1Komma5°-CEO äußert sich zu Umsatz- und Ergebnisentwicklung 2024

Smart meter, Installation, Hausanschluss, 1Komma5°

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Das Magazin „Gründerszene“ hat vor wenigen Tagen Geschäftszahlen zu 1Komma5° veröffentlicht, die es nach eigenen Angaben aus internen für Investoren gedachte Dokumente bekommen hat. Danach hat das mit über einer Milliarden Euro bewertete Start-up seine Jahresziele deutlich verfehlt. Anfang Januar rechnete 1Komma5° für 2024 mit einem Umsatz von 700 bis 750 Millionen Euro und einem Vorsteuergewinn von 70 Millionen Euro. Nach dem Bericht von „Gründerszene“ liege der Vorsteuergewinn 2024 vermutlich bei etwas mehr als 33 Millionen Euro bei einem Jahresumsatz von 540 bis 550 Millionen Euro.

Der Gründer und CEO von 1Komma5°, Philipp Schröder, bestätigte den Bericht über die vertraulichen Finanzdaten auf Anfrage von pv magazine. „Wir erwarten eine Steigerung der Gesamtleistung inklusive Zukäufen von rund 450 Millionen Euro 2023 auf knapp 540 Millionen Euro in diesem Jahr, was einem Wachstum von knapp 20 Prozent entspricht“, so Schröder. Bereinigt um die Zukäufe in diesem Jahr sieht er die Umsatzentwicklung noch positiver. Demnach ist der Umsatz von knapp 320 Millionen Euro 2023 um 47 Prozent auf 470 Millionen Euro in diesem Jahr gestiegen.

Etwa 98 Prozent des Umsatzes sei durch das Hardware-Geschäft generiert worden und weniger als 10 Millionen Euro stammten aus dem Software-Geschäft rund um das „Heartbeat AI“, wie Schröder sagt. Letzeres soll 2025 nun schneller wachsen – auf einen zweistelligen Millionenbetrag. Erst kürzlich hatte es 1Komma5° als „Heartbeat AI“ in einer eigenen Tochtergesellschaft ausgegliedert und weitere Investitionen angekündigt. Bereits im laufenden Jahr habe das Hamburger Start-up stark in diesen Bereich investiert und unter anderem einen eigenen Entwicklungsstandort in Berlin eröffnet sowie das Angebot in den Niederlanden, Schweden und Dänemark an den Markt gebracht.

Nur wenig Zukäufe in diesem Jahr

Die Zukäufe in Deutschland und Australien in diesem Jahr brachten 1Komma5° nur rund 70 Millionen Euro zusätzlichen anorganischen Umsatz im Hardwarebereich ein. Damit seien deutlich weniger Zukäufe getätigt worden als ursprünglich geplant. Denn 1Komma5° hat seine Strategie geändert. „Viele mittlere und kleine Betriebe haben sich 2023 übernommen und stecken dieses Jahr in ernsthaften Schwierigkeiten, daher hat die Attraktivität von Zukäufen für uns nachgelassen“, erklärt Schröder.

So setzt 1Komma5° mittlerweile verstärkt auf den Aufbau eigener Service-Standorte und Showrooms anstelle von Zukäufen wie noch in der Anfangszeit. Etwas mehr als ein Dutzend neuer, eigener Standorten in ganz Deutschland sind dieses Jahr hinzugekommen. Wenn es nach Schröder geht, soll sich ihre Zahl in den nächsten Jahren europaweit vervielfachen, wobei das Start-up regional vor Ort nur mit kleineren Teams agiert. Etwa 10 bis 20 Angestellte pro Service-Standort, wie Schröder sagt.

Insgesamt gesehen hat 1Komma5° in diesem Jahr seine Zahl der Mitarbeiter weiter ausgebaut. Zu Jahresanfang seien es knapp 2000 gewesen, mittlerweile habe das Unternehmen rund 2500 Angestellte weltweit, so der CEO. Neues Personal wurde dabei insbesondere für das Geschäft mit Wärmepumpen und die Entwicklung von „Heartbeat AI“ rund um das eigene virtuelle Kraftwerk eingestellt.

