Wie viel Ballast auf eine Flachdachanlage gehört, damit sie sich nicht verschiebt oder bei Sturm einfach abhebt, kann der Bauherr, der in der Regel Laie ist, kaum einschätzen. Und auch Installateure sind in der Regel auf die Berechnungen des Herstellers des Montageystems angewiesen. Peter Grass, Geschäftsführer des Herstellers PMT, berichtet von einem Bauherren, der eine Photovoltaikanlage auf einem zweistöckigen Industriegebäude errichtet hatte und im nachhinein Zweifel an der Ballastierung seiner Anlage bekam. Schon nach einem Jahr hätten sich dort leichte Verschiebungen des Modulfelds gezeigt, das mit knapp drei Kilogramm pro Quadratmeter beschwert worden war.
Grass kam in einem Vergleichsangebot zur selben Anlage dagegen auf 12,48 Kilogramm pro Quadratmeter. Das war ihm Anlass genug, einen Versuch zu starten. Er holte insgesamt sechs Angebote für dieselbe Anlage ein und rieb sich die Augen. Es zeigte sich, dass nur ein Teil der Anbieter mit dem höheren und in seinen Augen notwendigen Ballast rechnete. Der andere Teil der Anbieter blieb deutlich unter den veranschlagten Gewichten. Davon abgesehen, dass diese Mitbewerber für niedrigere Gewichte auch geringere Preise verlangen können und Dächer nutzen, die statisch für einen schwerere Anlage nicht ausreichen würden, stellt sich die Frage: Sind diese Anlagen auch ein Sicherheitsrisiko? Peter Grass sagt: „Sinnvolle Ballastwerte werden teilweise mehr als 20-fach unterschritten. Diese niedrige Ballastierung wird Böen, die auftreten können und in der Anlagennutzungszeit auch auftreten werden, nicht standhalten. Das System wird sich durch nur mäßigen Wind verschieben und im nächsten nennenswerten Sturm abheben.“
pv magazine Webinar
Peter Grass von PMT analysiert in dem kostenfreien Webinar die Ergebnisse des Ballastvergleichs und stellt sie zur Diskussion. Thorsten Kray vom Institut für Industrieaerodynamik in Aachen wird eine Checkliste vorstellen, mit sich eine Ballastberechnung überprüfen lässt.
Ein weiterese Haftungsthema im Webinar wird die bauaufsichtliche Zulassung sein. Eine solche hat PMT jetzt für das ganze System, nach Grass Aussage ein Alleinstellungsmerkmal. Im Webinar wird es auch daraum gehen, was das bedeutet.
Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.
Um einen echten Vergleich zu ermöglichen, betrachtete Grass die Ballastierung von einem thermisch vom Rest des Modulfeldes getrennten Block mit drei Doppelmodulen längs und sechs Doppelmodulen in Querrichtung. PMT selbst platziert in den Eckbereichen 90 Kilogramm in allen vier Ecken und nach innen geringer werdende Ballastwerte mit dem geringsten Innenbereichsballast von 21 Kilogramm. Zwei Mitbewerber hatten die gleiche Systematik. Ein Mitbewerber verfolgte zwar einen ähnlichen Ansatz, er verwendete aber deutlich weniger Ballast. Bei drei Mitbewerbern wurde nicht nur deutlich weniger Ballast im Eckbereich eingesetzt, sondern auch ein abweichendes Schema. So verteilten sie den Ballast ringförmig über das gesamte Modulfeld, und nicht ringförmig über den betrachteten Ausschnitt, berichtet Grass. Einer der Mitbewerber betrachtete sogar das gesamte Dach als einen großen Einflussflächenblock und hielt es nur bei den ersten zehn Modulen, die nahe am Rand des Dachs liegen, für nötig, sie überhaupt mit Zusatzgewicht zu belegen.
Windkanaluntersuchungen alleine reichen nach Grass‘ Ansicht daher nicht aus, um den richtigen Ballast festzulegen. Denn wie groß ein Einflussflächenblock anzunehmen sei, gehe nicht als Schlussfolgerung aus einem Windkanalversuch hervor, sondern müsse der Hersteller als Annahme dem Aerodynamik-Ingenieur mitteilen. Und ein Hersteller kann es nur wissen, indem er die Steifigkeit seines Systems untersucht.
Aerodynamik-Experte: eine Lasteinflussfläche kann selten mehr als 15 Module umfassen
Auch Thorsten Kray, Leiter der Abteilung für Aerodynamik und Photovoltaik-Windlasten des I.F.I. Instituts für Industrieaerodynamik in Aachen, hat die Erfahrung gemacht, dass Hersteller Ballastierungen sehr unterschiedlich berechnen. Er kennt Fälle, bei denen er davon überzeugt ist, dass es sich nicht um Rechenfehler, sondern um Absicht handelt.
„In einem typischen Fall waren das Eigengewicht der Module und der Unterkonstruktion in beiden Angeboten jeweils nahezu identisch, trotzdem kam einer auf 23.000 Kilogramm Gesamtballast und der andere nur auf 4.000“, sagt er. Da über die Gleichungen zur Berechnung von Ballast in der Fachwelt aber Einigkeit herrsche, liege somit nahe, dass einer der Systemhersteller bewusste Ballastreduzierungen vorgenommen habe, um sich einen Vorteil bei der Auftragsvergabe zu ergattern. „Dazu kommt noch, das dieser Anbieter außerdem einen Haftungsausschluss hat, so dass der Installationsbetrieb haftet, auch wenn der Schaden an fehlerhaften Berechnungen des Auslegungstools des Herstellers liegt.“ Kunden und Installateure sollten die Ballastberechnungen daher kritisch hinterfragen.
