IEA hält schnelleren Ausbau der Erneuerbaren für notwendig

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Wie sich die Zeiten ändern: Es ist noch nicht so lange her, da unterschätzte die Internationale Energieagentur IEA den globalen Photovoltaik-Zubau massiv. Nun hat sich der Wind gedreht. Die Prognosen sind realistischer und die IEA sieht mittlerweile sogar die Notwendigkeit, erneuerbare Energien schneller auszubauen. Dies ist die Quintessenz aus ihrem am Mittwoch veröffentlichten „World Energy Outlook 2024“ (WEO). Regionale Konflikte und geopolitische Spannungen zeigen erhebliche Schwachstellen im heutigen globalen Energiesystem auf und verdeutlichen die Notwendigkeit stärkerer politischer Maßnahmen und größerer Investitionen, um den Übergang zu saubereren und sichereren Technologien zu beschleunigen und auszuweiten, heißt es dort. Andernfalls sei die Energiesicherheit gefährdet und auch die Reduzierung der Treibhausgasemissionen stehe auf dem Spiel.

„In der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts würde die Aussicht auf eine reichlichere oder sogar überschüssige Versorgung mit Erdöl und Erdgas – je nachdem, wie sich die geopolitischen Spannungen entwickeln – uns in eine ganz andere Energiewelt versetzen als die, die wir in den letzten Jahren während der globalen Energiekrise erlebt haben“, sagte IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol. „Es bedeutet einen Abwärtsdruck auf die Preise, der die von den Preisspitzen hart getroffenen Verbraucher etwas entlastet. Die Atempause vom Druck auf die Brennstoffpreise kann den politischen Entscheidungsträgern Spielraum verschaffen, um sich auf verstärkte Investitionen in die Umstellung auf erneuerbare Energien und die Abschaffung ineffizienter Subventionen für fossile Brennstoffe zu konzentrieren.“

Im neuen „World Energy Outlook“ geht die IEA davon aus, dass bereits 2030 mehr als die Hälfte des Stroms weltweit aus „emissionsarmen“ Quellen erzeugt wird. Neben Erneuerbaren ist dabei wohl auch die Kernenergie eingerechnet. Die IEA geht weiterhin davon aus, dass die Nachfrage nach den drei fossilen Brennstoffen – Kohle, Öl und Gas – bis zum Ende des Jahrzehnts ihren Höhepunkt erreichen wird.

2026 überholt Photovoltaik Wind- und Atomkraft

Stromnachfrage weltweit, Anteil Energiequelle, IEA World Energy Outlook 2024Für die Photovoltaik-Erzeugung verzeichnet die IEA in ihrem „Stated Policies Scenario 2010 bis 2035“ einen Anstieg von 1600 Terawattstunden 2023 auf 2100 Terawattstunden in diesem Jahr. Demnach wird sie im Jahr 2026 die Erzeugung aus Windkraftanlagen und Atomkraftwerken überholen und bei 3300 Terawattstunden weltweit liegen. Bis 2030 geht die IEA für die globale Photovoltaik-Erzeugung von einem Anstieg auf 6500 Terawattstunden und bis 2035 auf 10.700 Terawattstunden aus.

Die für den Photovoltaik-Ausbau notwendigen Produktionskapazitäten seien dabei bereits vorhanden. Für 2023 werden in dem Bericht Kapazitäten von 1155 Gigawatt weltweit angegeben, wovon sich 944 Gigawatt in China befinden. Dieser Trend wird sich auch bis 2030 fortsetzen. Dann geht die IEA von einem Anstieg auf knapp 1550 Gigawatt bis 2030 aus, wovon sich dann 1250 Gigawatt in China befinden werden. Nach dem „Stated Policies Scenario liegt der Zubau dann bei 709 Gigawatt, womit die Produktionskapazitäten die Nachfrage weiterhin klar übersteigen. Ein ähnliches Bild gint es auch bei der Batterieherstellung. Für 2023 sind Produktionskapazitäten von 2558 Gigawattstunden in dem Bericht vermerkt, 420 Gigawattstunden außerhalb Chinas. Die Nachfrage beschränkte sich allerdings auf 851 Gigawattstunden. Bis 2030 wird jedoch ein deutlicher Anstieg der Nachfrage erwartet – auf etwa 3880 Gigawattstunden. In China werden dann Produktionskapazitäten von 4174 Gigawattstunden verfügbar sein und im Rest der Welt weitere 2116 Gigawattstunden.