Gerade in der Installationsbranche ist es dabei schwierig an Geschäftszahlen von Unternehmen zu kommen. Die eher mittelständischen Unternehmen sind – anders als etwa Meyer Burger, Baywa oder SMA – nicht börsennotiert, ihre Geschäftsberichte lassen sich erst mit zeitlicher Verzögerung einsehen. Das gilt auch für die beiden deutschen Unicorns 1Komma5° und Enpal. Zumindest aktuell sind auch sie noch nicht an der Börse. Egal ob börsennotiert oder nicht, reißen die Hiobsbotschaften von deutschen Photovoltaik-Unternehmen in letzter Zeit nicht ab: hier Insolvenzen, dort Stellenabbau. So richtig gut, läuft es für die wenigsten.

„2024 war ein sehr anspruchsvolles Jahr. Weniger Nachfrage und allgemeine Kaufzurückhaltung trafen auf höhere Zinsen, einen erlahmten Bausektor sowie gesunkene Energiepreise“, sagt Schröder. „Die meisten Wettbewerber haben daher Stellen und Kapazitäten abgebaut. Viele sind insolvent gegangen. Vor diesem Hintergrund sind wir besonders stolz auf die Leistung unserer Teams, die steigende Nachfrage durch unsere Kunden und eine nach wie vor nachhaltige Profitabilität – trotz erheblicher Investitionen in 2024.”

Gesamtkosten für Systeme etwa 25 Prozent niedriger als noch Anfang 2023

Doch komplett gegen den Markttrend entwickelt sich das Geschäft von 1Komma5° auch nicht. Auch beim Hamburger Start-up sind die Preise gesunken. „Im Vergleich liegen die Gesamtkosten für unsere Systeme etwa 25 Prozent niedriger als noch Anfang 2023“, sagt er weiter. Dabei habe das Unternehmen auch von günstigen Einkaufsbedingungen für einzelne Komponenten profitiert. Doch nicht alles ist billiger geworden, räumt Schröder ein. Der Preisrückgang sei somit auch dem allgemeinen Preiskampf auf dem Markt geschuldet.

Gleichzeitig setzt 1Komma5° in seinen Modulen auf Polysilizium von Wacker Chemie. Dies liege preislich deutlich über dem Polysilizium der chinesischen Konkurrenz. „Auch im nächsten Jahr wird mit dem Polysilizium von Wacker Chemie zumindest etwas deutsche Wertschöpfung in den Modulen von 1Komma5° erhalten bleiben“, so Schröder. Von den Plänen einer eigenen Modulproduktion hat er sich – aktuell zumindest – verabschiedet. „Wir konzentrieren uns derzeit ganz auf unser Kerngeschäft“, sagt Schröder.

Im Gegensatz zu vielen Wettbewerbern klagt 1Komma5° jedoch nicht über einen Auftragsmangel. Allein im November hat das Unternehmen nach eigenen Angaben Kundenaufträge im Wert von 65 Millionen Euro erhalten. Dabei wuchs das Auftragspolster deutlich an. So rechnet 1Komma5° damit, mit etwa 250 Millionen Euro an bestehenden Aufträgen ins neue Jahr zu starten. „Das ohnehin hohe organische Umsatzwachstum hätte also noch deutlich besser aussehen können und zumindest die sogenannte Run Rate im Auftragseingang hat 700 Millionen Euro überschritten“, so Schröder.

Smart-Meter-Rollout als Flaschenhals

Zu den Gründen für die Verzögerungen erklärt er: „Der Smart-Meter-Rollout ist derzeit unser bedeutendster Flaschenhals.“ Es geht dabei um die Installation und Inbetriebnahme intelligenter Stromzähler samt Signalbox, die gebraucht werden, um die Kunden an die Strombörse zu bringen. Zwei bis drei Monate gingen oft ins Land, ehe die Installation und Inbetriebnahme abgeschlossen werden können.

Und wie geht es nächstes Jahr weiter? Schröder geht für 2025 davon aus, dass die Konsolidierung im Photovoltaik- und Wärmepumpen-Markt sich weiter beschleunigt, ist aber verhalten optimistisch. „Wenn die Zinsen fallen sollten und vor allem der Smart-Meter-Rollout und die Freisetzung von Flexibilität wie geplant kommen, gibt es Hoffnung.” Vom Ziel, bis 2030 jeweils 500.000 Kunden im Jahr zu bedienen und damit rund 10 Milliarden Euro Jahresumsatz zu erwirtschaften, will Schröder noch nicht abweichen. „Ob wir das schaffen, weiß ich natürlich nicht sicher, aber es bleibt unsere Mission mit 1Komma5°, günstige und saubere Energie für soviele Menschen wie möglich bereitzustellen“, sagt er.

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