Die Bundesnetzagentur hat am Mittwoch ihr Positionspapier zur Bemessung und Erhebung von Baukostenzuschüssen für Stromnetzbetreiber veröffentlicht. Damit will sie nach eigenem Bekunden Anreize für die netzdienliche Planung neuer Standorte für Netzanschlüsse ermöglichen. Die Kritik ließ jedoch nicht lange auf sich warten. Der Bundesverband Energiespeicher Systeme e.V. (BVES) zeigte sich enttäuscht und moniert, dass die Bundesnetzagentur nicht erkenne, dass Baukostenzuschüsse ein Hemmnis für die dringend benötigte Flexibilisierung durch Energiespeicher seien. Statt wie politisch gefordert, diese Hemmnisse abzubauen, verschärfe die Bundesnetzagentur diese. Mit dem veröffentlichten Positionspapier könnte die Kosten für Batteriespeicherprojekte in der derzeit üblichen Größe um einen zweistelligen Millionenbetrag in die Höhe treiben, befürchtet der BVES.
Die Bundesnetzagentur habe in ihrer Veröffentlichung die Energiespeicher pauschal als Last und Endverbraucher eingestuft. Damit werde ihrem Beitrag zur Stabilisierung und Flexibilisierung des Energiesystems nicht genügend Rechnung getragen. Die Doppelfunktion, dass Speicher Überschüsse aufnehmen und bei Bedarf abgeben können, werde schlicht ignoriert, so die Kritik der BVES.
Auch das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf bleibe unbeachtet, wonach die aktuelle Praxis zur Erhebung von Baukostenzuschüssen für rechtswidrig erklärt wurde, da Speicher pauschal nicht nur als Verbraucher betrachtet werden dürfen. Dazu erklärt die Bundesnetzagentur in ihrem Positionspapier: „Derzeit gibt es einen Rechtsstreit zu Baukostenzuschüssen für Batteriespeicher beim Bundesgerichtshof. Bis zu einer gegenteiligen Entscheidung ordnet die Bundesnetzagentur Batteriespeicher weiterhin aus Netzsicht bei der Einspeicherung als Verbraucher ein. Auch für die Speicher muss eine entsprechende Netzkapazität bereitgestellt werden.“
„Das Vorgehen der Bundesnetzagentur, jetzt ohne Not in den gerade hochlaufenden Energiespeichermarkt reinzugrätschen, ist völlig unverständlich und steht einer der Neutralität verpflichteten Marktregulierungsbehörde schlecht zu Gesicht“, sagt BVES-Hauptgeschäftsführer Urban Windelen. „Hier wird im Schatten eines laufenden Verfahrens vor dem Bundesgerichtshof ein Präjudiz geschaffen, mit großen Auswirkungen auf laufende und kommende Speicherprojekte.“
Nach Auffassung des Verbands überschreitet die Bundesnetzagentur mit dem Positionspapier ihre Funktionen und Aufgaben als Netzregulierungsbehörde, weil ausdrücklich das Ziel verfolgt wird, Standorte für Speicher und Industrie geografisch zu steuern. Im Endeffekt führe dies dazu, „dass dass ausgerechnet die Standorte, an denen Energiespeicher am dringendsten benötigt werden, die höchsten Kosten tragen müssen“.
Der BVES fürchtet, dass nun „eine Situation des Gegeneinanders und nicht des Miteinanders sowie fehlender Rechts- und Investitionssicherheit auf allen Seiten“ entsteht. „Der Position der Bundesnetzagentur zu Speichern droht in wenigen Monaten mit dem Urteil des Bundesgerichtshofes die Vollbremsung und sogar die Rückabwicklung aller BKZ-Zahlungen bis hin zum Schadensersatz. Allein daher ist das aktuelle Vorgehen der obersten Regulierungsbehörde völlig unverständlich“, erklärt Windelen. Der BVES fordert die Bundesnetzagentur daher auf, die Flexibilitätsanforderungen und die zukünftige Entwicklung des Energiesystems in den Mittelpunkt zu stellen anstatt „rückwärtsgerichtet an den falschen Stellschrauben zu drehen“.
Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, wiederum betont anlässlich der Veröffentlichung des Positionspapiers seiner Behörde: „Der Stromnetzausbau für die Energiewende verursacht Kosten. Darum ist ein Preissignal für den bewussten und sparsamen Umgang mit Anschlusskapazitäten und mehr Kosteneffizienz wichtig.“ Wenn es gelänge, neue Großverbraucher, Speicher oder Elektrolyseure stärker mit Rücksicht auf das vorhandene Stromnetz zu dimensionieren, ließen sich Kosten beim Netzausbau sparen. „Anschlussnehmer sollen in unterschiedlicher Höhe an den Netzkosten beteiligt werden, je nachdem, wie vorteilhaft die Ansiedlung an dem jeweiligen Standort für das Gesamtsystem ist“, so Müller.
Der Baukostenzuschuss ist die finanzielle Beteiligung des Anschlussnehmers für seinen neuen oder erweiterten Netzanschluss, die sich anteilig an den Kosten für den Netzausbau bemisst. Er erfolgt als Einmalzahlung. Nach dem Modell der Bundesnetzagentur soll sich der Baukostenzuschuss aus dem Preis für die Leistung und der notwendigen Netzkapazität berechnen. Als gängige Praxis finde seit Jahren eine Orientierung an den Kosten des Kapazitätsausbaus im Netz statt, wenngleich auch andere Berechnungsmodelle möglich seien.
