Monatliches Energiemarkt-Update: Wetter und Politik halten die europäischen Energiemärkte im November in Atem

Strommast, Axpo

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Die europäischen Energiepreise zeigten in den vergangenen Wochen ein Bild überwiegend steigender Preise. Das Wetter in Europa, die Unsicherheiten in Bezug auf russisches Gas und natürlich die Politik in Deutschland und den USA erwiesen sich als die wichtigsten Triebkräfte für die Preisentwicklung.

Beginnen wir mit dem Wetter: Europa erlebte im November die Kehrseite der Revolution bei den erneuerbaren Energien. Im Laufe des Jahres, insbesondere im Frühjahr und Sommer, gab es auf dem gesamten Kontinent eine Rekordzahl an Stunden mit negativen Preisen – ausgelöst durch den starken Anstieg der Photovoltaik und Windkraft in Kombination mit einer schwachen Nachfrage und einer robusten Stromerzeugung aus Wasser- und Kernkraft.

Im November jedoch wurden Teile Europas mehrere Tage lang von einer so genannten „Dunkelflaute“ heimgesucht, bei der es kaum Wind und Sonnenlicht gab. Die Winderzeugung fiel auf eines der niedrigsten Niveaus der letzten zehn Jahre. Da die Stromerzeugung der Photovoltaik-Anlagen zu dieser Jahreszeit bereits deutlich reduziert ist und die Temperaturen unter den Werten der letzten beiden Jahre lagen, wurde es auf den Spotmärkten sehr eng und die Preise stiegen in die Höhe. Der deutsche Day-Ahead-Spotpreis sprang kurzzeitig auf über 200 Euro pro Megawattstunde und erreichte in einer der angespanntesten Momente mehr als 800 Euro pro Megawattstunde. Viele osteuropäische Märkte stiegen auf Durchschnittswerte von über 300 Euro pro Megawattstunde.

Eine weitere Folge der „Dunkelflaute“ war eine starke Inanspruchnahme der Gasspeicher in ganz Europa, um die durch niedrigere Temperaturen und wenig Wind verursachte höhere Gasnachfrage zu decken. Infolgedessen wurde der seit einiger Zeit bestehende Gasspeicherüberschuss (zum historischen Mittel) in der EU endgültig abgebaut, und zwar von einem Überschuss von 2,5 Prozentpunkten zum Monatsbeginn auf ein Defizit von 2,3 Prozentpunkten bis Ende November. Dies bedeutet nicht nur einen höheren Bedarf an Zukäufen im nächsten Sommer. Es ist auch der Grund dafür, dass die Gasmärkte weiterhin sehr empfindlich auf alle Nachrichten über russische Gaslieferungen reagieren. Ungewissheit herrscht nach wie vor über die russischen Gasströme durch die Ukraine, wo das Auslaufen des Transitabkommens Ende des Jahres einen Lieferstopp wahrscheinlich macht.

Die Sanktionierung der Gazprombank durch die USA hat zusätzliche Risiken für die Gaslieferungen mit sich gebracht, auch wenn der Markt davon auszugehen scheint, dass die Abnehmer Wege finden werden, die Lieferungen aufrechtzuerhalten. Dennoch haben die im Vergleich zu vor einigen Wochen weniger gefüllten Gasspeicher, die immer noch hinter der Leistung der letzten Jahre zurückbleibenden LNG-Lieferungen, und die ab Januar wahrscheinlich rückläufigen russischen Lieferungen zu den Risikoprämien für Gas beigetragen.

Neben Russland blickten die europäischen Energiemärkte im vergangenen Monat auch auf andere geopolitische Brennpunkte. Natürlich ist es noch zu früh, um die Folgen des zweiten Einzugs von Donald Trump ins Weiße Haus zu beurteilen. Aber Themen wie Handelszölle oder sein Konfliktmanagement rund um den Russland/Ukraine-Krieg werden in den kommenden Monaten sicherlich von Bedeutung sein. Um beim Thema Wahlen zu bleiben: Die deutsche Regierung ist Anfang November zusammengebrochen, und für Februar 2025 wurde ein neuer Urnengang angekündigt. Die Stabilisierung der schwachen deutschen Wirtschaft, die oft mit den Energiepreisen in Verbindung gebracht wird, ist eines der Kernthemen im Wahlkampf aller Parteien. Da Deutschland nach wie vor die größte Volkswirtschaft in der EU ist und sein finanzieller Strommarkt als Maßstab für große Teile Europas dient, wird diese Wahl für viele Marktteilnehmer von besonderem Interesse sein.

Nicht zuletzt ist auch die endgültige Bestätigung der Mitglieder der Europäischen Kommission zu nennen. Diese hat am 1. Dezember ihre Arbeit aufgenommen und wird vor vielen schwierigen und wichtigen Entscheidungen stehen. Auf der Energieseite wird der Markt den lang erwarteten Maßnahmen zur Dekarbonisierung der Industrie, dem Emissionsreduktionsziel für 2040, der endgültigen Festlegung und Umsetzung von CBAM (der Bepreisung von Kohlenstoffemissionen, die in bestimmten importierten Produkten enthalten sind) und ETS2 (der Bepreisung von Emissionen aus dem Straßenverkehr und der Heizung) neben vielen anderen Themen besondere Aufmerksamkeit schenken.

In diesem Sinne können wir sicher sein, dass auf ein arbeitsreiches Jahr 2024 ein weiteres spannendes Jahr mit Höhen und Tiefen, Herausforderungen und Chancen folgen wird. Um uns auf die bevorstehenden Ereignisse vorzubereiten, wünschen wir allen Lesern, Kunden und Partnern eine besinnliche Advents- und Weihnachtszeit sowie einen guten Rutsch ins neue Jahr.

Andy Sommer, Axpo— Der Autor Andy Sommer ist seit 1992 als Analyst in der Energiebranche aktiv und bewertet seit 2008 für Axpo die globalen Märkte. Seit einigen Jahren führt er das Team „Fundamental Analysis & Modeling“, mit dem er für interne und externe Kunden Einschätzungen zu den Energiemärkten in Europa und weltweit erstellt. Das Team konnte mit seinen Services im Jahr 2021 den Energy Risk Award für „Research in European Power“ gewinnen. www.axpo.com

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