In Japan ist der Einsatz von Elektrofahrzeugen anstelle von stationären Heimspeichern bereits ein Trend. Japaner kaufen Elektroautos und Plug-in-Hybride nicht nur, um damit umweltfreundlich mobil zu sein, sondern auch, um zumindest kurzzeitig autark zu werden. Sie nutzen sie als Absicherung gegen Stromausfälle, von denen ihr Land seit der Fukushima-Katastrophe geplagt ist. Die bidirektional einsetzbaren Speicher ihrer Fahrzeuge liefern, wenn nötig, Strom für den Haushalt, und im Katastrophenfall könnten Hybride ihre Batterien sogar im Stand laufend nachladen.
Interesse gebe es auch aus Deutschland, berichtet Peter Siegert von Mitsubishi Motors. Mittelständische Unternehmer mit oder ohne Photovoltaikanlage würden bidirektionale Elektrofahrzeuge gerne nutzen, um damit Lastspitzen zu glätten und künftig nicht nur Benzinkosten, sondern auch Stromkosten zu sparen.
Ladeboxen kennen nur eine Richtung
Ein kleines Mitsubishi Electric Vehicle, ehemals bekannt als i-Miev, hat einen Speicher von 17 Kilowattstunden. Der Hersteller gibt davon 12 Kilowattstunden für externe Zwecke frei. Ein stationärer Speicher in gleicher Größe würde zwischen 12.000 und 15.000 Euro kosten. Für das gesamte Fahrzeug mit 160 Kilometern Reichweite und der Chance, die Batterie in der Firma oder auch zu Hause zu nutzen, muss man netto 20.000 Euro bezahlen. Das zeigt, wie nahe der Gebrauch von Elektroautos als Homespeicher schon ist.
Noch ist das einzige Manko: Der stationäre Speicher ist ins Energiemanagementsystem (EMS) des Hauses eingebunden, das Fahrzeug leider nicht. Es fehlt die bidirektionale und smarte Ladebox, die mit dem EMS kommuniziert und ihm mitteilt, wann der Fahrer losfahren möchte und welche Reichweite er wünscht. Damit das Fahrzeug dann so weit als möglich mit überschüssigem Solarstrom geladen werden kann oder abends Energie zurückgibt. Davon sind derzeit allenfalls Einzelanfertigungen und Prototypen erhältlich, die jeden Kostenrahmen sprengen.
Peter Siegert stellt seinen Kunden für Anfang 2016 ein Produkt in Aussicht, dessen Preis zunächst wegen der geringen Stückzahlen „im mittleren vierstelligen Bereich“ liegen soll. Es handelt sich um eine DC-Wallbox, die in der Lage sei, das Auto mit 10 Kilowatt zu laden und bei Bedarf 9,3 Kilowatt bereitzustellen.
Parkend Geld verdienen
Auch der e-up von Volkswagen kann es – theoretisch. Im Projekt INEES hat der Autohersteller gemeinsam mit Lichtblick, SMA und dem Fraunhofer IWES gezeigt, dass sich die Fahrzeugbatterien netzdienlich laden und entladen lassen, um Sekundärregelleistung zu erbringen. Die von SMA entwickelten bidirektionalen DC-Ladeboxen waren bei den Teilnehmern zu Hause und manchmal in der Firma installiert. Der Nutzer legte seine Fahrzeiten und Reservebatteriemenge fest, und Lichtblick wirtschaftete mit der verbleibenden Speichermenge. Als Teil einer Schwarmbatterie könne ein Auto im Jahr auf diese Weise bis zu 1.000 Euro erwirtschaften, meldete das Energieunternehmen. „Die Erfahrungen aus diesem Projekt ließen sich ohne Weiteres auf andere Anwendungsfälle übertragen“, sagte VW-Projektkoordinator Georg Bäuml.
