Batteriespeicher haben das Potenzial, überschüssigen, oftmals erneuerbaren Strom aufzunehmen und so Netzengpässe zu vermeiden. Die Bundesnetzagentur hat in der Maßnahme „Nutzen statt Abregeln 2.0“ zwar Kriterien für große netzgekoppelte Speicher als zuschaltbare Lasten festgelegt, diese bilden jedoch nicht das reale Verhalten von Batteriegroßspeichern ab und sind dadurch zu restriktiv, um echten Nutzen zu entfalten.
Das neue Modell könnte für bestimmte Industriekunden sinnvoll sein, ist aber für Speicherbetreiber noch nicht ausgereift. Man könnte nun argumentieren, dass der aktuelle regulatorische Rahmen durch die Einbindung von Speichern mit über 100 Kilowatt Leistung in den Redispatch nach §13a EnWG bereits ausreicht. Doch erfordert hier ein sinnvoller Einsatz von Speichern eine grundsätzliche Anpassung der bestehenden Vergütungsmechanismen.
Redispatch: Zentrale Herausforderung für die Netzstabilität
Ein anhaltendes Problem im Zuge der fortschreitenden Energiewende besteht in konstant hohen Kosten für Redispatch-Maßnahmen, die zu den rasant steigenden Netzentgelten beitragen. Die Kosten für Redispatch schwankten in den letzten Jahren erheblich, mit monatlichen Werten zwischen 32 und 477 Millionen Euro allein im Zeitraum von Juli 2021 bis Juli 2023, bei einem steigenden langfristigen Trend. Dennoch bleibt die Flexibilität großer Batteriespeicher im Netz häufig ungenutzt, da es im Zweifelsfall kalkulatorisch günstiger ist, (erneuerbare) Erzeugungsanlagen abzuregeln, als den Strom auf Anforderung des Netzbetreibers beispielsweise in Großbatterien zwischenzuspeichern.
Ein zentraler Kritikpunkt am bisherigen kostenbasierten Verfahren für Speicher ist, dass er strukturelle Anreize für kostenverstärkendes Bieterverhalten setzt. Bei diesem Ansatz werden die Kosten, die durch den Einsatz von Speichern oder anderer Kraftwerke entstehen, erstattet. Trotz Äußerungen von Bedenken in der letzten Konsultation zum Redispatch-Vergütungsmechanismus durch uns erfolgte keine entsprechende Reaktion der Bundesnetzagentur, und das, obwohl sie die Bedenken nicht vollständig ausräumen konnte.
Eine erstaunliche Reaktion, schließlich basiert das gesamte kostenbasierte Marktdesign auf der Prämisse, dass ein strategisches Bieten prinzipiell ausgeschlossen werden kann. Zumal dies im kostenbasierten Redispatch aber zumindest für (Batterie-)Speicher nicht garantiert werden kann und die Problematik gleichzeitig offenbar von der Bundesnetzagentur als kaum relevant angesehen wird, entfällt auch der Sachgrund für die Verhinderung des marktbasierten Redispatch für Speicher. Ein deutlich vielversprechenderer Vergütungsmechanismus für Battteriespeicher.
Marktbasierter Redispatch könnte Fehlanreize beseitigen und einen effizienteren und insbesondere kostengünstigeren Einsatz ermöglichen. Anstatt – zu hohe – Kosten zu erstatten, die sich aus den praxisfremden und nun von der Bundesnetzagentur bestätigten Formeln ergeben, würden Speicher entsprechend ihres Marktwerts für Netzentlastung vergütet, was ihnen erlauben würde, die vorhandene Flexibilität dem Netz preiswerter anzubieten und was insgesamt zu einem netzdienlicheren Verhalten führen würde. Ein zentraler Aspekt, denn Batteriespeicherbetreiber sehen sich teils mit dem Vorwurf konfrontiert, dass ihre Flexibilität zu teuer und ihr Verhalten weniger netzdienlich als behauptet sei. Dass Speicherbetreiber aber gezwungenermaßen nicht ihre wahre Kostenbasis, sondern „Cost-Plus“ erhalten und ihre Flexibilität dem Netz nicht günstiger anbieten dürfen, wird hierbei ausgeblendet.
