Dieser hypothetische Fall ist realistisch und zeigt, wie O&M-Dienstleister Enovos dem Problem auf die Spur kommen würde, wenn die erste Indikation ein Ertragsproblem ist und dahinter zehn Prozent der Bypassdioden ausgefallen sind.
Die Anlage: Freiflächenanlage mit fünf Megawatt Leistung, die 2011 in Betrieb gegangen ist. Sie nutzt einen Zentralwechselrichter und hat ein strangaufgelöstes Monitoring. Die Module sind mit 30 Grad nach Süden ausgerichtet. Über einen Einstrahlungssensor wird die Performance Ratio der Anlage ermittelt.
Das meldet das Monitoringsystem: In vielen Strängen zeigen sich negative Abweichungen von Strömen einiger Stränge im Vergleich zu anderen Strängen, die in der Anzahl der angeschlossenen Module, im Neigungswinkel und der Ausrichtung ähnlich sind. Die Performance Ratio der Anlage ist niedriger als an Tagen mit vergleichbarer Einstrahlung im gleichen Monat des Vorjahres. Die Monitoringsoftware meldet einen Fehler in der Anlage. Bei genauerer Betrachtung der Ertragskurven an Tagen mit hoher Sonneneinstrahlung sind vereinzelt Knicke in den Kurven, also plötzliche Strangstromabfälle, zu beobachten, die nicht wieder ansteigen.
Vermutung: Die plötzlichen spontanen Einbrüche in den Strangströmen deuten auf den Ausfall von einer oder mehreren Bypassdioden in verschiedenen Modulen hin. Der Ausfall einer Bypassdiode in einem Modul hat in der Regel die Abschaltung eines von drei Zellstrings innerhalb eines Moduls zur Folge. Die Modulleistung sinkt also schlagartig um ein Drittel. Ein Ertragseinbruch dieser Größenordnung und bei mehreren Modulen ist bei guten Einstrahlungsverhältnissen in der Ertragskurve eines Strangs erkennbar. Bei schwacher Einstrahlung kann dieser Effekt deutlich schlechter zu erkennen sein. Der Ausfall einer einzelnen Bypassdiode in einem Messkanal mit 48 Modulen führt immerhin nur zu einer Abweichung des Strangstroms von unter einem Prozent.
Da diese Effekte in den Kennlinien mehrerer Stränge auftreten, ist es wahrscheinlich, dass es sich nicht um ein einzelnes lokales Problem handelt, sondern die Probleme in der gesamten Anlage verteilt sind. 100-prozentig sicher, dass es sich um ausgefallene Bypassdioden handelt, kann man sich trotzdem nicht sein. Es könnte sich beispielsweise auch um Verschmutzungen handeln, die aber nicht plötzlich auftreten. Im Falle eines Blitzeinschlages hingegen werden die Probleme in der Regel nur in einem bestimmten Teil der Anlage in dieser Größenordnung auftreten und nicht in der gesamten Anlage.
Maßnahme zur Identifikation des Fehlers und der betroffenen Module: Der Gesamtertrag der Anlage ist aufgrund des vorliegenden Problems bereits um mehr als vier Prozent gesunken. Die Anlage aus dem Jahr 2011 erhält eine Einspeisevergütung von 21,11 Cent pro Kilowattstunde. Würde die Anlage fehlerfrei laufen, würde sie rund fünf Millionen Kilowattstunden pro Jahr erzeugen und diese gegen eine Vergütung von 1.055.500 Euro pro Jahr in das öffentliche Netz einspeisen. Eine Ertragsminderung von vier Prozent würde jährliche Mindereinnahmen von mehr als 42.000 Euro bedeuten. Bei dieser Summe lohnt sich in jedem Fall eine Untersuchung des Problems, da die Kosten für Fehlersuche und -behebung wahrscheinlich niedriger liegen als ihr Nutzen.
Da der Fehler über die gesamte Anlage verteilt zu sein scheint, werden zuerst stichpunktartig Untersuchungen (unter anderem mit einer Thermografiekamera) vorgenommen, um das Fehlerbild eingrenzen zu können. Kennlinienmessungen oder ähnliche Untersuchungen von allen Strängen oder Modulen sind zu diesem Zeitpunkt zu aufwendig. Nach der Entdeckung der ausgefallenen Dioden an einer nennenswerten Anzahl an Modulen gilt es, den genauen Umfang des Problems und die Positionen der ausgefallenen Dioden beziehungsweise Module festzustellen. Daher entscheidet sich der Betriebsführer für eine Thermografieuntersuchung der gesamten Anlage mittels einer Drohne. Für diese wird ein Schätzpreis von etwa 1.000 Euro pro Megawatt veranschlagt. Die Aufnahmen kann ein Drohnenpilot in weniger als einem Tag anfertigen, vorausgesetzt es handelt sich um einen Tag mit durchgängig hoher Sonneneinstrahlung.
