Die EU-Mitgliedsstaaten haben auf einem Treffen am Donnerstag über den Vorschlag der Kommission, ein neues Verfahren für die Festlegung des Mindestimportpreises einzuführen, debattiert. So soll künftig nicht mehr der Bloomberg-Index für die Ermittlung der Höhe genutzt werden, sondern die Mindestimportpreise für Solarzellen und -module sukzessive bis September 2018 auf das Preisniveau des taiwanesischen Index PVInsight abgesenkt werden, wie die EU-Kommission im Juli vorschlug. Dies sei nun von einem Mitgliedsstaat aktiv unterstützt worden, während 13 Länder dagegen stimmten und 14 sich enthielten, heißt es bei Solarpower Europe. Die EU-Kommission ist damit frei, den Vorschlag in dieser Form umzusetzen oder vor der finalen Veröffentlichung doch noch zu ändern.
Eine gute Lösung für alle zu finden, dürfte dabei weiter schwierig sein. Die Gräben verlaufen direkt durch die Photovoltaik-Branche. Auf der einen Seite Solarpower Europe, das den Gegner der Mindestpreise eine Stimme gibt und ein Ende der Anti-Dumpingmaßnahmen fordert, und auf der anderen Seite EU Prosun, das im Namen der Photovoltaik-Hersteller einen wirksamen Schutz für die heimische Industrie verlangt.
Keine Einigkeit zwischen beiden Seiten besteht etwa auch darüber, ob nun bereits neue Mindestimportpreise für Solarmodule und Solarzellen gelten oder eben nicht. Aus einem Dokument der EU-Kommission, das pv magazine vorliegt, geht hervor, dass die nächste hypothetische Anpassung des Mindestimportpreises für den 1. Oktober vorgesehen ist. Die Mindestimportpreise für Solarmodule sollten dann auf 39 Cent pro Watt für multikristalline Solarmodule und 44 Cent pro Watt für monokristalline Solarmodule um zwei Cent fallen. Dort enthalten sind auch die weiteren geplanten Absenkungsschritt. Wenn die Neuregelung in Kraft tritt soll nochmals abgesenkt werden. Dann würde der Mindestimportpreis für Solarmodule bei 37 und 42 Cent pro Watt und für Solarzellen bei 19 und 23 Cent pro Watt liegen. Bis zum 1. Juli sollen sie demnach auf 18 und 21 Cent für die Zellen und 30 respektive 35 Cent pro Watt bei multi- und monokristallinen Solarmodulen liegen. Christian Westermeier, Präsident von Solarpower Europe, erklärte am Freitag: „Die Generaldirektion Handel bemerkte den Druck und senkte die Mindestimportpreise nur Tage vor der Abstimmung.“ Auf Nachfrage von pv magazine räumte Solarpower Europe jedoch ein, dass man sich nicht ganz sicher sei, wann die Neuregelung in Kraft trete und es wahrscheinlich ab Oktober sei.
Einig ist sich Solarpower Europe mit EU Prosun, dass niemand die vorgeschlagene Regelung in der Photovoltaik-Industrie für gut hält. Die Herstellervereinigung sieht in den geplanten Absenkungen der Mindestimportpreise um mehr als 30 Prozent in den kommenden zehn Monaten ein „Einknicken gegenüber China“. „Die neuen Anti-Dumpingpreise liegen unter internationalen Herstellkosten. Sie sind quasi selbst Dumpingpreise. Damit wird Anti-Dumping in der EU zur Farce“, so Milan Nitzschke, Präsident von EU Prosun. Bei Solarpower Europe heißt es dagegen, die neue Regelung sorge dafür, dass der Mindestimportpreis für Solarmodule weiterhin etwa 30 Prozent über dem heutigen Marktpreisniveau liege. Zudem gebe es Zweifel daran, dass der Vorschlag den Willen zur Beendigung der Anti-Dumpingmaßnahmen bis September 2018 unterstütze, sagte Westermeier. Der Verband fürchtet angesichts der „wesentlich höheren Preise“ Auswirkungen auf den europäischen Photovoltaik-Zubau.
Mit Blick auf die Kostendebatte erklärt Milan Nitzschke: „Die Preise von Solaranlagen sind in Deutschland in den letzten zehn Jahren um 72 Prozent gesunken. Ohne Mindestimportpreise wären es gerade mal 74 Prozent, also zwei Prozent mehr, da die Mindestpreise nur für Solarzellen und Module gelten und diese nur einen Teil der Solaranlage ausmachen. Für die Kunden wäre ein Wegfall der Anti-Dumpingmaßnahmen marginal, für die Hersteller katastrophal.“ EU Prosun forderte daher die EU-Kommission auf, ihre Pläne zum Schutz der europäischen Solarindustrie vor der endgültigen Entscheidung noch zu ändern.
