einer Steckdose und der Heizung noch ein Bluetooth-Messgerät mit Langzeitspeicher installieren, weil ich nicht nur den Gesamtverbrauch, sondern auch mehr über das Verbrauchsprofil in Erfahrung bringen wollte, also den Momentanverbrauch unter verschiedenen Betriebsbedingungen. Diese Auswertung brachte interessante Fakten zutage, u.a. einen sehr hohen Grund- bzw. Standby-Verbrauch von immerhin 7,5 Watt (365/7/24 = 65 kWh/a), der Leistungsaufnahme der Umwälzpumpe für das Heizungswasser (ca. 35 Watt) bis hin zur maximalen Leistungsaufnahme von knapp 115 Watt bei Vollbetrieb (Heizbetrieb inkl. Solareinspeisung aus den Vakuumkollektoren). Der prognostizierte Jahresstromverbrauch der kleinen Therme mit Hocheffizienzpumpen: mehr als 140 Kilowattstunden pro Jahr. Im Vergleich zum Jahresenergieverbrauch für Heizung und Warmwasser (ca. 6000 kWh, wir heizen mit Erdgas) recht wenig, im Vergleich zum Stromverbrauch unseres Hauses (ca. 1000 Kilowattstunden) aber sehr viel. Und das ist eine recht moderne und sparsame Heizanlage…wie viel Strom ziehen da alte Geräte mit völlig veralteten Pumpen und dem Ganzen Drum und Dran?
Und das geht noch weiter, denn noch viel mehr Strom wird verbraucht, um Ihren Energieträger (Öl, Gas oder Holz) zu Ihnen nach Hause zu bringen! Denken Sie nur mal an all die Pumpen, die Öl und Gas weltweit durch die Pipelines drücken… Vielleicht denken Sie jetzt: Was geht mich dieser Verbrauch an? Oder wie steht es mit dem Stromverbrauch, um überhaupt Strom nutzen zu können (Stichwort: Eigenverbrauch der Kraftwerke)? Es geht Sie und uns und mich etwas an, denn OHNE diesen Stromverbrauch könnten wir alle, Sie und ich, nicht heizen. Strom als Zusatzenergie wird fast immer und überall benötigt. Wer mit einer Wärmepumpe heizt, weiß am besten, wovon ich schreibe, denn ohne Strom geht da gar nichts.
Und dabei dachten Sie, Sie heizen mit Öl oder Gas.
Jetzt aber: Von der Heizung zum Auto
Dieses Beispiel voranzustellen war wichtig, um aufzuzeigen, dass wir in vielen Fällen Primär- und weitere Energieträger benötigen, um „etwas zu tun“. Häufig wird in diesem Zusammenhang von „grauer Energie“ gesprochen. Schon wenn Sie nur ein Blatt Papier bedrucken wollen, benötigen Sie dazu nicht nur den Strom für Ihren PC, den Drucker und ggf. etwas Licht. Schon die Herstellung, der Transport, die Verpackung und auch der Verkauf des Papiers (Betrieb eines Geschäftes) benötigen Energie, zumeist in Form von Wärme (Prozesswärme und Heizenergie) und Strom (für Geräte, Beleuchtung und Verwaltung). Dieser Energieaufwand wird als „graue Energie“ bezeichnet und steckt also bereits im Produkt, bevor Sie dieses überhaupt benutzen (also das Papier in Ihren Drucker einlegen und auf „drucken“ klicken). Dieser „energetische Rucksack“ steckt nicht nur im Papier, sondern z.B. auch in jedem Solarmodul, jedem Wechselrichter, jedem Stück Kabel, jedem Stück der Unterkonstruktion. Eine Solaranlage oder Windkraftanlage ist also nur dann ökologisch sinnvoll, wenn sie während ihrer Lebensdauer mehr sauberen Strom erzeugt – und damit CO2 einspart – als für die Herstellung einst nötig war (denn die Herstellung erfolgt meist nicht mit CO2-freien Energieträgern). Viele Prozesse, z.B. die Betonherstellung, setzen sogar zusätzliches CO2 frei. All diese Emissionen müssen überkompensiert werden. Zum Glück wissen wir heute sehr genau, dass Solaranlagen und Windkraftanlagen dazu in der Lage sind. Und damit sind wir beim Elektroauto, auch dem wird nachgesagt, insgesamt weniger CO2 zu erzeugen, als ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor.
