Der Preisverfall geht nicht immer mit Einbußen der Qualität einher

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pv magazine Deutschland: Wie volatil schätzen Sie den O&M-Markt ein?
Steffen Licht (Foto): Wie allgemein zu beobachten ist, nimmt der Wettbewerb im Bereich O&M kontinuierlich zu. Bedingt auch dadurch, dass viele Unternehmen aus angrenzenden Geschäftsbereichen zum Beispiel EPCs neue Betätigungsfelder suchen und der O&M-Bereich bietet hier natürlich einen interessanten Geschäftszweig. Mit der Wettbewerbsdichte sind auch die Preise für die technische Betriebsführung gefallen.

Wie stark sind die Preise gefallen?
Ich würde sagen, in den letzten zwei Jahren um bis zu 50 Prozent. Vor einigen Jahren sind wir noch von Anlagenpreisen um 12 bis 13 Euro ausgegangen, jetzt liegen die Preise zwischen 5 und 8 Euro pro Kilowattpeak. Maßgeblich ist jedoch immer der zu Grunde liegende Leistungsumfang. Wir haben festgestellt, dass sich einige Marktteilnehmer durch hohe preisliche Aggressivität auszeichnen, um kurzfristig Erfolge zu erzielen. Dadurch gibt es gelegentlich Kunden, die eher ein Wechselverhalten zeigen, als noch vor ein paar Jahren.

Es ist also hauptsächlich preisgetrieben, wenn Anlagenbetreiber den O&M-Anbieter wechseln?
Ja, insbesondere im Rahmen von größeren Ausschreibungen.

Gehen denn diese niedrigen Preise auf Kosten der Qualität?
Der Preisverfall geht nicht immer mit Einbußen der Qualität einher. Es ist aber spürbar, dass die Leistungsumfänge, die sich auf die von Herstellern vorgegebenen Mindestanforderungen beziehen, reduziert werden, daher empfiehlt sich ein de-taillierter Abgleich des Leistungsspektrums. So wären bei gewissen Projekten auch Wartungen in kürzeren Zeitintervallen empfehlenswert. Deshalb kann man schon sagen, dass ab einer gewissen Preisstufe auch die Qualität leidet.

Worauf sollte ein Betreiber achten, wenn er jetzt einen O&M-Dienstleister sucht? Wie kann er feststellen, dass das wirklich ein gutes Angebot zu einem realen Preis ist?
Erstens, dass der Anbieter eine gewisse Erfahrung und stabile Strukturen aufweist. Kann er also für seine Serviceversprechen, die er eingeht, geradestehen. Ich halte zudem eine angemessene Betreuungsquote für wichtig. Das heißt, wie hoch ist die Anzahl der Mitarbeiter in der Anlagenbetreuung pro Megawattpeak. Auch die Abfrage des breit gefächerten technischen Know-hows ist wichtig, also wird mit qualifiziertem Fachpersonal gearbeitet, werden die entsprechenden Arbeitsschutzbestimmungen eingehalten. Da gibt es rechtliche Vorgaben. Ferner ist die Innovationsfähigkeit von Bedeutung. Das sind unserer Meinung nach wesentliche Argumente, die es bei der Auswahl eines geeigneten Partners zu berücksichtigen gilt. Denn nur wenn die Basis stimmt, kann der Kunde und Investor auch mittelfristig auf den O&M-Partner bauen. Wichtig ist auch noch für den Kunden, dass jeder Wechsel auch Transaktionskosten verursacht und Unsicherheiten birgt.

Welche Unsicherheiten?
Einerseits kennt der Kunde den O&M-Dienstleister nicht. Der neue Dienstleister kennt die Anlagen und deren Besonderheiten nicht. Das sind Risiken. Zudem arbeiten die O&M-Dienstleister mit unterschiedlicher Überwachungssoftware. Das heißt, dort sind auch Kosten bei der Umstellung von Hardware und Software in den meisten Fällen zu erwarten.

Goldbeck Solar baut sein O&M-Geschäft weiter aus. Profitieren Sie vom Wechsel von Betreibern oder eher durch das Neuanlagengeschäft?
Einerseits ist das Wechselverhalten von Kunden hin zu Goldbeck oder von Goldbeck weg sehr individuell. Es spielt die Bündelung von Kundenportfolios bei einem einzigen oder wenigen Anbietern eine Rolle. Zum anderen gibt es Kunden, die Anbieter mit speziellen Qualifikationen suchen. Zum Beispiel kann das die Kompetenz in einem speziellen Wechselrichterherstellerbereich sein. Was wir auch festgestellt ha-ben: Gerade bei Ausschreibungsprojekten fällt die Entscheidung meistens allein aufgrund des Preises.