Die Entscheidung fällt zusätzlich leicht, weil im Thermografiebild auch andere Defekte sichtbar werden, die zum Beispiel inaktive oder überhitzte Zellen zur Folge haben. Sollte das Problem also nicht bei den Bypassdioden liegen, werden die Messungen trotzdem helfen.
Da für brauchbare Aufnahmen, in denen auch kleinere Auffälligkeiten sichtbar werden, eine hohe Sonneneinstrahlung Voraussetzung ist, muss entsprechend geplant werden. In Deutschland kann es einige Tage oder Wochen dauern, bis entsprechend gute Wetterverhältnisse herrschen. Dann muss man schnell agieren.
Auch wenn die Anfertigung der Aufnahmen relativ schnell geht (bei Drohnenthermografie sind bis zu zehn Megawatt pro Tag möglich), kann die Auswertung der Bilder durch einen externen Dienstleister einige Wochen dauern.
Auswertung der Untersuchung: Im Thermografiebild zeigt sich, dass rund zehn Prozent der Module einen oder mehrere ausgefallene Zellstrings aufweisen. Dies wiederum bestätigt die Vermutung, dass die Ertragsminderung durch ausgefallene Bypassdioden verursacht wird.
Folgen der Untersuchung: Die Produktgewährleistung greift bei diesen Modulen nach der Betriebszeit von sechs Jahren nicht mehr. Da die Leistung eines Moduls aber bei einer dauerhaft ausgefallenen Bypassdiode um mindestens 30 Prozent sinkt, kann der Bertreiber sich gegenüber dem Hersteller auf die gewährte Leistungsgarantie berufen. Diese garantiert auch nach 20 Jahren Betriebszeit noch eine Leistung von in der Regel 80 Prozent der Ausgangsleistung. Auch wenn die Kosten für den Ausbau der kaputten Module und den Wiedereinbau der Ersatzmodule vom Betreiber übernommen werden müssen, lohnt es sich aufgrund der hohen Ertragsverluste, den Garantiefall geltend zu machen und die defekten Module auszutauschen. Der Austausch der defekten Module wird entsprechend umgesetzt.
Falls der Modulhersteller nicht mehr am Markt tätig und seine ursprüngliche Modulgarantie also wertlos geworden ist, lohnt es sich, die Modulanschlussdose und die Dioden genau in Augenschein zu nehmen. Bei Modulen dieser Zeit wurden oft Steckdioden verwendet, die sich mit wenigen Handgriffen und mit Materialkosten im Cent-Bereich austauschen lassen, um wieder ein vollwertiges Modul zu erhalten. Falls die Dioden eingelötet sind, steigt der Aufwand. Falls die Anschlussdosen allerdings vergossen sind, lassen sich die Dioden nicht mehr tauschen; es bleibt aber immer noch die Möglichkeit, die gesamte Anschlussdose zu verträglichen Kosten zu tauschen. Normalerweise würde man mit einem solchen Vorgehen die Modulgarantie riskieren, die aber in unserem Falle ja sowieso hinfällig ist.
Aufwand der Fehlersuche in diesem Fall
Abschätzung der Kosten für die Fehlersuche nach Fehlermeldung durch das Monitoring:
Etwa 5.000 Euro für die Thermografieuntersuchung + ein Manntag
Abschätzung der Wartezeit, bis die Module lokalisiert sind:
Einige Wochen
Andere Artikel aus dieser Serie:
Was, wenn … Modulstränge ausfallen?
Was, wenn … Module verschmutzt sind?
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Super Idee eine solche Serie zu starten, jedoch 2 Anmerkungen zu diesem Artikel:
1) Bei ausgefallenen Dioden sinkt durch den Wegfall eines Teilstrings nicht der „Strangstrom“, wie hier öfters beschrieben, sondern die Strangspannung (Leerlauf sowie Betriebsspannung).
2) Bei vielen Herstellern kann im Fehlerfall außerhalb der Produktgarantie nicht auf die Leistungsgarantie berufen werden, da diese sich ausdrücklich auf die Leistungsabnahme aufgrund der Zelldegradation bezieht. Hierbei sollten die Garantiebedingungen vorher genau durchgelesen werden!
Die Aussagen zu Strangstrom und Strangspannung ist im Prinzip korrekt. Die Stränge sind jedoch parallel verschaltet, dadurch liegt an allen Stränge die gleiche Spannung an. Der belastete Strang (geringer Leerlauf U0 und Betriebsspannung Umpp) wird somit nicht mehr im besten Arbeitspunkt betrieben. Der Arbeitspunkt verschiebt sich vom Umpp Richtung U0. Und somit in der Parallelschaltung zu einem geringeren Strom. Wenn die Strangströme durch ein Monitoringsystem überwacht werden, dann bemerkt man so die Spannungsreduzierung im Strang. Erst wenn die Stränge voneinander getrennt werden ist die reduzierte Strangspannung am betroffen Strang auch messbar.
