Rund 2.500 Photovoltaikanlagen hat das Installationsunternehmen nach eigenen Angaben bereits errichtet, dessen Geschäftsführer unserem Aufruf zur Aktion „Schwarze Schafe“ gefolgt ist. Doch dieser Fall hätte die Erfolgsgeschichte fast beendet, denn für die Firma wurde es verdammt knapp. Ende des Jahres 2008 hat das Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen eine Photovoltaikanlage mit einer Nennleistung von 175 Kilowatt und einem Gesamtnettowert von rund 700.000 Euro für einen Endkunden aufgebaut, schildert der Installateur. Der langjährige Großhandelspartner lieferte dafür das gesamte System, inklusive der Module, Gestelle und Wechselrichter. Die Installation verlief reibungslos.
Nach zwölf Monaten jedoch monierte der Kunde eine deutlich geringere Leistung im Vergleich zu anderen Anlagen, die er betrieb. Die negative Abweichung lag bei ungefähr 20 Prozent. „Wir haben den Fehler dann erst mal bei uns selbst gesucht“, erzählt der Installateur. „Aber nachdem ich fünf oder sechs Mal hingefahren war und alles intensiv geprüft hatte, lag der Schluss nahe, dass kein Installationsfehler vorlag, sondern die Module schuld an der Minderleistung waren.“
Wollen Sie Schwarze-Schafe-Fälle mitdiskutieren?
pv magazine organisiert den 3. Qualitäts-Roundtable auf der Intersolar in München. Wir beginnen mit der Diskussion aller Anwesenden über zwei „schwarze Schafe“ und wie geschädigte Betreiber vorgehen können. Im zweiten Teil werden Experten ihre Erfahrungen, unter anderem zu Feldtests und Best-Practice-Vorgehen entlang der Wertschöpfungskette, präsentieren und auf dem Panel diskutieren. Nehmen Sie am Roundtable Teil und gleichzeitiog an der Verlosung einer Apple Watch. Wir recherchieren außerdem auch gerne Ihre „schwarzen Schafe“. Mehr Informationen und kostenfreie Registrierung
Laut Flasherliste des Herstellers sollte die durchschnittliche Modulleistung knapp vier Watt über der angegebenen Nennleistung von 150 Watt liegen. Kennlinienmessungen eines Gutachters ergaben laut Installateur aber eine Minderleistung von bis zu 25 Prozent. Und eine Prüfung von zwei Modulen beim Fraunhofer ISE ergab, dass beide Module in Flashtests mehr als 20 Prozent weniger Leistung als angegeben aufwiesen. Berücksichtigt man die Leistungstoleranz von plus/minus fünf Prozent und eine Messungenauigkeit von plus/minus drei Prozent, hatten die Module immer noch eine definitive Minderleistung von mindestens 14 beziehungsweise 15 Prozent.
Kulanz war zu wenig
Aufgrund dieses Befunds hatte der Installateur zunächst die Hoffnung, sich entweder auf die Gewährleistung des Händlers oder die Leistungsgarantie des Herstellers berufen zu können. Die Leistung wich schließlich deutlich von den Versprechungen des Datenblatts ab. Doch daraus wurde nichts. Die Gewährleistung des Installateurs gegenüber dem Endkunden betrug zwei Jahre, die vom Händler zum Installateur aber nur ein Jahr und war damit gerade abgelaufen. Eine Falle für den Installateur also.
Der Händler bot zunächst noch aus Kulanz eine Entschädigung von knapp 70.000 Euro an. Dies lehnte der Endkunde aber als zu gering ab. Der Installateur wollte dann mit dem Händler eine höhere Summe aushandeln, die der durchschnittlichen Minderleistung der Module Rechnung trägt. Nachdem der Händler sich aber sicher war, dass er in diesem Fall juristisch nicht mehr belangt werden konnte, zog er auch das ursprüngliche Angebot zurück und wollte gar keine Entschädigung mehr zahlen, erklärt der Installateur. „Gleichzeitig begann der Rechtsanwalt des Endkunden, Druck zu machen, indem er eine Deadline für die Entschädigung setzte und ansonsten mit einer Klage drohte.“
Prozess ohne Rückhalt
So kam es dann auch zum Prozess gegen den Installateur. „Ich bekam alle zwei Wochen ein Schreiben vom Anwalt des Endkunden oder vom Gutachter oder vom Gericht. Da haben die mich unter Dauerstrom gehalten. Kurz vor Urteilsverkündung haben mir dann sowohl der Händler als auch der Importeur gesagt, dass ich damit nun alleine fertig werden muss. Von denen war keine Unterstützung mehr zu erwarten. Letztlich ist es auch so gekommen. Ich hatte keine Chance.“
Für den Installateur kamen mehrere unglückliche Umstände zusammen. Zum einen war der Minderertrag der Anlage erst nach Ablauf der Gewährleistung zum Händler entdeckt worden. Das lag unter anderem daran, dass sich die Installation des Monitoringsystems um ein Dreivierteljahr verzögert hatte, weil der Hühnerstall, auf dem sich die Anlage befand, zunächst keinen Internetanschluss besaß. Einen Betriebsführungsvertrag zwischen Installateur und Betreiber gab es nicht.