Zahlreiche Studien haben auch dies nachgewiesen und doch will das Elektroauto-Bashing nicht aufhören, werden fast jeden Tag neue Argumente veröffentlicht, die belegen wollen oder sollen, dass das mit der massenhaften Umstellung auf Elektrofahrzeuge einfach nicht geht oder nicht sinnvoll ist. Ein besonders beliebtes Argument dabei ist:
Es gibt nicht genug Strom für Elektroautos.
Bei flüchtiger Betrachtung ergibt die Fragestellung, die sich hinter dieser Behauptung verbirgt, durch aus auch Sinn: Elektroautos verbrauchen im Schnitt zwischen 15 und 20 Kilowattstunden Strom pro 100 km. Dieses hochgerechnet auf ca. 12.500 km pro Jahr und multipliziert mit ca. 41 Millionen ergibt irgendeine Summe an Kilowattstunden Strom, die benötigt werden. Haben wir dafür auch noch ausreichend Strom? Gehen bald alle Lichter aus, wenn Millionen an Elektroautos abends um 18 Uhr geladen werden? (Warum gehen eigentlich immer die Lichter aus und die Ladestation gar nicht erst an? …)
Halt, schon die Fragestellung ist falsch, denn anders als bei Öl oder Gas sprechen wir nicht von Vorräten, die wir anzapfen und die „da“ sein müssen, damit das überhaupt geht. Beim Strom sprechen wir eher über die Frage, ob wir ausreichend Strom zur rechten Zeit erzeugen können, um all diese Fahrzeuge laden zu können. Es ist also keine Frage der Menge, sondern eine Frage der tatsächlich zum Zeitpunkt X nachgefragten Erzeugungskapazität und des Energietransportes in einem europaweit vernetzten Verbundnetz.
Mal abgesehen davon, dass wir heute noch gar nicht wissen, ob wirklich alle Bestandsfahrzeuge mit Verbrennungsmotor 1:1 gegen Elektrofahrzeuge getauscht werden, oder ob wir nicht unserer Mobilität grundlegend überdenken, kann man Strom also nicht „haben“, sondern muss sich Gedanken machen, wie man ihn erzeugt, wenn er benötigt wird, und entsprechend verteilt. Und dabei geht es um Fragen der Erzeugungskapazität, des Stromaustausches und der Speicherung in Batterien, in Gas und/oder vielleicht mal in Norwegischen Pumpspeichern. Wir haben bislang den großen Fehler gemacht, die Energiewende nicht als solche zu betrachten (Stichwort: Sektorkopplung), wir müssen neu denken.
Aber zurück: Es bleibt die korrekte Frage nach der Stromversorgung von sicher bald Millionen von Elektrofahrzeugen weltweit. Betrachten wir die Frage ganz nüchtern und fragen uns zunächst:
Welche Betriebsstoffe benötigt ein Auto?
Lassen wir also für einen Moment die Produktion außen vor und überlegen uns, welche „Dinge“ braucht ein Auto, damit es fahren kann?
Beim Elektroauto ganz klar: Strom. Dabei unterscheiden wir zwischen dem Strom, der tatsächlich zum Fahren benötigt wird (inkl. Bordelektronik und Licht) und dem Strom bzw. der Energie, die für die Bereitstellung des Fahrstroms inkl. Ladung aufgewändet werden muss. Wind- und Solarkraftwerke benötigen so gut wie keinen Betriebsstrom (zumindest im Vergleich zur erzeugten Energie), auch Wasserkraftwerke und Biomassekraftwerke benötigen so gut wie keinen Betriebsstrom. Anders bei thermischen Kraftwerken (Öl, Gas, Kohle, Atom). Hier steigt der Betriebsstrom auf bis zu 10% der erzeugten Strommenge, u.a. für den stromintensiven Betrieb der Abgasnachbehandlung[1]. Dazu addieren sich Verluste im Stromnetz[2] von rund 6% der transportierten Strommenge (ein wichtiges Argument für möglichst regionale und lokale Stromerzeugung!). Insgesamt verbleibt die Menge an Betriebsstrom bei rund 15%. Daneben benötigt ein Elektrofahrzeug so gut wie nichts, d.h. kein Schmieröl, kein AdBlue, natürlich weder Benzin noch Diesel – und auch keine Tankstellen herkömmlicher Art – und auch die sonstigen Ersatzteile oder -stoffe, z.B. Bremsbeläge, halten sich in engen Grenzen (wer einen Prius fährt weiß, wie selten da Bremsbeläge oder Bremsscheiben getauscht werden müssen, bremst er doch elektrisch).
