bne: Mit Digitalisierungsgesetz drohen ungerechtfertigte Netzentgeltbelastungen

Teilen

Am Mittwoch wird es im Wirtschaftsausschuss des Bundestags eine Anhörung zum Gesetzentwurf „Digitalisierung der Energiewende“ geben. Im Vorfeld dazu weist der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) nochmals daraufhin, dass einige Punkte noch geändert werden sollten. Ein großer Punkt ist dabei, die drohenden zusätzlichen Belastungen bei den Netzentgelten. In dem Gesetz ist eine Einbaupflicht für intelligente Zähler aber einem Verbrauch ab 10.000 Kilowattstunden ab dem kommenden Jahr vorgesehen. Nach dem aktuellen Stand müssten dann ein Großteil der Kunden mit teilweise erheblichen Mehrkosten bei den Netzentgelten rechnen. Sie würden dann nicht mehr nach den so genannten Standardlastprofil (SLP), sondern fielen unter die Leistungsmessung (RLM), erklärt Sebastian Schnurre, Leiter Digitalisierung und Flexibilisierung beim bne, während eines Pressegesprächs in Berlin.

Die Mehrkosten für kleinere gewerbliche Betriebe könnten sich je nach Standort auf bis zu 4000 Euro jährlich summieren. Dabei gebe es aber erhebliche Unterschiede, da die knapp 900 Verteilnetzbetreiber individuelle Preisvorgaben hätten. Nach einer Erhebung des Verbands würden bei etwa 100 Verteilnetzbetreibern die Kunden mit 10.000 Kilowattstunden Verbrauch sogar leichte Vorteile durch die Umstellung haben, erklärt Schnurre weiter. Bei etwa 300 weiteren Verteilnetzbetreibern lägen die erwarteten Mehrkosten im vertretbaren Rahmen. Bei den restlichen, etwa 450 würden teilweise erhebliche Mehrkosten anfallen. Der bne schlägt nun vor, dass mit die Einbaupflicht von Smart Metern zunächst in Netzgebieten umgesetzt werden sollte, wo es keine oder vertretbare Mehrkosten für die Kunden gebe. Alternativ dazu schlägt bne-Geschäftsführer Robert Busch vor: „Der Gesetzgeber könnte hier kurzfristig eine Lösung finden, etwa die, dass diese Kunden zwar anders bilanziert, aber netzseitig weiter als SLP-Kunden abgerechnet werden können.“ Die Übergangsfrist für diese Regelung sollte bis 2020 gelten.

Ein weiteres Thema, das den Verband umtreibt, ist die Frage nach der Datenhoheit. Einige Verteilnetzbetreiber witterten hier neue Geschäftsmodelle, doch viele wollten oder könnten sich darum nicht kümmern, sagt Busch. Ursprünglich sei im Gesetzentwurf ein Unbundling zwischen Verteilnetz- und Messstellenbetrieb vorgesehen, doch nun sehe es so aus, dass die Datenhoheit bei den Verteilnetzbetreibern liegen könnte. Es sei aber nicht sinnvoll, „jedes Mal bei der Datenweiterleitung einen künstlichen Umweg über die 900 Verteilernetzbetreiber einzubauen“. Damit würde die Digitalisierung nur abgewürgt. „Künftige energiewirtschaftliche Geschäftsmodelle funktionieren nur, wenn alle Marktteilnehmer einen diskriminierungsfreien Zugang zu den Daten haben. Es darf hier keine Verschiebung zu Verteilernetzbetreibern geben, die die Daten dann nur verzögert herausgeben und angeschlossenen Unternehmen damit einen Vorteil verschaffen können, zu Lasten der Verbraucher“, erklärt Busch. Eine Lösung aus Sicht von Busch wäre die Schaffung von 25 Verteilnetzclustern.

Der bne steht mit dieser Haltung klar gegen die Position des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Dieser legte am Dienstag ein Gutachten vor, das vom Büro für Energiewirtschaft und technische Planung (BET) verfasst wurde, wonach die Verteilnetzbetreiber die Hoheit über den Messstellenbetrieb behalten sollten. "Jede Aufspaltung der Zuständigkeit für abrechnungsrelevante Daten erzeugt unweigerlich Nachteile für alle Beteiligten, ohne erkennbare Vorteile zu generieren. Auch das Prinzip der sparsamen Datenverwendung spricht dafür, die Zuständigkeit für die Bereitstellung abrechnungsrelevanter Daten vollständig beim Verteilnetzbetreiber zu belassen", so die Kernaussage des Gutachtens.

Beim Messstellenbetreiber Discovergy wartet man schon lange auf das Digitalisierungsgesetz, das in der Vergangenheit von der Politik immer wieder auf die lange Bank geschoben wurde. „Aus meiner Sicht sind es ausgewogene und runde Rahmenbedingungen. Nur wenige Punkte müssen noch nachjustiert werden“, sagt Nikolaus Starzacher, Gründer und Geschäftsführer von Discovergy. Ihm sei besonders wichtig, dass die Kunden mit einem Smart-Meter-Einbau nicht durch die Zusatzkosten abgestraft würden. Starzacher geht davon aus, dass der Starttermin für das Rollout der intelligenten Zähler bei den Kunden ab 10.000 Kilowattstunden Verbrauch nicht vor dem 1. April 2017 sein werde. „Auch wird es in den ersten ein bis zwei Jahren noch keinen Massen-Rollout geben“, sagt er mit Blick auf das neue Gesetz. Auch beim bne weist man daraufhin, dass viele Fragen der Zertifizierung und zu Vorgaben noch gar nicht geklärt seien und auch erst nach der Verabschiedung des Gesetzes angegangen würden.

Zum weiteren Fahrplan für die Verabschiedung des Gesetzentwurfs sagt Schnurre, dass mit der 2./3. Lesung im Bundestag voraussichtlich Mitte oder Ende Mai zu rechnen sei. Der Bundesrat werde sich dann wohl im Juni oder Juli nochmals mit der Digitalisierung der Energiewende befassen. Da es sich allerdings um ein Einspruchsgesetz handele, sei von Länderseite kein allzu großer Druck zu erwarten. Einsprüche des Bundesrats kann der Bundestag mit Zwei-Drittel-Mehrheit überstimmen und somit zurückweisen. (Sandra Enkhardt)

Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.

Popular content

Bayern will 0,3 Cent/kWh Abgabe für große Solarparks verbindlich machen
19 Dezember 2024 Photovoltaik-Freiflächenanlagen ab fünf Megawatt sowie Windkraftanlagen sollen unter die heute vom bayrischen Kabinett verabschiedete Regelung fallen...