Voraussichtlich im Laufe des Monats wird die EU-Kommission die finalen Ergebnisse ihrer Zwischenprüfung veröffentlichen. Sie hatte das Verfahren im März eingeleitet, nach dem sie zuvor entschied, dass die Mindestimportpreise sowie Anti-Dumping- und Anti-Subventionsmaßnahmen für die chinesischen Photovoltaik-Hersteller in Europa für 18 Monate fortgesetzt und dabei langsam Auslaufen sollten.
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„Glaube keine Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast“ (J. Goebbels). Und Herr Nitzschke macht vor, dass man nicht mal fälschen muss: Schon die Wahl des Maßstabs kann die Verschleierung ausmachen. Eine Absenkung um 72 oder 74 Prozent, der Unterschied sieht nicht groß aus. Vom Rest aus gesehen (28 oder 26 Prozent) sind es aber 8% mehr, was eine PV-Anlage zu EU-Preisen mehr kostet, also nicht so wenig! Der Exportweltmeister Deutschland sollte seiner bisherigen Devise folgen, Qualität, Innovation und Service zu bieten, dann hat er auch bei Massenwaren auf dem Weltmarkt eine ausreichend gute Chance.
Wer immer sich hinter JCW verbirgt, passen Sie bitte mit Ihren Vergleichen auf.
Zur Sache: Es ist großartig, dass Preise und Kosten für Module und Systeme in den letzten Jahren so dramatisch gesenkt werden konnten. Das macht die Energiewende heute und dauerhaft bezahlbar. Wenn trotzdem nach 2011 der EU-Solarmarkt eingebrochen ist, so liegt das gewiss nicht am Preisniveau. Es liegt heute weit unter dem, was zu der Zeit erst für 2020 vorausgesagt wurde – und das trotz Mindestimportpreisen. Die Mindestpreise sollen lediglich sicherstellen, dass Zell- und Modulpreise nicht unter Herstellkosten fallen, denn dann kippt das System. Genau das passiert, wenn F&E-Kosten nicht mehr erwirtschaftbar sind und staatlich finanzierte Überkapazitäten den Markt bestimmen. Natürlich kann man das aus kurzfristiger Opportunität beiseite wischen und sich darüber freuen, auch die letzten 2 Prozentpunkte noch auszuschöpfen. Volkswirtschaftlich betrachtet (Verlust der Wertschöpfungskette) aber auch individuell mit Blick auf das dann zukünftig nur noch einseitige Angebot wird das allerdings sehr teuer und steht in keinem Verhältnis.
Gerade die geforderten Qualität, Innovation und Service kommen dann zu kurz.
Übrigens noch ein Hinweis: Wenn Sie den Betrachtungsstandpunkt ändern und umrechnen, dass 2 Prozentpunkte zusätzlicher Preissenkung zur Preisentwicklung der letzten 10 Jahre, gemessen am heutigen Preisniveau 8 Prozentpunkte ausmachen würden, dann rechnen Sie doch bitte auch aus, wie viel höher der Preis damals gemessen an heute war: Das wären dann 280 Prozent, denn am Verhältnis ändert sich natürlich nichts.
Lieber Herr Nitzschke,
Verstanden haben Sie es ja, was ich sagen wollte, und noch einmal sehr griffig umformuliert. Was dann aber der letzte Satz mit den 280 Prozent soll – das bleibt mir unverständlich. Rechnete Solarworld intern immer noch mit den Preisen von 2011? Dann wundert mich die Pleite noch weniger.
In jedem BWL-Planspiel gibt es die Möglichkeit, sein Plan-Unternehmen zu einem Massenhersteller mit Billigware, wenig Werbung, wenig Innovation und schlechtem Service zu entwickeln („der Umsatz muss es bringen“), oder zu einem Qualitätsanbieter mit viel F&E, Werbung, Service. Für beides gibt es in der Realität erfolgreiche Beispiele (Microsoft, Vorwerk). Ob man auch als Qualitätschampion zum Massenhersteller werden kann – das ist wohl eher selten. Eher baut ein mittelmäßiger Anbieter auch noch die Qualität ab und geht dann unter, Beispiel Opel.