Beim Auto mit Verbrennungsmotor (und damit sind wir zurück bei der Heizung) sieht die Sache etwas anders aus, denn neben riesigen Mengen an Benzin oder Diesel (ca. 13.000 Liter in 15 Jahren) benötigt ein solches Fahrzeug noch Schmieröl (bis zu einem Liter je 1000 km) und (zumindest bei immer mehr Dieselfahrzeugen) das AdBlue zur Abgasnachbehandlung. Weiterhin Filter, Bremsbeläge und -scheiben, ab und an einen neuen Auspuff (wenn der alte durchgerostet ist) und ggf. auch mal einen neuen Partikelfilter. Die Liste hegt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie soll nur aufzeigen, dass ein Verbrenner deutlich mehr und unterschiedlichste Betriebsstoffe benötigt, als ein Strom-getriebenes Fahrzeug.
Wie wir nun oben gelernt haben bzw. uns daran erinnert haben, fallen diese Betriebsstoffe aber nicht vom Himmel oder wachsen an der Tankstelle. Treibstoffe, Öle, Zusatzstoffe und -teile sind Industrieprodukte, die zunächst auf der Basis von Rohstoffen innerhalb eines industriellen Prozesses hergestellt, gelagert, verpackt, transportiert und verkauft werden müssen. Hierzu sind zahlreiche Hilfs-, Zusatz und Antriebsstoffe nötig und dazu gehören ohne jeden Zweifel fossile Energieträger und Strom.
Beispiel AdBlue: Der Zusatzstoff wird für die Abgasnachbehandlung von Diesel-Motoren benötigt und eliminiert in Zusammenarbeit mit einem speziellen Katalysator giftige Stickoxide. AdBlue beinhaltet Harnstoff, doch dieser wird nicht in den Millionen Toiletten der Republik gewonnen, sondern durch ein anspruchsvolles Herstellungsverfahren auf der Basis von Erdgas. Unter Aufwändung von Energie wird daraus Harnstoff gewonnen (unter zusätzlicher Freisetzung von CO2 aus den chemischen Herstellungsprozessen). In Zahlen: Eine Tonne Harnstoff benötigt u.a. 85 bis 160 Kilowattstunden Strom und 0,9 bis 2,3 Tonnen Dampf[3]. Nach der Vermischung mit reinem Wasser muss das entstandenen Produkt dann abgefüllt (z.B. in 5 Liter Kanister aus Kunststoff…die vorher auch produziert und transportiert werden mussten), transportiert (an Tankstellen) und verkauft werden (auch im Online-Handel, was weitere LKW-Fahrten verursacht). AdBlue-Tankstationen für LKW, z.B. entlang der Autobahnen, werden per Transporter-LKW versorgt, was für zusätzlichen Treibstoffverbrauch sorgt. AdBlue ist also ganz sicher kein Naturprodukt, verschlingt Rohstoffe und Energie (weil nicht recyclebar) und setzt zusätzliches CO2 frei (Herstellung, Transport…). Da AdBlue bei -11,5 Grad zu gefrieren beginnt, muss gerade im Winter zusätzliche Energie zur Beibehaltung der Fließeigenschaften aufgewändet werden. Was lernen wir daraus:
Ein Elektroauto braucht kein AdBlue.
In einem Diesel-Fahrzeug verursacht der Einsatz von AdBlue zusätzlichen Energie- und Rohstoffverbrauch.
Beispiel Schmierstoffe: Schmieröle werden heute überwiegend auf Basis von Kohle erzeugt, auch andere Ausgangsstoffe sowie Rohöl werden verwendet. Der Herstellungsprozess ist aufwändig, benötigt Energie und setzt in Folge der chemischen Reaktionen bei der Herstellung auch viel Energie frei, die überwiegend „weggekühlt“ wird. Die entstandenen Produkte müssen abgefüllt, gelagert, transportiert und verkauft werden. Auch für Schmieröle werden Verpackungen benötigt (jede ATU-Filiale ist voll davon…), die natürlich auch erst hergestellt, bedruckt und transportiert werden müssen. Auch hier ist klar: Ohne den Einsatz von Rohstoffen und Energie gibt es kein Schmieröl zu kaufen, fährt kein Verbrenner.
