Ladeverfahren & C-Rate
Hat der Ladestrom einen Einfluss auf die Batterielebensdauer? Ist ein hoher oder ein niedriger Ladestrom vorteilhafter? Wie groß ist der Einfluss der C-Rate auf die Alterung, da es bei Photovoltaik-Speichern in der Regel größere Pausen gibt?
Transportwiderstände, wie sie beim Lade- und Entladeprozess vorkommen, verursachen Zellstress. Daher beeinflusst der Ladestrom natürlich die Lebensdauer der Batterie. Grund dafür ist die Tatsache, dass beim Lade- und Entladevorgang Wärme erzeugt wird, was die Batterie altern lässt. Dabei steigt die Temperatur überproportional zum Ladestrom. Man kann von der Faustregel ausgehen, dass die Verdoppelung der C-Rate die Zyklenfestigkeit halbiert. Dies gilt nicht für alle Zellen, ist aber ein guter Anhaltspunkt.
Gibt es einen linearen Zusammenhang zwischen der C-Rate (Entladestrom/Kapazität) und Zyklenzahl? Wie wirken sich Pausen aus?
Man kann von der Faustregel ausgehen, dass die Verdoppelung der C-Rate die Zyklenfestigkeit halbiert. Dies gilt nicht für alle Zellen, ist aber ein guter Anhaltspunkt. Pausen zwischen dem Laden und Entladen, sowie das „sanfte Anfahren“ der oberen Zellspannungsgrenze beim Laden verlängern die Lebensdauer einer Zelle, weil diese Pausen die diffusive Umordnung von Li-Ionen in der Zelle ermöglichen und damit den inneren Zellstress reduzieren.
Sie haben gezeigt, dass die Beladung in Ihrer Betriebsstrategie gepulst erfolgt. Wäre eine Beladung mit geringem konstanten Ladestrom nicht sinnvoller? Dann würde weniger Verlustenergie über den Innenwiderstand entstehen und die Ladeelektronik könnte im optimalen Wirkungsgradbereich betrieben werden.
Das gepulste Laden erfolgt bewusst, um die Batteriezellen zu schonen. Bei der chemischen Relaxation geht es darum, dass sich die Ionen in den Zellen zwischendurch erholen können, was sich positiv in einer längeren Lebensdauer niederschlägt. An der Tatsache, dass regelmäßiges Entspannen das Leben verlängert, also durchaus etwas dran.
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Ladestatus (SoC) & Entladetiefe (DoD)
Ist die kalendarische Lebensdauer abhängig vom aktuellen SoC-Stand?
Der SoC wirkt sich deutlich auf die kalendarische Lebensdauer der Batterie aus. Hier gilt, dass es umso ungünstiger ist, je länger die Batterie vollgeladen, also bei 100 Prozent SoC stehen gelassen wird. Je höher die Zellspannung, desto höher der Zellstress, der die Alterung der Batterie vorantreibt.
Wie wird heute der Ladezustand (SoC) einer Zelle bestimmt? Mit welcher Genauigkeit kann man hier rechnen?
Der Ladezustand einer Batterie wird über sehr komplexe Berechnungsmethoden aus der Spannung jeder einzelnen Zelle ermittelt. Bei unserem My Reserve-Speicher wird bei diesem Berechnungsverfahren sogar der Innenwiderstand jeder einzelnen Zelle berücksichtigt. Dadurch ist die Angabe zum Ladezustand beim My Reserve extrem genau.
In welchem SoC-Bereich sollte man sich bewegen, wenn beispielsweise täglich nur 10 Prozent der Kapazität genutzt werden? Würden Sie dann eher von 90 auf 100 Prozent aufladen oder lieber von 60 Prozent auf 70?
Je höher der SoC, desto ungünstiger ist es für die Lebensdauer der Batterie. Das bedeutet, dass 100 Prozent SOC grundsätzlich der schlechteste Fall sind. Hier würde ich empfehlen 20-30 Prozent SOC, alternativ von 30-40 Prozent.
Wie wirkt sich eine einmalige Tiefenentladung auf die Lebensdauer beziehungsweise den Innenwiderstand aus?
Eine allgemein gültige Aussage ist schwierig, weil die Grenze für eine Tiefentladung vom Lithium-Ionen-Zelltyp abhängt. Bei den meisten Handyzellen beispielsweise ist die Zelle bei einer Spannung unterhalb von circa zwei Volt als Sondermüll zu betrachten. Die meisten Lithium-Ionen-Zellen werden im regulären Betrieb auf einen unteren Grenzwert von 2,7 bis 3,3 Volt entladen.
In der Grafik, die Solarwatt gezeigt hat, werden Zellen zu 100 Prozent (DoD) entladen, um die Zyklenfestigkeit zu messen. Die meisten Hersteller haben aber in der Praxis Entladetiefen von nur 80 oder 90 Prozent.
Wie erhöht das die Lebensdauer im Vergleich zum Messaufbau? Welche Entladetiefe ist für einen Photovoltaik-Heimspeicher sinnvoll?
