Der Ausbau der Stromnetze versus der verstärkte Einsatz von Energiespeichern ist eine der zentralen Diskussionen im Zuge der Energiewende. An Mittwoch verabschiedete das Bundeskabinett eine Formulierungshilfe des Bundeswirtschaftsministeriums, die einen Vorrang von Erdkabeln beim Bau neuer Höchstspannungsleitungen vorsieht. Damit sollen die "Eckpunkte für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende" vom 1. Juli umgesetzt werden. Eine Begründung für den Bau der neuen Stromtrassen von Nord nach Süd ist dabei gern, dass die Windenergie auch nach Bayern transportiert werden müsse.
Die zusätzlichen Kosten für die Verlegung der teureren Erdkabel werden beim Wirtschaftsministerium auf drei bis acht Milliarden Euro geschätzt, wobei dies über eine Umlage durch die Stromverbraucher getragen wird. Beim Bundesverband Energiespeicher (BVES) ist man über diese Entscheidung wenig glücklich. „
„Wir würden uns hier eine sehr viel offenere Diskussion wünschen, die alle Lösungen betrachtet und eine vorurteilsfreie Kosten-Nutzen-Rechnung ermöglicht. Ein gezielter Einsatz von Stromspeichern, vor allem auf Verteilnetzebene, kann den Netzausbau bei gleichbleibender Versorgungssicherheit massiv verringern“, erklärte Urban Windelen, Bundesgeschäftsführer des BVES, am Freitag. Auch die Monopolkommission spreche sich in ihrem aktuellen Sondergutachten „Energie 2015: Ein wettbewerbliches Marktdesign für die Energiewende" für eine intensivere Prüfung von Alternativen zum Netzausbau aus.
Nach Auffassung des BVES werden Speichersysteme zügiger genehmigt als neue Leitungen und sie könnten flexibler auf die Einspeisung von erneuerbaren Energien reagieren. „Die stärkere Flexibilisierung der Stromerzeugung und des Verbrauchs ist ein Kernpunkt für die zukünftige Gestaltung des Energiemarktes. Energiespeicher spielen bei dieser Flexibilisierung eine wichtige Rolle, die sie jedoch nur einnehmen können, wenn die Rahmenbedingungen entsprechend angepasst werden. Speicher brauchen einen diskriminierungsfreien Marktzugang“, forderte Windelen von der Politik. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sieht hingegen in der Kabinettsentscheidung vom Mittwoch eine Weichenstellung für einen schnelleren und in der Bevölkerung akzeptierten Netzausbau. „Den brauchen wir, um die Energiewende zum Erfolg zu führen", so Gabriel weiter. Die Beratungen über die Formulierungshilfe sollen nun im Bundestag beraten und noch im Herbst abgeschlossen werden, um das Gesetz schnell in Kraft treten zu lassen.
50 Milliarden Euro für Netzum- und -ausbau
Aus einem kürzlich veröffentlichten Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung über "Moderne Stromnetze als Schlüsselelement einer nachhaltigen Stromversorgung" geht hervor, dass ein Aus- und Umbau des Stromnetzes für die Energiewende Investitionen von voraussichtlich mehr als 50 Milliarden Euro notwendig macht. Der Ausbaubedarf liege bis 2022 bei 1700 Kilometern neuen Leitungen, 2.800 Kilometern Neubauten in bestehenden Trassen sowie Verstärkungen auf 1.300 Kilometern. Als Investitionsvolumen für alle diese Maßnahmen sind in dem Bericht etwa 20 Milliarden Euro angegeben.
Bei den Verteilnetzen bestehe ebenfalls ein erheblicher Ausbau- und Investitionsbedarf. Wesentlicher Treiber sei in diesem Fall die sehr dynamische Entwicklung beim Ausbau der Photovoltaik und der Windenergie an Land, deren Netzanschluss fast ausschließlich auf Verteilnetzebene erfolge, heißt es in dem Bericht. Der Investitionsbedarf in diesem Bereich bewege sich daher bei etwa 25 Milliarden Euro bis 2020. Außerdem kämen noch die Anforderungen für die geplanten Neuregelungen in Richtung "Smart Grid", also für Komponenten der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT), hinzu. Unter Bezugnahme auf eine Analyse heißt es in dem Bericht, die Verteilnetzbetreiber müssten den IKT-Aufwand bis 2030 im ländlichen Raum verdoppeln und im städtischen Bereich um etwa 60 Prozent erhöhen. "In absoluten Zahlen entspricht dies einem kumulierten Mehraufwand von sieben Milliarden Euro." (Sandra Enkhardt)
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