Ein Elektroauto benötigt kein Motorschmieröl.
Der Bedarf an Schmieröl für einen Verbrennungsmotor verursacht zusätzlichen Energie- und Rohstoffverbräuche.
Bis hierher sollte klargeworden werden, dass große Mengen an Energie und Strom benötigt werden, um nur zwei der benötigten Antriebsstoffe (sekundäre Antriebsstoffe) eines Verbrenners zur Verfügung zu stellen. Vom Energieverbrauch, den der Konsument betreiben muss, um das Geld zu verdienen, diese Hilfsstoffe kaufen zu können, ganz zu schweigen.
Kommen wir nun aber zu den benötigten Kraftstoffen Benzin und Diesel, denn auch diese Hilfsstoffe, ich nenne sie primäre Antriebsstoffe, fallen weder vom Himmel, noch wachsen sie an der Tankstelle noch kommen sie einfach so aus dem Bohrloch. Benzin und Diesel sind ebenfalls hochindustrielle Produkte, die erzeugt/produziert, verarbeitet, gelagert und transportiert und verkauft werden müssen.
Beginnen wir unsere Betrachtung rückwärts, an der Tankstelle, denn hier beginnt die Entstehung der „grauen Energie“.
Jede Tankstelle ist beleuchtet, die Zapfsäulen benötigen für ihren Betrieb Strom, die Pumpen auch (Benzin und Diesel fließen nicht alleine in den Tank), der Tankstellenshop ist beleuchtet und klimatisiert, im Shop selber wird jede Menge Strom verbraucht (vom Kaffee bis zur Eistruhe) und auch die Kasse bis hin zum EC-Terminal benötigen Strom. Strom, der benötigt wird, um zu tanken. Nicht zum Fahren, nur zum Tanken. Rund 200.000 kWh pro Tankstelle[4]. Doch was ist vorher passiert?
Die fertigen Kraftstoffe müssen transportiert werden, von der Raffinerie zur Tankstelle. Dazu werden Pipelines, Tankzüge und Tanklaster benötigt, von denen jeden Tag hunderte, wenn nicht tausende deutschland- und europaweit unablässig unterwegs sind, um die flüssigen Treibstoffe im Land zu verteilen, von der Autobahn bis zur letzten Dorftankstelle. Auch hierfür wird Energie und Strom benötigt: für den Betrieb des Lasters (von dessen Herstellung, über den Treibstoffverbrauch bis zum Recycling nach seinem Lebensende), für den Triebwagen der Züge (teilweise elektrisch betrieben) bis zu den Pumpen. Alles benötigt Energie und Strom.
Nun zur Herstellung der Treibstoffe. Aus dem Chemieunterricht der Schule erinnern Sie sich an den Begriff Cracking. Richtig. Denn durch verschiedene Crackingverfahren wird aus Rohöl Benzin und/oder Diesel. Hierzu wird vor allem Eines benötigt: Energie, vor allem Wärme und Strom. So muss u.a. das Rohöl auf über 400 Grad erhitzt werden, um die chemischen Prozesse auszulösen, an deren Ende Benzin und Diesel (und viele andere Stoffe) stehen. Ohne den Einsatz dieser Hilfsenergie kein Kraftstoff. Und auch Strom, denn die ganzen Flüssigkeiten wollen von hier nach da gepumpt werden. Es gilt Filter zu versorgen und Ventile, es gilt, die Anlage zu steuern und zu beleuchten usw. usw. Laut einer Anfrage des Department of Energy in den USA von 2009 werden in einer Raffinerie rund 1,585 Kilowattstunden Strom für die Erzeugung eines Liters an Kraftstoff benötigt (6 kWh je Liter)[5]. Sehr genau bestätigt wird diese Angabe durch die GEMNIS-Datenbank. Für den Durchschnittsverbrauch von 7 Litern auf 100 km kommen alleine an dieser Stelle mehr als 11 Kilowattstunden an Strom zusammen. Dies reicht aus, um mit einem Elektrofahrzeug 50-80 Kilometer weit zu fahren. Klingt verrückt, stimmt aber. Alleine der Stromverbrauch zur Herstellung der Kraftstoffe entspricht also schon einem nennenswerten Anteil des Stromverbrauches eines Elektroautos. Egal aber, wie hoch die Zahl ist, deutlich wird, dass wir auf keinen Fall ausschließlich mehr Strom zum Betrieb der Elektrofahrzeuge benötigen, weil ja gleichzeitig der Bedarf an Kraft- und Hilfsstoffen sowie deren Herstellungsenergie sinkt. Dies muss man ins Verhältnis setzen.
