Die Solarworld AG hat ihre finalen Geschäftszahlen für 2016 vorgelegt. Dabei sind die im bereits im Februar vorgelegten Kennzahlen weitgehend bestätigt worden. Der Umsatz sei um fünf Prozent auf gut 803 Millionen Euro gestiegen, wobei etwas mehr als die Hälfte davon in den USA erzielt worden sei. Dagegen sei das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) mit -25,78 Millionen Euro wieder negativ – nach einem Gewinn von 40,8 Millionen Euro 2015. Der Verlust vor Zinsen und Steuern beläuft sich auf 98,8 Millionen Euro, wie aus dem am Mittwoch veröffentlichten Konzernbericht hervorgeht. Sein Eigenkapital beziffert Solarworld zum Jahresende 2016 mit 121,8 Millionen Euro und die Nettoverschuldung mit 302,4 Millionen Euro.
„An Herausforderungen mangelt es im internationalen Solargeschäft nicht. Die zweite Jahreshälfte 2016 war von Marktverwerfungen und verstärktem Dumping gekennzeichnet, was auch bei uns Spuren hinterlassen hat“, erklärte Solarworld-Vorstandschef Frank Asbeck mit Blick auf das Geschäftsjahr 2016. Dabei sei die erste Jahreshälfte gut gelaufen und Solarworld habe im zweiten Quartal ein positives Ergebnis erreichen können, doch der dramatische Preisrückgang im zweiten Halbjahr habe die Zahlen erheblich belastet und sei kostenseitig nicht kompensierbar gewesen.
Der Preisverfall sei vor allem durch die Überkapazitäten der chinesischen Konkurrenz begründet. Die chinesische Solarindustrie verfüge mittlerweile über Modulkapazitäten von etwa 90 Gigawatt, die Nachfrage 2016 habe in China bei „nur“ 34 Gigawatt gelegen, so Asbeck bei der Bilanzpressekonferenz in Bonn. In der zweiten Jahreshälfte hätten die chinesischen Hersteller ihre aufgebauten Lagerbestände von bis zu vier Gigawatt teilweise für 30 US-Dollarcent auf den Markt geworfen. Dies habe auch die Preise für hocheffiziente Solarmodule mit nach unten gezogen, so Asbeck weiter.
Mit einer Verkaufsoffensive habe Solarworld zum Jahresende immerhin die Lagerbestände reduzieren können. „Der durchschnittliche Verkaufspreis lag bei 58 Cent pro Watt“, erklärte Asbeck. Die chinesische Konkurrenz würde dagegen ihre Module für 75 Prozent der eigenen Kosten verkaufen. „Das kann man sich leisten, solange der Staat rettet“, sagte Asbeck. Solarworld sei dabei nicht das einzige Opfer der chinesischen Politik – auch Hersteller wie Sunedison, Sunpower und Hanwha Q-Cells habe es „stark erwischt“.
Bereits im Februar hatte Asbeck angekündigt, dass sich Solarworld künftig komplett auf monokristalline PERC-Produkte konzentrieren und aus der multikristallinen Technologie aussteigen wolle. Dies bekräftigte er am Mittwoch erneut. Die ersten Schritte seien bereits eingeleitet worden. Dabei geht es um die Bündelung der Produktionsaktivitäten an den deutschen Standorten. Die Kristallisation und die Zellproduktion will Solarworld zukünftig im thüringischen Arnstadt, die Wafer- und Modulfertigung im sächsischen Freiberg konzentrieren. Die kleinere Modulfertigung in Arnstadt und Zellproduktion in Freiberg werden nach den Plänen in diesem Jahr stillgelegt oder verlagert. An der Herstellung bifazialer Module wolle Solarworld auch künftig festhalten – als Weiterentwicklung des Ansatzes, sich auf monokristalline Photovoltaik-Produkte zu fokussieren.
„Die Fokussierung ist der Hebel, um radikaler als bisher unsere Kosten zu senken“, schreibt Asbeck im Vorwort des Vorstands im Geschäftsbericht 2016. Der Aufwand in fast allen Unternehmensbereichen könnten mit der Konzentration reduziert werden. Zudem seien mit der Bündelung der Produktionen Skaleneffekte verbunden sowie der Abbau von Redundanzen und die Vereinfachung von Prozessen. Gleichzeitig werde Solarworld durch die Maßnahmen etwa 400 Vollzeitstellen in den kommenden zwei Jahren abbauen. Im vergangenen Jahr war die Zahl der Mitarbeiter bei Solarworld auf mehr als 3000 gestiegen.
Die Trendwende für das Geschäft von Solarworld braucht Zeit. „2017 ist ein Jahr des Übergangs. Es kommt darauf an, dass wir die Fokussierung schnell und gut umsetzen“, erklärte Asbeck weiter. Gleichzeitig werde Solarworld einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag in den Ausbau seiner PERC-Kapazitäten in Deutschland und den USA investieren. Für das laufende Jahr rechne der Hersteller mit einem weiter steigenden Absatz bei etwa gleichbleibendem Umsatz. Beim EBIT werde eine Verbesserung angestrebt, aber es werde wohl erneut negativ ausfallen, so Asbeck. Bis 2019 soll sich dies ändern. „Bis 2019 wollen wir operativ wieder in den schwarzen Zahlen sein und das dann auch bleiben“, so der Solarworld-Vorstandschef. Dann will der Photovoltaik-Hersteller seinen Modulabsatz auch auf zwei Gigawatt jährlich gesteigert haben.
Als Damoklesschwert schwebt weiterhin der Hemlock-Prozess über Solarworld. Im vergangenen Sommer hatte ein US-Richter dem Polysilizium-Hersteller einen Schadenersatz von 585 Millionen US-Dollar plus 208 Millionen US-Dollar Zinsen zugesprochen. Davon betroffen ist die Tochtergesellschaft Solarworld Industries Sachsen. Der deutsche Konzern hat gegen den Einzelrichterentscheid Rechtsmittel eingelegt und geht auch weiterhin davon aus, dass ein solches Urteil in einem Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren in Deutschland nicht durchsetzbar ist, wie im Geschäftsbericht betont wird. Daher wird bei der rechtlichen Risikoanalyse die Eintrittswahrscheinlichkeit weiterhin als gering eingestuft.
Insgesamt bewertet der Solarworld-Vorstand die wirtschaftliche Lage basierend auf Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage „als sehr schwierig“. Zwar sollten sich die strategischen Maßnahmen positiv auf die Ertragslage auswirken, allerdings könnten Verzögerungen und Schwierigkeiten nicht ausgeschlossen werden. Dies würde zusätzliche Liquiditätsrisiken für Solarworld bergen, die die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft einschränke könnte.
Auf der Bilanzpressekonferenz konterte Asbeck auch Aussagen des Trina-Solar-Vorstandschefs. In einem am Mittwoch im „Handelsblatt“ veröffentlichten Interview erklärte Gao Jifan: „Solarworld ist eine Firma ohne jede Wettbewerbsfähigkeit. Sie muss und wird aus dem Markt verschwinden.“ Es sei nur eine Frage der Zeit, da sich Solarworld nicht ewig mit Protektionismus über Wasser halten könne. Asbeck sagte dazu: „Die Alternative zum Sterben ist Weitermachen. Und das machen wir mit einem tollen Produkt und Alternativen.“ (Zitate und Aussagen von der Bilanzpressekonferenz lieferte Michael Forst vom Europressedienst)
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