Gemeinschaftliche Eigenversorgung

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Dezentrale Energiekonzepte in der Wohnungswirtschaft befinden sich im Wandel. Waren diese früher zumeist auf die Installation eines Blockheizkraftwerks (BHKW) in den Kellerräumen und die Nutzung der produzierten Wärme beschränkt, eröffnet sich heute ein ganzer Strauß verschiedener Gestaltungsmöglichkeiten. In Betracht kommen – neben dem „traditionellen“ BHKW – ganz unterschiedliche Komponenten wie stationäre Speicher, Elektrofahrzeuge als mobile Speicher oder intelligente Steuerungselemente im Rahmen von Smart-Grid- oder Smart-Home-Lösungen. Wegen ihrer flexiblen Einsetzbarkeit und der in aller Regel verfügbaren Dachflächen wird insbesondere eine Technologie aber fast immer fester Bestandteil dezentraler Energiekonzepte in der Wohnungswirtschaft sein: die Photovoltaik zur Versorgung der Bewohner mit Strom.
Die Errichtung von Photovoltaikanlagen zur Stromversorgung in der Wohnungswirtschaft wird dabei aktuell gerne unter dem Stichwort „Mieterstrommodelle“ zusammengefasst, ist in der Umsetzung aber keineswegs auf Mieter beschränkt. Möglich sind dezentrale Photovoltaikkonzepte ebenso bei Eigentümergemeinschaften, Genossenschaften und allen sonstigen Konstellationen, in denen sich mehrere Beteiligte mit Strom aus derselben Anlage versorgen wollen.
Eigenversorgung oder Stromlieferung?
Ein maßgebliches Kriterium für die Wirtschaftlichkeit und Umsetzbarkeit solcher Energiekonzepte wird dabei stets sein, ob für den verbrauchten Strom die EEG-Umlage vollständig oder nur reduziert anfällt. Dies wiederum entscheidet sich allein danach, ob es sich bei der Versorgung der Bewohner aus der Photovoltaikanlage und gegebenenfalls dem BHKW um eine Eigenversorgung im Sinne des EEG handelt oder um eine Stromlieferung.
Das EEG selbst trifft insofern eine verhältnismäßig klare Abgrenzung: Eine (voll) umlagepflichtige Stromlieferung liegt vor, wenn Elektrizität von einer Person an eine andere Person geliefert wird, die den Strom dann verbraucht.
Eine Eigenversorgung liegt hingegen vor, wenn folgende Merkmale erfüllt sind: Personenidentität zwischen Anlagenbetreiber und Letztverbraucher und Stromverbrauch im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang ohne Nutzung des Netzes der allgemeinen Versorgung. Zusätzlich setzt das EEG für eine Umlagereduzierung noch voraus, dass Stromerzeugung und -verbrauch zeitgleich erfolgen.
Unerheblich ist, ob die Eigenversorgung im Mehrpersonenverhältnis über ein Anlagenpachtmodell oder über Miteigentum an der Anlage realisiert werden soll. Denn Eigentum an der Photovoltaikanlage ist gerade keine Voraussetzung für eine privilegierte Eigenversorgung.
Eigenversorgung auch bei mehreren Anlagenbetreibern?
Die Voraussetzungen des unmittelbaren räumlichen Zusammenhangs und der fehlenden Netznutzung werden dabei im Rahmen dezentraler Energiekonzepte in der Wohnungswirtschaft in aller Regel erfüllt sein. Entscheidend kommt es darauf an, ob auch das Merkmal der Personenidentität erfüllt sein kann, wenn mehrere Einzelpersonen sich gemeinsam aus einer Photovoltaikanlage selbst versorgen wollen.
Dies ist in der juristischen Fachwelt durchaus umstritten. Zuletzt positionierte sich die Bundesnetzagentur in ihrem Entwurf für einen Leitfaden zur Eigenversorgung vom Oktober 2015 sehr eindeutig dagegen. Auch das Landgericht Heidelberg entschied mit einem – allerdings noch nicht rechtskräftigen – Urteil am 28. Dezember 2015 gegen eine Eigenversorgung. Im dortigen Fall hatte der Anlageneigentümer eine Photovoltaikanlage im Rahmen eines Mietverhältnisses gemeinsam mit seinem Mieter betrieben. Das Gericht entschied, dass der Mieter die Voraussetzungen für eine Eigenversorgung nicht erfülle.
Keineswegs ist deswegen aber die – gerade in der Wohnungswirtschaft auftretende – Frage schon abschließend geklärt, ob eine Eigenversorgung mit mehreren Beteiligten grundsätzlich möglich ist oder nicht. Der Leitfaden der Bundesnetzagentur ist insofern nicht rechtsverbindlich. Das Urteil des Landgerichts Heidelberg ist zum einen noch nicht rechtskräftig und betrifft zum anderen einen Einzelfall.
Gestaltungsoptionen
