Manche Lastgänge schreien nach einem Batteriespeicher

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Milchbauern sind Frühaufsteher. Wenn sie gegen sechs Uhr ihre Kühe in den Melkstand treiben, ist es meist noch düster und trüb. Auch abends, wenn die Tiere satt von der Weide kommen, neigt sich die Sonne schon zum Horizont. Die großen Photovoltaikanlagen auf den Dächern der Melkbetriebe müssen den Strom daher zu einem großen Teil einspeisen, denn die hohen Verbräuche durch das Melken und Erhitzen der Milch liegen größtenteils außerhalb der Sonnenzeiten. Es sei denn, sie haben einen Speicher.
Erst kürzlich hat die Firma MBT Solar einen Milchbauern aus ihrer Region in Schleswig-Holstein im Norden Deutschlands mit einem Speicher über 40 Kilowattstunden ausgerüstet. Er hat seine Photovoltaikanlage aus dem Jahr 2012 auf Eigenverbrauch umgemeldet und nutzt den größten Teil seines Solarstroms nun selbst. Er rechnet mit einer Eigenverbrauchsquote von etwa 80 Prozent.
Für Mathias Zdzieblowski, Account Manager bei dem Unternehmen Tesvolt, das den Speicher geliefert hat, zeigt diese Installation einen Trend: „Speichersysteme in Gewerbe und Landwirtschaft sind im Kommen“, sagt er.
Naheliegende Kombination
Den Anstoß für die Installation des Speichers habe die Molkerei gegeben, berichtet der Geschäftsführer des Installationsbetriebes Karl-Heinz Rautenberg. Damit bei einem Stromausfall die Milch der 200 Kühe weiter gekühlt wird und nicht verdirbt, wollte der Betrieb sich eine Notstromversorgung zulegen. Bisher bedeutete das, sich einen Zapfwellengenerator anzuschaffen, der dann im Notfall aus der Scheune geholt und mit dem Traktor betrieben werden kann. Der Landwirt entschied sich für eine modernere Lösung. Das neue Speichersystem ist so programmiert, dass immer genügend Strom für den Notbetrieb zurückbehalten wird. Im täglichen Gebrauch vermeidet es den Bezug von Netzstrom, indem es nach der Ladung in den Mittagsstunden den Hof über das abendliche Melken, durch die Nacht bis ans morgendliche Melken heran mit Strom versorgt.
Wirtschaftlich rechnet sich das Konzept nach Ansicht des Installateurs durch den Eigenverbrauch in Kombination mit der Einsparung des Notstromaggregats. Darüber hinaus biete es dem Unternehmen mehr Sicherheit. Auch für andere Landwirte sei die Sicherheit entscheidend. „Stellen Sie sich vor, was für Kosten entstehen, wenn in einem Hühnerstall die Lüftung ausfällt und die Tiere ersticken oder über den frisch geworfenen Ferkeln die Wärmelampen versagen, weil der Strom ausgefallen ist“, sagt Rautenberg.
„Je nach den konkreten Anforderungen der Kunden legen wir unser Batteriesystem aus und kombinieren das mit der Ladetechnik von SMA“, erklärt Zdzieblowski. Es ist ein modulares System – in einen Schrank passen bis zu 60 Kilowattstunden Speicherkapazität. Mehrere Schränke können kombiniert werden, bei Bedarf in einem anschlussfertigen Container. „Manche Kunden benötigen nur eine Notstromreserve für Teilbereiche, andere wollen ein eigenes Inselnetzwerk, in dem sie unterbrechungsfrei weiterarbeiten können.“
Ist der Stromausfall vorbei, wird die Notstromreserve auch aus dem Netz wieder aufgefüllt, wenn gerade kein Solarstrom zur Verfügung steht. „Damit können wir vielen die Ängste nehmen.“ Eine eigene Abteilung beschäftigt sich bei Tesvolt mit den Projektberechnungen.