Also entscheidet am Ende doch meist der Preis, welcher O&M-Anbieter zum Zug kommt?
Aus den Gesprächen mit unseren Bestandskunden im Zuge von Vertragsverlängerungen haben wir gespürt, dass der Preis doch nicht immer das größte Gewicht hat. Vielmehr geht es dann darum, den Leistungsumfang anlagenspezifisch anzupassen und zu aktualisieren, um auch dem Betreiber die beste Leistung und die beste Verfügbarkeit bei einem sehr guten und fairen Preis-Leistungs-Verhältnis zu bieten. Bei einigen Bestandverträgen konnten wir so vor Ablauf der Vertragslaufzeit um weitere fünf Jahre verlängern. Dazu zählt auch ein großer deutscher O&M-Kunde, ein institutioneller Investor, der seine Verträge von über 50 Megawatt mit uns vorzeitig verlängert hat. Es war ihm wichtig, qualitativ keine Abstriche zu machen. Dennoch konnten wir auch preislich reduzieren, weil wir die aktuelle Marktsituation einschätzen können und damit auch unsere Prozesse einerseits verschlanken konnten, andererseits sind wir dabei, die Geschäftsprozesse mehr zu digitalisieren, um dem entsprechenden Preisdruck auch gerecht zu werden. Es gibt auch Kunden, die wechseln und anschließend ein „Tal der Tränen“ durchlaufen und wieder bei uns anklopfen.

Sind fünf Jahre eine normale Laufzeit für O&M-Verträge?
In der Regel stellen wir fest, dass viele Kunden eher Vertragslaufzeiten von zwei bis drei Jahren wünschen. Frühere Vertragslaufzeiten von 20 Jahren – die sich auf die Gesamtlaufzeit der Anlagen bezogen – sind natürlich vorbei. Fünf Jahre bedeuten in diesem Spektrum schon Langzeit.

Inwieweit profitiert Goldbeck davon, dass es auch als EPC agiert?
Da gibt es Vor- und Nachteile. Die Sensibilisierung der Kunden hält sich in etwa die Waage. Unsere Kunden schätzen sehr, dass wir ihnen durch unsere Einkaufstärke günstige Konditionen für Produkte von Herstellern ermöglichen können, zu denen wir direkte Kontakte haben. Dies ist auch hilfreich bei der Durchsetzung von Gewährleistungs- und Garantieansprüchen, wo wir unseren Kunden zur Seite stehen können. Das gilt zudem bei der Übernahme von Anlagen, die nicht von Goldbeck errichtet wurden. Es kommt ja vor allem bei älteren Anlagen vor, dass die Dokumentation fehlt, schlicht falsch ist, falsche Beschriftungen vorhanden sind und neu erstellt werden müssen. Daher verfolgen wir das Ziel, einer langfristigen Zusammenarbeit mit unseren Kunden, auch wenn sich in den Märkten für uns keine neuen EPC-Aktivitäten ergeben, wie in Spanien, Italien und zuletzt auch in Großbritannien. Auch wenn wir dort derzeitig nicht als EPC vertreten sind, fungieren wir doch weiter als O&M-Dienstleister.

Das, was Sie bisher beschrieben haben, trifft ja hauptsächlich auf den deutschen O&M-Markt zu. Was für Unterschiede stellen Sie denn zum Beispiel in Großbri-tannien fest oder auch in den Niederlanden, wo Sie jetzt aktiv werden wollen?
Das ist eine Herausforderung, denn jeder Markt hat seine eigenen Besonderheiten. In Großbritannien zum Beispiel finden sich vergleichsweise wenige, dafür aber große Freiflächenanlagen, die mehrheitlich von europaweit aktiven und erfahrenen EPC-Unternehmen nach dem Stand der Technik errichtet wurden. Sie werden von wenigen großen institutionellen Investoren mit professionellen Asset-Managern betrieben. Eine solche Entwicklung erwarten wir auch für die Niederlande, wobei hier noch ein breites Anlagenspektrum oder das Segment der kommerziellen Dachanlagen hinzukommt. Die Herausforderung für uns ist es, die richtigen Servicestrukturen in den neuen Märkten zu implementieren, um dem dortigen Anlagenmix auch gerecht zu werden.

Das muss für jedes Land neu konzipiert werden?
Ja, das muss neu konzipiert werden, denn in jedem Land sind die Anforderungen anders. Wir tun uns natürlich leichter, wir starten als Goldbeck Solar O&M zum Beispiel in den Niederlanden parallel zu unseren Baukollegen, die auch in Industriehallen-, Parkhaus- und Bürogebäude-Bau tätig sind. Somit können wir natürlich auch Synergieeffekte zugunsten unserer Kunden nutzen.

Was sind ihre Erfahrungen, wenn es um die Qualität von Solarparks geht?
Wir sind diesbezüglich momentan für unser betreutes Portfolio in einer glücklichen Lage. Es gibt drei tragenden Säulen, wie das von uns betreute Portfolio entstanden ist. Das ist einmal das organische Wachstum, also die Anlagen die Goldbeck im EPC-Bereich selbst errichtet hat und vermarktet. Die zweite Säule war das anorganische Wachstum, und zwar die Übernahme des O&M-Portfolios von Soventix und Gehrlicher Solar. Bei der Übernahme sind bereits gewisse Prüfungen und Qualitätsnormen vorgenommen worden.