So ist zunächst festzuhalten, dass im Rahmen der Eigenversorgung nicht auf den Begriff der Anlage im Sinne des EEG abzustellen ist, der erst kürzlich vom Bundesgerichtshof (BGH) als Solarkraftwerk definiert neue Konturen erfahren hat (vgl. BGH vom 4. November 2015 – Az. VIII ZR 244/14), sondern auf die Stromerzeugungsanlage und somit wohl auch weiterhin auf das einzelne Solarmodul. Sofern es also technisch und wirtschaftlich im Einzelfall darstellbar ist, kann eine Personenidentität zwischen Stromerzeuger und -verbraucher im Mehrpersonenverhältnis dadurch erreicht werden, dass jedem Verbraucher sein eigenes Modul zugeordnet wird, beispielsweise im Rahmen einer entsprechenden Pacht, aus dem er sich selbst versorgen kann. Freilich besteht dann die messtechnische Schwierigkeit, die Stromerzeugung eben jenes von dem Mieter gepachteten Moduls auch genau diesem Verbraucher zuzuordnen. So setzt das EEG als eine Voraussetzung einer Eigenversorgung gerade die Zeitgleichheit zwischen Erzeugung und Verbrauch voraus. Diese Zeitgleichheit wird sich aber in diesen Konstellationen in aller Regel nur über ein Messkonzept nachweisen lassen, in dem sowohl die Erzeugung des einzelnen Moduls als auch der Verbrauch des diesem zugeordneten Verbrauchers zeitaufgelöst gemessen und dann einander gegenübergestellt werden. Ein solches Messkonzept wird sich aber aus wirtschaftlichen Gründen wohl nur in Ausnahmefällen realisieren lassen, wobei natürlich nicht ausgeschlossen werden kann, dass der geplante umfassende Einsatz von Smart Metern hier zu technischen Fortschritten führt, die solche Lösungen künftig bezahlbar machen.
Naheliegender sind deshalb Konzepte, in denen die gesamte Photovoltaikanlage von allen Stromverbrauchern gemeinsam betrieben und zur Eigenversorgung genutzt wird. Dies erscheint – entgegen der bereits erwähnten Positionierung der Bundesnetzagentur – in rechtlicher Hinsicht durchaus möglich. So macht die Bundesnetzagentur ihre anderslautende Rechtsauffassung im Wesentlichen daran fest, dass in aller Regel nur eine Person die Sachherrschaft über eine Stromerzeugungsanlage ausüben und als Betreiber agieren kann. Zudem würde beim Zusammenschluss mehrerer Betreiber einer Photovoltaikanlage automatisch eine Betreibergemeinschaft entstehen. Diese sei dann als eigenständiges Elektrizitätsversorgungsunternehmen anzusehen, das die angeschlossenen Letztverbraucher (umlagepflichtig) beliefert.
Diese Argumentation erscheint aber juristisch keineswegs zwingend. So gibt es keinen Rechtsgrundsatz, aus dem sich ergibt, dass nicht auch eine Personengemeinschaft die Sachherrschaft über eine Photovoltaikanlage ausüben kann. Das Gegenteil ist der Fall: Zivilrechtlich ist die Ausübung der gemeinsamen Sachherrschaft in der Form des „Mitbesitzes“ und gegebenenfalls auch des „Miteigentums“ anerkannt und auch gesetzlich verankert. Das EEG schließt den gemeinsamen Anlagenbetrieb ebenfalls nicht aus. Auch der Umstand, dass durch den Zusammenschluss zum gemeinsamen Anlagenbetrieb eine Betreibergemeinschaft entsteht, steht einer Eigenversorgung nicht zwangsläufig entgegen. Bei einer solchen Betreibergemeinschaft handelt es sich nämlich gerade nicht zwingend um eine von ihren einzelnen Mitgliedern zu unterscheidende eigenständige juristische Person.
Fazit
Insgesamt erscheint deshalb – wenn man die Ausgestaltung richtig angeht – auch bei dezentralen Energiekonzepten in der Wohnungswirtschaft die Umsetzung einer Eigenversorgung möglich und machbar. Es eröffnen sich insofern sogar verschiedene Ausgestaltungsoptionen: So kann zum Beispiel eine Eigenversorgungs-GbR zusätzlich auch den erforderlichen Reststrom über das Netz gemeinsam beziehen. Zudem ist es möglich, das Energiekonzept zusätzlich um einen Speicher zu ergänzen.
Nicht ausgeschlossen ist aber, dass sich in der Praxis dennoch die strenge Auslegung der Bundesnetzagentur durchsetzt. Für ein Mehr an Rechtssicherheit bleibt den Betroffenen derzeit wohl nur, die weitere Entwicklung der Rechtsprechung in diesem Bereich abzuwarten. Denn eine gesetzgeberische Klarstellung wäre zwar wünschenswert, ist aller Voraussicht nach aber nicht zeitnah zu erwarten. (Steffen Herz)

Der AutorDer promovierte Rechtsanwalt Steffen Herz von der Berliner Kanzlei Bredow Valentin Herz Rechtsanwälte berät insbesondere Hersteller und Betreiber von Erneuerbare-Energien-Anlagen, Projektentwickler, Energieversorgungs- sowie Energiehandelsunternehmen zum EEG und allgemeinen energierechtlichen Fragen. Ein Beratungsschwerpunkt liegt dabei im Bereich Energiehandel und der rechtlichen Begleitung innovativer Energiekonzepte.

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