Maßnahmen-Mix kann die Abregelung von Photovoltaik-Anlagen verringern

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In zwei von fünf betrachteten Verteilnetzen würde eine effiziente Nutzung der Dachflächen dazu führen, dass die Hälfte der Solarstromerzeugung abgeregelt werden müsste. Zu diesem Schluss kommt Ricardo Reibsch in seiner Doktorarbeit im Rahmen des Graduiertenkolleg der Reiner Lemoine Stiftung, für die er drei ländliche und zwei suburbane Netztypen betrachtet.

Um zu diesem Ergebnis zu kommen, hat Reibsch aus einer Sammlung von idealtypischen synthetischen Verteilnetzen, die zur Untersuchung bestimmter Netztypen entwickelt wurden, fünf interessante Fälle herausgepickt. Diese synthetischen Beispiele enthalten unter anderem Angaben zur jeweiligen Siedlungsdichte, Ausdehnung und Auslegung der Ortsnetztrafos. Auf dieser Basis simulierte der Wissenschaftler eine Situation, die der eines modellhaften erneuerbaren Energiesystems in der Zukunft entsprechen könnte: eine Wärmepumpe für fast jedes Haus, ein Elektroauto pro Haus, die Dächer entsprechend ihrer statistischen Ausrichtung ganz mit Photovoltaik belegt. Beim Netz wurde der derzeitige Ausbauszustand beibehalten.

Daraufhin simulierte Reibsch die Spannungsverhältnisse im Verteilnetz sowie die Auslastung der Ortsnetztrafos und Leitungen in einminütiger Zeitauflösung für vier Beispielwochen, die bezüglich charakteristischer Parameter ungefähr repräsentativ für ein Jahr sein können. In der Sommerwoche produzierten in dieser Simulation die Photovoltaikanlagen Netz „Ländlich 2“ beispielsweise sechsmal so viel Energie wie dort verbraucht wurde. Dort mussten deshalb über 60 Prozent der Energie abgeregelt werden. Selbst in der Winterwoche konnten – wegen der Ungleichzeitigkeit von Produktion und Verbrauch – 20 Prozent der Solarenergie nicht genutzt werden, obwohl insgesamt viermal mehr Energie verbraucht als erzeugt wurde. In den anderen Netzen ist das Ergebnis nicht ganz so dramatisch (siehe Grafik). Das liegt daran, dass im Netz „Ländlich 1“ deutlich weniger Häuser stehen und in suburbanen Netzen die Ortsnetztrafos für höhere Leistungen ausgelegt sind.

Welche Lösungen gibt es, um mehr Photovoltaik-Strom nutzen zu können?

Wenn man die steuerbaren Verbraucher gezielter einsetzt, reduziert das die Abregelung über das gesamte Jahr um fünf Prozentpunkte. Erwartungsgemäß tragen Speicher weiter dazu bei, die Abregelung zu verringern, wenn man sie netzdienlich nutzt. Legt man sie mit 0,75 Kilowattstunden pro Kilowattpeak installierter Photovoltaik-Leistung aus, sinkt die Abregelung im Netz „Ländlich 2“ von 54 auf rund 40 Prozent der erzeugten Energie.

Wie ist das Ergebnis zu interpretieren?

Die Studie untersucht einen Fall, der so vermutlich nicht eintreten wird. Dachflächen werden kaum allesamt zu 100 Prozent genutzt werden und Netze werden ausgebaut.

Man sieht an den Beispielen jedoch, dass Flexibilität und Batteriespeicher einen signifikanten Einfluss haben, wenn es darum geht, Photovoltaik-Strom aus den Wohnvierteln über die Ortsnetztrafos in das vorgelagerte Mittelspannungsnetz zu transportieren. Außerdem sieht man, dass im Wesentlichen die Einspeisung abgeregelt werden muss, nicht die Last. Zwar nimmt Reibsch für das Erneuerbaren-Szenario auch an, dass die Gebäude saniert und sehr gut isoliert sind, so dass die Wärmepumpen vergleichsweise klein dimensioniert sind. Allerdings legt die Studie trotzdem nahe, dass der Netzausbau nicht auf die Photovoltaik-Erzeugungsspitzen der Sommerwochen ausgelegt werden muss. Am Ende muss ein Mix an Maßnahmen, zu denen auch teilweise Abregelung gehört, zu einem effizienten Energiesystem beitragen.

Haushalte könnten im Übrigen auch wirtschaftlich davon profitieren, dass sie netzdienliche Flexibilität bereitstellen, so Reibsch. Allerdings müssten dafür der regulatorische Rahmen angepasst und mit einer “Digitalisierungsoffensive in den Verteilnetzen“ die technischen Voraussetzungen geschaffen werden.

Das Impulspapier der Reiner Lemoine Stiftung mit mehr Details können Sie hier herunterladen, die Doktorarbeit finden Sie unter diesem Link.

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