Gerechtigkeit ist ein Thema, das die SPD gern im Wahlkampf bemüht. Nun hat die parteinahe Friedrich-Ebert-Stiftung eine Studie mit dem Titel „Verteilungseffekte im Stromsektor: Entwicklung, Ausblick, Handlungsbedarf“ veröffentlicht. Darin untersuchen die Autoren Julius Ecke und Leonard Göke von der Enervis Energy Advisors GmbH die weitere Kostenentwicklung für die Energiewende. Ziel der Studie sei es, „einen ganzheitlichen Überblick über alle Umlagen, Steuern und Abgaben im Stromsektor und der dadurch ausgelösten Verteilungseffekte zu gewinnen und Handlungsoptionen für eine gerechtere Kostenverteilung der Energiewende auszuloten“, erklärt Robert Philipps, Leiter des Gesprächskreises Verbraucherpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung, im Vorwort.
Handlungsbedarf sieht die Stiftung, da eine zunehmende Ungerechtigkeit bei der Kostenverteilung zu Lasten der privaten Haushalte festzustellen ist. Während die Industrie, Verkehr und Gewerbe im vergangenen Jahr durch Privilegien im Umlagesystem in Höhe von 17 Milliarden Euro profitieren, mussten die Privathaushalte dies mitfinanzieren. Die Analyse zeige auch, dass die Kosten im Stromsektor zwischen 2010 und 2016 um insgesamt 33 Prozent gestiegen seien. Bis 2023 sei mit einem weiteren Anstieg um elf Prozent zu rechnen. Hinzu komme auch noch eine Kostensteigerung um 33 Prozent beim Stromnetz. Der Untersuchung zufolge haben sich die Privilegien von 2010 bis 2016 um 63 Prozent erhöht. Die Experten erwarten in den Jahren bis 2023 eine nochmalige Steigerung um 15 Prozent.
Vor diesem Hintergrund plädiert die Friedrich-Ebert-Stiftung für einen staatlich finanzierten Energiewendefonds. „Wenn ein Teil der Energiewendekosten anstatt über strombezogene Umlagen aus Steuermitteln bezahlt würde, wäre die Finanzierung deutlich gerechter“, sagt Philipps. Eine Handlungsempfehlung ist daher, die einzelnen Umlagen und Abgaben im Stromsektor verursachergerecht auszugestalten. Dies gelte insbesondere für die EEG-Umlage, die unter dieser Maßgabe, bei nur noch 1,5 bis 2,5 Cent pro Kilowattstunde liegen würde. Aktuell beträgt sie jedoch 6,88 Cent pro Kilowattstunde. Um die Letztverbraucher aber in dieser Größenordnung entlasten zu können, müssten etwa 13 bis 16,5 Milliarden Euro jährlich gegenfinanziert werden.
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, die als erste über die Studie berichtete, titelte, dass die Stiftung dafür höhere Steuern erheben will. Auf Anfrage von pv magazine erklärt Philipps dazu: „Wir plädieren für den Einstieg in die Energiewende-Finanzierung durch den öffentlichen Haushalt. Dies kann, muss aber nicht, durch Steuererhöhungen gegenfinanziert werden.“ So habe es im vergangenen Jahr einen Überschuss von etwa 23 Milliarden Euro im Bundeshaushalt gegeben. Angesichts des derzeitigen Zinsniveaus sei auch eine Gegenfinanzierung über Schulden möglich, so Philipps weiter. Insofern sich eine Bundesregierung doch für Steuererhöhungen entscheiden sollte, um den Energiewendefonds zu finanzieren, dann sei wichtig, dass eher Unternehmen und Spitzenverdiener belastet würden und nicht die breite Masse. In diesem Fall könnten etwa der Spitzensteuersatz der Einkommenssteuer oder die Unternehmenssteuern in Deutschland angehoben werden.
Ganz neu ist die Idee des Energiewendefonds nicht. Er war bereits von verschiedenen Seiten, darunter von der bayerischen CSU-Wirtschaftsministerin Ilse Aigner oder dem Verbraucherzentrale Bundesverband ins Gespräch gebracht worden. Ernsthafte Bestrebungen der Politik, die Abwälzung der Energiewendekosten vor allem auf die Privathaushalte sowie klein- und mittelständische Unternehmen zu beenden, gab es jedoch noch nicht.
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Wenn man den Kleinverbraucher entlasten, und die Kosten auf die potenten Steuerzahler verlagern will, gleichzeitig aber „verursachergerecht“ bleiben will, sollte man einen „Stromverbraucherfreibetrag“ (den man bei Einführung zum Teil aus dem Grundfreibetrag herauslöst) in die Steuerberechnung einführen, der mit steigenden Stromkosten auch angehoben wird. Wenn es insgesamt für den Staat kostenneutral bleiben soll, müssten die Steuersätze vom Eingangs- bis zum Spitzensteuersatz entsprechend leicht angehoben werden.
Der Strom selbst sollte so teuer bleiben, wie er eben ist, das wäre „verursachergerecht“ und ein Anreiz, seinen Stromverbrauch niedrig zu halten. Der Verbraucher kann dann entscheiden, ob er am Stromnetz bleibt, oder, beispielsweise mit einer Kombination aus PV, Speicherung und Kraft-Wärme-Kopplung, ganz autark werden will.
Die Stromprivilegien der Großverbraucher gehören überarbeitet: Für eine (mit der Zeit steigende) Sockelmenge sollte die EEG-Befreiung gestrichen werden, damit man den produzierten Waren auch ansieht, wieviel Strom drin steckt. Die Kostenstruktur sollte dabei gar nicht so sehr am tatsächlich verbrauchten Strom orientiert sein als an der Leistung, die mindestens bereitstehen muss, auch wenn der Strom gerade knapp ist.
Es ist ja im Augenblick noch nicht erkennbar, wo die Grundlast, vor allem im Winter, herkommen wird, wenn wir nahe 100% Erneuerbar versorgt sein wollen.
Li-Batteriespeicher sind für Speicherzeiten von 2-4 Wochen jedenfalls noch viel zu teuer. Bei Power-to-Gas sind die Umwandlungsverluste sehr hoch, und der dicke Brocken dieser Verluste fällt bei der ersten Umwandlung (bei uns also im Sommer) in Form von Wärme an, so dass sie praktisch verloren sind.