Über 100 Fachpartner wurden nach Unternehmensangaben im letzten Jahr bereits geschult, um bei den Gewerbe- und Industriekunden den Istzustand zu erfassen und die Ausgangsdaten für eine korrekte Auslegung zu ermitteln. Obwohl die Situation in der Landwirtschaft finanziell schwierig sei, seien Tesvolt und auch MBT Solar in diesem Sommer mit Anfragen zu Batteriespeichern überhäuft worden, berichten Rautenberg und Zdzieblowski.
Kühlhaus mit Batteriespeicher
Ein weiteres Beispiel liefert ein guter Bekannter der Tesvolt-Gründer, Lothar Kohl. Er ist Geschäftsführer bei Eis & Friends in Morxdorf im Bundesland Sachsen-Anhalt und hat schon im Mai investiert. Er stand ebenfalls vor der Wahl, für 20.000 Euro eine neue Notstromversorgung zu kaufen oder sein Energiekonzept für 200.000 Euro komplett umzukrempeln. Jetzt hat er eine neue Photovoltaikanlage mit 110 Kilowatt Leistung und einen Speicher im Container für 120 Kilowattstunden Strom. Bei einem Stromausfall kann das Kühlhaus je nach Wetterlage für weitere fünf bis sechs Stunden mit Strom versorgt werden. Da der Speicher im Sommer bereits ab 13 Uhr voll war, plant er nun, das Kühlhaus am Tag zusätzlich um weitere zwei Grad herunterzukühlen, um noch mehr Solarstrom selbst zu verbrauchen.
Ein Batteriespeicher, der gleichzeitig als Notstromaggregat eingesetzt wird, hat außerdem den Vorteil, dass er nur selten tief entladen wird. Durch diese schonende Behandlung könne seine Lebensdauer 20 Jahre betragen, versichert Zdzieblowski.
Kohl ist zufrieden mit seiner Entscheidung, denn sie hat noch viel Potenzial. Vor seinem inneren Auge sieht er bereits die elektrischen Firmenfahrzeuge kostenlos tanken und Lieferwagen, die direkt mit Kälte beladen werden statt mit einem Kühlaggregat. Der Stromverbrauch bei Eis & Friends liegt im Jahr bei mindestens 90.000 Kilowattstunden und ist im Sommer höher als im Winter, was die Anwendung von Photovoltaik nahelegt. Kohl rechnet mit einem Mittelrückfluss aus gesparten Stromkosten und Einspeisevergütung von circa 25.000 Euro im Jahr. Im günstigen Fall könne sich die Anlage bereits in acht Jahren amortisieren.
Diskussion um Wirtschaftlichkeit
Woran liegt es dann, dass etliche Experten immer noch vor den hohen Kosten von Speichersystemen warnen und Unternehmern lieber zum Abwarten raten? Auch Theo Remmersmann von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen gehört zu diesen Skeptikern. Er berät seit Jahren Landwirte bei der Installation von Photovoltaikanlagen und hat für sie schon viele Speicherangebote geprüft. Er sagt: „Ich habe noch keines gesehen, das nicht schöngerechnet wäre.“ So weist er darauf hin, dass der Eigenverbrauch zusätzlich durch die anteilige EEG-Umlage belastet wird. Das betreffe auch den Teil, der gar nicht wieder verbraucht wird, sondern beim Ein- und Ausspeichern verloren geht. Auch seien die Annahmen zur Strompreissteigerung in den nächsten 20 Jahren oft überzogen. Er rät dazu, jedes Angebot kritisch zu überprüfen.
Für Außenstehende ist dieser Meinungsstreit schwer nachzuvollziehen, denn Betreiber und Installateure legen ihre Finanzplanung nicht gerne auf den Tisch. Tesvolt hält dagegen und erklärt, dass die Wirtschaftlichkeit der Projekte sehr gut sei (Fallbeispiel siehe Kasten).
