Fraunhofer IEE: Verteilnetze lassen sich mit kurativer Systemführung höher auslasten

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Der Zubau von Photovoltaik- und Windkraftanlagen hat in der jüngsten Vergangenheit wieder Fahrt aufgenommen und die Ziele der Bundesregierung für 2030 sind ambitioniert. Die meisten dieser Anlagen werden an die Verteilnetze angeschlossen und stellen deren Betreiber zunehmend vor Herausforderungen. Denn auch Wärmepumpen und Wallboxen sind zunehmend gefragt.

Im Forschungsprojekt „kurSyV“ entwickelt das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE gemeinsam mit Partnern neue Ansätze für die kurative Systemführung im 110-Kilovolt-Netz. Diese sollen es ermöglichen, die bestehenden Verteilnetze besser auszunutzen, um kurzfristig mehr Photovoltaik- und Windkraftanlagen sowie Wallboxen und Wärmepumpen anschließen zu können, ohne die Systemsicherheit zu gefährden. „Vorangehende Forschungsarbeiten haben gezeigt, dass das Konzept der kurativen Systemführung großes Potenzial hat“, erklärt Denis, Mende, Projektleiter beim Fraunhofer IEE. „In unserem Projekt ‚kurSyV‘ untersuchen wir, wie sich dieser Ansatz auf die Verteilnetze anwenden lässt. Ziel ist es, die dort verfügbaren Flexibilitäten zu nutzen, um die Netze höher auslasten zu können – natürlich ohne Abstriche bei der Sicherheit zu machen.“ Mit der kurativen Systemführung werde zudem den Netzbetreibern zusätzliche Zeit verschafft, um neue Stromleitungen zu bauen.

An dem Projekt beteiligt sind auch die Universität Kassel (Fachgebiet Energiemanagement und Betrieb elektrischer Netze), Westnetz, Siemens und Alterric Deutschland. Zudem sind LEW Verteilnetz, WRD Wobben Research and Development GmbH und Amprion als assoziierte Partner dabei. Offizieller Start des auf drei Jahre angelegten Projekts war bereits im Mai. Es wird vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert und führt die Arbeiten des bereits abgeschlossenen Forschungsprojekts „InnoSys 2030“ weiter. Der damalige Fokus lag auf dem Übertragungsnetz, wobei Netzbetreiber, Technologie-Hersteller und Forschungsinstitute, darunter das Fraunhofer IEE, geeignete Betriebskonzepte untersuchten, um das Stromnetz effizienter auszulasten. Sie kamen zu dem Schluss, dass ein koordinierter Einsatz von kurativen Maßnahmen und leistungsflusssteuernden Betriebsmitteln bei gleichzeitiger Erhöhung des Automatisierungsgrads ein sehr vielversprechender Ansatz sei.

Zur aktuellen Situation in den Netzen heißt es, dass diese mit einem Sicherheitspuffer betrieben werden, um etwaige Ausfälle von Transformatoren kompensieren zu können. Technisch werden sie damit nicht so stark ausgelastet, wie es möglich wäre. Eine kurative Systemführung sieht dagegen vor, das Netz im Falle einer Störung nahezu in Echtzeit mit vordefinierten Maßnahmen in einen anderen, sicheren Betriebszustand zu bringen. Die Störungen werden somit durch sehr kurzfristige, hochgradig automatisierte Eingriffe im laufenden Betrieb behoben, ohne explizit Kapazitäten für Störfälle vorzuhalten.

Neben der Entwicklung kurzfristig umsetzbarer Konzepte in den Verteilnetzen geht es im Forschungsprojekt „kurSyV“ auch darum, die Leittechnik-Komponenten weiterzuentwickeln. Besonderes Augenmerk liege zudem auf der Erforschung von Methoden zur Prognose von gesichert verfügbarer, kurativ nutzbarer Flexibilität sowie den Auswirkungen der kurativen Systemführung auf die Netzplanung. Teil des Projekts sei auch die Erarbeitung von Vorschlägen für Anreizsysteme, um das Bereitstellen von Flexibilität grundsätzlich und für die kurative Systemführung im Speziellen auch für Betreiber von Erneuerbaren-Anlagen attraktiv werden zu lassen. Am Ende sollen Musterlösungen erstellt werden samt individueller Anpassungen, so dass sich diese in die Systemführung integrieren lassen. Bereits während der Projektphase werden die Lösungen dabei auf ihre Einsetzbarkeit, Wirkung und praktische Relevanz analysiert.

„Die Verteilnetze sind schon heute mancherorts so stark ausgelastet, dass der Erneuerbare-Zubau ausgebremst wird. Dem lässt sich mit Netzausbau begegnen. Dafür ist aber viel Zeit notwendig“, sagte Mende weiter. „Die kurative Systemführung hingegen greift deutlich schneller.“

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