Der direkte Stromanteil der Kraftstoffproduktion beträgt 50% und mehr der benötigten Antriebsenergie eines Elektroautos.
Aber es ist noch nicht zu Ende, die Qual geht weiter, denn jede Raffinerie muss ja irgendwie an den Rohstoff Öl kommen, d.h. das Rohöl muss zur Raffinerie transportiert werden und das geht in Europa zumeist via Pipeline. Die Total-Raffinerie in Leuna wird z.B. mit Rohöl aus Russland versorgt[6]. Ein Beispiel: Die südeuropäische Pipeline, die von der Hafenanlage in Marseille in das Rhein-Neckar-Gebiet verläuft und div. Raffinerien mit Rohöl versorgt (769 km). Um das Rohöl über diese Strecke zu transportieren braucht es mächtige Pumpen mit Leistungsaufnahmen zwischen 1600 und 2200 kW sind nötig, insgesamt 34 Stück. Der Jahresstromverbrauch liegt bei 100 GWh[7].
Beispielrechnung: Der durchschnittliche Stromverbrauch eines Elektroautos liegt inkl. Ladeverlusten bei 17,5 kWh pro 100 km; bei 12.500 km pro Jahr also bei knapp 2200 kWh/a. 100 GWh entsprechen 100.000.000 Kilowattstunden. Dieser Stromverbrauch entspricht dem Verbrauch von mehr als 45.000 Elektrofahrzeugen. Und das ist nur eine Pipeline. Viele weitere durchziehen Europa, Asien, die ganze Welt. Der Stromverbrauch…enorm. Besser in dieser Betrachtung fällt das Urteil über Gas (Erdgas/Autogas) aus, denn es benötigt weit weniger Transportenergie und weit weniger Erzeugungsenergie.
Abschließend bleibt nur noch der Blick auf den Weg des Rohöls über die Weltmeere. Auch hierbei werden große Mengen Energie benötigt, um das „schwarze Gold“ vom Bohrloch zum Hafen zu pumpen und über die Weltmeere zu schippern. Durch die Verbrennung von Schweröl in den Schiffsdieseln werden große Mengen Schadstoffe ausgestoßen. Und während des Schiffstransfers muss das Rohöl laufend warmgehalten werden, weil es sich sonst nicht am Zielhafen löschen lässt. Auch dies frisst Energie.
Fazit: Es ist richtig, dass die im Öl gebundene Energiemenge im Verhältnis deutlich größer ist, als der Energieaufwand für seinen Transport, jedoch ist auch der Energiebedarf elektrischer Fahrzeuge deutlich geringer als der von Verbrennern.
Auch wenn eine solche Betrachtung lückenhaft bleiben muss, weil kaum exakte Daten vorliegen bzw. keine Daten genannt werden (die Total-Raffinerie in Leuna verweigert jede Aussage zum Energieaufwand der Kraftstoffproduktion!) kann davon ausgegangen werden, dass die Vorkette von Benzin und Diesel große Mengen an Energie im Allgemeinen und auch viel Strom im Speziellen benötigt. Mit den benutzten Mengen an Öl, Gas, Kohle und Strom, die man braucht, um Kraftstoffe herzustellen, diese direkt für die Erzeugung von „Autostrom“ zu nutzen und nicht erst als graue Energie in den Kraftstoffen zu „speichern“, um diese dann im Fahrzeug zu verbrennen. Mich beeindruckt vor allem der Stromverbrauch in den Raffinerien. Wenn die vorliegenden Zahlen auch nur halbwegs stimmen, sinkt der zusätzliche Strombedarf deutlich. Wenn auch noch die Effizienz im E-Auto (Motor, Akku, Ladetechnik) und auch ganz allgemein steigt (z.B. durch den verstärkten Einsatz von LED-Leuchtmitteln oder Hocheffizienzpumpen) und die Stromerzeugung mehr und mehr vor Ort stattfindet (und damit Transportverluste weiter minimiert werden), dann fällt das Argument, es gäbe nicht ausreichend Strom für Elektrofahrzeuge, vollendens in sich zusammen.