Mit der Beeinflussung des DoD ließe sich bei geringer Batteriequalität theoretisch die Lebensdauer verlängern. Die Halbierung des DoD kann für eine etwa 25 Prozent höhere Zyklenfestigkeit sorgen. Generell kann man festhalten, dass Zellen von guter Qualität mit einem hohen Wirkungsgrad auf solche Manipulationen kaum reagieren. Die Entladetiefe wird darüber hinaus entscheidend vom Material der Zellen beeinflusst. Lithium-Ionen-Batterien können eine Entladetiefe von bis zu 100 Prozent erreichen, wohingegen Blei-Batterien für gewöhnlich nur zu 30 Prozent entladen werden. Auch beim Systemwirkungsgrad liegen Lithium-Ionen-Akkus bei über 90 Prozent, bei Blei-Batterien sind etwa 70 Prozent möglich. Grundsätzlich ist auch aus ökologischen Gründen die 100-prozentige Nutzung der Batteriekapazität zu empfehlen, weil bei der Herstellung der Batterien Energie und wichtige Rohstoffe verbraucht werden, die bei einem DoD kleiner 100 Prozent nur nutzlos „herumstehen“ und niemals genutzt werden, also von vornherein verschwendet wurden.
Batteriechemie
Warum können in Lithium-Ionen-Batterien die Medien nicht getrennt sein wie bei Redox-Flow-Batterien? Das würde doch die Degeneration bei Inaktivität vermeiden.
Bei Redox-Flow-Batterien sind die Speichersubstanzen Flüssigkeiten. Bei Lithium-Ionen-Zellen sind dies hingegen Feststoffe. Die Feststoffe lassen sich nicht umpumpen, daher müssen diese in dünnen Schichten festverbaut werden.
Wie wirken sich unterschiedliche Materialien (Eisenphosphat, Titanat, Nickel/Cobalt, Blei) auf die Lebensdauer aus?
Die meisten Lithium-Ionen-Zellen „sterben“ über die Anode. Die Lebensdauer von Graphit-Anoden ist in der Regel geringer als die Lebensdauer von Titanat-Anoden. Allerdings haben Titanat-Anoden auch eine niedrigere Zellspannung. Grundsätzlich dürfen also Material und Alterung nicht direkt verglichen werden, ohne zu berücksichtigen, wie die resultierende Zellspannung bzw. Energiedichte ist.
Eine Faustregel könnte lauten: Je höher die Energiedichte in Kilowattstunden pro Kilogramm, desto schneller altern Batterien. Dies ist eine sehr grobe erste Näherung.
Bleibatterien können sehr, sehr lange halten, wenn sie richtig betrieben werden, allerdings bedeute das dann, dass man nur circa 20 Prozent der Kapazität nutzen entladen und die Leistung keinesfalls zu hoch sein darf (typsich C/10).
Speicher allgemein
Programmiert Solarwatt sein Batteriemanagementsystem selbst?
Ja, das Batteriemanagementsystem wird von uns selbst programmiert. Es ist eines der Assets von Solarwatt, dass die gesamte Entwicklungskompetenz inhouse vorhanden ist. Wir entwickeln unsere Komponenten selber und stellen sie auch selbst in Deutschland her.
Kann es gelingen, einheitliche Prüfungen für das Gesamtsystem aufzustellen, damit der Endkunde nachvollziehbare Bewertungskriterien hat?
Dies ist sogar sehr sinnvoll. Leider tricksen einige Hersteller bei den Angaben zur Batterielebensdauer, so dass es für den Kunden aktuell sehr schwierig ist herauszubekommen, woran er ist. Die Vertrauenswürdigkeit eines Unternehmens und deren inhouse-Kompetenz in Sachen Batterien spielt hierbei eine wichtige Rolle. Darüber hinaus sollte man sich einen Eindruck davon verschaffen, wie transparent Informationen zur Sicherheit und Lebensdauer der Heimspeicher-Batterien gehandhabt werden.
Gibt es eine Übersicht der Zellmaterialien mit Einstufung des Gefahrenpotenzials bei Transport und Brandschutz?
Die im Wesentlichen auf der Kathode verwendeten Materialien sind:
• Lithium-Nickel-Cobalt-Aluminiumoxid
• Lithium-Nickel-Cobalt-Manganoxid
• Lithium-Manganoxid
• Lithiumeisenphosphat
Auf der Anode wird üblicherweise Graphit verwendet.
Im Hinblick auf die Einstufungen der Kathodenmaterialien gilt als Faustformel folgende Aussage: Die Freisetzung von Energie im Brandfall ist bei allen oben angegebenen Kathoden-Materialien, bezogen auf eine Kilowattstunde Speicherkapazität, nahezu identisch. Bezogen auf das Gewicht einer Batterien gibt es allerdings erhebliche Unterschiede, weil die unterschiedlichen Materialien unterschiedliche Energiespeicherdichten aufweisen.
Die Informationen zum Webinar, die Videoaufzeichung und die Präsentation zum Download finden Sie hier
Fragen & Antworten zum Webinar „Batterielebensdauer einschätzen und verlängern“ – Teil 1: Alterung
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