Ein marktbasiertes Verfahren würde dieses Problem lösen und Batteriespeichern erlauben, mit ihrer Flexibilität die Kostenbasis von Erneuerbaren im Redispatch zu unterbieten. Das Ergebnis wäre ein strategisches, aber inhärent netzdienliches Verhalten der Anlagen mit dem Ziel, Netzengpässe zu antizipieren, den Wert eines netzdienlichen Fahrplans abzuschätzen und die Flexibilität entsprechend dort zu allokieren, wo sie den größten Wert hat. Lokal im Netz, oder auf der „Kupferplatte“.
Dürfte der Netzbetreiber ein netzschädliches Verhalten, also ein Ausspeichern bei erzeugungsbedingten Engpässen oder ein Einspeichern bei lastbedingten Engpässen, ohne Entschädigung unterbinden, wäre ein strategisches Bietverhalten im Sinne des Schreckensszenarios eines „Inc/Dec-Gaming“ tatsächlich ausgeschlossen. Wohl gemerkt im Gegensatz zum aktuellen „Cost-Plus“-Redispatch, wo ersichtliche Anreize für „Inc/Dec-Gaming“ bestehen.
Herausforderungen bei der Integration von Batteriespeichern
Die optimale Integration von Batteriespeichern, unter anderem in das Redispatch-Verfahren, ist unerlässlich für eine erfolgreiche Energiewende, da sie die Schwankungen der erneuerbaren Energien ausgleichen und die Stabilität sowie Effizienz des Stromnetzes deutlich verbessern können. Doch die Einbindung von Batteriespeichern in den Redispatch-Prozess bringt sowohl technische als auch regulatorische Herausforderungen mit sich. Die dynamische Natur von Batteriespeichern, ihre Ladezustände und ihre Fähigkeit, schnell zwischen Be- und Entladevorgängen zu wechseln, stellen neue Anforderungen an das Netzmanagement. Noch komplexer gestaltet sich die Ermittlung von entgangenen Zusatzerträgen und der Batterieverschleiß durch häufiges Laden und Entladen. Die wirklichen Kostenstrukturen kennt nur der Speicherbetreiber selbst, was einen marktbasierten Redispatchmechanismus für eine sinnvolle Speicherintegration unausweichlich macht. Im Übrigen wäre auch nur hiermit den EU-rechtlichen Vorgaben Genüge getan.
Angesichts dieser Komplexität und des großen Potenzials rückt die Bundesnetzagentur in den Fokus, die vor der komplexen Aufgabe steht, ein System zu entwickeln, das die Netzstabilität durch eine effiziente Einbeziehung von Batteriespeichern stärkt. Auch die Bundesregierung hat in Ihrer kürzlich veröffentlichten Wachstumsinitiative die Bedeutung von Speichern für erneuerbare Energien und das Stromnetz betont. Um die Potenziale auszuschöpfen, bekräftigt sie ihre Unterstützung für die Bundesnetzagentur, langfristige Planungssicherheit für Speicher zu schaffen.
Doch um das volle Potenzial von Batteriespeichern auszuschöpfen, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Gesetzgeber, Regulierungsbehörden, Netzbetreibern und Speicherbetreibern unerlässlich. Nur so können Batteriespeicher ihre Rolle als Schlüsseltechnologie in der Energiewende voll entfalten und zur Optimierung des gesamten Stromnetzes beitragen.
— Der Autor Benedikt Deuchert ist Head of Business Development & Regulatory Affairs bei Kyon Energy, einem der führenden Projektierer für Batteriegroßspeicher in Deutschland. Er ist verantwortlich für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und leitet Initiativen zur Gestaltung des regulatorischen Umfelds für Flexibilitätsdienste im Stromnetz im Allgemeinen und für Batteriespeicher im Besonderen. —
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Nach wie vor das Gleiche: Die Techniker haben ihre „Hausaufgaben“ gemacht, die Anlagen funktionieren, Im Gegensatz dazu machen das die Betriebswirtschaftler und „Advokaten“ leider nicht. Die Energiewende wird mehr und mehr ein betriebswirtschaftliches und juristisches Problem.