Anstieg der Stromnachfrage

Die IEA verzeichnet den Ausbau der Erneuerbaren „in einem noch nie dagewesenen Tempo“. Doch der Zubau sei längst nicht gleichmäßig über alle Technologien und Märkte verteilt. Dabei werde immer deutlicher, dass es in Richtung eines neuen, stärker elektrifizierten Energiesystems geht. Die Stromnachfrage steige weltweit stark an. Der Stromverbrauch sei in den letzten zehn Jahren doppelt so schnell gewachsen wie die Gesamtenergienachfrage, wobei zwei Drittel des weltweiten Anstiegs der Stromnachfrage in den letzten zehn Jahren auf China entfielen.

„Wie bei vielen anderen globalen Energietrends ist China heute ein wichtiger Teil des Geschehens“, erklärte Birol. „Ob es um Investitionen, die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen, den Stromverbrauch, den Einsatz erneuerbarer Energien, den Markt für Elektroautos oder die Herstellung sauberer Technologien geht – wir leben heute in einer Welt, in der fast jede Energiegeschichte im Wesentlichen eine China-Geschichte ist. Nur ein Beispiel: Der Ausbau der Photovoltaik in China schreitet so schnell voran, dass Anfang der 2030er Jahre – also in weniger als zehn Jahren – allein die chinesische Solarstromerzeugung den gesamten Strombedarf der Vereinigten Staaten übersteigen könnte.“

Dabei geht die IEA davon aus, dass sich die globale Stromnachfrage noch verstärken wird. In einem Szenario, das auf den heutigen politischen Rahmenbedingungen basiert, wird angenommen, dass jedes Jahr das Äquivalent der japanischen Nachfrage zum weltweiten Stromverbrauch hinkommt. In Szenarien, die die nationalen und globalen Ziele zum Erreichen von Netto-Null-Emissionen erfüllen, sogar noch schneller steigen. Daher seien auch die „wesentlich höheren Investitionen in neue Energiesysteme, insbesondere in Stromnetze und Energiespeicher, erforderlich“.

Nach Berechnungen der IEA werden heutzutage für jeden Dollar, der in Erneuerbare fließt, 60 Cent in Netze und Speicher investiert. Dies zeige deutlich, dass die unterstützende Infrastruktur mit dem Ausbau der Erneuerbaren nicht Schritt halte. Das Investitionsverhältnis müsse auf 1:1 gebracht werden. „Viele Stromversorgungssysteme sind derzeit anfällig für die Zunahme extremer Wetterereignisse, was die Bemühungen um die Stärkung ihrer Widerstandsfähigkeit und digitalen Sicherheit noch wichtiger macht“, so die IEA in ihrem Bericht.

Zudem reiche die zunehmende Dynamik beim Ausbau der Erneuerbaren noch nicht aus, um die Netto-Null-Ziele zu erreichen. Die Welt sei noch weit von einem Kurs dahin entfernt. Entscheidungen von Regierungen, Investoren und Verbrauchern verfestigen allzu oft die Mängel des heutigen Energiesystems, anstatt es auf einen saubereren und sichereren Weg zu bringen, moniert die IEA in ihrem Bericht.

Die IEA geht auch davon aus, dass der Höhepunkt der weltweite Kohlendioxidemissionen bald erreicht wird. Danach werde es jedoch keinen starken Rückgang geben, so dass Durchschnittstemperatur weltweit bis zum Ende des Jahrhunderts um 2,4 Grad Celsius ansteigen und damit deutlich über dem Ziel des Pariser Abkommens liegen wird. Ein neues Energiesystem müsse aufgebaut werden, das von Dauer sei, das Sicherheit, Widerstandsfähigkeit und Flexibilität in den Vordergrund stelle, so der Bericht. Dabei muss gewährleistet sein, dass die Vorteile der neuen Energiewirtschaft allen zugute kommen und alle einbeziehen, wie die IEA betont. Doch gerade in Entwicklungsländern stünden dabei hohe Finanzierungskosten und Projektrisiken dem schnellen Ausbau der Erneuerbaren im Weg.  Um die sich entwickelnden Herausforderungen im Energiebereich zu bewältigen, mit denen Länder auf der ganzen Welt konfrontiert sind, hat die IEA im zweiten Quartal 2025 einen internationalen Gipfel zur Zukunft der Energiesicherheit in London einberufen.

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