Solarworld will schnell zurück zum Gigawatt

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Am Mittwoch hat der Insolvenzverwalter der Solarworld-Gesellschaften den Betrieb der Anlagen an den Produktionsstandorten Arnstadt und Freiberg offiziell an die Solarworld Industries GmbH übergeben. Einen Tag später – quasi als Zwischenstopp zwischen dem Besuch der neuen alten Werke in Sachsen und Thüringen – erklärte Frank Asbeck gemeinsam mit seinem katarischen Partner, der Qatar Solar Technologies (QSTec) in Berlin vor Journalisten, wie er sich die Zukunft seines Unternehmens vorstellt.

An der Solarworld Industries GmbH ist er zu 51 Prozent beteiligt, der katarische Investor hält 49 Prozent. „Sie ist mit ausreichend Kapital ausgestattet“, sagt Geschäftsführer Asbeck ohne jedoch konkretere Zahlen zu nennen. Immerhin habe die neue Gesellschaft auch einen mittleren einstelligen Millionenbetrag für die neue Transfergesellschaft bereitgestellt. In diese sind am Tag zuvor 1101 Mitarbeiter an den Standorten Arnstadt und Freiberg gewechselt, wie der Insolvenzverwalter bestätigte. 294 Mitarbeiter des sächsischen Standorts und 181 Beschäftigte aus Thüringen seien in die Solarworld Industries gewechselt. Dazu beschäftigt die neue Gesellschaft 40 Beschäftigte in Bonn.

Die Mitarbeiter in der Transfergesellschaft sollen weiterqualifiziert und auch vermittelt werden. Allerdings hofft Frank Asbeck darauf, dass er die zunächst einmal auf kleinere Umfänge ausgelegte Zell- und Modulfertigung bald wieder in einen Gigawattmaßstab heben kann. Er denkt dabei offenbar nicht wirklich langfristig, denn er benennt die Option, wieder ehemalige Solarworld-Mitarbeiter aus der Transfergesellschaft zurückzuholen. „Wir sind wie Phoenix aus der Asche wiedergekommen. Solarworld bleibt der größte Produzent in Europa und wir wollen kurzfristig wieder ein Gigawatt in Deutschland erreichen“, sagt er. Für die erneute Ausweitung der Produktion suche der derzeit auch den Kontakt zu den Landesregierungen in Sachsen und Thüringen.

Die neue Solarworld wird sich künftig zunächst ganz auf die monokristallinen PERC-Solarzellen und bifaziale Glas-Glas-Module konzentrieren. Bis zu 30 Prozent Leistungssteigerung hält Asbeck bei diesen Modulen für möglich. „Die Forschungen an solchen Effekten wie der Bifazialität gehen durch Dumping verloren“, sagt er in Berlin. „Dumping zerstört nicht nur Märkte, Staatsdumping zerstört ganze Industrien, in diesem Fall die europäische und US-Solarindustrie“, so Asbeck weiter. Unternehmen die dumpten, würden Investitionen anderer Unternehmen verhindern. „Man braucht nicht mehr das beste Modul, man braucht nur noch das günstigste Modul. Daraus folgt ein weltweiter Stillstand bei der Forschung“, meint er. Dabei habe Deutschland noch Glück, dass die Forschung stark in den verschiedenen Fraunhofer-Instituten verankert sei. Dennoch bräuchten auch die Wissenschaftler die Photovoltaik-Hersteller für ihre Entwicklungen.

Bei der Forschung habe er aus der Vergangenheit gelernt, sagt Asbeck weiter. Die etwa 400 Patente hätten im Zuge des Insolvenzprozesses verkauft werden und verlorengehen können. Für den Neustart übernimmt die Solarworld Industries nun zunächst 67 Mitarbeiter aus seiner Freiberger Forschungsgesellschaft. Wahrscheinlich noch in diesem Jahr sollen sie in eine gemeinnützige Gesellschaft wechseln. Diesen „Extra-Kosmos“ wolle Asbeck gründen. Es soll eine offene Plattform für die gemeinsame Forschung von Unternehmen aus der Solarindustrie, aber auch dem Halbleiter- und Siliziumbereich sowie von Anlagenbauern sein.

Dass dies alles möglich ist, verdankt Asbeck nicht zuletzt den katarischen Geldgebern. Auf der Presseveranstaltung in Berlin wurde nochmal die Unterzeichnung der umfangreichen Finanzvereinbarung nachvollzogen. „Wir haben ein neues Baby mit großem Erfahrungsschatz“, erklärt Khalid Al Hajri, Vorstandschef von QSTec. Gemeinsam mit Solarworld hat das Unternehmen zuvor bereits eine Siliziumfertigung in Katar aufgebaut, die nun auch noch erweitert werden soll. Derzeit habe sie eine Jahreskapazität von 8.000 Tonnen, die auf 50.000 Tonnen ausgebaut werden solle. Es sei ein Anliegen gewesen, die Photovoltaik-Produktionen von Solarworld in Deutschland aufrechtzuerhalten. „Solarworld darf als führender Anbieter nicht vom Markt verschwinden, dass wäre auch nicht gut für die Solarindustrie weltweit“, erklärte Al Hajri.

Künftig gehe es darum, die bestehenden Synergien weiter auszubauen. „Die deutsche Solarworld-Fertigung könnte eine Art Masterpiece sein, um in Katar die komplette Photovoltaik-Wertschöpfungskette im Silizum nachgelagerten Bereich nochmal abzubilden“, sagt Asbeck. Zunächst hat er dabei wohl die Fertigung von Ingots und Wafern im Blick – perspektivisch geht es beiden Seiten jedoch um eine vollständig integrierte Modulfertigung.

Mit der Neugründung der Solarworld Industries hat sich der Fall Hemlock für Asbeck erstmal erledigt. Just am Mittwoch bestätigte ein Berufungsgericht in den USA das erstinstanzliche Urteil, wonach die Solarworld Industries Sachsen – die ebenfalls Mitte Mai Insolvenz anmeldete – knapp 800 Millionen US-Dollar Schadenersatz samt Zinsen an den Siliziumhersteller Hemlock zahlen soll. Es geht dabei um Verletzungen von Lieferverträgen aus dem Jahr 2013. Die neue Solarworld Industries hat damit nichts zu tun. Der Sprecher des Insolvenzverwalters der Gesellschaft, Thomas Schulz, erklärte pv magazine: „Wir schauen uns das Urteil an und werden es prüfen.“

Erst am Freitag hatte das Amtsgericht Bonn einen von Hemlock beauftragten Anwalt von der Teilnahme an der Abstimmung der außerordentlichen Gläubigerversammlung ausgeschlossen. Das Gericht folgte dabei der Auffassung, dass Hemlock zu diesem Zeitpunkt über noch kein vollstreckbares Urteil verfügte. Zudem dürften die Forderungen vor einem deutschen Gericht nicht standhalten.

Hemlock steht es natürlich frei, seine Forderungen gegenüber Solarworld beim Insolvenzverwalter anzumelden. Der Prüfungstermin, ob die Forderungen berechtigt sind, stehe allerdings erst im November an, so Schulz weiter. Der Insolvenzverwalter werde sich nun auch darauf konzentrieren, den Investorenprozess für den Verkauf der Anteile der Solarworld AG an der Solarparc GmbH, der Deutschen Lithium GmbH sowie der Solarworld Americas so zügig wie möglich umzusetzen.

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