Doch das ambitionierte Forschungsprojekt wird in näherer Zukunft noch nicht in Serienprodukte einfließen. „Wir haben komplex getestet, wie weit man gehen kann, doch bis dahin sind noch einige Zwischenschritte nötig“, so Bäuml. Zunächst müsse zum Beispiel ein Standard für die Gleichstromentladung erarbeitet werden. Das ist auch einer der Gründe, warum SMA die bidirektionale Ladebox nicht in absehbarer Zeit auf den Markt bringt.
Doppeltes Peakshaving
Das wurmt Menschen wie Robin Berg. Der Unternehmer aus dem niederländischen Utrecht hat ständig Solarstrom übrig, weil seine Dachanlagen auf Schulen vom dort üblichen Net-Metering nicht profitieren. Außerdem gibt es in den Niederlanden schon viele Elektroautos und Plug-in-Hybride. Wenn diese am späten Nachmittag aufgeladen werden, verursachen sie schon heute Lastspitzen. „Bis Ende 2016 werden Autos auf den Markt kommen mit Batterien, mit denen man 300 Kilometer weit fahren kann. Sie haben mehr Energie im Speicher, als ein durchschnittlicher niederländischer Haushalt in einer Woche verbraucht“, schreibt er in einem Positionspapier. Es wäre dumm, dieses Potenzial nicht zu nutzen.
Da er in einem zentralen Stadtteil von Utrecht wohnt, in Lombok, hat er eine nachbarschaftliche, kooperative Lösung gefunden und unter anderem seinen Verteilnetzbetreiber Stedin dafür begeistert. Bis Ende des Jahres werden nun 20 Ladesäulen im Bezirk errichtet, die Elektroautos immer dann laden, wenn die umliegenden Solaranlagen Überschussstrom einspeisen. Da diese mit Smartmetern ausgerüstet sind, ist es einfach, die Strommenge zu messen. Im Gegenzug sollen dann Fahrzeuge, die sich am Test beteiligen, abends entladen werden, wenn die Nachbarschaft zusätzlichen Strom benötigt. Für einen Netzbetreiber wie Stedin ist dieses Modell doppelt vorteilhaft. Der neue Service bindet Kunden, und gleichzeitig wird der teure Netzausbau vermieden.
Der Test hat in diesem Frühjahr begonnen und soll zu einer Blaupause für viele andere Städte werden. Im Unterschied zu den Pilotprojekten in Deutschland setzt Berg auf das Laden und Entladen mit Wechselstrom. Solche Ladepunkte seien für Städte günstiger zu installieren, da sie nur einen Anschluss benötigen und nicht drei verschiedene, wie es beim DC-Laden üblich ist. Außerdem ließen sich nur mit billigen Ladepunkten langes Stehen und „Laternenparken“ rechtfertigen. Allerdings ist auch für das Entladen von Wechselstrom bisher kein Standard vorhanden und es sei bisher auch bei keinem Modell möglich, beklagt Berg, obwohl es technisch ohne Weiteres machbar sei. BYD habe immerhin zugesagt, für den Test fünf Fahrzeuge für die AC-Entladung zur Verfügung zu stellen. Doch das sind in Bergs Augen nur kleine Hindernisse. Dahinter sieht er eine Zukunft, in der Photovoltaik und Elektromobilität in Städten gemeinsam weiter wachsen können.
Der Trend ist da, der Nutzen wäre groß, doch die Autohersteller gehen damit sehr unterschiedlich um. BYD, Nissan und Mitsubishi geben grünes Licht und sehen ihre Batterien durch den bidirektionalen Einsatz nicht in Gefahr. VW und BMW blinken gelb. Sie warten auf Standards und weitere Testergebnisse. Mercedes und Tesla versuchen auch, mit einem eigenen stationären Speicher zu punkten. Vielleicht ist das ja auch nur ein weiterer Test und ein Zwischenschritt – zu mehr Bidirektionalität auch im Fahrzeug. (Cornelia Lichner)
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