Modell sieht fünf Abstufungen für Baukostenzuschüsse vor
Der Bundesnetzagentur zufolge sind die Baukostenzuschüsse nicht als Instrument konzipiert, um Netzentgelte substanziell zu senken. Bislang deckten sie nur etwa einen einstelligen Prozentsatz der Netzkosten ab. Mit ihrem neuen Modell will die Bundesnetzagentur die Lenkungsfunktion für den einzelnen Anschluss im Vordergrund stellen. Die finanziellen Signale seien dazu gedacht, um mehr Kosteneffizienz im Stromnetz zu erreichen. Daher können die Übertragungsnetzbetreiber künftig Differenzierungen bei den Baukostenzuschüssen vornehmen.
Die Bundesnetzagentur sieht in ihrem Positionspapier fünf Abstufungen für die Höhe des Baukostenzuschusses vor, die die Übertragungsnetzbetreiber regelmäßig aktualisieren. Dabei werde jeder Netzverknüpfungspunkt einer Stufe zugeordnet. Sie ergibt sich daraus, wie sich der neue Anschluss auf die Transportaufgabe auswirkt. So könne ein Baukostenzuschuss geringer ausfallen, wenn sich die Ansiedlung eines Verbrauchers aus Perspektive des Übertragungsnetzes als sinnvoll zeigt. Dies könne ein Industrieunternehmen, ein Elektrolyseur oder ein Stromspeicher sein. Ebenfalls einen geringeren Baukostenzuschuss könne es geben, um Betreiber von Elektrolyseuren an einen Standort zu locken, wo es ein Überangebot an Strom gebe.
Im Papier der Bundesnetzagentur heißt es auch, dass bereits vereinbarte Baukostenzuschüsse für Projekte, die bis zum Jahr 2024 oder auch noch für das Jahr 2025 abgeschlossen werden, gültig bleiben. Damit sollten sich die Investitionskosten für diese Projekte nicht durch den Baukostenzuschuss erhöhen. Das Positionspapier soll „der Orientierung des Marktes über die Rechtsauffassung der Behörde“ dienen. Es ist nicht unmittelbar rechtlich verpflichtend.
Nachtrag: Am 22. 11. hat auch der Bundesverband Solarwirtschaft eine kritische Stellungnahme zu den Leitlinien der Bundesnetzagentur veröffentlicht, die sich inhaltlich weitgehend mit der Position des BVES deckt.
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Der Privathaushalt hat bei größerer Speicherausstattung die Anschlussverstärkung ohne jedwede Förderung zu stemmen, die Praxis Großunternehmen hier zu fördern ist Diskriminierung und zum anderen ungerechtfertigte Subvention
Wie immer im Leben gilt es auch hier ganz genau hinzusehen, um vielleicht zu begreifen, warum sich hier so gestritten wird. Spontan kommt mir die Idee, ein Energiespeicher unterschiedliche Rollen einnehmen kann.
– Wenn ein Energiespeicher (in privatem Eigentum) unter 100 prozentiger Kontrolle des Netzbetreibers errichtet und betrieben wird, dann ist es kein Verbraucher. Der Besitzer bekommt dafür eine auskömmliche Nutzungsgebühr. Begründung: Das spart unnötigen Netzausbau und ist zu 100 % netzdienlich.
– Wenn der Energiespeicher (in privatem Eigentum) gewinnmaximierend an den diversen Energiemärken (Momentanreserve, Minutenreserve, etc.) teilnimmt, dann ist es ein Verbraucher.
Vermutlich wäre es noch günstiger, alle Netzbetreiber zu gesellschaften und ihnen den Betrieb und das Eigentum an Energiespeichern zu gestatten und das einfach via Netzentgelt zu finanzieren. Damit das mit dem Netzentgelt fair bleibt, könnte man für alle Verbraucher, die einen Netzanschluss nutzen, von einem verbrauchsabhängigem Netzentgelt auf ein pauschales Netzentgelt umstellen. Das verhindert, dass bei weiter steigendem privaten Solar-und Speicherzubau die Kosten des Netzentgeltes nicht vermehrt auf die Verbraucher umgelegt werden, die sich keine Solarmodule und Speicher zur Reduzierung des Strombezugs via öffentlichem Netz leisten können.
Bin gespannt, was hier noch kommentiert wird.
Die BNetzA weigert sich Fakten und Physik zu akzeptieren. Die Nähe zur Großindustrie der Kohle- und Gasbarone ist offensichtlich.
Der Dualismus eines eSpeicher ist so offensichtlich wie bei dem Pumpspeicherkraftwerk, aber dies gehört dem „alten Geld“ und gehört geschützt.
Seit dem ersten großem Batteriespeicher im Netz – 2014 – WEMAG 5MW/MWh – wird gegen diese Technologie auf allen Ebenen gekämpft, sei es bei den Gebühren oder den Regularien.
eSpeicher sichern die volatile Erzeugung ab und stabilisieren Verbraucherlasten, aber sie gefährden die Profite des „alten Geldes“.
Gleichzeitig sichern sie 100% EE ab, genauso wie V2H im privatem Bereich.