In einer Checkliste für Installateure und Bauherren formuliert er unter anderem den Tip: Für den Lastfall Abheben können nur kleine Lasteinflussflächen angesetzt werden, die selten mehr als 15 Module beinhalten.
Mehr dazu finden Sie in der pv magazine Ausgabe, die am 25. September erscheint. Einer der Schwerpunkte behandelt das Thema Ballastierung.
Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.
Mich irritiert ein wenig, wie schnell sich redaktionelle Meinung anpasst!
Im August titelte Frau Lichner noch (mit Initiativpartner IBC) „Photovoltaik-Dachanlagen auch ohne Ballast möglich“. Jetzt wird dem unbedarften Leser suggeriert, es müssten mindestens 90kg in jeder Ecke sein.
Was mir völlig fehlt ist der Hinweis, dass es unterschiedlich gut optimierte Aerodynamiksysteme gibt im Markt! (Manche sind auch gar nicht optimiert). Sonst wären ja keine individuellen Windkanalversuche mehr nötig für die verschiedenen Systeme.
Zustimmen möchte ich Herrn Grass bei seiner Kritik, dass sich leider viele Anbieter im Kleingedruckten aus der Verantwortung ziehen beim Thema Ballastierung. Wir bei Ilzosurf leisten daher die Windlastberechnung und die Ballstierungszeichnung nicht mit einem Webtool, sondern im 4-Augen Prinzip durch qualifizierte Mitarbeiter und stehen dann auch gerade für diese Angaben. Dieses Thema ist zu komplex, als dass man den Kunden damit allein lassen kann.
Hallo Herr Jung, wie Herr Fuhs schon sagt, kann man die beiden Themen nicht miteinander vergleichen. Wir von IBC-Solar werden täglich mit den Äußerungen von Kunden konfrontiert, die von xy brauchen viel weniger Ballast wie Ihr, warum. Nach genauer Studie der Berechnungen – hierbei beurteilen wir nicht die Rechenoperationen mit Hilfe des Windgutachtens – fällt uns dann auf, dass mit ganz anderen Voraussetzungen gerechnet wird. Hier gebe ich Herr Kray Recht, dass dies wahrscheinlich mit Absicht gemacht wird, um an einen Auftrag heranzukommen. Ich bin gespannt auf die Ausführungen in diesem Webinar, aber den Bericht habe ich in einigen Passagen nicht so richtig verstanden. Welches System (Süd- oder Ost-West Aufständerung) wurde verglichen und wie sieht das Modulfeld aus? Also bis Donnerstag.
Hallo Herr Fleischmann, jetzt ist das Webinar zuende und ich bleibe bei meiner Wahrnehmung. In erster Linie werden Kunden verunsichert! Auch die, die bei seriösen Anbietern deutlich niedriger ballastierte Systeme kaufen – dazu zähle ich Sie und auch uns. Interessanterweise waren Ihr und unser (Ost-West)-System (jetzt wissen wir ja um was es ging) nicht Bestandteil des Vergleichs. Ich biete Ihnen und auch Herrn Grass an, das besagte Dach einmal mit Ihrem und unserem System zu vergleichen – unter Aufsicht von Herrn Kray vom i.f.i. Institut in Aachen – mit festgelegten Parametern (Windlastzone, Geländekategorie, Reibwert etc.) und veröffentlicht von Herrn Fuhs. Dann würden die nun verunsicherten Webinarteilnehmer sehen, dass der Unterschied der aerodynamischen Eigenschaften der Systeme viel umfangreicher ist, als hier dargestellt. Wo ich das Angebot von Herrn Grass gerne aufgreifen möchte, ist denen im Markt gemeinsam zu begegnen, die mit unseriösen Methoden (fehlende oder unzureichende Windkanltests, bewusst falsche Annahmen von Projektparametern etc.) auf Kundenfang gehen. Und wie ich in meinem letzten Beitrag schon erwähnte, wäre es leicht die Anbieter daran zu messen, ob sie für Ihre Ballastierungsberechnungen gerade stehen.
Sehr geehrter Herr Jung, die redaktionelle Meinung ändert sich doch gar nicht. Es ist ja sonnenklar, dass die Höhe der Ballastierung von dem Dach abhängt. Insofern kann es Dächer geben, bei denen viel Gewicht nötig ist und Dächer, bei denen wenig Gewicht nötig ist. In dem obigen Artikel geht es um ein ganz bestimmtes Dach, bei dem nach PMT Aussagen 3 Hersteller ungefähr auf die 90 kg in den Ecken kamen. In dem Beispiel von IBC ging es um ein Dach, das IBC für drei Standorte gerechnet hat, und an einem war nach IBC-Aussagen kein Ballast nötig (siehe auch Juniausgabe Seite 105). Die interessante Frage ist, wie unterschiedlich verhalten sich die einzelnen Montagesysteme? Können Systeme so unterschiedlich sein, dass sich mit anerkannten Methoden berechnete Ballastierungen um den Faktor 20 unterscheiden und trotzdem serös und normgerecht sind und Extremereignissen standhalten, die statistisch alle 50 Jahre auftreten? Bei dieser Frage ist die Redaktion neutral und lässt Experten und Hersteller zu Wort kommen. In dem Webinar kann sich jeder seine Meinung bilden, wie glaubwürdig er die Aussagen der Experten hält. Ich bin auch gespannt. Michael Fuhs, Chefredakteur pv magazine