Was ist die dritte Säule?
Die dritte Säule ist der Wechsel von Betreibern zu Goldbeck Solar, meist Bestands-kunden, die weitere Anlagen haben. Wir sind deshalb in der glücklichen Lage, dass sich das betreute Portfolio eben größtenteils aus durch Goldbeck errichtete Projekte aus dem EPC-Bereich und der Übernahme geprüfter Portfolios zusammensetzt. Deswegen kann ich aktuell von qualitativ hochwertigen Solarparks sprechen, sowohl von der Ausführung als auch der eingesetzten Komponenten.

PID bei Solarmodulen, was immer wieder auftritt, hat nicht unbedingt etwas mit der Qualität der Errichtung zu tun. Zum Zeitpunkt des Baus war das Problem einfach nicht bekannt oder war den Leuten nicht bewusst.
Ja. Das Problem mit PID besteht bei Modultypen mit kristallinen Solarzellen und ist seit 2010 bekannt. Der Trend hat sich in den letzten Jahren durch den Einsatz trafoloser Wechselrichter und Systemspannungen bis 1.500 Volt noch verschärft. Ich muss aber dazu sagen aus meiner Erfahrung, und ich bin seit 2003 schon in der Branche: Nach Bekanntwerden dieser Problematik konnten wir in einigen unseren betreuten Projekten zum Beispiel mit galvanisch getrennten Wechselrichtern vorbeugende Maßnahmen treffen. Diese erfolgten in Form von Minuspol-Erdung des PV-Generators, sodass diese Problematik nicht mehr auftritt. Mittlerweile haben sich zudem viele Modulhersteller dieser Problematik angenommen und arbeiten daran. Durch professionelles Monitoring und Unterstützung im Verdachtsfall durch ent-sprechende Messungen im PV-Park zum Beispiel der Elektrolumineszenz-Messung, können wir PID frühzeitig erkennen und Maßnahmen wie zum Beispiel Polarisationsumkehrung vornehmen.

Stellen Sie noch andere Qualitätsprobleme wie schlechte Montage fest?
In unserem betreuten Park weniger. Klar ist, eine PV-Anlage ist immer Witterungs-bedingungen und natürlichem Verschleiß ausgesetzt. Unser Anspruch ist es, Störungen sofort zu erkennen und innerhalb kurzer Reaktionszeiten Maßnahmen vor Ort einzuleiten, bei Auffälligkeiten dem Kunden Handlungsempfehlungen auszusprechen und diese dann umzusetzen. Dazu gehören zum Beispiel Modulreinigung bei starker Verschmutzung oder ein Kondensatorenwechsel gerade im Zentralwechselrichterbereich bei abweichenden Messwerten. Das kommt immer wieder vor, denn Kondensatoren gerade im großen Zentralwechselrichterbereich haben eine gewisse Altersgrenze, die nicht zu den 20 Jahren Laufzeit passen. Deswegen sollten sie in einem besonderen Fokus stehen. Aber auch Leistungs- und Kennlinienmessung, Wärmebildaufnahmen bei Modulauffälligkeiten und Leistungsabwei-chungen kommen immer wieder mal vor. Wir haben diesbezüglich ein breit gefächertes Dienstleistungsportfolio und nutzen unsere Servicestrukturen.

Wie sehen diese aus?
Wir steuern von sechs dezentralen Standorten unser Serviceteam in Deutschland. Daher ist es uns auch möglich, Dienstleistungen im Bereich Repowering und größeren Reparaturmaßnahmen für Fremdanlagen anzubieten. Diese Erfahrungen bestärken uns, dass wir von qualitativ hochwertigen Anlagen bei uns sprechen können. Bei Fremdanlagen gibt es schon mal Probleme mit Statik, angefangen bei der Unterkonstruktion oder Verkabelungsprobleme, gerade bei Verwendung von nicht geeigneten und nicht zertifizierten Solarkabeln, bis hin auch zu falscher Anlagenaus-legung.

Wie sehen Sie die Perspektive für Ihr deutsches O&M-Geschäft?
Wir setzen auf weiteres Wachstum. Neben den Kernmärkten Deutschland und Großbritannien wollen wir kurzfristig in die Märkte Niederlanden und Polen einsteigen. Wir setzen weiterhin auf Optimierung und Digitalisierung unserer Geschäftsprozesse und eine stetige Steigerung der Transparenz gegenüber Kunden und Lieferanten. Wir wollen unser Portfolio durch organisches und anorganisches Wachstum erweitern.

Also auch durch weitere Zukäufe?
Ja.

Gibt es da schon was Konkretes?
Wir sehen uns permanent um und stehen seriösen Angeboten mit einem offenen Ohr gegenüber.

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