Die europäischen Energiemärkte haben den Oktober gut überstanden, die meisten Terminkontrakte schlossen in der Nähe des September-Niveaus. Auf dem Gasmarkt herrschten jedoch angespanntere Bedingungen, die den Aufbau von Lagerbeständen begrenzten. In Verbindung mit den sich abzeichnenden Versorgungsrisiken führte dies zu höheren Gaspreisen. Dem Aufwärtstrend folgten auch die Strompreise, insbesondere in den von Gas dominierten Märkten wie Italien. Starke Niederschläge in ganz Westeuropa förderten unterdessen die Stromerzeugung aus Wasserkraft und trugen dazu bei, den Anstieg der Strompreise einzudämmen. Vor allem in Spanien kam es zu erheblichen Überschwemmungen, die die Wasserreservoirs weiter ansteigen ließen, während in Frankreich die Wasserreserven im November den höchsten Stand seit einem Jahrzehnt erreichten. Gleichzeitig führten die geringe Winderzeugung und die im Vergleich zu den letzten beiden Jahren kühleren Temperaturen, die jedoch immer noch über dem langfristigen Durchschnitt lagen, zu einer Anspannung des Marktes. Die deutschen Spot-Strompreise überstiegen Anfang November für einige Stunden 800 Euro pro Megawattstunde und schlossen auf einem Höchststand von fast zwei Jahren.
Obwohl die Preise später wieder auf ein niedrigeres Niveau zurückkehrten, unterstrich dieser Ausschlag die Anfälligkeit des europäischen Stromsystems für derartige Ereignisse im Winter. Die Stromnachfrage hat ihren Höhepunkt noch nicht erreicht, und die Leistung der französischen Kernkraftwerke sowie die Exporte in die benachbarten Märkte sind weiterhin robust. Sollte die kalte Witterung jedoch zu einem Anstieg der Nachfrage führen, könnte Frankreichs temperaturempfindlicher Stromverbrauch das europäische Stromsystem weiter belasten, da die Exporte eingeschränkt werden. An der Gasfront lagen die europäischen Gasspeicher Anfang November leicht unter dem Fünf-Jahres-Durchschnitt, was durch anhaltende ungeplante Lieferunterbrechungen in Norwegen und eine rückläufige Produktion in anderen Teilen Nordwesteuropas, die das Pipelineangebot verknappte, beeinträchtigt wurde. Trotz steigender Preise war die Reaktion aus dem LNG-Markt gedämpft, was teilweise auf die verzögerte Inbetriebnahme neuer LNG-Lieferprojekte und geplante Wartungsarbeiten in Katar zurückzuführen ist. Die starke Nachfrage nach LNG-Importen aus Regionen wie Ägypten und Brasilien trug ebenfalls zu den Versorgungsengpässen bei und macht Europa anfällig für potenziell kälteres Wetter.
Die anhaltende Ungewissheit über die Fortführung des Transits durch die Ukraine über den Dezember hinaus führte zu einem Risikoaufschlag auf die Gaspreise, wobei die Schwankungen von Berichten abhingen, wonach die Ukraine, Aserbaidschan und die EU-Käufer kurz vor einer Einigung über die Aufrechterhaltung des Transits auch in 2025 stehen. Diesen Berichten wurde jedoch regelmässig widersprochen.
Mit Blick auf die Zukunft sind die Energieaussichten in Europa mit dem nahenden Winter mit großer Unsicherheit behaftet. Es wird erwartet, dass Donald Trumps Sieg bei den US-Präsidentschaftswahlen 2024 zu neuen Importzöllen führen wird, die den Druck auf Chinas Wirtschaft verstärken und die globalen Lieferketten stören werden, was sich möglicherweise auf die Dynamik des Welthandels auswirken wird. In Erwartung dieser Entwicklungen verzeichneten sowohl der US-Dollar als auch der S&P 500 beträchtliche Kursgewinne, was den Optimismus der Anleger in Bezug auf eine potenziell wirtschaftsfreundliche nationale Politik widerspiegelt, die auch die heimische Produktion fossiler Brennstoffe ankurbeln könnte.