[1] https://www.energie-lexikon.info/eigenverbrauch.html
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Übertragungsverlust
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Harnstoff
[4] https://www.aral.de/de/retail/presse/pressemeldungen/pm2010_01_19_aral-weltweit-erste-led-tankstelle.html
[5] https://www.heise.de/forum/heise-online/News-Kommentare/Studie-Elektroautos-in-China-umweltschaedlicher-als-Benziner/Herstellung-von-Benzin-verbraucht-auch-viel-Strom/posting-7885096/show/
[6] http://www.total.de/ueber-total/profil-in-deutschland/raffinerie-mitteldeutschland.html
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Südeuropäische_Pipeline
— Der Autor Julian Affeldt ist Gründungsmitglied der Interessengemeinschaft Elektromobilität Berlin-Brandenburg. Darüber hinaus engagiert er sich in der Lokalen Agenda21 Kleinmachnow. Der 49-jährige ist im Hauptberuf Lehrer für Mathematik, Physik und Geowissenschaften. Nebenberuflich arbeitet er als Energieberater für den BUND. —-
Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com
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Dann doch lieber gleich ein Elektroauto fahren.
Danke für die Fleißarbeit! Das musste mal gesagt werden. Ich fahre schon 17 Jahre elektrisch. Die weiten Strecken dann mit dem Fahrdraht.
Die Abstimmung des Mobilitätsbedarf kann in ganz vielen Anwendungen der e Antrieb sein. Der Wille zur Veränderung beim Einsatz aller Energien müssen beim Verbraucher ankommen, dazu trägt dieser Betrachtung bei. Die Wirtschaftlichkeit ist positiv bei durchdachter Planung. Aus eigener Erfahrung kann ich nur dazu raten.
(22 Jahre, 300000km mit e Antrieb
HELIO und 2 TWIKES Luftwärmepumpe mit Vorwärmung
Solarthermie, Potovoltaik, Vielschichtspeicher) Gerne
erzähle ich immer wieder die Geschichte für die enkelsichere
Zukunft.
Gut dass die Herstellung, der Transport und die Entsorgung der Akkus/Batterien kaum Energie benötigt.
Sehr geehrter Herr Affeldt, einzeln betrachtet sind ihre Aussagen weitgehend richtig und korrekt, leider werden sie aber im Zusammenhang falsch, da sie bei den einzelnen Punkten und Bereichen verschiedene Zeiträume, Einheiten und Systeme betrachten! Das sollte einen Mathe Lehrer nicht passieren!
Durch den vielen Text, fällt das vielleicht nicht jedem leser direkt ins Auge.
Weiterhin macht die Globaliersierung die Problematik nicht einfacher (einige Staaten forcieren die fossile Energie, andere die Erneuerbaren).
Fakt ist ohne Speicherkapazitäten werden wir mit der Netzstabilität große Probleme bekommen und das sollten auch Physiker und Physikerinnen (unsere noch Bundeskanzlerin) einsehen !
Gegen E-Mobilität habe ich nichts, aber bitte mit den richtigen Fakten!
John, ich verstehe die Kritik nicht, können Sie sie bitte erläutern? Welche Zeiträume meinen Sie? Nur weil Energie in verschiedenen Systemen „verbraucht“ bzw. umgesetzt wird, fließt sie dennoch in die Summe ein, richtig?
Was für den Gesamtverbrauch an Energie zählt, ist die Summe der Verbräuche an Benzuin und Strom. Was Herr Affeldt hier zeigt ist: der Betrieb eines Verbrenners verbraucht an den verschiedensten Stellen elektrischen Strom, auch an solchen, an denen das nicht offensichtlich ist (Transport von Öl, Produktion von Harnstoff, Cracking).
Ja Peter, da hast du natürlich recht, dass es sich hierbei um eine einseitige Darstellung handelt.
