BSW-Solar: Entwurf zur EnWG-Novelle birgt Risiken für den weiteren Photovoltaik-Ausbau

Teilen

Die in der „Wachstumsinitiative“ vorgelegten Maßnahmen des Bundeswirtschaftsministeriums sollen neuen Schwung in die deutsche Wirtschaft bringen und den Strommarkt stabilisieren. Den weiteren Photovoltaik-Zubau könnten sie zugleich abwürgen. „Die Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums zur künftigen Vermeidung von Stromspitzen und negativen Strompreisen sind aus Sicht der Solarbranche in Teilen unverhältnismäßig und nicht zielführend“, erklärte der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) am Freitag. „Die in einem Referentenentwurf zur Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes vorgelegten Maßnahmen würden das Risiko bergen, den Photovoltaik-Ausbau, insbesondere von Solarstromanlagen auf kleineren Gewerbedächern, auszubremsen.“ Zudem werde der notwendige Speicherzubau nicht ausreichend erleichtert.

Der Gesetzentwurf muss daher aus Sicht des BSW-Solar nachgebessert werden. Doch die Zeit ist knapp. Die Bundesregierung will, dass die Maßnahmen bereits mit Beginn des kommenden Jahres greifen. Daher sind sie Teil des bereits laufenden EnWG-Novellierungsprozesses. Der Referentenentwurf ist in der aktuellen Fassung auf fast 300 Seiten angeschwollen. Nach Informationen von pv magazine war der Entwurf erst am Mittwoch in die öffentliche Konsultation gegangen. Bis zum heutigen Freitag läuft die Frist zur Stellungnahme des umfangreichen Katalogs.

Bei den Maßnahmen, die die Photovoltaik betreffen, geht es vor allem um die Vermeidung von Stromspitzen im Netz sowie negativer Preise an den Strombörsen, die in diesem Jahr ein absolutes Rekordniveau erreicht haben. Bereits im August war die Marke von 300 negativen Preisstunden aus dem Vorjahr erreicht und übertroffen worden. „Die Solarenergie ist inzwischen systemrelevant für die deutsche Stromversorgung. Das bringt ohne Frage auch Verantwortung für die Systemstabilität mit sich“, erklärte Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar. Aus der Branche kämen diesbezüglich konkrete Vorschläge, wie sich die negativen Preise vermieden ließen. Auch der Ausbau der Stromspeicher schreite vor. „Wir appellieren an die Politik, bürokratische Hürden für einen schnelleren Ausbau von Speichern und ihre systemdienliche Nutzung jetzt zu beseitigen. Eine weitere Beschleunigung des Speicherausbaus und eine absehbare Flexibilisierung von Verbrauchern wird dafür sorgen, Angebot und Nachfrage bei den erneuerbaren Energien noch besser aufeinander abzustimmen und die Stromnetze zu entlasten“, so Körnig.

In dem Gesetzentwurf ist unter anderem vorgesehen, dass neue Photovoltaik-Anlagen künftig bei negativen Preisen an der Strombörse keine Vergütung mehr erhalten sollen. Die Zeiten ohne Förderung sollen jedoch an den offiziellen EEG-Förderzeitraum von 20 Jahren angehängt werden dürfen.

Körnig bezeichnete das Regierungsvorhaben, die Neuanlagen in den Zeiten negativer Strompreise nicht mehr fördern zu wollen, als „nachvollziehbar“. Dies werde zur Spitzenglättung und stärkeren Speichernutzung beitragen. Neben notwendigen Maßnahmen zur Systemintegration dürfe auch die notwendige Beschleunigung des Photovoltaik-Ausbaus keinesfalls aus dem Blick geraten, so Körnig weiter. Aus seiner Sicht lassen sich die beiden Ziele auch in Einklang bringen und müssen sie auch, denn der aktuelle Photovoltaik-Zubau von rund 15 Gigawatt im Jahr soll ab 2026 auf 22 Gigawatt noch weiter erhöht werden. Nur so lässt sich das Regierungsziel von 215 Gigawatt installierter Photovoltaik-Leistung bis 2030 erreichen.

Technisch und wirtschaftlich nicht umsetzbar

Der BSW-Solar moniert, dass sich die geplante Pflicht zur Direktvermarktung von Photovoltaik-Anlagen ab einer Leistung von 25 Kilowatt weder technisch noch wirtschaftlich kurzfristig umsetzen lasse, da die Prozesse zwischen Direktvermarktern und den mehr als 800 Netzbetreibern in aller Regel nur unzureichend digitalisiert seien und der Smart-Meter-Rollout bislang nur schleppend verlaufe. Im Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass bei neuen Photovoltaik-Anlagen bis 2028 noch eine Wahlfreiheit bestehen soll. So könnte auch weiterhin die Einspeisevergütung gewählt werden, allerdings muss die maximale Wirkleistung am Netzanschlusspunkt dann auf 30 Prozent reduziert werden.

Bereits die jetzige Regelung, die eine verpflichtende Direktvermarktung ab 100 Kilowatt Leistung vorsieht, sei eine große Herausforderung bei der Realisierung gewerblicher Photovoltaik-Dachanlagen. „Die aus einem kleinteiligen Vermarktungs- und Steuerungsaufwand resultierenden hohen Direktvermarktungskosten von in der Regel über 1000 Euro jährlich würden Unternehmen davon abhalten, ihre Firmendächer für den Klimaschutz und die Sonnenstromernte zu nutzen“, erklärt Körnig. Im Endeffekt drohe durch die Absenkung der Schwelle, dass die Photovoltaik-Anlagen künftig auf maximal 25 Kilowatt Leistung beschränkt würden und viel Zubaupotenzial somit verloren ginge. Nach Einschätzung des Verbands ist es durchaus sinnvoll, die Direktvermarktung durch eine schnellere Digitalisierung von Prozessen zu ermöglichen. Eine Pflicht für kleinere Photovoltaik-Anlagen zur Direktvermarktung sollte es jedoch nicht geben.

Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.

Popular content

Batteriespeicherkraftwerk, Windkraft
Sechs Vorhersagen für die Batterieindustrie 2025
20 Dezember 2024 Trotz volatiler Märkte steigt der Ausbau von Energiespeichersystemen, auch durch mehr Planungssicherheit dank Garantien.