Da die Leistungsgarantie eine freiwillige Leistung ist und die Garantiebedingungen von jedem Hersteller nach eigenem Gutdünken festgelegt werden können, sind alle möglichen Regelungen natürlich denkbar. Für eine Leistungsgarantie des Moduls sollte aber immer die Ausgangsleistung des gesamten Modules ausschlaggebend sein und nicht nur einer Komponente davon. Eine Garantie nur auf Zelldegradation schließt sehr viele weitere mögliche Ursache für Minderleistung der Module aus. In der Praxis hatten wir dieses Thema noch nie, sondern konnten immer mit der Leistungsgarantie unabhängig von der Zelldegradation argumentieren und auch Forderungen durchsetzen.
Aber es stimmt – wer lesen kann, ist klar im Vorteil;)
Ich darf mich erstmal meinem Vorkommentator anschließen. Zudem eine Anmerkung zu dem Thema Blitzeinschlag: Die Aussage, dass bei einem Blitzeinschlag die Probleme nur bei einem bestimmten Teil der Anlage auftreten, kann ich nicht teilen. Bei einem direkten Blitzeinschlag ergeben sich sicher ganz andere Fehlerbilder, teilweise mit mechanischen Schäden. Bei einem indirekten Blitzeinschlag (z.B. Wolke-Wolke-Blitz oder Naheinschlag Wolke-Erde) können durch induktiv eingekoppelte atmosphärische Überspannungen ebenfalls Bypassdioden beschädigt werden – und zwar weitgehend verteilt auf die komplette Anlage. In diesem Fall wäre ggf. ein Versicherungsschaden angezeigt, soweit ein solcher Schaden unter Beachtung möglicher Obliegenheiten (z.B. der Einbau von Blitz- und Überspannungsschutzvorrichtungen) ersatzpflichtig versichert ist.
Unsere Aussage, dass bei einem Blitzeinschlag nur Teile einer Anlage betroffen sind, gilt selbstverständlich nur bei größeren Anlagen. Je kleiner eine Anlage ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie vollständig betroffen ist. Da wir unter anderem Anlagen betreuen, die eine Ausdehnung von mehreren hundert Hektar haben, treten bei uns hauptsächlich Blitzschäden auf, die nur einen Teil der jeweiligen Anlage betreffen.
In der Praxis hatten wir bei der Kommunikation mit den zuständigen Versicherungen noch nie Probleme, wenn die Datenlage sauber aufbereitet wurde mit Blitzortungs-Website-Infos, Daten aus dem Monitoring System und einer nachvollziehbaren Ertragsausfallberechnung. Natürlich hilft auch immer wieder eine zügige Instandsetzung und Schadensminimierung mithilfe eines gut bestückten Ersatzteillagers.
Ein sehr interessanter Artikel Hr. Sieg,
einschlägige wissenschaftliche Institute haben dies bereits intensiv Untersucht. Hintergrund ist die thermisch unterdimensionierte und nicht Spannungsfeste Schottky Diode, die meist als ByPass eingesetzt wird. Das Bauteil kann sowohl Hoch- wie auch Niederohmisch im Fehlerfall werden. Wird es Hochohmig kann im Verschattungsfall die Zellstruktur geschädigt werden, bei Niederohmigkeit verliert das Modul die Leistung des jeweiligen Modulstrings (jew. 1/3). Eine Schädigung kann zum einen durch eine thermische Überlastung bis zur Zerstörung der ByPass Diode durch den „thermal runaway effect“ oder eine Überspannung auftreten, z.B. durch einen Blitzeinschlag nahe der Anlage. Die Schädigungen müssen nicht zwangsläufig sofort zum Ausfall der Diode führen sondern können lediglich das Bauteil vorschädigen und der Ausfall tritt erst deutlich später ein, was die Argumentation mit der Versicherung erschweren könnte. Abhilfe schafft der Einsatz von aktiven ByPassLösungen.
… Jawohl ! … höchst interessantes Thema … Voila ! …
denn auch bei mir ! .. meiner kleinen Inselanlage .. mit nur 6oo Wp Solarmodul-Leistung .. ist seit letzter Woche praktisch der Strom aus-geh-fallen … genauer gesagt .. von möglichen bis zu 4o A Ladeströmen .. kommen jetzt nur noch migrige .. o,2 A .. aus den Modulen !!! .. bei nach wie vor .. 21,7 V .. Spannung und maximal bis zu .. 3,o W .. Leistung … der Kundenberater vom Hersteller hat gemeint .. daß mein einjähriger .. 12 V 33o Ah AGM-Akku .. zu alt wäre .. oder gar kaputt ist … Lol ! … vermutlich durch einen Blitzschlg verursacht !!! .. bei dem Regen-Wetter in der letzten Woche … das ist meine Vermutung !!! … und würde es auch erklären .. warum alle Kabel intakt sind ! .. und auch der Laderegler nach wie vor funktioniert …