Doch sollte klar sein, dass das Entwicklungspotenzial beim Verbrenner nach 100 Jahren Entwicklung heute nahezu ausgereizt ist und die Batterie auch die kommenden Dekaden große Entwicklungssprünge machen wird, vielleicht rückblickend sogar als Brückentechnologie tituliert werden wird.
Hinzu kommt ohne Zweifel, dass der Energieträger für Verbrenner per Definition nicht nachhaltig ist, Elektrizität dies aber leisten kann.
Lasst uns darauf fokussieren, dass die technologische Entwicklung schnell voran geht und vor allem der Ausbau der Erneuerbaren überproportional wächst. Dann wird das ein Schuh draus und ein Hauptgewinn für die meisten.
Erstmal ein gut geschriebener Artikel .Ich hätte nur eine Anmerkungen zu der Aussage „6kWh pro !Gallone Sprit“ .Diese ist nur soweit korrekt das sich das DOE sich auf „Energy“ bezieht. Damit ist nicht nur Elektrische Energie gemeint sondern zum aller größten Teil Heizenergie die durch Verbrennung bereitgestellt wird. Als Elon Musk das vor ein paar jahren mal zur sprache brachte gab es einige berechungen dazu die sich auf Umweltberichte von Raffinerien in Deutschland stützten und dabei auf unter 0,1 kWh eletrische energie pro Liter Sprit kamen
Sehr gute Arbeit!!
Man könnte also durchaus als Faustformel sagen, dass ein Verbrenner gleicher Kategorie inklusive grauer Energie in etwa das 1,5 bis 2fache verbraucht als ein entsprechendes Elektrofahrzeug inkl. Leitungsverluste. Das Delta wird umso größer, je lokaler man die Energie erzeugt.
Dazu noch die Betrachtung der Schadstoffbilanz. Auch da ist der Verbrenner deutlich unterlegen.
Interessanter Artikel, der zeigt wie kompliziert alles miteinander verwoben ist.
Ich werde einen Renault ZOE kaufen und ihn vorwiegend mit PV Elektrik laden.
Einer der vielen Artikel der Elektrobefürworter, der Zahlen unkritisch verwendet.
1.58 kwh / liter Benzin wird an Strom verbraucht?
Haben sie die Zahl mal auf ihre Relevanz geprüft oder einfach bei Heise.de abgeschrieben, weil sie so toll ist?
1 kwh = ca. 30 c!
1 l Benzin kostet heute an der Rotterdammer Börse 1.48 e/Gallone. Das sind 39 c/ l! Selbst wenn eine Raffinerie den Strom für 20 c/ kwh kaufen könnte, bleibt da wohl kaum Gewinn für den Ölscheich übrig, der das Zeug gefördert, gelagert und nach Rotterdam gebracht hat.
Die Zahl ist schlichtweg Unsinn. Für ein Barrel würde ich die Zahl glauben. Da macht sie Sinn. Das sind 165 liter Öl, ca. 50 liter Benzin und 40 liter Diesel und andere Energieträger. Das macht ihre Berechnung allerdings obsolet.
Außerdem werden alle Prozesse, die sie in ihrem Beitrag beschreiben, auch auf die eine oder andere Weise benötigt, um Batterien herzustellen. Lithiumabbau ist extrem kostenintensiv. Da muss das Metall bei 1400 °C aus dem Erz geschmolzen werden. Keine Ahnung wie viel Energie das braucht. Ich will diesbezüglich nicht auf die anderen Bestandteile einer Batterie eingehen, aber ihre Argumente sind einfach einseitig. Batterieherstellung ist ein teurer und aufwändiger Prozess.
Es macht übrigens auch keinen Sinn, immer den Benzinpreis an der Tankstelle für Vergleichsrechnungen heranzuziehen. Die 300% Steuern kann man wohl kaum mitrechnen. Steigen wir in die E-Auto Wirtschaft ein, wird der Staat sich die 40 Milliarden/Jahr sicherlich beim Auto Strom holen.
>>> 1 kwh = ca. 30 c! […] Selbst wenn eine Raffinerie den Strom für 20 c/ kwh kaufen könnte […]
Das wäre der Preis für Privatkunden in Deutschland, das europaweit strompreismäßig an der Spitze der liegt.
Selbst in Deutschland liegen die Strompreise für Industriekunden abhängig vom Verbrauch aber darunter, nämlich zw. 8,7-15 ct. In anderen europäischen Ländern noch tiefer.