Die Ungewissheit in der Energielandschaft wird noch dadurch verstärkt, dass das Europäische Parlament derzeit die Anhörungen und Abstimmungen über die Kandidaten für die Positionen in der neuen Europäischen Kommission durchführt. Gleichzeitig hat das Scheitern der deutschen Regierungskoalition den straffen Zeitplan für überfällige Gesetze durcheinander gebracht, was die ohnehin schon instabile makroökonomische Lage noch weiter erschwert. Wie ernst die Lage in Europa ist, zeigt sich an den geplanten Werksschließungen von Volkswagen in Deutschland, der Verlagerung der Ammoniakproduktion von Yara in die USA und der Streichung einer Reihe von Energieprojekten in den nordischen Ländern in den letzten Monaten.
Wir werden diese geopolitischen und makroökonomischen Entwicklungen – ebenso wie die unbeständige Lage im Nahen Osten, die weiter eskalieren könnte – weiterhin genau beobachten, um ihre Auswirkungen auf die Aussichten des europäischen Energiemarktes zu bewerten und darüber zu berichten.
— Der Autor Andy Sommer ist seit 1992 als Analyst in der Energiebranche aktiv und bewertet seit 2008 für Axpo die globalen Märkte. Seit einigen Jahren führt er das Team „Fundamental Analysis & Modeling“, mit dem er für interne und externe Kunden Einschätzungen zu den Energiemärkten in Europa und weltweit erstellt. Das Team konnte mit seinen Services im Jahr 2021 den Energy Risk Award für „Research in European Power“ gewinnen. www.axpo.com —
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Das bringt nichts gutes für Deutschland !
Heißt doch im Klartext, noch schneller in allen Kommunen die Dezentrale Energiegewinnung steigern, Bezirksspeicher mit Elektrolyseur angehangen, und die Produktion von grünem Wasserstoff als Winter-Reserve nutzen. Hier muss die CDU nun ansetzen, und Gas geben !
Denn mit einem TV Reporter als Verteidigungsminister, und einem Elon Musk als stillen Finanz-Berater in den USA, kann das für uns in Deutschland nur heißen: Neues Gesetz zur Produktion von Grünem Wasserstoff in den Kommunen als Winter-Reserve schnellstens beschließen.
Am besten wäre es ein finalen Schlussstrich unter den Versuch der Energie-Selbstversorgung in Europa zu ziehen.
Ergebnis: Zu teuer, extrem landraubend und optisch belastend.
Mögen doch besser Länder wie Saudi – Arabien und Länder auf dem afrikanischen Kontinent Wasserstoff per Photovoltaik produzieren, und nach Europa verkaufen. Eventuell kann Europa auch einige hundert tausend Quadratkilometer in Afrika für 99 Jahre pachten, Kraftwerke darauf errichten , und dafür 350 Milliarden Euro Pacht zahlen. Wäre insgesamt eventuell noch billiger als die jetzige Vorgehensweise.
Der Wasserstoffunsinn wird den Todesstoß für Deutschland werden.
Kohle und Gas sind mittlerweile die teuersten Energielieferanten, da wir diese Kraftwerke für den Zappelstromausfall vorhalten und zahlen müssen. Dann auch nur auf den Gedanken zu kommen noch Wasserstoff dazuzuholen, ist Irrsinn.
Matthias schreibt: Der Wasserstoffunsinn wird der Todesstoß für Deutschland werden .
Das glaube ich nicht lieber Matthias. Die erste Wasserstoff-Periode war ihrer Zeit noch ein wenig voraus, und wurde vom damaligem billigem russischem Gas verdrängt. Hinzu kamen die Subventionen für Braunkohle, und später noch die Laschet und Altmaier Zeit. ( Kohle Gutachten zurückhalten, und Sonnensteuer auf PV. ) Heute in Zeiten von Krieg, Wirtschafts-Krise und Inflation sieht das ein wenig anders aus lieber Matthias. Die Zeit des grünen Wasserstoffs ist gekommen, und wird nicht mehr wie einst damals in der Versenkung verschwinden. Denn wir arbeiten daran.
https://www.branchentag-wasserstoff.de/wp-content/uploads/2024/10/Programm-BTH2-NEUSS-2024-7.pdf