Vor allem die Politik hinkt gewaltig hinterher. Die einen, weil sie die Energiewende nicht wollen, wozu CDU, FDP, AfD, BSW und SPD und Linke gehören (die beiden letzteren aus Angst um die wenigen verbliebenen „Kohlekumpel“, die immerhin gewerkschaftlich organisiert sind, im Gegensatz zu den Solarteuren), die anderen (Grüne), weil sie alten Selbstbetrügereien nachhängen, die da lauten: „Sonne und Wind schicken keine Rechnung“, „Das Netz ist mein Speicher“, „Die Netzparität ist erreicht, Erneuerbarer Strom kostet weniger als mein Haushaltsstrom“.
Die von den Gegnern der Energiewende verwendeten Taktiken unterscheiden sich dabei: Einige wollen wieder Kernkraftwerke zum Laufen bringen, andere Kohlekraftwerke. Die FDP will heute Spaß haben und abwarten, ob nicht noch was besseres kommt als Wasserstoff und Batteriespeicher. Interesse, ein funktionierendes neues Stromsystem zu schaffen, haben sie alle nicht.
Dann spuckt noch die EU rein, in der noch reaktionärere Staatschefs mitreden, und in ihren Heimatländern abgehalfterte Politiker in der EU-Kommission von der Materie völlig überfordert sind.
Am Ende wird alles gut, aber es braucht doppelt so lange, wie es brauchen könnte und notwendig wäre. So kommen zu den Kosten für die Energiewende noch die Klimawandelfolgekosten in verschärfter Form.
Bio-Gas-Speicher wären wohl
effektiver
erprobter
sicherer
preiswerter
nützlicher
Alles Gute !
Wolfgang Gerlach
Leider falsch!
Biogas-Herstellung ist Umweltverschmutzung, ineffizient, teurer und nicht effektiv.
Primärenergieverbrauch zu hoch.
Zudem können Biogasanlagen bei Netzüberlastung Strom nicht einspeichern.
Biogas ist
teuer: 18ct/kWh
ineffizient: 50-facher Flächenbedarf gegenüber PV
unsicher: immer wieder Unfälle mit erheblicher Gewässerbelastung
unnütz: laufen wie Kernkraftwerke 24/365 durch. Wenn man sie modulieren würde, würde der Strom noch teurer
umweltschädlich: 7 Monate brachliegende Äcker, Stickstoffbelastung von Atmosphäre und Grundwasser, eingeschränkte Artenvielfalt durch intensiven Einsatz von Pestiziden (von der chemischen Industrie gerne „Pflanzenschutzmittel“ genannt – klingt besser)
Biogas ist akzeptabel, wenn Reststoffe dafür eingesetzt werden. Aber auch dann bleibt es teuer.
Gute Nacht, Wolfgang Gerlach!
Ein spannender Beitrag, der zeigt, dass es vielleicht sinnvoller wäre, die netzdienliche Energiespeicherung nicht privaten Betreibern mit Gewinnerzielungsabsichten zu überlassen. Mein Vorschlag: Alle Netzbetreiber aller Energieformen zusammenführen als Deutschland Netze AG. Dieser Netzbetreiber bekommt dann auch die Aufgabe, alle Speicher zu betreiben und zwischen verschiedenen Energieformen und Energiespeichertechniken (Strom-Wärme-Kälte-efuels-H2) für intelligenten Ausgleich incl. Abwärmenutzungskonzepten zu sorgen. Ziel sollte sein, dass die Energiespeicherung zu minimalen Kosten möglichst netzdienlich und ausreichend gemacht wird. Die Netzinfrastrukturen und die Energiespeicherung sind kritische Infrastrukturen und essentiell für ein Funktionieren der Gesellschaft und der Energiewende, wenn wir unseren Energiebedarf lokal, dezentral zu 100 % (bilanziell) aus Wind und Sonne auf Dauer decken wollen. Darum bitte nicht privaten Akteueren überlassen.
Ich stimme Ihnen zu!
Eine Mammutaufgabe!
Dazu sollte die FDP nicht mehr im Deutschen Bundestag vertreten sein!
Warum sollten das private Betreiber nicht günstiger leisten können?