Siehe
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/151260/umfrage/strompreise-fuer-industriekunden-in-europa/
>>> Die Zahl ist schlichtweg Unsinn.
Da Ihre Grundannahme falsch war, kann auch Ihre Schlussfolgerung nicht richtig sein.
Womit heizen sie denn….., ich lach mich Kaputt, sie rechnen jetzt nicht tatsächlich den Stromverbrauch einer Heizung gegen den Ladestrom eines Autos, Auto geladen, Wohnung kalt. Womit heizen sie denn
Leider ist die Fleissarbeit zu einseitig. Nur mal angenommen, E-Fuel CO2 neutral produziert in nächster Nähe über erneuerbare Energien, verbrennt mit neuster Filtertechnik – und schon sieht die Produktion von Akkus daneben alt aus. Daneben filtert die ach so am Ende angekommene Technologie den Feinstaub der E-Mobile aus der Luft.
Übrigens, Bremsen die zuwenig gebraucht werden verschleissen wohl weniger, verrosten aber, verglasen und werden im Zuge der Verkehrssicherheit vor der Verschleissgrenze ersetzt. Da ist nix mit „halten länger“. Auch benötigt das E-Mobil Schmierstoffe. Und zwar alle, bis auf das Motorenöl. (Getriebeöl, Achswellenfette, Bremsflüssigkeit, etc.) Zudem schiesst die E-Mobilität mit den 500PS zwei Tonnen Strassenkreuzern an jeder Ökologie vorbei.
Ich bin nicht per se gegen E-Mobilität oder PV Anlagen. Überhaupt nicht. Doch spielen einfach noch viel mehr Faktoren mit. Graue Emmissionen in der Stromproduktion, Verlustleistung der Wandelung, Verlust bei Ladevorgängen bei Powerstationen und Fahrzeugen, die Liste ist wie bei fossilen Stoffen endlos lang…
Weiters, in einem oft mittelmässig gedämmten Haus, welches im tiefsten Winter um die 45°C Vorlauf für Radiatoren benötigt, da stösst die reine Stromheizung mit Wärmepumpen an ihre Grenzen von der Erzeugung von Wärme und Effizienz. Und wenn dabei noch das Dach, bzw. die PV verschneit ist, dann ist die ganze Rechnerei für die Katz und Gas plötzlich grüner. Nicht auszudenken, wenn E-Fuele eingesetzt werden könnten.
Dennoch muss was getan werden und an erneuerbaren Energien auf allen Ebenen und deren Erzeugung und Speicherung vor Ort weiter geforscht werden. Die Lobby sollte aber dabei bei den Fakten bleiben, denn das grosszügige Spiel mit den Zahlen ist für viele, zu Recht, unglaubwürdig und bildet eine Abwehrhaltung.
Letztendlich:
Nordafrika könnte ganz Europa mit sauberem Strom beliefern. Der Mensch ist aber politisch, religiös und schlicht zu dumm, um an einer Weltgemeinschaft zu arbeiten. Die hier thematisierten Transportverluste, die sind mit neusten (alten) Technologien wie Gleichstrom übrigens verschwindend gering….
Das Fazit: Wir haben ganz andere Probleme die wir angehen sollten – und hierbei nützt einseitiger Lobbyismus genau nichts.
Wer fährt außer Herrn Scheuer denn ein 500 PS E-Auto? Also ist der Vergleich übertrieben. Die Bremsscheiben an meinem ZOE sehen nach 1,5 Jahren noch blitzblank aus, sind weder verglast noch rostig.
Ein E-Auto erzeugt nur noch mit den Reifen Feinstaub und wenn man wie ich ECO fährt ist deren Abrieb gering. E-Fuel erzeugen braucht für die gleiche kWh Leistung im Vergleich zum Strom in den Accu tanken 3-4 mal so viel Strom. Und E-Fuel mit dem Kolbenmotor zu verbrennen ist noch schlechter. E-Fuels sind erst dann sinnvoll wenn es viel mehr Windstrom gibt, der anstatt abgeregelt zu werden dann in E-Fuel gespeichert werden kann.
Wieso kann man nicht richtig aus Originalquellen zitieren? „(6 kWh je Liter)“ -> Liter soll Gallone heißen! Was ist mit euch?