Nicht immer lässt sich eindeutig sagen, wer der böse Bube ist. Ein Beispiel: Der Betreiber einer Photovoltaikanlage bemerkt bei einer Thermografieuntersuchung Hotspots und heiße Zellen an einem guten Dutzend Modulen. Man kann darüber diskutieren, dass das bei insgesamt über 15.000 Modulen vielleicht akzeptabel ist, auch wenn die Temperaturen der Hotspots teilweise bis zu 80 Grad höher sind als die der umgebenden Flächen. Vielleicht hat der Betreiber überzogene Erwartungen.
Doch der Modulhersteller lässt sich gar nicht auf eine Diskussion ein. Nach Ansicht des Betreibers hat er zwar ein Formular, aber kein Prozedere zum Abwickeln von Ansprüchen im Rahmen der Produktgarantie. In einem persönlichen Gespräch sichert der Geschäftsführer angeblich einen konstruktiven Umgang mit der Sache zu. Danach stellt das Unternehmen aber die Messungen des Dienstleisters infrage. Er besteht auf bestimmten Testbedingungen, verschleppt aber die Kommunikation über diese Testbedingungen.
Vielleicht stimmt einfach die Chemie zwischen Betreiber und Hersteller nicht, vielleicht hat dieser auch eine andere Wahrnehmung. Doch auch die Anfrage von pv magazine wird verschleppt. Besonders obskur wird das Ganze, als der Key Account Manager mitteilt, den Betreiber nicht zu kennen, der wiederum behauptet, jener sei immer der direkte Ansprechpartner gewesen.
Es gibt auch Positivbeispiele
Dass es auch anders geht, zeigt ein anderer Fall. In mehreren Parks, die mit den Modulen eines Herstellers gebaut wurden, trat potenzialinduzierte Degradation (PID) auf. Der Modulhersteller war bereit, die Boxen zwischen Wechselrichter und Modulen einbauen zu lassen, die die Module nachts unter entgegengesetzte Spannung setzen und PID reduzieren. In diesem Fall spielte der Wechselrichterhersteller nicht mit. Ist er der böse Bube?
Natürlich kann er sich auf den Standpunkt stellen, dass die PID nicht sein Problem ist. Nur, ist das gerechtfertigt? Zum Glück fanden Modulhersteller und Betreiber eine andere, allerdings etwas teurere Lösung (Seite 58).
Es wäre sinnvoll, wenn die Erwartungen klarer wären, die die Beteiligten aneinander haben und sinnvollerweise haben dürfen. „Das Schaf ist am Anfang meist nicht schwarz oder weiß, sondern oft grau“, sagt Matthias von Armansperg, Geschäftsführer von Accelios Solar. Unter anderem begutachtet er Schäden für Versicherungen. Oft sei eine eindeutige Klärung nicht möglich, zum Beispiel wenn nicht feststellbar ist, ob das Modul beim Transport, bei der Montage oder im Betrieb geschädigt wurde. Die größte Aufgabe sei dann, beide Beteiligten dazu zu bekommen, einen kleinen Schritt aufeinander zuzugehen. „In der Regel haben beide etwas davon, auch wenn sie es anfangs nicht so sehen“, sagt Armansperg, der auch eine Mediatorenausbildung hat.
Sicherlich nicht zu viel hat der Betreiber erwartet, der von seinem EPC-Dienstleister nicht informiert wurde, dass die Module ein massives Hotspotproblem haben (Seite 60). Der EPC-Unternehmer hatte auch die Betriebsführung übernommen und traf in seinem Interessenskonflikt, als Generalunternehmer zumindest zunächst zu haften, anscheinend die falsche Entscheidung. Nach zwei Jahren gab er die Betriebsführung ab und der Schmu flog auf – leider nach Ablauf der Produktgarantie. Es ist nicht einmal so, dass der Modulhersteller gar nichts zur Klärung tut. Diese wird aber noch durch die Mindestimportpreise erschwert. Meist kommen mehrere Probleme zusammen, was die Fälle dann auch einzigartig macht.
Qualitätsproblem ist After-Sales-Service
Das Qualitätsproblem ist erst ein Monitoring- und Testproblem – man muss den Schaden schließlich nachweisen. Dann ist es ein After-Sales-Problem. Und wenn der Betreiber alleingelassen wird, ist es auch ein technisches Problem. Schließlich muss er eine tragfähige Lösung finden.
Das zeigt sich etwa bei dem Fall, bei dem der EPC-Unternehmer die Steckverbinder an den Modulen mit MC4-Steckverbindern kombinierte (Seite 56). Es ist nicht klar, wie er an kompatible Gegenstücke kommt, da der Modulhersteller keine Kompatibilitätsbescheinigungen ausstellte. Der Modulhersteller bot zwar Adapterkabel an. Aber nun stellt sich die Frage, wie groß die doppelten Verbindungsverluste ins Gewicht fallen, auch weil die Steckverbinder wegen des unterschiedlichen Materialmixes vielleicht bereits korrodiert sind. Die Adapterkabel hält der Betreiber außerdem für überteuert, da die Kosten alleine für das Zusammenbauen mit zwei Euro pro Kabel angesetzt wurden. Nur: Ein Rechtsstreit wäre noch teurer.