Der Eigenverbrauch ist in der Kostenrechnung außerdem nur ein Posten von mehreren, die Unternehmer im Blick haben. Die vielfältigen weiteren Optionen eines Speichers, wie der Einsatz als Notstromaggregat, zur Glättung des Lastgangs oder zur Regulierung der Einspeiseleistung, machen ihn in den Augen des Investors attraktiver. Sie erschweren jedoch eine exakte Kalkulation in Cent pro Kilowattstunde Speicherstrom.
Anschlussleistung verringern
Eine weitere Möglichkeit, mit dem Speicher Kosten zu sparen, sei, Lastspitzen zuverlässig zu kappen, erläutert Winfried Wahl von RRC Power Solutions. Sein Unternehmen entwickelt Stromversorgungslösungen für Kunden und setzt dabei auch Batteriespeicher ein. So profitierten Kunden besonders, die eine niedrige Grundlast und kurzzeitig hohe Lastspitzen hätten, so Wahl, da sie mithilfe des Speichers auch ihre Netzanschlussleistung reduzieren können. „Pro Jahr können das je nach Netzbetreiber 100 Euro pro Kilowatt Anschlussleistung sein.“ Je nach Situation rechnen sich Speicher daher unterschiedlich schnell. „Acht Jahre sind im Einzelfall aber realistisch“, sagt er. Zu den RRC-Kunden gehört beispielsweise die Stadt Homburg. In deren Fall sei es sogar möglich, Regelleistung anzubieten, berichtet Wahl. Auch das wirke sich positiv auf die Wirtschaftlichkeit aus.
Wie stark der Trend zu Speichern in der Landwirtschaft und im Gewerbe bereits ist, lässt sich noch schwer abschätzen, denn die Unternehmen halten sich mit Umsatzzahlen vorsichtig zurück. Bei Schweine- und Hühnerzucht, die eine Klimatisierung erfordern, passt beispielsweise die saisonale Lastverteilung besser als beim Melkbetrieb. Das gleicht sich wiederum aus, wenn mehrere Quellen einspeisen, wie BHKWs oder Windanlagen, was starken Einfluss auf die Speicheranwendung hat. (Cornelia Lichner)

Kasten: Warum sich die Investition in den Speicher lohnt
Das zeigt ein Fallbeispiel, das Tesvolt pv magazine mitsamt den wesentlichen wirtschaftlichen Daten geschildert hat. Mit dem Eigenverbrauch wird in dem Fallbeispiel eine Klimatisierung betrieben – für das Verbrauchsprofil ist das wichtig, da es damit über 24 Stunden relativ konstant ist. Für die Gesamtinvestition folgt nach den Daten von Tesvolt eine Rendite von gut neun Prozent. Das ist berechnet nach der unter www.pv-magazine.de/rendite veröffentlichten Methode und mit einer jährlichen moderaten Strompreissteigerung von zwei Prozent.
Auch das Argument, ohne Speicher sei die Rendite vielleicht besser, lässt sich mit dem Fallbeispiel entgegnen. Versucht man, die Investition aufzuspalten in „nur Photovoltaik“ und „nur Speicher“, ist die Rendite für die Speicherinvestition mit etwa sechs Prozent zwar in der Tat geringer als die der reinen Photovoltaikanlage, die über zehn Prozent liegt. Doch auch das ist für die Speicherinvestition akzeptabel. Finanziert man die Anschaffung teilweise mit einem Kredit, steigt die Eigenkapitalrendite bei den heutigen Zinsen sowieso deutlich. Mathias Zdzieblowski von Tesvolt führt noch einen anderen Punkt an: „In absoluten Zahlen ist der Gewinn deutlich größer“, sagt er. Sprich: Wer mehr Geld investiert, bekommt also zu einer akzeptablen Rendite mehr Geld zurück. Und das sei vielen Betreibern wichtig. (Michael Fuhs)

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