Als das Monitoring dann funktionierte, war es bereits Oktober. Bei der herbstlichen Witterung und Einstrahlung ist es allerdings schwierig, aus den Ertragsdaten der Anlage auf deren Performance zu schließen. Verlässlich geht dies nur, wenn das Monitoring Einstrahlungswerte berücksichtigt, also Daten aus einem eigenen Einstrahlungssensor oder externe Wetterdaten. Dies wurde vom installierten einfachen Monitoringsystem nicht unterstützt, sodass es keine Aussage über die sogenannte Performance Ratio der Anlage treffen konnte. Auch ein unerwünschter Leistungsabfall war im Monitoring nicht ersichtlich, da die Module ja von Anfang an zu wenig Leistung brachten. Dass mit der Anlage etwas nicht stimmte, bemerkte der Betreiber am Ende nur, weil er die Erträge mit anderen eigenen Anlagen verglich, die sich mehr oder weniger in räumlicher Nähe befanden.
Schlechte Garantiebedingungen
Das zweite Problem ergab sich aus den Garantiebedingungen des Modulherstellers. Hier war lediglich eine Leistung von 80 Prozent nach 25 Jahren garantiert. Eine Regelung zum Beispiel von 90 Prozent der Leistung nach zehn Betriebsjahren, wie sie heute oft üblich ist, fehlte in der damals vom Hersteller gewährten Garantie. Das heißt: Auch wenn schon am ersten Tag eine Minderleistung von 20 Prozent auftritt, ist das laut diesen Garantiebedingungen noch in Ordnung. Hinzu kam, dass die Module mit einer Leistungstoleranz von plus/minus fünf Prozent angeboten wurden. „Wenn man dann noch eine gewisse Messungenauigkeit annimmt, konnte der Hersteller beziehungsweise Importeur einen Minderertrag von mehr als 25 Prozent als normal rechtfertigen“, so der Installateur.
Am Ende zahlte der Installateur nicht nur den Schadensersatz an den Endkunden, sondern auch jede Menge Gerichtsund Anwaltskosten, insgesamt etwa 175.000 Euro (siehe Tabelle unten links). „Im März dieses Jahres haben wir die letzte Rate zur Entschädigung an unseren Endkunden gezahlt“, sagt der Installateur. „Das Schlimmste dabei war aber, dass die Nerven irgendwann völlig blank lagen.“ Über die sieben Jahre sei es kaum möglich gewesen, das Unternehmen vernünftig zu führen. Allein die Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern habe ihn dazu bewegt, das Unternehmen aufrechtzuerhalten.
Vertrauen versus Kontrolle
Vom Recht fühlt sich der Installateur in diesem Fall im Stich gelassen. Ihm zufolge haben selbst die Richter am Ende kopfschüttelnd signalisiert, dass sie die Lösung für unglücklich halten. Letztlich wurde dem Installateur nur die Lücke in der Gewährleistungskette zum Verhängnis. Damit so etwas nicht passieren kann, müsste der Gesetzgeber regeln, dass zum Händler die gleiche Gewährleistungsfrist gelten muss wie zum Endkunden, meint der Installateur.
Nach Einschätzung des Installateurs ist diese Gewährleistungslücke für die meisten Installateure auch heute noch gang und gäbe. Er selbst kenne mehrere Fälle von anderen Installateuren, denen es ähnlich ergangen sei wie ihm. „Wenn der Hersteller dem Händler nur eine Gewährleistungsfrist von einem Jahr anbietet, dann kann ich den Händler kaum dazu bringen, mir zwei Jahre Gewährleistung zu geben“, sagt er. „Sonst würde ja der Händler mit einem Jahr in der Luft hängen.“ Gegen einen gehörigen Aufpreis habe ihm ein Händler zwar schon einmal angeboten, die Gewährleistung zu verlängern. Das sei aber viel zu teuer gewesen.
Rückblickend gesteht der Installateur immerhin einen Fehler ein: „Ich hätte die Ware sofort nach Empfang prüfen müssen.“ Stattdessen habe er einfach seinem Händler vertraut, mit dem er schon jahrelang zusammengearbeitet hatte. Ein solcher Fehler wird ihm wohl nicht noch einmal passieren. „Ich bin noch immer im Solargeschäft tätig, allerdings bin ich sehr viel vorsichtiger geworden.“ Und sollte ihm etwas Vergleichbares trotzdem wieder passieren, würde er direkt zum Insolvenzgericht gehen und alles hinschmeißen, sagt er. „So ein Theater will ich nie wieder mitmachen.“
Der zuständige Händler hat sich bisher nicht zum Fall geäußert.
Fragen zur Diskussion auf unserem Roundtable auf der Intersolar:
- Wie kann ein Installationsbetrieb mit erträglichem Aufwand die Leistung der gelieferten Module überprüfen?
- Wird die Leistungsgarantie oft falsch verstanden und vermittelt so eine nur trügerische Sicherheit?
- Wie sind Verträge zu bewerten, bei denen die zum Endkunden geltende gesetzliche Gewährleistungsfrist zwischen Händler und Installateur verkürzt wird?
- Darf man mangelhafte Module mit Minderleistung durch Modulzubau, also durch eine Erweiterung der Anlage, ausgleichen?
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