Die Speicherbetreiber können schon privat sein. Die Steuerung muss durch den Netzbetreiber erfolgen. Der Netzbetreiber (oder die Bundesnetzagentur) schreibt die Standorte und Techniken aus. Der Betreiber bekommt eine Vergütung wenn sein Speicher zur Verfügung steht und einen Arbeitspreis, wenn er beansprucht wird. Den Arbeitspreis legt man am besten vor der Ausschreibung fest, in der Ausschreibung kommen dann die Gebote für die niedrigste Vergütung zum Zuge. Je nach Technik wird die Vergütung für unterschiedlich lange Zeit garantiert. Nach Ablauf der Garantiezeit erfolgt die weitere Ausschreibung nur noch von Jahr zu Jahr.
Der Börsenhandel entscheidet nicht darüber, wer Strom liefert – das entscheidet der Netzbetreiber – sondern wer Strom zu welchem Preis bekommt. Abgerechnet wird über das EEG-Konto, aus dem die Vergütungen für Speicherbetreiber und Stromproduzenten bezahlt werden.
Damit wird einerseits die optimale Erzeuger-, Netz- und Speicherstruktur geschaffen und andererseits die Kosten minimiert. Gewinne fallen nur bei denen an, die ihre Leistungen zu den niedrigsten Kosten bereitstellen.
@Claude Flick: Das hat mehrere Gründe, die ich gerne stichwortartig zu der Antwort von JCW, die ich auch okay finde – ergänze:
– Speichertechnologie ist ein Segment mit perspektivisch stark fallenden Preisen / Leistung. Also ist es sinnvoll, zu warten und nicht zu investieren, weil es keinen Business Case gibt. Den gibt es nur, wenn es Subventionen gibt (siehe JCWs Vorschlag). Wenn ich aber nur mit Subventionen geht, dann kann ich mir das auch sparen und das eingesparte Geld direkt selber ausgeben, nämlich als gemeinwohlorientere Netzbetreiber (Deutschland Netze AG), der das am allerbesten netzdienlich, energieformübergreifend incl. Abwärmenutzung und ohne Gewinnerzielungsabsicht machen kann.
– Die Entwicklung am Speichermarkt ist so beweglich, dass vermutlich alle aktuellen Speichersysteme in 5-10-15 Jahren hoffnungslos veraltet sind. Das gäbe Konkurse ohne Ende. Wer will das privatwirtschaftlich stemmen?
– Energieinfrastruktur ist ein Daseinsvorsorge von ausserordentlichem und überragendem öffentlichem Interesse. Der diskriminierungsfreie, sichere, einfache, faire Zugang für alle daran angeschlossenen Marktteilnehmer (Verbraucher, Erzeuger, Prosumenten) ist so wichtig, dass ich das netzdienliche Speichern in gar keiner Weise privatwirtschaftlich organisieren möchte. Darum würde ich auch dringend anraten, alle Speicherstandorte (ebenso wie Umspannwerke, Trafostationen) nur auf öffentlichem Grund und Boden zu bauen, damit nicht bis in alle Ewigkeit Bodenrenten für private Landeigentümer anfallen.
–
Es ist schon eine seltsame Welt in der wir leben, in den 90ern wurden viele Speicherkraftwerke geplant (mit Wasserkraft/Stausee) die von den Lobbiisten durch die Politik erfolgreich blockiert wurden. Das wäre Strom-Speicherung ökologisch sinnvoll gewesen, aber nun, da wir die nicht haben schießen die Batteriespeicher wie Pilze aus dem Boden. Ähnlich wie die Pflegedienste damals als die Pflegeversicherung entstand. In der Hoffnung, dass die Politik einsieht, dass es sinnvoll ist Strom zu speichern und daher den Weg dazu ebnet. Das wird aber nicht passieren da die Politik zu träge dafür ist. Wir erleben ja gerade die Insolvenzen in der Solarbranche obwohl man nach Corona laut gefordert hat, sich von den Importen unabhängig zu machen und selbst zu produzieren. Wer da in Vorleistung ging geht nun deswegen pleite. Die Übernahme des Stromnetzes von Tennet ist meines Wissens an den Kosten gescheitert und zeigt deutlich wie die Politik mit ihrer Verantwortung umgeht. Da wird es keine Deutschland-Netz Politik geben weil man einfach kein Geld dafür ausgibt seitens der Politik, stattdessen werden Hoffnungen bei Investoren geweckt die in wenigen Jahren pleite gehen werden weil ihr Batteriespeicher leider nicht effizient eingesetzt werden kann aufgrund fehlender Rahmenbedingungen.