Das Problem muss er trotzdem lösen, da es schon mehrmals zu Bränden gekommen sei. Ob der EPC-Dienstleister, der inzwischen insolvent ist, oder der Modulhersteller für das Problem haften müsste, ist auch hier nicht eindeutig einzuschätzen, da die Vereinbarungen zwischen beiden weder dem Betreiber noch pv magazine vorliegen. Allerdings wird aus der Kommunikation und aus den Gesprächen von pv magazine mit dem Hersteller klar, dass dieser zumindest mit der Grauzone einer möglichen MC4-Kompatibilität spielt. „Der TÜV Rheinland hat die Kompatibilität bestätigt“, hieß es in einer E-Mail. Der TÜV Rheinland hat sich inzwischen klar dazu geäußert (Seite 56).
Der Betreiber hat das Gefühl, dass er bereits einen Schritt auf den Hersteller zugegangen ist und kooperativ war. Eigentlich wollte er ja gar keinen Garantiefall aufmachen, sondern die Stecker einfach kaufen. Allerdings hält sich auch der Hersteller für konstruktiv, da er immerhin angeboten habe, Adapterkabel zu organisieren.
Bei einer – nennen wir es – konstruktiven Abwicklung durch EPC-Unternehmer oder Modulhersteller wären die Betreiber aller bei pv magazine aufgelaufenen Fälle zufrieden. Zufriedene Betreiber melden sich natürlich seltener bei uns, sodass gar nicht auszuschließen ist, dass ein korrekter Umgang vielleicht sogar meistens der Fall ist. Nur eben nicht immer. Dem Aufruf des pv magazine im Juni sind auf Anhieb mehr als 30 Betreiber oder ihre Sachverständigen gefolgt und haben ihre Schilderungen eingereicht.
Fünf bis zehn Prozent ernsthaft geschädigt
Dass die kleinen oder großen Dramen im Photovoltaikgeschäft keine Seltenheit sind, wird auch aus anderen Analysen klar. Rund 30 bis 40 Prozent der Installationen seien mängelbehaftet, sagte Rainer Kohlenberg, Senior Underwriter bei der Mannheimer Versicherung, auf dem ersten pv magazine Quality Roundtable im Juni. Fünf bis zehn Prozent so sehr, dass sie eigentlich abgeschaltet werden müssten. Der TÜV Rheinland hat auf Basis von 100 untersuchten Anlagen festgestellt, dass fast die Hälfte der ernsthaften Mängel auf Module zurückzuführen sind, knapp ein Drittel auf die Verkabelung.
Aus den Erfahrungen der Vergangenheit kann man auch für neue Anlagen lernen. Wichtig sind zum Beispiel klare Vereinbarungen beim Kauf, wie Garantiefälle zu bestimmten Mängeln definiert und nachgewiesen werden. Gerade bei Hotspots in Freilandanlagen ist nicht geklärt, wann sie überhaupt ein Garantiefall sind. Man sollte vorher festlegen, wie viele Hotspots ein Betreiber als unvermeidbar bei großen Solarparks akzeptieren muss. „Werden mit Thermografie Temperaturunterschiede zwischen Hotspots und umgebender Modulfläche gemessen, heißt das schließlich noch nicht, dass die Performance des Solarparks darunter leidet“, sagt Steffen Peters von Solarpraxis Engineering.
Installateure und EPC-Dienstleister haben bei der Umfrage von pv magazine im April übrigens zu 67 Prozent angegeben, dass sie sich von Herstellern Verbesserungen bei der Hotspot-Sicherheit wünschen. Das war ihnen der wichtigste Optimierungspunkt. (Michael Fuhs)
Thema: Qualität von Photovoltaikanlagen und Vorgehen bei Mängeln Zeit: 16.30 bis 18.00 Uhr Ort: Forum Solarpraxis, Hilton Berlin, Raum Heine iPhone: Teilnehmer vor Ort und diejenigen, die davor Mängelschilderungen (siehe unten) einreichen, nehmen an der Verlosung eines iPhone 6S teil.
Experten vor Ort: Margarete von Oppen, Rechtsanwältin (Geiser & von Oppen)/Willi Vaaßen, Director of Global Competence Center PV Power Plants, TÜV Rheinland/Stephan Padlewski, Regional Marketing Manager, Dupont Photovoltaic Solutions/Ulrich Bohnert, Risk Analyst, Munich RE/Ingmar Kruse, AEG Industrial Solar/Eric Ast, Head of Global Business Development Photovoltaics, Multi-Contact
Schwarze Schafe: Sie können bei dem Roundtable selbst Fälle einbringen. pv magazine wird die Serie „Schwarze Schafe“ weiterführen. Bitte schicken Sie eine E-Mail mit dem Betreff „Schwarze Schafe“ an fuhs@pv-magazine.com
Anonymität: Im offiziellen Teil müssen die Hersteller anonym bleiben, sonst muss die Diskussion darüber gestoppt werden. Auch die Veröffentlichungen in pv magazine erfolgen anonymisiert. Der Grund: Wir wollen dazu beitragen, dass die Beteiligten ins Gespräch kommen und zu konstruktiven Lösungen gelangen.
Mehr Informationen: www.pv-magazine.de/schwarze-schafe
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